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Die Wasserversorgung sowie die
Anlangen der städtischen ...
Stadtbauamt der Stadt
Wien, Stadtbauamt der Stadt Wien
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FROM THK FUND OF
CHARLES MINOT
Olaaa of 1888
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Die
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sowie die Anlagen der
städtischen Elektricitätswerke,
die Wienflussregulierung,
die Hauptsammelcanäle,
die Stadtbahn
und die
Regulierung des Donaucanales
in Wien.
Im Auftrage des
Herrn Bürgermeisters Dr. KARL LUEGER
bearbeitet
vom Stadtbauamte.
WIEN 1901.
Im Selbstverlage des Wiener Gemeinderathes.
Druck von Paul Gerin, Wien.
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HARVARD COLLEGE Lt6im:i«
NOV. 7, 1919
MINOT FUND
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Erster Theil.
Die städtische Wasserversorgung.
Tafeln I— XUI.
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HARVARD COUEGE KBBAK«
NOV. 7| 1919
MINOT FUND
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^ie Wasserversorgung Wiens erfreute sich seit jeher der be-
sonderen Fürsorge der Gemeindeverwaltung und gieng die Entwicklung
derselben mit der räumlichen und culturellen Entwicklung des ganzen
Gemeinwesens Hand in Hand.
Besondere Marksteine für die moderne Ausgestaltung der Wiener
Wasserversorgung bilden:
1. Die im Jahre 1857 inaugurierte »Stadterweiterung«, welche
die alten Stadtmauern beseitigte, der Gemeinde Wien die »Ringstraße«
bescheerte und die Verbauung der ehemaligen Glacisgründe ermöglichte,
und 2. die im Jahre 1891 durchgeführte Einverleibung der ehe-
maligen »Vororte« . Wiens, welche eine außerordentliche Er-
weiterung des Gemeindegebietes mit sich brachte und eine Art »zweiter
Stadterweiterung« ins Leben rief, die sich Dank der vielfachen und
epochalen öffentlichen baulichen Anlagen, die hiebei zur Ausführung
gelangten (Anlage der Gürtelstraß^, der Stadtbahn, der Wienfluss-
regulierung, der Hauptsammelcanäle etc.) noch viel großartiger gestaltete,
als die erste Stadterweiterung.
Sowie der Fall der Stadtmauern auf allen Gebieten des öffentlichen
Lebens in Wien von belebender und durchschlagender Wirkung war, so
bezeichnet derselbe in seinen weiteren Consequenzen auch die Grenze
zwischen den Bereichen der »älteren« und der »modernen« Art der
Wasserversorgung Wiens; und sowie manche historische Ereignisse in
dem Gedeihen und Aufblühen der »Reichshaupt- und Residenz-
stadt« auf die Initiative der Herrscher des Reiches zurückzuführen sind,
so hatte sich auch die Wasser\^ersorgung Wiens zu wiederholtenmalen
der unmittelbaren und thatkräftigen Förderung seitens der Monarchen
Österreichs zu erfreuen.
^©c|c>c|0cr
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A. Die ältere Wasserversorgung Wiens.
1. Ältere Quellwasserleitungen*
Die Stadt Wien erfreute sich schon frühzeitig des Besitzes von
Quellwasserleitungen. Durch Funde in der Nähe von Atzgersdorf ist
sogar der ehemalige Bestand einer römischen Wasserleitung nachgewiesen,
bezüglich welcher es allerdings nicht entschieden ist, welche Quellwässer
mittels derselben nach Wien geleitet wurden; doch besteht hierüber die
Vermuthung, dass es entweder die Quellen von Gumpoldskirchen oder
die Herkulesquellen von Perchtoldsdorf gewesen seien. Späterhin wurden
zahlreiche kleinere Quellwasserleitungen angelegt, deren Ergiebigkeit
jedoch durch die immer weiter um sich greifende Verbauung des
Quellen-Territoriums beeinträchtigt wurde. Hiedurch war Wien bis zur
Erbauung der Hochquellenleitung zur Deckung seines Wasserbedarfes
hauptsächlich auf die Hausbrunnen angewiesen, deren Zahl sich im
früheren Gemeindegebiete auf ungefähr 11.000 belief.
Die obenerwähnten älteren öffentlichen Quellwasserleitungen
waren insbesondere folgende:
1. Die städtische Hernalser Wasserleitung,
welche das Wasser aus einer Thaleinsattelung am Aisbache bei Dom-
bach entnahm und täglich ein Quantum von 460 — 570 m* lieferte; die-
selbe diente in früheren Zeiten zur Speisung mehrerer öffentlicher Bassins
und Auslaufbrunnen, sowie zur Versorgung mehrerer öffentlicher Ge-
bäude, in letzter Zeit jedoch nur mehr zur Abgabe von Wasser in ein-
zelnen Theilen des ehemaligen Vorortes Hernais.
2. Die Albertinische Wasserleitung.
Diese entnahm ihr Wasser mittels beiläufig 7000 m langen Sammel-
canälen aus den Berglehnen des Halterbaches nächst Hütteldorf und
lieferte ursprünglich täglich ein Wasserquantum von 340—400 m^, womit
mehrere Bassins, sowie öffentliche und private Auslaufbrunnen gespeist
wurden; in letzter Zeit diente diese Wasserleitung hauptsächlich zur
theilweisen Versorgung des ehemaligen Vorortes Penzing, sowie auch
zeitweise in Fünfhaus, Sechshaus und Rudolfsheim. *
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3. Die Laurenzer Wasserleitung,
welche nur eine tägliche Leistungsfähigkeit von beiläufig 60 m' hatte
und ein Bassin und mehrere Ausläufe speiste, und
4. Die Karöly'sche Wasserleitung
mit einer täglichen Leistungsfähigkeit von beiläufig öTwt^, von welcher
drei Brunnen versorgt wurden.
Außerdem bestanden noch j3 kleinere Wasserleitungen, die theils
dem k. k. Hofärar gehörten, theils Privateigenthum waren und der
Versorgung öffentlicher und Privatgebäude dienten. Die Leistungsfähig-
keit dieser Wasserleitungen zusammen schwankte zwischen 450 und
570 m3 täglich.
Die fortschreitende bauliche Entwicklung der Stadt, welche, wie
erwähnt, die Ergiebigkeit dieser Quellwasserleitungen fühlbar beein-
trächtigte, ließ nun immer mehr den Bestand einer größeren, einheit-
lichen Wasserleitung vermissen, weshalb die gesammte Bevölkerung
Wiens den hochherzigen Entschluss des Kaisers Ferdinand I.
im Jahre 1835 mit dankbarer Freude begrüßte, welcher das
ihm seitens der Stände dargebrachte Krönungsgeschenk für
die Errichtung eines neuen Wasserwerkes in Wien widmete.
So entstand
IL Die Kaiser Ferdinands- Wasserleitung.
Dieses Wasserwerk wurde in den Jahren 1836 — 1841 in Heiligen-
stadt am rechten Ufer des Donaucanales in der Weise erbaut, dass in
einer Tiefe von 2*50 m unter dem Nullpunkte des Donaucanales in dem
Schottergrunde Saugcanäle angelegt wurden, von denen das Grund-
wasser zu den Förderpumpen gelangte. Die Förderung des Wassers,
dessen Tagesquantum mit 5700 m^ angenommen wurde, erfolgte mittels
zweier Dampfmaschinen von je 60 HP, von denen die eine als Reserve
diente. Das Wasser wurde in drei kleine Reservoire gepumpt, welche
in Währing, Neulerchenfeld und bei der Westbahnlinie situiert waren,
und von dort in einzelne Stadttheile geleitet. Hier diente es anfanglich
nur zur Speisung von Auslaufbrunnen. Es erwies sich jedoch schon
nach kurzer Zeit, dass der Schottergrund nicht die erhoffte Durchlässig-
keit besaß, um bei der ursprünglichen Länge der Saugcanäle das er-
wähnte Wasserquantum constant zu liefern. Man versuchte nun zunächst,
diesem Übelstande durch Verlängerung der Saugcanäle auf die Gesammt-
länge von 340 m abzuhelfen. Mittlerweile war aber der Wasserbedarf
namhaft gestiegen, indem die Wasserabgabe an Private gestattet wurde
und die Einleitung des Wassers in die Häuser erfolgte; infolgedessen
war das Werk auch in seinem neuen Zustande nicht fähig, das ge-
wünschte Wasserquantum zu liefern. Es musste deshalb zu einer durch-
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greifenden Erweiterung der Anlage geschritten werden, die im Früh-
jahre 1859 in Angriff genommen wurde. Dieselbe umfasste die Her-
stellung von 400 m neuen Saugcanälen, die in einer Entfernung von
200 m von dem Donaucanale situiert und in einer Tiefe von 5 m unter
dem Nullpunkte des Donaucanales angeordnet waren; die maschinelle
Anlage wurde durch eine dritte Maschine von 100 BP ergänzt. Hiedurch
wurde die Leistungsfähigkeit des Werkes auf 10,000 m^ pro Tag er-
höht, so dass von demselben weiterhin 211 öffentliche Auslaufbrunnen,
25 Bassins mit Ausläufen, 36 städtische und 682 Privathäuser, sowie
52 Feuerhydranten versorgt werden konnten.
In dieselbe Zeit fallt jedoch auch die Inangriffnahme der Stadt-
erweiterung, die eine rasche Verbauung der neu gewonnenen Bau-
gründe mit sich brachte, infolgedessen sich bereits im Jahre 1860
abermals ein arger Wassermangel fühlbar machte. Über Anregung der
damals bestandenen Stadterweiterungs-Commission des Wiener Gemeinde-
rathes wurde nunmehr ein Concurs für die Erbauung einer im
großen Style auszuführenden Wasserleitung ausgeschrieben,
— Beschluss vom October 1861 — für welchen ein Termin bis Ende
April 1862 gegeben war. Dieser Zeitpunkt kann als der Beginn für die
B. Moderne Wasserversorgung Wiens
angesehen werden.
Nachdem die obige Concursausschreibung kein befriedigendes
Resultat ergeben hatte, beschloss der Gemeinderath, diese wichtige
Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen und setzte mit Beschluss
vom 21. November 1862 aus seiner Mitte eine Wasserversorgungs-
Commission ein, welche zunächst aus 12, später aus 15 Mitgliedern
bestand und die Aufgabe hatte, »alle zum Zwecke der Wasserver-
sorgung Wiens erforderlichen Erhebungen und Vorarbeiten
mit Zuziehung von erprobten, außerhalb des Gemeinde-
rathes stehenden Fachmännern einzuleiten und zur defini-
tiven Durchführung eines für gut befundenen Projectes
die weiteren entsprechenden Anträge zu stellen.«
Diese Commission gieng sofort an die Arbeit und befasste sich
zunächst eingehend mit der Präcislerung der Grundforderungen, welche
an die neue Wasserleitung hinsichtlich der Menge des Wassers, die
Qualität desselben und die Höhenlage des Vertheilungs-Reservoirs in
Wien zu stellen seien.
Hiebei wurde auf Grund umfassender Studien von der Annahme
ausgegangen, dass — die damalige Bevölkerungszahl betrug 600.000 —
mit einer künftigen Bevölkerungszahl von 1,000.000 zu rechnen sei, dass
das erforderliche Wasserquantum per Kopf mit 1*1 Eimern (62 l) im
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Winter und 1*6 Eimern (90 Z) im Sommer zu bemessen wäre, dass in
Bezug auf die Qualität des Wassers ein weiches Quellwasser (mit
höchstens 18 bis 20 deutschen Härtegraden) von thunlichster Reinheit
den Vorzug verdiene und dass das Vertheilungsreservoir eine solche
Höhenlage erhalten solle, dass die Versorgung des ganzen Stadtgebietes
und auch eines großen Theiles des Gebietes der Vororte bis zum Dach-
firste der höchsten Häuser mit natürlichem Drucke möglich sei.
Auf dieser Basis kam die Commission zu dem Schlüsse, dass ihre
Aufgabe dahin abzugrenzen sei, dass sie
„ein Quellgebiet aufzusuchen habe, welches im Stande
sei, täglich, auch zur heißesten Jahreszeit, 1,600.000 bis
2,000.000 Eimer (90.540 bis 113.180 m») von einem Wasser zu
liefern, das keiner Trübung unterworfen, das womöglich
ganz frei sein soll von faulenden oder der Fäulnis fähigen
organischen Substanzen, möglichst frei von löslichen
schwefelsauren etc. Verbindungen und das auch nur eine
geringe Menge von kohlensauren Verbindungen enthalten
darf, dessen Temperatur constant ist und jener der mittleren
Jahrestemperatur von Wien nahe steht, dessen natürliches
Gefälle endlich hinreicht, um ein Sammelbecken zu füllen,
dessen Sohle 250 Fuß (80 m) über dem Nullpunkte des Pegels
der Ferdinandsbrücke liegt".
(Entspricht einer Meereshöhe der obgenannten Sohle von ca. 237-Om.)
Die Erhebungen und Studien, welche die Commission nun ins
Werk setzte, umfassten folgende Gebiete:
1. Die offenen Flüsse des Wiener Beckens (Donau, Wienfluss,
Traisen) ;
2. die Wiener-Neustädter Ebene, u. zw.:
a) die offenen Gerinne daselbst (die Pitten, die Schwarza, den Kehr-
bach, den Wiener-Neustädter Schiffahrtscanal, die Fischa, die
Fischa-Dagnitz),
b) das Grundwasser des Steinfeldes und
c) die Altaquelle;
3. die Hochquellen, u. zw.:
a) die Quellen zwischen dem Schneeberg, der Raxalpe und Wurf lach
(Sebastianiquelle, Quellen von Rohrbach im Graben, Kaiserbrunnen,
Quellen im Höllenthale, Quellen des Gahns, Quellen von Stixenstein
und von Kettenlois),
b) die Quellen im nördlichen Theile der Kalkzone (die Quellen von Fürth
und Pottenstein und die Quellen am oberen Laufe der Schwechat).
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Die Resultate der Erhebungen und Studien wurden seitens der
Wasserversorgungs-Commission in einem Berichte niedergelegt, welcher
im October 1863 dem Gemeinderathe vorgelegt wurde und im Jahre
1864 im Selbstverlage des Gemeinderathes in Druck erschienen ist.
Dieser Bericht hatte in seinem Haupttheile den k. k. Professor
Eduard Suess zum Verfasser und wurde allerwärts als ein in seiner
Art epochemachendes, gediegenes Werk anerkannt.
In dem Schlussworte dieses Berichtes kommt die Wasserversorgungs-
Commission zu dem Schlüsse, dass die Quellen: Kaiserbrunnen,
Stixensteinerquelle und die Altaquelle vereinigt, nicht nur
im Stande seien, eine dem Bedarfe Wiens vollkommen ent-
sprechende Wassermenge mit der vorzüglichsten Qualität zu
liefern, sondern auch die erforderliche Höhenlage besitzen,
um das Wasser mit natürlichem Gefälle dem Sammelbecken
in der verlangten Höhenlage zuführen zu können.
Hiebei wurden hinsichtlich der Ergiebigkeit und Beschaffenheit der
Wässer, sowie der Höhenlage der Quellen auf Grund der Erhebungen
folgende Angaben gemacht:
^ ., Ergiebigkeit Temperatur . "^^\ Höhenlage
Quelle ef* ,.* j • oo in deutschen über dem
in 24 Stunden in RO ^^^^^^ Sammelbecken
Kaiserbrunnen 660.000—750000 Eim. 47,— ö^ 7^3 907 Fuß
(37.000-42.000 m») {286*6 m)
stixensteinerquelle . . 500,000- 687*000 Eim. 6-8*> 12*89 721 Fuß
(28.000-83.000 m») (227*8 m)
Altaquelle 150 000*)-587.000 Eim. 7*8-80 12K)1 272 Fuß
(8600-33.000 w») (85-9 m)
wonach auf eine Gesammtergiebigkeit der drei Quellen von 1,300.000
bis 1,924.000 Eimer (73.000 bis 107.000 m») per Tag zu rechnen war;
hiebei muss bemerkt werden, dass sich die Verhältnisse bei der Alta-
quelle so darstellten, dass die geringere Ergiebigkeit derselben nur für
eine ganz kurze Zeit des Jahres angenommen werden konnte und
außerdem noch eine Tieferlegung der Überfallskante derselben durch
Unterfahrung der Quelle beabsichtigt war.
Der Gemeinderath nahm diese Anträge der Wasserversorgungs-
Commission in Behandlung und wurden dieselben in der Sitzung vom
12. Juli 1864 mit dem Bemerken angenommen, dass wegen der Er-
werbung der Quellen seitens der Commission die erforderlichen Schritte
einzuleiten und die Verfassung des Projectes sofort zu veranlassen sei.
Diese Arbeiten wurden ohne Verzug in Angriff genommen. Was
die Erwerbung der Quellen betrifft, so erfolgte der Ankauf der Alta-
quelle sammt der dazu gehörigen Mühlenrealität bereits im October 1863.
*j Mit Rücksicht auf die hohe Lage der Überfallskante der Quelle.
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Die Stixensteinerquelle wurde der Gemeinde Wien (als Theil
des Fideicom missgutes Stixenstein) von dem Eigenthümer derselben,
Sr. Excellenz dem Herrn Ernst Grafen Hoyos-Sprinzenstein unter
gewissen Bedingungen und Gegenleistungen mit Zuschrift vom 27. Juli 1864
überlassen.
Die Erwerbung des Kaiserbrunnens schien zunächst auf Schwierig-
keiten zu stoßen, da die Quelle Eigenthum des hohen k. k. F'inanzärars
war, welche jedoch durch einen hochherzigen Act des Monarchen be-
hoben wurden. Da sich nämlich in dieser Angelegenheit der Gemeinderath
direct an den Monarchen gewendet hatte, wurde der Bürgermeister
Dr. Andreas Zelinka, welcher bei der feierlichen Eröffnung der Ring-
straße am 1. Mai 1865 an der Spitze des Gemeinderathes an Se. Majestät
den Kaiser P'ranz Josef I. eine Ansprache hielt, durch nachstehenden
Passus in der Erwiderung des Monarchen überrascht
„Um eine der wichtigsten Unternehmungen der Gemeinde
ihrer baldigen Lösung zuzuführen, habe Ich die Anordnung
getroffen, dass der Gemeinde zur Durchführung der Wasser-
versorgung der Kaiserbrunnen unentgeltlich überlassen
werde und Ich hoffe, dass hiemit diese Angelegenheit bald
und glücklich zum Abschlüsse gebracht werden wird."
Durch diesen denkwürdigen kaiserlichen Entschluss wurden die
Arbeiten in einen noch rascheren Fluss gebracht, so dass dem Gemeinde-
rathe bereits im Juni 1866 das Bauproject vorgelegt werden konnte,
welches von demselben in der Sitzung vom 19. Juni 1866 mit der
Abänderung genehmigt wurde, dass vorerst nur die Zuleitung des
Kaiserbrunnens und der Stixensteinerquelle zu erfolgen habe
und jene der Altaquelle einem spätereen Zeitpunkte vorbehalten bleiben
solle. Zugleich wurde der für diese Arbeiten vorgelegte Voranschlag
mit dem Betrage von 28 Millionen Kronen genehmigt.
Die Bauvorbereitungen wurden sodann derart beschleunigt, dass
bereits am 6. December 1869 im Höllenthale beim Kaiserbrunnen die
erste Stollenmine gesprengt werden konnte, um am 21. April 1870 am
Rosenhügel bei Wien, an jener Stelle, wo das „Sammelbecken" errichtet
werden sollte, die feierliche Inaugurierung der Hochquellenleitung durch
Seine Majestät den Kaiser stattfand, welcher hiebei den ersten Spaten-
stich vornahm. Der Bau dieser Wasserleitung, welcher mit dem letzt-
genannten Tage begann, wurde derart gefördert, dass das große Werk
in der Hauptsache mit Ende des Jahres 1873 vollendet war und die
feierliche Eröffnung des „Hochstrahlbrunnens", gleichfalls im Beisein
des Kaisers, am 24. October desselben Jahres erfolgen konnte.
Diese Wasserleitung erhielt den Namen „Kaiser Franz Josef-Hoch-
quellenwasserleitung" und bildet den Stammaquäduct für die moderne
Wasserversorgung der Stadt Wien.
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I. Historische Entwicklung der modernen Wasserversorgung
Wiens.
Durch den Bau dieser Wasserleitung wurde Wien mit Wasser von
so vorzüglicher Qualität versehen, dass im Interesse des Gesundheits-
zustandes der Bevölkerung sich das allseitige Bestreben bekundete, dieses
Wasser möglichst bald allen Bewohnern Wiens zukommen zu lassen.
Nach Fertigstellung des Baues wurden deshalb im Jahre 1874 die früher
bestandenen Wasserleitungen außer Betrieb gesetzt und an alle Haus-
besitzer die Aufforderung gerichtet, das Hochquellenwasser in ihre Häuser
einzuleiten.
Der Aquäduct, der in seinem Hauptstrange eine Länge von 89'3fe?n
hatte und mit Rücksicht auf die in Absicht stehende weitere Ausgestaltung
der Anlage für ein Leitungsvermögen von 138.000 w^ (2,400.000 Eimern)
pro 24 Stunden angelegt worden war, führte das Wasser der beiden
Hochquellen dem Reservoir am Rosenhügel zu, von wo aus das ganze
Gemeindegebiet beherrscht wurde und das Wasser allen Häusern und
Betriebstätten zugeführt werden konnte.
Die Zuleitung dieses köstlichen Wassers war auch von den segen-
reichsten Folgen in hygienischer Beziehung begleitet. Leider haben sich
jedoch die Hoffnungen, die man auf die Continuität der Ergiebigkeit
der Quellen gesetzt hatte, nicht bewährt.
Der Wasserzufluss wies ganz bedeutende Schwankungen auf und
sank insbesondere während der strengen Wintermonate wiederholt weit
unter das erhoffte Minimalquantum der Quellenergiebigkeit herab.
Infolge der Einleitung des Hochquellenwassers in die Häuser
und die hiemit herbeigeführte Steigerung des Comfortbedürfnisses (Er-
richtung von Badezimmern, Wasserspülung der Closets etc.), sowie in-
folge der erhöhten Bauthätigkeit ist schon wenige Jahre nach der Voll-
endung der Hochquellenleitung eine so bedeutende Steigerung des
Wasserverbrauches eingetreten, dass die beiden eingeleiteten Hochquellen
zur Zeit ihrer geringsten Ergiebigkeit zur Deckung desselben nicht mehr
ausreichten. Es musste daher für die Zuleitung eines namhaften Wasser-
quantums Vorsorge getroffen werden und hat in dieser Hinsicht der
Wiener Gemeinderath bereits im Jahre 1877 den Beschluss gefasst,
nicht blos die Ergiebigkeit der Hochquellenleitung durch Ein-
beziehung neuer Quellen aus dem Gebiete oberhalb des Kaiser-
brunnens zu erhöhen, sondern auch zur Ermöglichung der Bevor-
rathung eines größeren Wasserquantums die Wasserbehälter ent-
sprechend zu vergrößern. Die Erweiterung der Wasserbehälter,
deren F'assungsraum bisher nur 25.749 m^ betragen hatte, wurde sogleich
in Angriff genommen und zunächst an den drei Wasserbehältern am
Rosenhügel, auf der Schmelz und am Wienerberge durchgeführt. Die
betreffenden Bauherstellungen waren im Jahre 1879 beendet und wurde
hiedurch der Fassungsraum der Wasserbehälter auf 96.284 m^ erweitert.
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Die Einbeziehung neuer Quellen, welche ja schon ursprünglich
intendiert war, bedurfte selbstverständlich langwieriger neuer Erhe-
bungen und Vorarbeiten und konnte daher dem momentanen Bedürfnisse
auf Vermehrung des Wasserzuflusses ebensowenig abhelfen, als die
Erweiterung der Wasserbehälter, die doch auch zwei Jahre in Anspruch
nahm. Die schwebende Wasserfrage duldete jedoch umsoweniger einen
Aufschub, als durch den Wassermangel im Winter 1877 — 1878 zahlreiche
Übelstände eingetreten waren, deren Wiederholung man möglichst hintan-
halten wollte. Der Gemeinderath sah sich daher veranlasst, ein seitens
einer Unternehmung im Mai 1878 überreichtes Offert anzunehmen,
wonach sich dieselbe bereit erklärte, eine Wasserwerksanlage bei
Pottschach unterhalb Gloggnitz an der Südbahn mit einer Leistungs-
fähigkeit von 16.800 m* pro 24 Stunden um den Pauschalbetrag von
1,280.000 Kr. zu erbauen und dieselbe am 15. December 1878 in betriebs-
fähigen Zustand zu übergeben.
Dieses Wasserschöpfwerk, welches in nächster Nähe des Hoch-
quellen-Aquäductes gelegen ist, den Namen „Pottschacher Wasserwerk"
führt und das geförderte Grundwasser direct in diesen Aquäduct liefert,
wurde thatsächlich zur vereinbarten Frist fertiggestellt und es war hiemit
dem dringendsten Bedürfnisse abgeholfen. Es wurde blos als Ergänzungs-
werk erbaut und hatte nur den Zweck, dann in Betrieb zu treten,
wenn die Ergiebigkeit der Hochquellen zur Befriedigung des Wasser-
bedarfes nicht ausreichen sollte; die Action zur Einleitung neuer Hoch-
quellen sollte hiedurch keineswegs aufgehalten werden, trotzdem das
geforderte Wasser von tadelloser Qualität war (Temperatur 6 — 10° C,
Härtegrad 11'4) und die Förderkosten der geringen Hubhöhe wegen
(circa 9 m) nur massige sind.
Die für die Einleitung weiters in Aussicht genommenen Quellen
waren die im HöUenthale und im Nasswalde gelegenen Hoch-
quellen (die später noch abgesondert behandelt werden sollen), von
welchen nach den durchgeführten, im Verlaufe einer längeren Reihe von
Jahren, insbesondere in der strengsten Winterszeit vorgenommenen
Messungen eine Minimalergiebigkeit von 35.000 bis 40.000m' mit
Sicherheit zu erw.arten und deren Qualität jener des Kaiser-
brunnens ebenbürtig war.
Der Durchführung dieses Vorhabens stellten sich jedoch bedeutende
Hindernisse entgegen, welche insbesondere wasserrechtlicher Natur waren.
Die sämmtlichen, in Frage kommenden Quellen gravitieren nämlich, so
wie der Kaiserbrunnen und die Stixensteinerquelle, nach dem Schwarza-
flusse, dessen beträchtliches Gefälle durch eine große Anzahl bedeutender
industrieller Etablissements intensiv ausgenützt ist.
Diese Werke sahen sich naturgemäß durch die beabsichtigte Ab-
leitung der fraglichen Quellen in ihrem Interesse beeinträchtigt und
kündigten demgemäß die Forderung ihrer Entschädigungsansprüche an.
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Während nun bei der Ableitung des Kaiserbrunnens und der
Stixensteinerquelle die betreffenden Ansprüche der Interessenten auf
Grund der damals hiefür noch ausschließlich geltenden Bestimmungen
des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches von den Behörden und
Gerichten abgewiesen wurden, mussten nun in Hinsicht auf die neuen
Quellen auf Grund des mittlerweile in Kraft getretenen neuen Wasser-
rechtsgesetzes langwierige Verhandlungen mit den Interessenten ein-
geleitet werden, um zunächst eine Klärung der Verhältnisse herbei-
zuführen und sodann über die Berechtigung und Höhe der einzelnen
Forderungen schlüssig zu werden.
Die Absicht der Gemeinde Wien war zunächst auf die Einbeziehung
der „Quellen beim Großen Höllenthale" gerichtet, welche in einer
Entfernung von circa 3*2 km oberhalb des Kaiserbrunnens am Fuße der
Raxalpe unmittelbar über dem Uferrande der Schwarza entsprangen und
in zahlreichen kleinen Wasseradern derselben zuflössen.
Diese Quellen wurden bereits im Jahre 1868 seitens der Gemeinde
Wien vom k. k. Finanzärar erworben, und das vom Stadtbauamte ver-
fasste Project für deren Einleitung lag bereits seit dem Jahre 1874 dem
Gemeinderathe vor.
Bei dem wegen der Ableitung dieser Quellen eingeleiteten wasser-
rechtlichen Verhandlungen und der dabei zur Erörterung gelangten Ent-
schädigungsfrage handelte es sich naturgemäß auch um die Ergiebig-
keit dieser Quellen, beziehungsweise um das Wasserquantum, welches
durch deren Ableitung dem Schwarzaflusse entzogen werden sollte.
Bei dem eigenthümlichen Auftreten der Quellen war jedoch diese
Ergiebigkeit bisher nur schätzungsweise erhoben worden und konnte
auch nicht genauer ermittelt werden, weil keine concentrierten Quellen-
abflüsse bestanden, was selbstverständlich wieder Anlass zu weit-
schweifigen Controversen gab.
Um nun in dieser Sache zu einem Ende zu gelangen, entschloss
sich die Gemeinde Wien im Jahre 1883, auf eigene Kosten und auf
ihr Risico hin die definitive Unterfahrung und Fassung dieser
Quellen, welche nach dem Kostenüberschlage mit einem Be-
trage von 170.000 Kronen veranschlagt war, durchzuführen
und die weiteren Verhandlungen insolange zu verschieben, bis nach
erfolgter Fassung der Quellen die Ergiebigkeit derselben hinreichend
genau ermittelt werden könnte.
Die behördliche Bewilligung zu dieser Bauausführung wurde die
Gemeinde Wien im Jahre 1886, unpräjudicierlich der Frage der
späteren Wasserableitung ertheilt und hatte die Gemeinde Wien
hiedurch wenigstens das Eine erreicht, dass durch den erfolgten Bau-
beginn doch die für die langwierige und schwierige Quellenunterfahrung
so nothwendige Zeit in ersprießlicher Weise ausgenützt werden konnte.
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In der Zwischenzeit war jedoch seit dem Jahre 1878 der Wasser-
bedarf wieder namhaft gestiegen, ohne dass es bisher gelungen worden
wäre, neue Wasserzuflüsse zu beschaffen.
Unter diesen Verhältnissen musste sich das Augenmerk natur-
gemäß wieder dem Pottschacher Schöpfwerke zuwenden, welches schon
einmal so wesentliche Dienste geleistet hat.
Auch mit der Errichtung dieses Wasserwerkes war eine wasser-
rechtliche Entschädigungsverhandlung verbunden gewesen, welche es
mit sich brachte, dass der Gemeinde Wien die definitive Concession
zum Betriebe dieses Werkes erst im Jahre 1883 ertheilt werden
konnte, trotzdem der Betrieb desselben unter Haftung der Gemeinde
Wien für die rechtlichen Ersatzansprüche bereits im Jahre 1878 eröffnet
worden ist.
Diese Concession gab der Gemeinde Wien das Recht, außer den
bereits ursprünglich angelegten vier Tiefbrunnen innerhalb eines Um-
kreises von 600 m Radius von denselben neue Tiefbrunnen in beliebiger
Anzahl anzulegen und zu betreiben, wenn der hiezu erforderliche Grund
Eigenthum der Gemeinde Wien ist und das geförderte Gesammt- Wasser-
quantum das Maß von 600.000 Eimern = 33.954: r/i* per Tag niemals
überschreitet.
Auf Grund dieser Concession konnte die Gemeinde nun umso eher
an die weitere Ausgestaltung des Pottschacher Schöpfwerkes schreiten,
als bereits bei der ursprünglichen Anlage im Kessel- und Maschinen-
hause darauf Bedacht genommen worden war.
Nach vorgenommenen Probebohrungen und der Durchführung der
erforderlichen Grundankäufe wurde im Jahre 1885 an die Erweiterung
des Wasserwerkes geschritten, welche zunächst in der Herstellung
eines weiter f 1 ussaufwäVts gelegenen 5. Tiefbrunnens
sammt der zugehörigen Saugleitung, sowie in der Aufstel-
lung eines 3. Dampfkessels, und einer 3. Dampfmaschine
sammt Pumpen bestand.
Diese Anlagen wurden im Jahre 1887 dem Betriebe übergeben,
also zur selben Zeit, als die Unterfahrung der Quellen beim Großen
HöUenthale in Angriff genommen wurde.
Unter Berücksichtigung der Thatsache, dass unter den gegebenen
Verhältnissen die Zuleitung neuen Quellwassers vor Ablauf mehrerer
Jahre noch nicht zu gewärtigen sei, sowie des Umstandes, dass auch
durch die eben durchgeführte Herstellung des 5. Tiefbrunnens die Er-
reichung des für das Pottschacher Schöpfwerk concedierten Maximai-
Förderquantums von 33.953*4 m^ per Tag noch nicht jederzeit gesichert
sei, wurden in den Jahren 1887 und 1888 oberhalb des 5. Brunnens
noch zwei neue Tiefbrunnen angelegt und mit demselben durch
Communicationsrohrleitungen verbunden, so dass für den Betrieb des
Werkes nunmehr 7 Brunnen zur Verfügung standen. In dieser Ausge-
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staltung konnten mit dem Schöpfwerke Tagesleistungen bis zu 31.000 w<3
per Tag erreicht werden, was der Wasserversorgung Wiens sehr zu
statten kam.
Um auch durch die Ermöglichung einer Wasseraufspeicherung
die Wasserversorgung zur Zeit der geringeren Quellenzuflüsse zu
erleichtern, wurde in den Jahren 1886 bis 1889 eine neuerliche Er-
weiterung der Wasserbehälter vorgenommen, die sich auf jene
vom Rosenhügel, Wienerberg und Laaerberg erstreckte und
das mögliche Bevorrathungsquantum auf 169.920 m^ erhöhte.
Inzwischen waren die Bauarbeiten für die Unterfahrung der Quellen
beim Großen Höllenthale rüstig vorgeschritten; es hat sich jedoch auch im
Verlaufe der Zeit die Überzeugung gebildet, dass man sich, um für die
Wasserversorgung Wiens genügend vorzusorgen, mit der Zuleitung
dieser Quellen allein, auch für die nächste Zeit nicht mehr begnügen
könne, sondern die Einbeziehung des ganzen Complexes der oberhalb
des Kaiserbrunnens im Höllenthale und im Nasswalde gelegenen
Quellen sofort ins Auge fassen müsse.
Außer den Quellen beim Großen Höllenthale waren dies
die Fuchspassquelle bei der „Singerin", die Reisthalquelle und
die Wasseralmquelle.
Die Gemeinde Wien traf auch sofort die entsprechenden Ver-
kehrungen, um die rechtzeitige Ableitung dieser Quellen sicherzustellen. Zu
diesem Behufe mussten zunächst zweierlei Schritte unternommen werden:
1. die Erwerbung der fraglichen Quellen und der dazu gehörigen
Territorien;
2. der Abschluss einer Vereinbarung mit den wasserrechtlichen
Interessenten, um den behördlichen Consens zur Ableitung der Wässer
erhalten zu können. In ersterer Beziehung handelte es sich, da die
Gemeinde Wien bereits seit dem Jahre 1882 Eigenthümerin der Fuchs-
passquelle sammt dem dazugehörigen Territorium war (dieser Grund-
besitz wurde unter Einem mit dem großen Territorium bei dem Kaiser-
brunnen erworben) noch um die Erwerbung der Reisthal- und Wasser-
almquelle im Nasswalde, zu welchem Zwecke die Gemeinde Wien mit
dem Eigenthümer, Sr. Excellenz Ernst Grafen Hoyos-Sprinzenstein
wegen Ankaufes des entsprechenden Territoriums im Nasswalde
(ca. 3760 Joch =2166 ha) in Unterhandlungen trat. Diese führten nach
längeren Verhandlungen zu einem Übereinkommen, welches seitens des
Gemeinderathes am 14. März 1890 angenommen wurde und in der
Hauptsache dahin gieng, dass die Gemeinde Wien das obenge-
nannte Territorium mit allen darauf entspringenden Quellen
um den Betrag von 1 Million Gulden = 2 Millionen Kronen
käuflich erwerbe, wenn die definitive, rechtskräftige Bewilli-
gung zur Ableitung der Quellen seitens der Behörden ertheilt
sein werde.
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Hinsichtlich der Auseinandersetzung mit den Interessenten beschloss
der Gemeinderath bereits im Jahre 1886 die diesbezüglichen Verhand-
lungen auf die Ableitung des Wassers der sämmtlichen obgenannten
Quellen auszudehnen und zu diesem Behufe das abzuleitende Wasser-
quantum mit 35.000^8 pro 24 Stunden zu limitieren, um eine
entsprechende Basis für die Verhandlungen zu haben.
Diese Verhandlungen führten erst im Herbste des Jahres 1889 zu
einem vorläufigen Resultate, welches dem Gemeinderathe zur Beschluss-
fassung vorgelegt wurde.
Nachdem die inzwischen unausgesetzt weitergeführten Messungen
der Quellenergiebigkeiten ergeben haben, dass das für die Ableitung in
Aussicht genommene Wasserquantum in dem Falle noch etwas erhöht werden
könnte, wenn man neben den genannten vier großen Quellen auch noch auf
eine Anzahl kleinerer Quellen im Nasswalde reflectieren würde
(es hatten die Messungen mit Zuziehung dieser kleineren Quellen bis
dahin eine Minimalergiebigkeit von rund 40.000 m' ergeben) und weil
dem Gemeinderathe die seitens der Interessenten gestellten Forderungen
etwas zu hoch veranschlagt schienen, beschloss derselbe, dass die
Verhandlungen in der Richtung weiter zu führen seien, dass die besagten
Interessenten eine entsprechende Erhöhung des abzuleitenden
Wasserquantums und eine Herabminderung der zu zahlenden
Entschädigungssumme zugestehen sollten.
Es wurde diesbezüglich auch thatsächlich ein namhafter Erfolg erzielt,
indem mit den beiden Hauptgruppen der Interessenten am 14. November 1890
und am 28. März 1891 durch die betreffende Genehmigung des Gemeinde-
rathes Vereinbarungen perfect wurden, wonach der Gemeinde Wien die
Ableitung eines Tagesquantums von 36.400 m^ und eine Herabminderung
der Entschädigungssumme um 300.000 Kr. zugestanden wurde.
Auf Grund dieses Übereinkommens mit den Hauptinteressenten
wurde seitens der k. k. Bezirkshauptmannschaft mit Erkenntnis von
24. October 1891 die Entscheidung, auch hinsichtlich der kleineren
Parteien, mit welchen ein definitives Übereinkommen noch nicht zustande
gekommen war, dahin gefällt, dass der Gemeinde Wien die Ableitung
des Tagesquantums von 36.400 m* von den Quellen oberhalb des Kaiser-
brunnens unter den nachfolgenden Hauptbedingungen gestattet werde:
1 . Zahlung einer Entschädigungssumme von zusammen 4,642.000 Kr.
an die verschiedenen Interessenten;
2. Erbauung einer Wasserleitung für den Markt Neunkirchen mit
mit den veranschlagten Kosten von 210.000 Kr. auf Kosten der Gemeinde
Wien und Dotierung derselben aus der Hochquellenleitung mit dem
täglichen Wasserquantum von 566 m^ und
3. Durchführung der Regulierung der sogenannten „Flasseln" (Be-
wässerungsausläufe) der Bewässerungsberechtigten am Kehrbache und
Peischinger Mühlbache um den veranschlagten Betrag von 12.000 Kr.,
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damit die Bewässerung auch bei der Entnahme des Tagesquantums
von 36.400 rrfi von den Zuflüssen des Schwarzaflusses in dem bisherigen
Ausmaße erfolgen könne.
Diese Entscheidung konnte aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen,
weil gegen dieselbe mehrfache Recurse eingebracht worden sind, was
jedoch momentan ohne weitere Folgen war, da ja die baulichen Her-
stellungen für den Zweck der Ableitung der Quellen noch sehr im Rück-
stande waren.
Dieselben konnten eben wegen der schwierigen wasserrechtlichen
Verhältnisse nur schrittweise zur Ausführung gebracht werden.
Die im Jahre 1887 begonnene Unterfahrung der Quellen beim
Großen HöUenthale wurde im Jahre 1890 beendet.
Bereits im Herbste 1889 wurden die Hauptadern der Quellen
angefahren, welchem Umstände die Gemeinde Wien in dem wasserarmen
Winter 1889/90 zur provisorischen Einleitung des hier erschroteten
Wassers in den Stammaquäduct der Hochquellenleitung benützte.
Hiezu war es nothwendig zwischen dem Kaiserbrunnen und
dem Großen HöUenthale ein provisorisches, hölzernes, entsprechend
abgedichtetes und abgedecktes Gerinne herzustellen, welches eine Länge
von 2350 m und ein Leitungsvermögen von 17.000 w' pro 24 Stunden
hatte, und einen Kostenaufwand von 84.000 Kr. verursachte.
Die behördliche Bewilligung zu dieser provisorischen Wasserab-
leitung wurde nur für die Winterszeit und gQgQn dem ertheilt, dass die
Gemeinde Wien eine durch ein specielles Übereinkommen vereinbarte,
besondere Entschädigung an die betheiligten Interessengruppen bezahle.
Diese Art der Verwendung des Gerinnes wiederholte sich unter
den gleichen Umständen vor Fertigstellung des Leitungsstollens zwischen
dem Kaiserbrunnen und dem Großen HöUenthale auch in den Jahren
beziehungsweise Wintern 1890/91 und 1891/92 und es wurden hiedurch
gerade in den kritischesten Zeiten sehr bedeutende Mengen des besten
Quellwassers der Wasserversorgung Wiens zugeführt.
Allerdings wurden hiedurch der Gemeinde Wien auch namhafte
Kosten verursacht, denn die hiefür zu leistende Entschädigung bezifTerte
sich per 1 m^ zugeleiteten Wassers auf ca. 19 Heller (per 1000 Eimer
= 5 fl. 50 kr.)
Die behördliche Bewilligung zur Ausführung des Leitungsstollens
zwischen dem Kaiserbrunnen und dem Großen Höllenthal wurde im
Jahre 1890 erwirkt, nachdem das Zustandekommen einer Vereinbarung
über die Entschädigung der Interessenten bereits gesichert war.
Die Arbeiten, welche mit 946*000 Kr. veranschlagt waren, wurden
noch im Herbste 1890 in Angriff genommen und waren Ende August 1892
beendet, hiemit war das provisorische hölzerne Gerinne entbehrlich ge-
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worden und das Wasser der Quellen beim Großen Hollenthale konnte
von nun an bei dringendem Bedarfe — vorerst allerdings auch nur
provisorisch und unter denselben Bedingungen wie durch das Gerinne —
bereits durch den neuen Stollen dem Kaiserbrunnen zugeführt werden.
Hinsichtlich der Zuleitung der übrigen einzubeziehenden Quellen
oberhalb des Kaiserbrunnens (Fuchspassquelle, Reisthalquelle, Wasser-
almquelle und kleinere Quellen im Nasswalde) wurde das Project für die
Fassungsanlagen bei den einzelnen Quellen und für die Leitungsanlagen
(Stollen und Rohrleitungen) der Behörde unter Einem im Jahre 1890
überreicht und es wurde der Consens für die Ausführung dieser Arbeiten
im Jahre 1891 ertheilt; — wie für die Quellen beim Großen Hollen-
thale auch hier »unpräjudicierlich der Frage der Ableitung des Wassers«,,
da die diesbezügliche Frage noch nicht rechtskräftig entschieden war.
Die Bauarbeiten waren mit einem Kostenbetrage von 3,440.000 Kr.
veranschlagt; sie wurden im Herbste 1891 in Angriff genommen und
sollten auf die 4 Jahre: 1891, 1892,1893 und 1894 vertheilt werden.
Diese Arbeiten wurden, ebenso wie auch bereits die Unterfahrung
der Quellen beim Großen Hollenthale und die Herstellung des Stollens
von denselben zum Kaiserbrunnen, von der Gemeinde Wien in eigener
Regie ausgeführt, wobei ein sehr günstiges finanzielles Resultat bei an-
erkannt vorzüglicher Qualität der Arbeiten erzielt wurde.
Das Programm dieser Herstellungen wurde auch eingehalten.
Bereits zu Ende des Jahres 1893 war die Fassung der vier großen
Quellen sowohl als auch die gesammten Leitungsstollen-Anlagen und nahe-
zu die sämmtlichen Leitungsrohrstränge fertiggestellt, so dass im Jahre 1894
nurmehr ein Stück des Leitungsrohrstranges unterhalb der Wasseralm quelle
und die Einbeziehung der kleineren Quellen im Nasswalde übrig blieb.
Kurz vor Beendigung der Hauptarbeiten, im Winter 1893/94 ergab
sich die Nothwendigkeit, auch das Wasser der Fuchspassquelle, der
Reisthal- und Wasseralmquelle provisorisch für die Zeit des Bedarfes
in den Kaiserbrunnen einzuleiten, was in der Hauptsache mit Benützung
der fertigen Stollen und Rohrleitungen, und nur bei der Wasseralmquelle
durch Vermittlung eines kurzen hölzernen Gerinnes erfolgte.
Inzwischen wurde die Frage der Ableitung des Wasserquantums
von 36.400 m^ pro Tag bei den Behörden IL und III. Instanz verhandelt,,
welche ihre Entscheidungen am 9. Jänner und 3. October 1893 fällten.
Jedoch wurde auch gegen die letztere Entscheidung seitens der Parteien die
Beschwerde an den k. k. Verwaltungs-Gerichtshof ergriffen, welcher seine
Entscheidung erst bei den am 13. und 14. December 1894 stattgefundenen
Verhandlungen traf, wodurch in der Hauptsache die Entscheidung der
I. Instanz aufrechterhalten wurde, die Forderungen der Austro-belgischen
Eisenbahn-Gesellschaft jedoch abgewiesen wurden. Hiemit war der Bezug
des fraglichen Wasserquantums für die Gemeinde Wien endgiltig gesichert
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und es handelte sich nur mehr darum, die Bedingungen der Concession
zu erfüllen und die Einbeziehung der kleineren Quellen im
Nasswalde zu beendigen.
Was die Erfüllung der Concessionsbedingungen betrifft, so wurde
seitens der Gemeinde Wien sofort mit der Auszahlung der Ent-
schädigungssummen an die Wasserrechts-Interessenten vorgegangen
und ebenso der Kaufschilling für das Quellenterritorium im Nass-
walde an Se. Excellenz den Grafen Hoyos-Sprinzenstein zu Beginn des
Jahres 1895 erlegt; die bereits im Jahre 1894 begonnene Ausführung der
Wasserleitung für den Markt Neunkirchen wurde im Jahre 1895
beendet und die feierliche Eröffnung derselben am 29. September 1895
begangen; die den Bewässerungs-Berechtigten am Kehrbache etc. zu-
gestandene Regulierung der »Flasseln« (Bewässerungsausläufe) wurde
im Jahre 1896 durchgeführt.
Die bauliche Durchführung der Einbeziehung der kleineren
Quellen im Nasswalde wurde, der verhältnismäßig geringeren Ergiebig-
keit derselben entsprechend, nur schrittweise ausgeführt und dauerte die-
selbe bis in das Jahr 1897.
Im Verlaufe des Jahres 1895 wurde auch die unmittelbar oberhalb
des Kaiserbrunnens angeordnete Regulier- und Zumessvorrichtung
ausgeführt und nach langandauernden Versuchen mit einem eigens con-
struierten Aichapparat behördlich geaicht und plombiert, welche den
Zweck hat, von den oberhalb des Kaiserbrunnens belegenen Quellen
blos einen Zufluss von nicht mehr als dem concedierten Maximalquantum
von 36.400 m^ per 24 Stunden in das Wasserschloss des Kaiserbrunnens
zu gestatten. (Die nähere Beschreibung dieser Vorrichtung und des Aich-
apparates etc. folgt später.) Mit diesen baulichen Herstellungen war
nunmehr die bauliche Ausgestaltung des Aquäductes der Hoch-
quellenleitung in seiner gegenwärtigen Ausdehnung beendet.
Die im Jahre 1891 erfolgte Einbeziehung der ehemaligen
Vororte Wiens in das Gemeindegebiet von Wien erforderte jedoch
auch eine umfangreiche Ausgestaltung der Wasservertheilungs-
anlagen innerhalb des Gemeindegebietes, über welche in Kürze Fol-
gendes zu sagen ist.
Die dem Gemeindegebiete von Wien angegliederten Vororte bilden
die ehemaligen Gemeindebezirke XI — XIX. Obwohl nun auch bereits
vor der Einbeziehung dieser Vororte eine beschränkte Abgabe von Hoch-
quellenwasser an einzelne derselben gegen besonderes Entgelt stattfand,
mussten dieselben nach der Einbeziehung mit ehethunlichster Be-
schleunigung in die einheitliche Wasserversorgung durch die Hoch-
quellenleitung eingereiht werden. Zu diesem Zwecke musste zunächst
das Wasserleitungs-Rohrnetz auf die neuen Gebiete ausgedehnt werden,
was in dem Zeiträume von 1893 bis 1895 vor sich gieng. Und zwar
wurde die Rohrlegung durchgeführt:
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Im Jahre 1893: in den Bezirken XII, XIV, XV, XVI und in einzelnen
Theilen der Bezirke XIII und XVII;
im Jahre 1894: in den westlichen Theilen der Bezirke XIII und
XVII, sowie in den Bezirken XIX und XVIII mit Ausnahme der ehe-
maligen Gemeinden Dombach und Neuwaldegg; und
im Jahre 1895: im Bezirke XI und in den ehemaligen Gemeinden
Dombach und Neuwaldegg.
Ein weiteres Bedürfnis war die Vorsorge für die Ermöglichung der
Bevorrathung eines dem größeren Umfange des Versorgungsgebietes
entsprechend vermehrten Wasserquantums.
Zu diesem Behufe musste zunächst der Wasserbehälter am
Rosenhügel, als Vertheilungs-Reser\''oir, noch eine dritte Erweiterung
erfahren und ausserdem noch besondere Wasserbehälter für diejenigen
Theile der neu angegliederten Bezirke angelegt werden, deren Höhenlage
eine derartige ist, dass dieselben von den bestandenen vier Wasser-
behältern aus mit natürlichem Drucke nicht mehr versorgt werden
konnten, welchen neuen Behältern also das Wasser durch künstliche
Hebung zuzuführen war.
Die dritte Erweiterung des Reservoirs am Rosenhügel wurde in
den Jahren 1894 bis 1896 durchgeführt und dadurch der Fassungsraum
dieses Behälters auf 120.503 m« erhöht.
Für die Versorgung der höher gelegenen Theile der ehemaligen
»westlichen« Vororte, Theile der Bezirke XIII bis XIX, wurden gleich-
falls in den Jahren 1894 bis 1896 zwei neue Wasserbehälter und
zwar eines auf dem Abhänge des Galitzinberges bei Breitensee mit der
Wasserspiegelcote 274*0 m und eines auf dem kleinen Schafberge
bei Gersthof mit der Wasserspiegelcote 267'5m gebaut und die An-
ordnung so getroffen, dass das letztere, kleinere, von dem ersteren,
größeren vermittelst eines Verbindungs-Rohrstranges alimentiert wird.
In das Reservoir bei Breitensee wird Wasser durch ein Wasser-
hebewerk gefördert, welches in Breitensee situiert ist und dem das
Wasser vermittelst eines eigenen Rohrstranges von dem Wasserbehälter
am Rosenhügel zukommt.
Dieses Wasserhebewerk wurde mit den beiden neuen Wasser-
behältern gleichzeitig errichtet und fertiggestellt.
Außer dem Bereiche der Versorgung durch natürlichen Druck
liegen auch die höheren Theile des X. Bezirkes Favoriten und es
wurde in den Jahren 1897/98 für diesen Bezirkstheil ein besonderes
Wasserhebewerk erbaut, welches das Wasser aus dem Wasserbehälter
am Wienerberge in ein in einem 30 m hohen Wasserthurme unter-
gebrachtes eisernes Reservoir fördert.
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Durch das Wasserhebe werk von Breitensee und die durch das-
selbe alimentierten beiden Wasserbehälter können allerdings die höchst-
gelegenen Theile der ehemaligen Gemeinden von Neuvvaldegg, Salmanns-
dorf, Neustift, Pötzleinsdorf und Sievering auch noch nicht versorgt
werden und ist für diesen Zweck noch ein drittes kleines Wasserhebe-
werk auf dem „Dreimarkstein" bei Salmannsdorf projectiert, welches
jedoch noch nicht zur Ausführung bewilligt ist.
Wenn nun noch erwähnt wird, dass in Hinsicht auf den sich
stets steigernden Wasserbedarf, behufs rechtzeitiger Vorsorge für die
Beschaffung der entsprechenden Ergänzungswassermenge bei den
tiefsten Quellenergiebigkeiten im strengsten Winter, bei dem Pott-
schacher Wasserwerke im Jahre 1900 noch ein achter Tief-
brunnen hergestellt worden ist, welcher auf Grund der vom Stadtbau-
amte durchgeführten Bohrungen auf das linke Schwarzaufer verlegt
wurde und für welchen ein großer Theil der erforderlichen Saugrohr-
leitung bereits bei Gelegenheit der früheren Erweiterungen des Werkes
ausgeführt worden war, so ist durch die vorstehenden Ausführungen ein
Bild der allgemeinen Entwicklung der bestehenden Hochquellenleitung
bis zu der dermaligen Ausgestaltung derselben gegeben.
Ohne hier in die detaillierte Erörterung der Beschaffenheit und
Menge des Hochquellenwassers eingehen zu wollen, welche Fragen
später zur Behandlung gelangen, soll hier allgemein erwähnt werden,
dass Wien in der Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung eine
Wasserleitung besitzt, welche die Stadt mit einem Wasser
von geradezu idealer Beschaffenheit versieht, deren Ergiebig-
keit im Vereine mit den Auxilliarschöpfwerken von Pottschach
und einiger kleiner Anlagen für Nutzwasserzwecke und unter
Ausnützung des bedeutenden Fassungsraumes der Wasser-
behälter dermalen gerade noch hinreicht, um den gegen-
wärtigen Bedarf der Stadt zu decken und welche in ihrer
Anlage so beschaffen ist, dass das Wasser, mit Ausnahme der
höchstgelegenen Gebietstheile von sehr beschränkter Ausdehnung,
•alle in Wohnstätten des Stadtgebietes directe zugeleitet
werden kann.
Diese Hochquellenleitung, die in ihrem dermaligen Umfange voll-
kommen ausgestaltet ist, ist, was ihre Ergiebigkeit betrifft, immerhin
noch ergänzungsfähig, indem, wie das bei Quellenleitungen überall der
Fall ist, wegen der ungleichmäßigen Ergiebigkeit der Quellen der
Aquäduct nicht jederzeit voll ausgenützt werden kann. — Obwohl zu
gewissen Zeiten des Jahres, insbesondere im Frühjahr und Frühsommer,
die Quellen des Kaiserbrunnens und die von Stixenstein allein genügen,
um den Aquäduct zu füllen, gibt es wiederum Zeiten (die strengen
Wintermonate und sehr trockene Sommerperioden), in welchen der
Aquäduct trotz Zuleitung des Wassers der Quellen oberhalb des Kaiser-
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brunnens und Zuziehung des Pottschacher Schöpfwerkes nicht zur
Gänze gefüllt werden kann.
Wenn man die betreffenden Minimalleistungen des Kaiser-
brunnens, der Stixensteinerquelle, sowie jene des Pottschacher Schöpf-
werkes in Betracht zieht und das concedierte Wasserquantum hinzu-
rechnet, welches von den Quellen oberhalb des Kaiserbrunnens jeder-
zeit verfügbar ist, so ergeben sich als Minimalleistungen desHoch-
quellen-Aquäductes
im Winter ca. 68.000 nfi
im Sommer ......... ca. 110.000 m^
pro 24 Stunden.
Da nun aber das Leitungsvermögen des Aquäductes pro
24 Stunden 138.000 m^ beträgt, so könnten, um den Aquäduct wenigstens
zur Sommerszeit (zur Winterszeit reducieren sich die Bedarfsmengen
allgemein und ist daher die vollständige Füllung des Aquäductes nicht
erforderlich) jederzeit voll ausnützen zu können, noch circa 28.000 m^
Quellwasser pro Tag dem Aquäducte zugeführt werden, welche einen
großen Theil des Jahres ganz oder theilweise darin Raum finden und
der Verwendung in Wien zugeführt werden könnten. Da auch das
Quellenvorkommen in der Gegend der dermaligen Bezugsquellen der
Hochquellenleitung ein derartiges ist, dass eine solche Ergänzung der
Hochquellenleitung möglich ist, so bildet diese Frage auch seit längerer
Zeit bereits den Gegenstand ernster Erwägungen der Gemeindeverwaltung.
Die Frage der weiteren Ausgestaltung der Wasserversor-
gung Wiens wurde überhaupt eine „brennende", als im Jahre 1891
die Vereinigung der ehemaligen Vororte mit Wien erfolgte und sich
hiedurch die Einwohnerzahl der Stadt plötzlich um nahezu eine halbe
Million erhöhte.
Konnte man sich zuvor der Hoffnung hingeben, dass die Hoch-"
quellenleitung nach Einbeziehung der Quellen oberhalb des Kaiserbrunnens
noch auf eine längere Reihe von Jahren hinaus dem Bedarfe Wiens ent-
sprechen werde, so wurde es jetzt mit einem Male klar, dass baldmöglichst
ein Entschluss darüber gefasst werden müsse, in welcher Weise dem so
rapid und unvermittelt gesteigerten Wasserbedarfe gerecht zu werden sei.
Der Gemeinderath, welcher diese Frage einer eingehenden Behand-
lung unterzog, musste hiebei von dem Grundsatze ausgehen, dass das
ganze Gemeindegebiet der Wohlthat einer gesicherten Wasserversorgung
gleichmäßig theilhaftig werden müsse, dass also sämmtliche Bezirke
mit einem Wasser von gleicher Qualität zu versorgen sein werden, und
dass hiebei auf die Zuführung solcher Wassermengen Bedacht zu nehmen
sei, welche den diesfälligen Bedarfsmengen moderner Bevölkerungs-
centren entsprechen.
Dementsprechend wurde für die weitere Wasserversorgung Wiens der
Tagesbedarf pro Kopf der Bevölkerung mit 140 Litern angenommen,
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wovon 40 Liter auf das Genuss- und Brauchwasser, 100 Liter auf
Nutzwasser entfallen.
Auf Grund dieser Ziffern und unter der Annahme einer gleich-
mäßigen Bevölkerungszunahme ergaben sich für die nächsten drei
Decaden folgende Wasserbedarfsmengen:
Jahr ,! Einwohner
Erfordernis pro Tag in Cubikmetem
a 40 Liter ä 140 Liter
1900
1910
1920
1,673.500 66.940
2,000.000
2,400.000
80 000
96.000
234.280
280.000
336.000
Bei der Erwägung der Mittel und Wege, wie die künftig fehlenden
Wassermengen zu beschaffen seien, mussten sich bei dem bereits
erwähnten Umstände, dass der bestehende Hochquellen-Aquäduct zur
Zeit der geringen Quellenergiebigkeiten noch für eine tägliche Wasser-
menge von circa 28.000 m' aufnahmsfahig ist, die Blicke zunächst aut
die definitive Ausgestaltung der bestehenden Hochquellen-
leitung richten. Hiedurch würde im Sommer die Zufuhr einer täglichen
Wassermenge von 138.000 w', im Winter von 96.000 m^ gesichert sein.
Dieses letztere Wasserquantum entspricht jedoch nahezu genau der
voraussichtlichen Genuss- und Brauchwassermenge Wiens im Jahre 1920.
Da auf diese Weise die Möglichkeit der Sicherung des Genuss- und
Brauchwasserbedarfes für mehrere Decennien bestand, entstand nun die
weitere FYage, auf welche Weise für die Zufuhr des weiteren, haupt-
sächlich Nutzzwecken dienenden Wasserbedarfes vorzusorgen sei, in
welcher Hinsicht sowohl die Schaffung einer eigenen Nutzwasserleitung,
als auch die Zufuhr neuer, größerer Quellwassermengen aus anderen
Quellgebieten bei Aufrechthaltung der einheitlichen Wasserversorgung
in Betracht kommen konnte.
Diesen Standpunkt hat auch der Wiener Gemeinderath in seinen
Beschlüssen vom 13. Jänner 1893 eingenommen, mittels welchen er
die näheren Directiven für die Vorarbeiten zur Lösung der dermaligen
Wasserfrage gegeben hat. Diese Directiven verweisen unter dem aus-
drücklichen Vorbehalte, dass die Ausführung der Wasserversorgung nicht in
die Hände von Privaten gelegt werden und dass die ausgezeichnete
Qualität des bisher zu Trinkzwecken verwendeten Wassers unter keiner
Bedingung eine Verschlechterung erfahren darf, in der Hauptsache auf:
1. Die Ausgestaltung der bestehenden Hochquellenleitung durch
Einbeziehung weiterer Hochquellen unter besonderer Berücksichtigung
der Quellen der Mürz in Steiermark und der Quellen des Sonnwendstein-,
Semmering- und Ottergebietes bei Gloggnitz;
2. die Vornahme von Erhebungen über die Grundwasserverhältnisse
im Bereiche der beiderseitigen Ufer der Donau und daraufhin die
eventuelle Verfassung eines Detailprojectes für eine Nutzwasserleitung.
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3. die Anstrebung einer zweiten selbständigen Hochquellenleitung
aus einem anderen Quellengebiete;
4. die Einleitung von Verhandlungen mit der Unternehmung der
Wiener-Neustädter Tiefquellenleitung und
5. desgleichen mit der Unternehmung der Wienthal-Wasserleitung.
In Ausführung dieser Beschlüsse wurden nunmehr, theils im An-
schlüsse an bereits früher eingeleitete Beobachtungen, theils gänzlich
neu acti viert, in großem Umfange Erhebungen in allen jenen Quellen-
gebieten in Angriff genommen, die entweder für die Ergänzung der
Hochquellenleitung oder für die Anlage einer neuen zweiten
Hochquellenleitung von eventueller Bedeutung sein könnten.
In ersterer Beziehung waren es die Quellengebiete der Mürz in
Steiermark und der Schwarza in Niederösterreich (woselbst ins-
besondere das Semmering-Ottergebiet, die „Prein", das Preinthal und
der „Heufuß", sowie die Gegend von Schwarzau i/G. und die „Vois"
in Betracht kommen), in deren Bereich eine große Menge größerer und
kleinerer Quellen ausgeforscht, in qualitativer Hinsicht untersucht und
in Beziehung auf ihre quantitative Ergiebigkeit regelmäßigen Messungen
unterzogen wurden. Der Hauptzweck dieser ausgedehnten Beobachtungen
war der, womöglich zwei Gruppen von Quellen zu finden, deren jede
für sich geeignet wäre, das erforderliche Quantum von tadellosem Quell-
wasser in sicherer Weise zu liefern.
In Hinsicht auf die eventuelle Anlage einer zweiten selbständigen
Hochquellenleitung, die zum mindesten eine gleiche Ergiebigkeit wie
die ergänzte, bestehende haben und derselben auch in qualitativer Hin-
sicht vollkommen ebenbürtig sein sollte, wurden die gleichen Erhebungen
und Beobachtungen auf die Quellengebiete der Traisen, Erlauf und Ybbs
in Niederösterreich und jene der Enns und Salza in Steiermark, sowie
der Steyer in Oberösterreich ausgedehnt.
Da die Erfahrungen bei der bestehenden Hochquellenleitung gezeigt
haben, dass die Minima der Quellenergiebigkeiten in die Zeit der Winter-
monate nach länger andauernden Frostperioden fallen und man aus den
vorzunehmenden Quellenmessungen einen verlässlichen Schluss auf die
jederzeit anzuhoffenden Ergiebigkeiten der einzelnen Quellen ziehen
wollte, wurden die gesammten Quellenmessungen in diese Wintermonate
verlegt und bis heute regelmäßig fortgesetzt.
Auf Grund dieser Erhebungen und Beobachtungen wurden seitens
des Stadtbauamtes dem Gemeinderathe mehrfache Studien und generelle
Projecte unterbreitet, welche nach beiden Richtungen hin die Grundlage
für die weiteren Verhandlungen und Entscheidungen zu bilden hatten.
Über die eventuelle Art der definitiven Ausgestaltung der
bestehenden Hochquellenleitung wurden seitens des Stadtbauamtes
bereits im Jahre 1894 detaillierte Vorschläge erstattet und approximative
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Kostenberechnungen vorgelegt, worin auf eine zweifache Art der Lösung
dieser Frage hingewiesen wurde.
Im weiteren Verlaufe der Jahre wurden diese Studien noch weiter
ergänzt und modificiert und durch Terrainaufnahmen sowohl im Mürz-
gebiete als auch im „Heufuße", im „Preinthale", in der „Prein", im
Semmeringgebiete und in der Gegend von Schwarzau i/G., sowie durch
die Verfassung der Projecte für die Zuleitung der einzelnen Quellen-
gruppen in den Aquäduct der bestehenden Hochquellenleitung die Sachlage
derart klargestellt, dass für eine Entscheidung in dieser Frage genügend
vorgearbeitet ist und eine entsprechende Wahl unter den verschiedenen
Quellengebieten getrofifen werden kann.
In der richtigen Voraussicht, dass wegen der günstigen Lage der
betreffenden Quellenterritorien zu der bereits bestehenden Leitung im
Nasswalde bei der definitiven Ergänzung der bestehenden Hochquellen-
leitung die Quellen im „Heufuße" und im „Preinthale" eine hervor-
ragende Rolle spielen dürften, hat die Gemeinde Wien bereits in den
Jahren 1891 bezw. 1892 den ehemals Waißnix'schen Besitz Oberhof
und Wasserhof im Nasswalde im Ausmaße von 521 ha, sowie das so-
genannte Großwegerer-Gut im Preinthale im Ausmaße von ca. 67*87 ha
sammt den darauf entspringenden Quellen angekauft und hiezu noch
weiters im Jahre 1898 den ehemals Ottersbeck'schen Besitz im Prein-
thale mit 267'41 A<i, sowie eine Fläche von 0'754 ha des Eckbauer-
(Schweiger)schen Besitzes daselbst erworben, wodurch dieselbe in den
Besitz der Quellen im Heufuße und der wichtigsten Quellen im Preinthale
gelangt ist.
Auch im Mürzgebiete suchte die Gemeinde Wien bereits als
Quellenbesitzerin Fuß zu fassen, indem sie im Jahre 1899 im sogenannten
Kaarl-Graben bei Neuberg ein Haus mit dem dazu gehörigen Grundbesitze
per ca. 10 Aa sammt der darauf entspringenden mächtigen „Kaarl-Graben-
Quelle" erwarb.
Soweit auch die eben besprochenen Vorarbeiten bereits gediehen
sind, so ist über die Art der vorzunehmenden definitiven Ergänzung
der bestehenden Hochquellenleitung ein entscheidender Beschluss des
Gemeinderathes noch nicht gefasst worden.
Die Gründe hiefür liegen einerseits in localen Verhältnissen, anderer-
seits aber in dem Umstände, dass man der Ergänzung der bestehenden
Hochquellenleitung wegen des verhältnismäßig geringen Wasserquantums,
welches hiedurch während eines beschränkten Zeitraumes im Jahre der
Wasserversorgung Wiens zugeführt werden würde, im Verhältnisse zu den
gewaltigen Wassermassen, die die weitere Lösung der Wasserversorgungs-
frage erfordert, keine hervorragende Bedeutung beimisst.
Aus eben diesen Gründen hat sich jedoch die Angelegenheit der
Anlage einer zweiten selbständigen H ochquellenl ei tung aus einem
anderen Quellengebiete in einem umso rascheren Zuge entwickelt.
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Auf Grund der im Jahre 1893 begonnenen Erhebungen in den
verschiedenen Quellengebieten, welche insbesondere durch die in den
strengen Winterperioden gewonnenen Resultate zu dem Ergebnisse
führten, dass nur sehr wenige Gebiete geeignet seien, so mächtige
Quellwassermengen von tadelloser Qualität zu liefern, welche für den
gedachten Zweck erforderlich sind, war es dem Stadtbauamte bereits
im Jahre 1895 möglich, auch in dieser Hinsicht bestimmte Vorschläge
zu erstatten und über die beiläufige Tracenführung und die approximativen
Kosten nähere Aufschlüsse zu geben.
In den folgenden Jahren wurde der Gegenstand weiter verfolgt
und durchgearbeitet, insbesondere auf Grund der vom Stadtrathe im
Jahre 1898 gegebenen Directive, wonach die neue Leitung eine Er-
giebigkeit von 200.000 m^ per 24 Stunden aufweisen solle.
Das hierauf vom Stadtbauamte auf dieser Grundlage verfasste
generelle Vorproject, welches die Einbeziehung der ungewöhnlich mäch-
tigen Quellen des Salzathales in Steiermark in der Gegend von Wild-
alpen aufwärts bis zum Brunngraben bei Gusswerk im Auge hatte,
wurde dem Stadtrathe im Jahre 1899 vorgelegt, welcher sich der Sache
energisch annahm und die ehethunlichste Erwerbung der erforderlichen
Quellenterritorien in Anregung brachte.
Diese Erwerbungen wurden auch thatsächlich bereits am 1. Mai 1899
durch die mit dem hochwürdigen Stifte Admont vereinbarte Überlassung
des Territoriums der „Siebenseen" bei Wildalpen inauguriert und die
weiteren Verhandlungen so eifrig betrieben, dass mit Ende des Jahres 1899
die allgemeinen Verkaufsbedingungen mit den hervorragendsten Eigen-
thümern der sämmtlichen Quellenterritorien bereits vereinbart waren.
Auf Grund dieser Vorbereitungen war der Gemeinderath bereits
am 27. März 1900 in der Lage, den folgenden denkwürdigen Beschluss
zu fassen:
„1. Zur Ergänzung der Wasserversorgung Wiens ist eine
zweite Hochquellcnleitung unter Einbeziehung der im Salza-
gebiete liegenden und eventuell auch noch anderer auf der
definitiv festzustellenden Trace dieser Leitung befindlichen
Quellen zu bauen.
2. Das Stadtbauamt hat mit aller Beschleunigung die
Ausarbeitung eines Projectes für diese Wasserleitung mit
der Leistungsfähigkeit von 200.000 m^ pro Tag in Angriff zu
nehmen, welches dem Gemeinderathe zur Genehmigung vor-
zulegen ist.
3. Über die Beschaffung der Geldmittel für den Bau dieser
Wasserleitung sind seinerzeit dem Gemeinderathe die er-
forderlichen Anträge zu stellen, wobei bemerkt wird, dass
der Stadtrath von der Voraussetzung ausgeht, dass mit
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Rücksicht auf die Kosten der Geldbeschaffung und die auf-
laufenden Intercalarzinsen ein Kostenbetrag von 100 Mil-
lionen Kronen in Aussicht zu nehmen ist.**
Hiemit waren dem Unternehmen bestimmte Bahnen angewiesen
und es konnte thatkräftig an die Durchführung des Werkes geschritten
werden.
Die technischen Vorarbeiten hiefür wurden denn auch sofort in
Angriff genommen und derartig gefördert, dass bereits im Verlaufe
des Jahres 1900 die Terrainaufnahme der mehr als 200 km langen,
zum größten Theile in gebirgigem und bewaldetem Terrain belegenen
Leitungsstrecken durchgeführt wurde und nunmehr an die Inangriffnahme
der Verfassung des Detailprojectes gegangen werden kann, so dass das
große Werk thatsächlich seiner baldigen Ausführung entgegensieht.
Über die Beachtung der übrigen Directiven, welche der Gemeinde-
rath mit seinem Beschlüsse vom 13. Jänner 1893 für die weitere Be-
handlung der Wasserversorgungsfrage gegeben hatte, ist Folgendes zu
bemerken:
In Angelegenheit der eventuellen Projectierung einer Nutzwasser-
leitung aus dem Grundwassergebiete der Donau wurden seitens
des Stadtbauamtes in den Jahren 1893 bis 1896 unter Zuziehung
der Sachverständigen Baurath Salb ach (Dresden) und Ingenieur
Smrecker (Mannheim) im Vereine mit R. v. Wessely, Eigenthümer
der Firma Körte & Cie. (Prag), umfangreiche Untersuchungen in den
beiderseitigen Ufergeländen der Donau durchgeführt.
Diese Untersuchungen erstreckten sich oberhalb Wiens auf die
Kritzendorfer Au und das TuUnerfeld, woselbst dieselben bis nach
Zwentendorf ausgedehnt wurden; unterhalb Wiens reichten dieselben
am rechten Ufer der Donau bis nach Sollenau, am linken Ufer erstreckten
sich diese Arbeiten auf den südlich der Trace der Kaiser Ferdinands-
Nordbahn gelegenen Theil des Marchfeldes. Hiebei wurden an 136 Stellen
Bohrlöcher abgeteuft und außerdem in den im Bereiche der Unter-
suchungsgebiete gelegenen Ortschaften mehr als 500 Brunnen ausgewählt,
welche Punkte alle in ein Gesammtnivellement aufgenommen und einer
dauernden Beobachtung unterzogen wurden, um ein einheitliches Bild
der Grundwasserverhältnisse zu erhalten und weitere Erhebungen darauf
basieren zu können.
Aus den Bohrlöchern wurden zahlreiche Wasserproben entnommen
und der chemischen Analyse unterzogen.
Auf Grund der auf diese Weise gewonnenen Beobachtungsresultate
wurde inLeopoldsdorfimMarchfeldeein Versuchsbrunnen abgeteuft
und aus demselben durch 6 Monate in ununterbrochenem Betriebe ein
Wasserquantum von täglich 7000 — 8000 mP entnommen.
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Sowohl die bei dieser Wasserförderung bewirkte Wasserspiegel-
senkung als auch die chemische und bacteriologische Untersuchung des
hiebei gewonnenen Wassers ergaben sehr befriedigende Resultate.
Weitere derartige Quantitätsversuche waren auch in Orth an der
Donau und in Mooßbrunn (bei Grammat-Neusiedl) geplant; doch
gelangten dieselben auf Grund eines diesfälligen Gemeinderathsbeschlusses
nicht zur Durchführung, wie auch infolge desselben Beschlusses die
weiteren Erhebungen im Grundwassergebiete der Donau mit Ende des
Jahres 1896 eingestellt wurden.
Es wurden diesbezüglich nurmehr die gewonnenen Beobachtungs-
resultate aufgearbeitet, zusammengestellt und gesichtet, um das reiche
Materiale für den eventuellen Bedarf in der Zukunft sicherzustellen.
Eine weitere Anregung betraf die Einleitung von Verhandlungen
mit der „Wiener-Neustädter Tiefquellenleitung". Unter diesem
Titel hatte sich nämlich bereits in früherer Zeit ein Unternehmen gebildet,
welches die Gewinnung des Grundwassers aus dem sogenannten
„Steinfelde" oberhalb Wiener-Neustadt zum Zwecke hatte, das als eines
der wasserreichsten Grundwasser-Gebiete angesehen wird und seinerzeit
bereits von der Wasserversorgungs-Commission des Wiener Gemeinde-
rathes (1863) genau untersucht worden ist.
Es bestand dort zuerst die Absicht, das Grundwasser in einem,
quer über das ganze Steinfeld reichenden „Saugstollen" zu sammeln
und von diesem aus der Verwendung zur Wasserversorgung einer Reihe
von größeren und kleineren Gemeinwesen von Wiener-Neustadt bis
Wien, eventuell auch theilw^ise Wiens selbst zuzuführen; später gieng
man von der Idee des Saugstollens wieder ab, und waren zum Zwecke
der Wassergewinnung Brunnen projectiert.
Die Verwendung des dort eventuell zu gewinnenden Wassers für
Wien wäre auf zweierlei Arten möglich gewesen.
Entweder durch directe Zuleitung nach Wien mittels einer Rohr-
leitung von circa 50 km Länge, wofür jedoch sehr bedeutende Wasser-
mengen hätten in Aussicht genommen werden müssen, um die Leitung
zu rechtfertigen, oder aber durch maschinelle Hebung des im Stein-
felde gewonnenen Wassers mittels einer kurzen Rohrleitung in den
am Rande des Steinfeldes vorüberführenden Aquäduct der Hochquellen-
leitung.
Diese letztere Art der Zuführung des in Rede stehenden Grund-
wassers hätte eventuell einen Ersatz für die definitive Ergänzung der
Hochquellenleitung bilden sollen und es wurde schließlich auch noch
die Modification in Betracht gezogen, dass die Gemeinde Wien nur von
Fall zu Fall, bei nicht entsprechender Ergiebigkeit der Hochquellen die
jeweilig zur Deckung des Wasserbedarfes erforderlichen Wassermengen
von der „Wiener-Neustädter Tiefquellenleitung" gegen bestimmtes Ent-
gelt abzunehmen gehabt hätte.
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Die diesfalls noch im Jahre 1893 eingeleiteten Verhandlungen ergaben
jedoch ein negatives Resultat, da bei dem Mangel jedweder praktischer
Versuche keine Garantien für die sichere Gewinnung bestimmter Wasser-
mengen geboten werden konnten, noch auch die Gewähr dafür gegeben
war, dass selbst die geringeren Wassermengen, die seitens der Gemeinde
Wien nur zeitweise bei niederen Quellwasserständen zu beanspruchen
gewesen wären, in den periodisch wiederkehrenden Zeiten thatsächlich
und verlässlich geliefert werden könnten.
Schließlich wurden auch noch mit dem Consortium der „Wien-
thalwasserleitung" im Jahre 1893 Verhandlungen wegen eventueller
Wasserabgabe an die Gemeinde Wien eingeleitet. Die Wienthal-
wasserleitung (siehe die später angeschlossenen näheren Mittheilungen
hierüber) ist ein Unternehmen, welches die Concession besitzt, das
Niederschlagswasser in mehreren Seitenthälern des Wienthaies in der
Nähe Wiens in Staureservoiren anzusammeln und dieses aufgespeicherte
Wasser nach Abgabe eines bestimmten Quantums an die offenen Wasser-
läufe und nach entsprechender Filtration zu Wasser\''ersorgungszwecken
zu verwenden.
Das Unternehmen hatte ursprünglich die Versorgung der ehemaligen
westlichen Vororte von Wien mit Trink- und Nutzwasser im Auge;
seit der Vereinigung dieser Vororte mit Wien musste das Consortium
naturgemäß auch mit der Gemeindeverwaltung von Wien selbst Fühlung
nehmen, wobei in erster Linie auf die eventuelle Abgabe von Nutz-
wasser Bedacht genommen wurde.
Diese Verhandlungen führten jedoch vorerst auch zu keinem
positiven Ergebnisse und wurden im Jahre 1895 wieder abgebrochen.
Die sich aus den bestehenden Verhältnissen von selbst ergebende
Situation, welche einerseits die Erwerbung eines Absatzgebietes erheischte,
andererseits bei dem immer steigenden Wasserbedarf der Großstadt zu
einer möglichsten Entlastung der bestehenden Hochquellenleitung drängte,
führten jedoch zu einer baldigen Wiederaufnahme dieser Verhandlungen,
welche schließlich durch den Abschluss eines Vertrages zwischen
der Gemeinde Wien und der „Compagnie des Eaux deVienne"
als Concessionärin der Wienthalwasserleitung beendet wurden, der am
8. Juli 1898 durch den Gemeinderath von Wien ratificiert wurde.
Dieser Vertrag sichert der Gemeinde Wien auf die Dauer der
Concession der Wienthal Wasserleitung, welche dermalen vorerst nur
das eine der projectierten vier Staureservoire (im Wolfsgraben bei
Tullnerbach) errichtet hat, den Bezug eines täglichen Wasserquantums
bis zu 25.000 m^ , welches innerhalb eines bestimmten Theiles des
Gemeindegebietes für öffentliche und industrielle Zwecke verwendet
werden kann. Die Gemeinde Wien übernimmt das Wasser von der
Unternehmung an der Gemeindegrenze, wo der tägliche Verbrauch
seitens der Gemeinde Wien durch Wassermesser gemessen wird, gegen
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ein bestimmtes Entgelt, und gibt ihrerseits das Wasser wieder inner-
halb des Gemeindegebietes an die einzelnen Abnehmer auf ihre Rechnung
ab. Die Verrechnung mit der Unternehmung geschieht monatlich auf
Grund des factisch ermittelten Verbrauches. Sollte das bedungene Tages-
quantum von 25.000 m' von dem Werke in seiner gegenwärtigen Aus-
dehnung nicht geliefert werden können, so ist die Gemeinde Wien
berechtigt, die entsprechende Vergrößerung der Anlagen auf Kosten
der Unternehmung zu fordern; ebenso steht ihr das Recht zu, inner-
halb der ersten 30 Jahre des Betriebes dieser Wasserleitung eine der-
artige Vergrößerung der Anlagen auf Kosten der Gesellschaft innerhalb
dreier Jahre zu verlangen, dass hiedurch eine Lieferungsföhigkeit des
Werkes von täglich 50.000 m* entsprechend filtrierten Wassers er-
reicht wird.
Schließlich hat sich die Gemeinde Wien auch das Recht der
Einlösung der ganzen Anlage nach bestimmten Grundsätzen vorbehalten.
Die Vertheilung des von der Wienthalwasserleitung bezogenen
Wassers erfolgt durch ein besonderes, von dem der Hochquellenleitung
gänzlich separiertes Rohrnetz, welches bezüglich der Rohre mit mehr
als 160 mm betragenden Lichtweite durch die Unternehmung, bezüglich
der übrigen Rohrstränge mit 160 mm und weniger lichter Weite durch
die Gemeinde Wien auf eigene Kosten herzustellen war.
Hiemit wäre die Entwicklungsgeschichte der Wasserversorgung
Wiens bis zum gegenwärtigen Zeitpunkte im Allgemeinen dargelegt
und es lässt sich der dermalige Stand derselben kurz folgendermaßen
charakterisieren :
Der Gemeinde Wien stehen für die Wasserversorgung dermalen
zur Verfügung:
1. Die durch die Einbeziehung der Quellen oberhalb des Kaiser-
brunnens erweiterte „Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung",
welche durch das dermalen mit 8 Tiefbrunnen ausgestattete „Pott-
schacher Schöpfwerk" für die Zeit der geringeren Quellenergiebigkeit
als „Ergänzungswerk" verstärkt ist und sohin zur Zeit der geringsten
Quellenergiebigkeiten eine Minimalleistung von
im Sommer pro 110.000 m*
im Winter pro 68.000 m»
in 24 Stunden aufweist.
Diese Minimalleistungen dauern jedoch nur eine kurze Reihe von
Tagen an und werden durch den großen Fassungsraum der Reservoire
pro 264.206 m», welcher in diesen Zeiten eine entsprechende Zubuße
gestattet, soweit paralysiert, dass durch die genannte Leitung der der-
malige Tagesbedarf von rund
120.000 m» im Sommer und
80.000 m» im Winter
noch gedeckt wird.
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2. Die „Wienthalwasserleitung", von welcher ein MaXimal-
quantum an Nutzwasser per 25.000 m^ pro Tag bezogen werden kann.
Zur weiteren Ausgestaltung der Wasserversorgung ist die definitive
Ergänzung der bestehenden Hochquellenleitung auf die Tages-
ergiebigkeit von rund
138.000 m3 im Sommer und
96.000 m» im Winter
im Zuge und die Errichtung einer „Zweiten Kaiser Franz Josef-
Hochquellenleitung" aus dem Salzagebiete mit einer Tagesleistung
von rund 200.000 m^ bereits in Angriff genommen.
IL Die bestehende Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung.
(Siehe Tafel I.)
Die Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung, als „Hochquellen-
leitung" allgemein bekannt, ist eine reine Gravitations-Quellenleitung,
welche nur ausnahmsweise in ihrer Leistung durch das Auxiliarwerk
von Pottschach zur nothwendigen Ergänzung des Wasserbedarfes von
Wien unterstützt wird.
Den zwei Perioden ihrer Ausführung entsprechend, wird die Leitung
in zwei Theile unterschieden, nämlich in den Stamm-Aquäduct,
welcher vom Kaiserbrunnen bis Wien reicht und in die Leitung ober-
halb des Kaiserbrunnens, welche die Strecke vom Kaiserbrunnen
bis zur Wasseralmquelle im Nasswalde umfasst.
Abgesehen von der abgesonderten Herstellung, sind diese beiden
Strecken dadurch charakteristisch unterschieden, dass dem Stamm-
Aquäducte das Wasser der denselben alimentierenden Quellen in der
vollen Quellenergiebigkeit zur Verfügung steht, während für die Leitung
oberhalb des Kaiserbrunnens das Tagesquantum des abzuführenden
Quellwassers auf das Maximum von 36.400 m^ beschränkt ist, und weiters
dadurch, dass die letztgenannte Leitung directe in das Wasserschloss
des Kaiserbrunnens einmündet, so dass sich der Zufluss von dieser
Leitung eigentlich als eine Verstärkung des Kaiserbrunnens darstellt.
a) Die Quellen der Leitung^.
Der Stamm-Aquäduct wird gespeist durch den „Kaiserbrunnen",
welcher in einer Seehöhe von rund 521 m am Fuße des südwestlichen
Abhanges des „Schneeberges" (2075 m) entspringt und durch die
„Stixensteinerquelle", welche in einer Seehöhe von rund 461m
am Fuße des östlichen Abhanges dieses Berges zu Tage tritt. Die in
die Hochquellenleitung einbezogenen „Quellen oberhalb des Kaiser-
brunnens" sind folgende:
1. Die „Quellen beim Großen Höllenthale", am östlichen
Fuße der Raxalpe (2009 m) entspringend (Höhenlage rund 542 m) ;
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2. die „Fuchspassquelle", gegenüber der Einmündung des Nass-
baches in die Schwarza, am westlichen Fuße des „Kuhschneeberges"
(1513 w) entspringend (Höhelagen rund 573 m);
3. die Reisthalquelle, entspringend in einer Seehöhe von rund
726 m im Reisthale am westlichen Fuße der Raxalpe;
4. die Wasseralmquelle, welche im Nasswalde am nordöstlichen
Fuße der „Schneealpe" (1904m) in einer Seehöhe von rund 802m
zu Tage tritt, und
5. die sogenannten „kleineren Quellen im Nasswalde", welche
zum Theile im vorderen, zum Theile im hinteren Nasswalde entspringen
und die folgenden Quellen umfassen:
a) die Quelle auf der „Albertwiese",
//) „ „ „ „ „Schütterlehne",
c) „ »im „Übelthale",
d) „ „ „ „Lettinggraben",
e) „ „am „Sonnleithenbache"
und fj „ „Schiffauerquelle",
welche eine Höhenlage zwischen 700 und 800 m über dem Meere haben.
b) Die Tracenführun/j.
Die ganze Leitungsanlage zerfällt in eine Hauptleitung, die sich
in einer Gesammtlänge von 105*012 km von der Wasseralmquelle im Nass-
walde bis zu dem Hauptreservoire am Rosenhügel bei Wien erstreckt,
und in mehrere Zweigleitungen.
Von der obgenannten Gesammtlänge entfallen:
Auf den Stamm-Aquäduct in der Strecke vom Kaiser-
brunnen bis zum Rosenhügel 89*3 km
und auf dieLeitung oberhalb des Kaiserbrunnens 15*712 „
Zu den Zweigleitungen gehören:
1. Die Zweigleitung des Stamm-Aquäductes für die Zu-
leitung der „Stixensteinerquelle", welche eine Länge von 6*218 „
besitzt und sich von Sieding bis nach Ternitz erstreckt,
woselbst die Vereinigung mit dem Stamm-Aquäducte erfolgt;
2. die Zweigleitung für die Zuleitung der „Fuchs-
passquelle" in die Hauptleitung in der Nähe der Ein-
mündung des Nassbaches in die Schwarza, mit einer
Länge von 0*418 „
und 3. die Zweigleitung für die Zuleitung der „Reis-
thalquelle" im Nasswalde in die Hauptleitung mit einer
Länge von 0*570 „
Außerdem münden in die Hauptleitung im Nasswalde noch die
Nebenleitungen von den kleineren Quellen im Nasswalde ein,
welche jedoch wegen ihre geringeren Bedeutung nicht als besondere
Zweigleitungen angeführt werden.
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8*
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Der Verlauf der Trace der Hauptleitung ist folgender:
Mit dem Wasserschlosse der Wasseralmquelle an dem obersten
Ende der Leitung beginnend, führt die Trace im Nassvvalde am linken
Ufer des Nassbaches thalabwärts bis zur Einmündung des Preinthal-
baches in den Nassbach; auf diesem Wege wird der Ameisbach und
der Schwarzriegelbach unterfahren und werden, wie aus der vor-
stehenden Situationsskizze ersichtlich ist, die Zuleitungen der nachbe-
nannten Quellen in die Hauptleitung aufgenommen:
Auf der linken Seite jene der Lettingquellen, der Schiffauerquelle,
der Sonnleitenquelle und der Schütterquelle, auf der rechten Seite die
Zweigleitung von der Reisthalquelle und die Zuleitungen der Quelle
auf der Albertwiese und der Übelthalquelle.
Sodann unterfährt die Hauptleitung den Nassbach und verläuft am
rechten Ufer desselben weiter bis zur Einmündung desselben in die
Schwarza bei der sogenannten „Singerin" und sodann am rechten Ufer
der Schwarza bis eine kurze Strecke unterhalb des Großen Höllenthaies,
woselbst die Schwarza übersetzt wird und die Trace weiter am linken
Ufer dieses Flusses fortführt bis zur Einmündung in das Wasserschloss
des Kaiserbrunnens.
In dieser Strecke zwischen der Unterfahrung des Nassbaches und
dem Kaiserbrunnen wird in die Hauptleitung auf der linken Seite, unter-
halb der Ausmündung des Nassthaies die Zweigleitung von der am linken
Ufer der Schwarzabelegenen „Fuchspassquelle" aufgenommen, welche den
Schwarzafluss unterfährt, und auf der rechten Seite erfolgt die Aufnahme
der „Quellen beim Großen Höllenthale" in der Nähe des gleich-
namigen Thaies. Bei dem Wasserschlosse des Kaiserbrunnens beginnt
die Trace des Stamm-Aquäductes der Hochquellenleitung.
Dieselbe folgt dem Laufe der Schwarza am linken Ufer derselben
über Hirschwang, Reichenau, Payerbach, Gloggnitz, Pottschach und
Ternitz bis nach Neunkirchen, nachdem sie sich bei Ternitz mit der
dem Laufe des Siedingbaches folgenden Trace der Zweigleitung von
der Stixensteinerquelle vereinigt hat.
Bei Neunkirchen verlässt die Trace das engere Thal der Schwarza
und führt am nordwestlichen Rande des „Steinfeldes" bei Wiener-
Neustadt über Mollram, Saubersdorf, Brunn, Fischau, Steinabrückl und
Matzendorf nach Leobersdorf und von da ab dem Zuge der Südbahn
folgend über Vöslau, Baden, Gumpoldskirchen, Mödling, Liesing und
Mauer auf den Rosenhügel bei Wien, woselbst das Hauptvertheilungs-
reservoir angelegt ist.
In dieser Leitungsstrecke werden viele Thäler und Wasserläufe
gekreuzt, unter denen insbesondere zu nennen sind:
Der Siedingbach bei Ternitz, die Triesting bei Steinabrückl, die
Triesting bei Leobersdorf, die Schwechat bei Baden, der Mödlingbach
bei Mödling und die Liesing bei Liesing.
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Alle diese Thal er, die mitunter, wie bei Baden und Liesing, sehr
breit sind, wurden oberirdisch traversiert ; Syphons fanden bei dem
Stamm-Aquäducte der Hochquellenleitung noch keine Anwendung.
c) Die Gefällsverhältnisse der Leitung.
Dieselben sind durchaus sehr günstige. (Siehe Tafel I.)
Das Gesammtgefälle in der oberen Leitungsstrecke zwischen der
Wasseralmquelle und dem Kaiserbrunnen beträgt rund 279 wi, jenes des
Stamm-Aquäductes zwischen Kaiserbrunnen und Rosenhügel rund 280 rn.
Der große Höhenunterschied in derblos 15-712 fem langen oberen
Strecke musste natürlich derart ausgetheilt werden, dass einerseits die
Zuleitung der Reisthalquelle mit der Seehöhe von 725*63 w, jene der
Fuchspassquelle mit der Cote 573*52 w, sowie die Aufnahme der Höllen-
thalquelle mit der Seecote 541*82 m möglich wurde und dass anderer-
seits der Leitungsstollen überall thunlichst hoch über dem Flusswasser-
spiegel zu liegen kam. Das Stollengefalle wechselt zwischen P/oo ^^^
25%o5 kurze Abstürze mit dem Gefälle von 150^/qo kommen ebenfalls vor.
Bei den Zuleitungen der kleinen Quellen konnten Rohrgefälle bis
zu 500^00 nicht umgangen werden; in solchen Fällen stehen die Rohre
nicht unter Druck, sondern laufen nur theilweise gefüllt.
Die Gefälle in der Strecke des Stamm-Aquäductes sind dem Terrain
möglichst angepasst; dieselben variieren zwischen 5*^/qq im oberen Theile
und 0-435%o i^ ^^^ unteren Theile zwischen Mödling und Wien. In
der Zweigleitung der Stixensteinerquelle kommen auch Gefälle von
107oo vor.
Nachdem jedoch in der Strecke zwischen Hirschwang und Pottschach,
sowie zwischen Ternitz und Neunkirchen die Beibehaltung des natür-
lichen Terraingefälles ein zu starkes Leitungsgefölle ergeben hätte, welches
von ungünstigem Einflüsse auf die Wandungen des Aquäductes gewesen
wäre, wurden daselbst kürzere Abstürze in größerer Anzahl einge-
schaltet, welche das Gefalle von 2007oo erhielten und ganz aus Quadern
hergestellt wurden.
d) Die Bauanlagen.
Die gesammten Bauanlagen der Hochquellenleitung gliedern sich
in nachstehende drei Gruppen: Die Quellenfassungen, die Leitungs-
anlagen, die Wasservertheilungsanlagen und die Wasserhebe-
werke.
1. Die Quellenfassungen.
Die Quellenfassungen erfolgten bei nahezu sämmtlichen Quellen
durch Anlage von Wasserschlössern am Ursprünge der betreffenden
Quellen, mit Ausnahme der Quellen beim Großen Höllenthale,
woselbst wegen des Auftretens der Quellen in zahlreichen kleineren
Wasseradern die Aufsammlung derselben in mehreren Sammelstollen
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erfolgen musste, und den kleineren Quellen im Nasswalde, deren
Fassung theilweise in Brunnenstuben, theils durch Drainage-
anlagen etc. erfolgte.
Die Anlage der Wasserschlösser zeigt geringe Abweichungen,
sofern es sich um den Stamm-Aquäduct oder die neue Leitung handelt.
Die Wasserschlösser des Stamm-Aquäductes (Kaiserbrunnen und
Stixensteinerquelle) sind in Quadern hergestellte, gewölbte Räume, welche
die Quellen aufnehmen, mit selbstthätigen Überfällen versehen sind und
Kaiserbrunnen-Quelle vor der Einleitung (1870)*
gegen den Aquäduct mittels eines Schiebers abgeschlossen werden
können. Durch diesen Schieber erfolgt auch die Regulierung des Wasser-
abflusses in den Aquäduct.
Vor dem Schieber sind in den Seitenwänden der ganzen Höhe
derselben noch Coulissen angeordnet, welche zum Einlegen von Damm-
balken dienen, für den Fall, als der Schieber zugänglich gemacht werden
müsste, um eine Auswechslung desselben oder Reparaturen daran vor-
nehmen zu können.
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Wasserschloss Kaiserbrunnen.
Übeffall-
schacht.
Massstab 1 : 400.
Wasserschloss Kaiserbrunnen (Grundriss).
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Wasserschloss der Wasseralmquelle.
Massstab 1 : 200,
Wasserschloss der Wasseralmquelle (Grundriss).
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Die Wasserschlösser der neuen Leitung unterscheiden sich von
den vorbeschriebenen dadurch, dass sie außer einem selbstthätigen
Überfalle und einem Leitungsschieber auch noch einen Entleerungs-
schieber haben, welcher für den Fall, als der Leitungsschieber
geschlossen werden sollte, geöffnet wird und das Wasser dem nächsten
offenen Wasserlaufe zuführt, wodurch dem Übelstande gesteuert wird,
dass in solchen Fällen eine jedesmalige Stauung des Wassers im
Wasserschlosse bis zu der Höhe des selbstthätigen Überfalles eintreten
müsste.
Außerdem ist bei dieser neueren Type der Wasserschlösser die
Anordnung getroffen, dass die beiden obgenannten Schieber (Leitungs-
und Entleerungsschieber) in einer besonderen Schieberkammer im
Trockenen untergebracht und vollkommen frei zugänglich sind. Um
eine Auswechslung oder Reparatur der Schieber leicht vornehmen zu
können, ohne den „Dammbalken "-Verschluss, wie bei den alten Wasser-
schlössern, anwenden zu müssen, erhielten hier die Schieberrohre gegen
den Wasserraum des Wasserschlosses hin noch je einen zweiten
Verschluss durch einen Plattenschieber (Schleuse), welcher normal-
mäßig stets offen steht und nur geschlossen wird, wenn der eigentliche
Schieber revidiert oder ausgewechselt werden muss. Auch diese Wasser-
schlösser neuer Type sind zum größten Theile aus Quadern hergestellt.
2. Die Leitungsanlagen.
Auch hinsichtlich der speciellen Leitungsanlagen weisen die beiden
Theile der Hochquellenleitung charakteristische Unterschiede auf.
Der Stamm-Aquäduct besteht in seiner überwiegenden Länge
(76.181 m), ebenso wie die Stixensteiner Zweigleitung (6218 m) aus
einem gemauerten Canale; 4619 m Länge entfallen auf die 10 größeren
Thalübersetzungen, von denen jene von Leobersdorf, Baden, Mödling,
Mauer, Liesing und Speising die bedeutendsten sind. Die längsten sind
die Aquäducte von Baden (685 w) und Liesing (745 m), der höchste
jener von Mödling mit einer Höhe von 27*5 m von der Thalsohle bis
zum Deckpflaster des Aquäductes.
Die restliche Länge des Stamm- Aquäductes von 8500 m wird durch
die Stollen gebildet, deren es daselbst 29 gibt. Die größte Zahl der-
selben (12 mit einer Gesammtlänge von 3000 m) liegt in der Strecke
vom Kaiserbrunnen bis Hirschwang, welche eine, nur durch die ein-
geschalteten Förderstollen unterbrochene Stollenreihe bilden, während
der übrige Theil der Stollen auf der weiteren Strecke zerstreut vertheilt
ist und nur solche geringer Länge aufweist. Was die Construction
betrifft, ist zu bemerken, dass der gemauerte Aquäduct-Canal aus
Bruchstein oder Ziegel hergestellt, mit einem Ziegelgewölbe eingedeckt
und an den inneren Laibungen, soweit der benetzte Umfang reicht, mit
einem 5 cm starken, geglätteten Portlandcementverputz versehen ist.
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Die Thalübersetzungen, gemeinhin blos „Aquäducte" genannt,
sind gleichfalls entweder aus Bruchsteinen oder Ziegeln gemauert, die
Gewölbe, sowohl der Aquäductbögen als auch des Leitungscanales in
dem Aquäducte aus Ziegeln hergestellt. Die Abdeckung der Aquäducte
erfolgte mittels eines Bruchsteinpflasters, welches an den Seiten durch
Gesimsquadern begrenzt ist; das Bruchsteinpflaster erhielt später noch
einen Überzug von Asphalt, dem etwas „Boschin" beigemengt wurde,
wodurch die Masse nicht ganz erstarrt und dadurch bei Frost und
größeren Temperaturschwankungen nicht rissig wird.
Eine besondere Fürsorge erforderte die Dichthaltung der
Aquäducte.
Trotzdem dieselben aus bestem Materiale und mit größter Sorg-
falt ausgeführt worden waren, traten bald nach der Activierung der
Hochquellenleitung Erscheinungen zutage, welche auf eine Undichtheit
derselben schließen ließen; es bildeten sich zunächst feuchte Flecken
an den äußeren Mauerflächen und Gewölbelaibungen und mit der
Zeit sickerte das Wasser durch und tropfte herab.
Um den Bestand der Aquäducte durch die Folgen der Einwirkung
des Frostes bei diesem Zustande nicht zu gefährten, mussten selbst-
verständlich die Undichtheiten stets rasch behoben werden.
Dies war aber keine leichte Sache, da die Ursachen keinesfalls
augenfällig waren und nur sehr schwer aufgefunden werden konnten.
Dieselben bestanden nämlich in sehr feinen „Haarrissen", die
sich in dem inneren Cem entverputze des Canales gebildet hatten und
nur nach längerer Übung und mit scharfem Auge zu eruieren waren.
Die Ursache der Bildung dieser Haarrisse wurde erst nach und
nach klar, als man die Wahrnehmung machte, dass trotz der sorg-
fältigsten Erneuerung des Cementverputzes an den schadhaften Stellen
die feuchten Flecken an den Aquäducten immer wieder und zwar zu
Beginn der warmen Jahreszeit erschienen und insbesondere nach
größeren Hitzeperioden an Umfang bedeutend zunahmen. Dies führte
zu der Erkenntnis, dass das Übel seinen Grund in dem hohen
Temperaturunterschiede hat, welcher im Sommer das Mauerwerk
der Aquäducte beeinflusst, indem die Temperatur an den äußeren
Flächen bis auf 40^ C steigt, während im Innern des Aquäduct-Canales
blos eine ziemlich constante Temperatur von 8 — 10^ C herrscht.
Infolge desisen tritt eine ungleichförmige Ausdehnung des Mauer-
werkes ein, der der starre Cementverputz nicht nachgeben kann, und
somit die bekannten „Haarrisse" bekommt. — Durch diese Erkenntnis
wusste man nun, dass die Reparaturen des jeweilig schadhaft gewordenen
Cementputzes nichts nützen können; man musste dieselben jedoch
trotzdem alljährlich im Herbste vornehmen, um die Aquäducte im
Winter über trocken zu erhalten und Frostschäden möglichst hintan-
zuhalten. — Diese Reparaturarbeiten waren aber nicht nur kostspielig,
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sondern auch deshalb sehr unerfreulich, weil zu ihrem Behufe der
Leitungscanal immer entleert werden musste, was Störungen in
der Wasserversorgung mit sich brachte und die Arbeiten nur auf die
kurze Zeit von 24 bis 36 Stunden beschränkte, da der damalige Vorraths-
raum der Reservoire eine längere Unterbrechung des Wasserzuflusses
nicht zuließ. Es musste daher mit allen Kräften dahin getrachtet werden,
diese periodischen Reparaturarbeiten entbehrlich zu machen.
Dies wurde schließlich durch die Anwendung des inzwischen
bekannt gewordenen „Boschin" erreicht, welches eine Composition von
Asphalt, Goudron und Kautschuk ist und die Eigenschaft besitzt, nicht
ganz zu erhärten und auch unter Wasser eine halbvveiche, zähe Masse
zu bilden.
Mit dieser Masse wurden nun die Innenlaibungen der Aquäducte,
soweit der Cementverputz reicht, in Form eines dünnen Überzuges versehen,
welcher an dem Cementputze sehr fest haftet und eine wasserdichte,
elastische Haut bildet, welche die infolge der Temperaturschwankungen
im Mauerwerke eintretenden Bewegungen mitmachen kann, ohne Risse
zu bekommen.
Erste Bedingung für einen entsprechenden Erfolg hiebei ist jedoch,
dass die Boschinmasse heiß auf den vollständig trockenen und
entsprechend vorgewärmten Cementverputz aufgebracht wird,
welche Bedingung oft nur auf sehr umständliche Weise erfüllt
werden kann.
Die in der Stamm-Aquäductstrecke vorkommenden Stollen wurden,
je nach dem betreffenden Gebirge, das zu durchsetzen war, entweder
gar nicht ausgemauert, sondern nur mit einem betonierten Gerinne ver-
sehen, oder nur zum Theile ausgemauert und eingewölbt, oder aber
auch vollständig ausgemauert und mit First- und Sohlengewölbe ver-
sehen.
Die folgenden Profile zeigen die gebräuchlichsten Typen der vor-
beschriebenen Leitungsquerschnitte.
Die Leitungsanlagen der Aquäductstrecke oberhalb des Kaiser-
brunnens sind dadurch charakteristisch, dass sie currenter, gemauerter
Canäle gänzlich entbehren und beinahe ausschließlich aus Stollen und
Rohrleitungen bestehen.
Auf die Hauptleitungsstrecke von 15.712 m Länge entfallen nämlich
an Stollen: 11.409 w, an Rohrleitungen: 4255 w und nur eine Länge
von 48 m entfallt auf den gemauerten Aquäduct, mittels welchem die
Leitung unterhalb des Großen HöUenthales die Schwarza übersetzt.
Die Zweig- und Nebenleitungen von der Reißthal- und Fuchs-
pass-Quelle, sowie von den kleineren Quellen im Nasswalde
bestehen ausschließlich aus Rohrleitungen. Die Stollen nehmen die
ganze Länge der Leitung im HöUenthale und am Nassbach hinauf bis
zur Einmündung des Preinthalbaches, sowie einen weiter thalaufwärts
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gelegenen Theil der Leitung in der Nähe der sogenannten »Saurüssel-
klamm« ein, während die Rohrleitungen den obersten Theil' der
Leitung, wo sich das größte Gefalle concentriert und den zwischen
den beiden Stollenstrecken liegenden Theil derselben umfassen.
Die Stollen sind zum größten Theil Lehnenstollen, mit Hilfe
von Förderstollen ausgeführt, und in der Construction nur wenig von
jenen der Stamm-Aquäductstrecke abweichend.
Die Rohrleitungen haben in der Haupt- und den Zweigleitungen
eine lichte Weite von 300, 850, 400, 450 und 500 mm, sind in Beton-
unterlagen eingebettet und mit Blei und Hanf gedichtet. Der oberste
Thalübersetzung.
Currenter Canal.
'<- - i'6o
Stollen.
Profile des Leitungscanales der Aquäductstreckc..
Leitungsstrang ist durch »Entlastungskammern« derart unterbrochen,
dass der hydrostatische Druck nicht mehr als B^/g Atmosphären beträgt.
In den 500 mm weiten Rohrstrang der Hauptleitung und den 450 min
weiten Strang der Zweigleitung von der Fuchspassquelle fällt auch ein
Dücker unter dem Nassbache und ein solcher unter dem Schwarza-
flusse; dieselben sind als einfache Rohrstränge ausgeführt und in
voller Länge und mit dem vollen Umfani^e in einen Betonklotz eingebettet
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Bei dem über die Schwarza führenden Aquäduct, der in Quadern
ausgeführt ist, ist hinsichtlich des darin untergebrachten Leitungscanales
die Anordnung getroffen worden, dass das benetzte Gerinne desselben
für sich aus Beton hergestellt und von dem übrigen Mauerwerk des
Aquäductes durch Asphaltschichten isoliert ist, wodurch die Bildung
von Haarrissen im Gerinne hintangehalten wird.
3. Ausführung der vorbeschriebenen Quellenfassungs- und
Leitungsanlagen in der Strecke oberhalb des Kaiserbrunnens
in eigener Regie.
Das überwiegende Vorherrschen der Stollenbauten in der Aquäduct-
strecke oberhalb des Kaiserbrunnens, sowie andere Umstände localer
bautechnischer Natur haben die Gemeinde Wien veranlasst, die gesammten
Bauherstellungen "in dieser Strecke in eigener Regie unter der Leitung
des Stadtbauamtes auszuführen.
Diese Arbeiten sind nicht nur durch ihre specielle Art, sondern
auch die bei ihrer Durchführung gemachten Erfahrungen auch für
weitere Kreise von einem gewissen Interesse, weshalb dieselben hier
einer näheren Beschreibung unterzogen werden sollen.
Die Quellfassungen.
Die Fassung der Wasseralmquelle.
Die Wasseralmquelle entspringt am Fuße der Kaarlalpe, einem an
der Schattenseite gelegenen Ausläufer der Schneealpe. Das Wasser trat
hierselbst an drei Stellen zu Tage. Die eine dieser drei Quellen, das
sogenannte Wasserloch, lag erheblich höher als die beiden anderen
Quellausflüsse, und ergossen sich zur Zeit der Schneeschmelze aus diesem
Felsenloche bedeutende Wassermengen.
Diese Eigenschaft eines hoch- und tiefgelegenen Quellausflusses
theilt die Wasseralmquelle mit vielen anderen Quellen unserer Kalk-
alpen; man findet häufig sogenannte Maibrunnen, die nach Eintritt der
wasserarmen Zeit gänzlich versiegen oder sogenannte Hungerbrunnen,
die erst nach Jahren wieder einmal fließen. Neben diesen nur periodisch
functionierenden Wasserlöchern finden sich aber stets in tieferen Lagen
Quellen, die ständig Wasser an den Tag fördern. Zwischen diesen hoch-
und tiefgelegenen Ausflüssen ist erfahrungsgemäß immer durch mehr
oder minder große Felsspalten ein Zusammenhang vorhanden und ei*st,
wenn das andrängende Wasser durch die tieferen und meist kleinen
Venen nicht mehr zum Ausflusse gelangen kann, dossiert sich der unter-
tägige Wasserspiegel, bis er die Überfallschwelle des Maibrunnens
erreicht und nun dieser in Action tritt.
Bei der Fassung solcher Quellen durch Unterfahrungsstollen kommt
es vornehmlich darauf an, durch eine richtige Disposition der Stollen
die wasserführenden Lassen einmal wirklich zu treffen und solchergestalt
anzuschneiden, beziehungsweise nur so weit zu öffnen, dass nicht etwa
durch zu raschen Quellenerguss die Constanz der Ergiebigkeit beein-
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trächtigt werde. Durch ein allzu tiefes Anfahren der wasserführenden
Spalten oder durch eine zu große Erweiterung des Quellenausflusses
können nämlich in manchen Fällen die inneren Stauverhältnisse so
gestört werden, dass die untertägige Wassermagazinierung im vorher
bestandenen Ausmaße nicht mehr möglich ist und infolge dessen die
Quellen in wasserreicher Zeit zwar mehr, in der an Niederschlägen
armen Jahreszeit aber umso weniger Wasser an den Tag zu bringen
imstande sind. Durch ein zu hohes Zusammentreffen mit den Wasser- v-- . .•
lassen werden die Quellen in der Regel nicht vollkommen gefasst und :'.,
sind dann neuerliche tiefere Fassungsanlagen nöthig. ^ ■'
Bei der Wasseralmquelle wurde zwischen den hoch- und tief- ^^?
gelegenen Quellausflüssen ein Stollen vorgetrieben, mittels welchem als- ^^^
bald die wasserführende Lasse, u. zw. im Streichen angefahren wurde. ^^
Durch diesen ersten Stollen verminderte sich zwar der Ausfluss der
tiefen Quellen, dieselben blieben jedoch noch nicht vollkommen aus, es
mussten vielmehr noch andere Zweigstollen seitlich vorgetrieben werden,
bis damit die noch vorhandenen anderen Wasserlassen erreicht waren. iiiM
Bei dem Vortriebe solcher Seitenäste kann es vorkommen, dass damit
bereits früher angetroffene Wasserlassen wieder abgeschnitten werden.
Durch diese fingerförmig in den Berg reichende Stollenanlage, die bei
der Wasseralmquelle eine Gesammtlänge von 250 m besitzt, wurde diese
Quelle vollständig unterfahren. Das erschrottete Quantum zeigte am
16. Februar 1894 ein Minimum von 11.600 w^ pro Tag. Da einzelne
Theile dieser UnterfahrungsstoUen brüchiges Gebirge durchsetzen, mussten
dieselben stellenweise zur Auswölbung gelangen, wobei für den Wasser-
eintritt durch Ofifenhaltung von Mauerschlitzen vorgesorgt wurde.
Vor dem Mundloche dieses UnterfahrungsstoUens erfolgte der Bau
eines Quellenhauses, von welchem aus die gesammelten Stollenwässer
in den Leitungsstrang übertreten. Diese Sammelkammer, die fast durch-
aus im Preisen auszusprengen war und deren Sohle gegen Wasserverluste
durch eine Betonlage abgedichtet wurde, ist für die selbstthätige Abfuhr
der Quellenhochwässer mit einem Ueberfalle ausgerüstet und befinden
sich hier auch die für die Wasserableitung und Entleerung nöthigen
Schleusen- und Schieberanlagen.
Die Fassungsanlage der Reißthalquelle.
(Tafel II, Fig. 1—4,)*)
Das Reißthal gehört bereits zum Gebiete der Rax; es wird begrenzt
von der Scheibwaldmauer, den mächtigen Kailmäuem und dem Nass-
kampe. Hier liegen die Wasserverhältnisse wesentlich anders als in der
Wasseralm. Neben der am Ausgange des Reißthaies entspringenden
Quelle gelangen in diesem ziemlich langen Thale nur geringfügige
*) Die hier beigegebenen Tafeln sind der > Zeitschrift des Österr. Ingenieur- und
Architekten- Vereines« entnommen.
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SLLEN-WASSERLEfTUNG.
der Fuchspassquelle.
iicht
TafelU.
Fig. 6. Schnitt aa'
Fig. 7. Schnia bV
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Wassermengen zum oberirdischen Abflüsse, die mit dem Niederschlags-
gebiete in keinem Verhältnisse stehen und ihr Auftreten fast ausschließ-
lich dem Nasskampe verdanken, der als schieferiger Rücken den Alpen-
kalk durchsetzt und solchermaßen seine Hydrometeore zumeist ober-
irdisch abführt. Schon nach der Natur der Reißthalquelle, die aus dem
Wasserschloss der Reißthalquelle.
Schotter hervorbrach, war man berechtigt anzunehmen, dass der größte
Theil der aus dem Kalke abzuführenden Wässer unter Tage durch den
diluvialen Schutt dem tiefer liegenden Nassthale zustreben müsse. Durch
Probebohrungen wurde denn auch ermittelt, dass die schotterige Thal-
ausfüllung bis auf eine durchschnittliche Teufe von 7 w hinabreiche
und dass unter diesem Bergschutte eine mehr oder minder undurch-
lässige Tegelschicht lagert.
Die F'assung der Reißthalquelle konnte daher zweckmäßig in der
Tiefe erfolgen und geschah dies durch ein kleines, schachtartiges Wasser-
schloss (Fig. 1 u. 2), dessen Umfassungswände unter Freilassung von
Mauerschlitzen bis auf die undurchlässige Schicht hinabreichen. Mit der
Abteufung dieses Wasserschachtes hielt der Bau eines Wasserabfuhr-
schlitzes nach der Nass gleichen Schritt, so dass behufs Trockenhaltung
der Baugrube die maschinelle Hebung des Quellwassers auf ein geringes
Maß beschränkt war. In diese Wasserabfuhrrösche wurde später der
definitive Entleerungs-, bezw. Überfallstrang nach der Nass verlegt. In
dem Maße, als die Abteufung der genannten Anlage vor sich gieng,
sank natürlich der Wasserspiegel der Quelle und vermehrten sich die
Zuflüsse stetig. Um nun das im Schutte noch fortziehende Wasser des
Reißthaies thunlichst zu fangen, wurde im Anschlüsse an den Wasser-
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Schacht, der über der eigentlichen Quelle an der rechten Thalseite
placiert ist, transversal über die ganze Breite des Thaies ein Saugecanal
(Fig. 3) vom Tage aus hergestellt. Dieser auf einer Betonbarre fundierte
Saugcanal erhielt bergseits für den Wassereintritt offene Schlitze, während
er thalwärts vollwandig ausgeführt ist. Als einfacher Plattencanal her-
gestellt, besitzt er eine Länge von 74 rn und misst im lichten Quer-
schnitte 1-70 m X 0-70 m.
Nach den früheren Messungen kamen durch die Reißthalquelle pro
Tag nur etwa 2270 m^ zum Abflüsse, während nach Vollendung der
eben beschriebenen Fassungsanlage das gewonnene Quantum im Winter
1894 mit 8500 m^ zur Beobachtung gelangte. Die Abblutung der Schotter-
lagerung im Reißthale war indessen bei Erhebung des obigen Winter-
quantums noch nicht völlig zum Abschlüsse gekommen, denn erst im
darauffolgenden Winter wurde die minimalste Ergiebigkeit der aufge-
schlossenen Reißthalquelle mit 6000 m^ pro Tag erhoben.
Die Fassungsanlage der Fuchspassquelle.
(Tafel II, Fig. 5—9.)
Die Fuchspassquelle entspringt am Fuße des Kuhschneeberges,
u. zw. am Zusammentreffen der Zlambacher- mit den Hallstätterschichten.
Auch sie besitzt gleichwie die Wasseralmquelle mehrere kleine, tiefgelegene
und einen großen, hochliegenden Quellenausfluss. Da hier die tiefen
Quellenursprünge alle nahe aneinander lagen, war die Möglichkeit gegeben,
dieselben mit einem Wasserschlosse zu überbauen und auf diese Weise
zu fassen. Bei den Sprengarbeiten für dieses Wasserschloss wurde auch
der hochliegende Quellausfluss, der in Form eines Felsenschlundes vor-
mals die Wassermassen an den Tag brachte, angeschnitten und im
unteren Theile desselben eine mit Wasser erfüllte Grotte aufgedeckt,
deren abwärts führende Windungen nicht näher erforscht werden konnten.
Diese Grotte wurde durch einen 15'5 m langen, gemauerten Ganal mit
dem Wasserschlosse in Verbindung gebracht (Fig. 5) und im Grotten-
munde selbst ein Stauregulier-Schieber, der in der beigegebenen Zeichnung
nicht ersichtlich ist, eingemauert. In normalen Zeiten gelangt aus dieser
Grotte sichtbar kein Wasser nach dem Wasserschlosse; der Grotten-
wasserspiegel steht regelmäßig höher als jener im Wasserschlosse, er
fällt und steigt jedoch mit dem Wasserspiegel im Quellenhause, so dass
offenbar eine syphonartige Verbindung besteht. Sobald die Abfuhr
größerer Niederschläge erfolgt, wofür die Spalten in der Wasserschloss-
sohle nicht mehr ausreichen, stauen sich die Wässer hinter dem Schieber
in der Grotte, bis sie einen nach der Schwarza führenden Umlaufstollen
erreichen, der in derselben Höhenlage angeordnet ist, als ehedem die
Wässer aus der Grotte zu Tage traten. Es sind daher durch diesen
Grottenschieber, der zwischen dem Wasser des Quellenhauses und jenem
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der Grotte Wasserspiegel-Differenzen bis zu 4 m bewirkt, die ursprünglich
bestandenen Stauverhältnisse wieder geschaffen worden.
Um das Wasserschloss von bedeutenden Quellhochwässern zu
entlasten, ist nächst dem Grottenmunde eine eigene Überfallskammer
(Fig. 8) angelegt, aus welcher solche Wässer vermittels eines tieferen
Umlaufstollens direct nach der Schwarza abgeführt werden.
Bei diesem Wasserschlosse reichen die Umfassungsmauern durch
das auflagernde, conglomeratartig zusammengebackene Gerolle bis auf den
in einer Tiefe von 4'5 m unter Terrain vorgefundenen compacten Felsen.
Damit sich die gefassten Quellen auch bei starkem Wasserandrange
keinen neuen Weg etwa unter den Betonfundamenten hindurch nach
der Schwarza suchen können, wurde rings um das Wasserschloss und
in einem entsprechenden Abstände von demselben ein zweiter Betongürtel
Wasserschloss der Fuchspassquelle,
gezogen, der rechts- und linkerseits an den anstehenden Felsen an-
schließend, bis auf den bloßgelegten Felsen hinabgeführt ist und der
Höhe nach den höchsten Schwarzastand überragt.
Die auf diese Weise gefasste Fuchspassquelle leistet namentlich
im Winter als Ergänzungswasser die besten Dienste; sie hat zur Zeit
ihres Minimums wohl nur die Ergiebigkeit von etwa 3000 m^ pro Tag,
besitzt jedoch infolge ihrer Lage, indem sie auf der Sonnenseite ent-
springt, die sehr schätzenswerte Eigenthümlichkeit, dass sie gegen
Witterungswechsel außerordentlich empfindsam ist. Nicht allein, dass
sie als erste im Frühjahre reichliche Wassermengen gibt, vermehrt sie
oft ihre Ergiebigkeit im Winter nach Eintritt weniger sonniger Tage
ganz bedeutend und deckt damit die Abnahme der anderen Quellen,
die an den Nordabhängen entspringend, von solchen vorübergehenden
Wetterumschlägen ganz unberührt bleiben.
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Die Unterfahrung der Höllenthalquellen.
Am Ausgange des Großen Höllenthaies entsprang am raxseitigen
Schvvarza-Ufer eine Reihe von mehr oder minder großen Quellen, die
die normale Abfuhr der Niederschläge aus dem Gebiete des Grünschachers
und eines großen Theiles des Scheibwaldes besorgten. Neben diesen in
geringer Höhe über der Schvvarza ausfließenden Quellen befindet sich
im Großen Höllenthale selbst und etwa 21 m über dem Schwarza-Niveau
ein Erdtrichter, der sogenannte Augenbrunnen, dessen klare, blaue Fluten
zur Zeit der Schneeschmelze aus der Tiefe emporsteigend, über den
Trichterrand treten und durch den Höllenthalgraben brausend nach der
Schwarza abstürzen. Während der regenarmen Zeit und namentlich den
ganzen Winter über liegt dieser große Quellenmund vollkommen trocken;
es genügen dann eben die anderen tiefen Quellausflüsse allein.
Unterfahrungsstollen beim Großen Höllenthale.
Nach den localen Verhältnissen musste angenommen werden, dass
der größte Theil des in den Felsenspalten und den mächtigen Schutt-
massen, mit welchen das Große Höllenthal vollständig erfüllt ist, zu Thale
streichenden Bergwassers unter diesem dolinenähnlichen Schlünde zu-
sammentreffe und dass von hier aus die partielle Alimentierung der
anderen tieferen Quellen erfolge. Da die Quellenfassung durch ein
Wasserschloss hier ganz unmöglich war, erübrigte nichts als die Anlage
eines Sammelstollens, dessen Endziel zunächst der Augenbrunnen des
Großen Höllenthaies war. Als man mit dem Vortriebe dieses vStollens
etwa 20 m vor dem Augenbrunnen angelangt war, wurde eine mächtige
Quelle angefahren, die sich aus der bergseitigen Ulme unter großem
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Drucke und Mitbringung kleiner, kugelrund abgeschliffener Steinchen,
wie selbe auch vom Augenbrunnen an den Tag geworfen werden, in
den Stollen ergoss. Mit der Erschließung dieser Quelle waren zwar die
Quellen am Schwarza-Ufer sichtlich geschwächt, hörten aber nicht auf,
zu fließen.
Um die Spannungsverhältnisse nicht zu ändern, wurde die getroffene
Lasse nicht weiter geöffnet, das Feldort verlassen und von einer anderen
Denkstein bei der Großen Höllenthalquelle,
Stelle des jLeitungsstollens aus ein zweiter Unterfahrungsstollen, der
nach dem Quellenterrain des Schwarza-Ufers gerichtet war, vorgetrieben.
In dieser kurzen, tonnlägig nach aufwärts getriebenen Strecke wurde
baldigst eine große, glänzende Rutschfläche im Kalke angetroffen, hinter
welcher die Wässer aufgestaut lagen. Diese Staufläche wurde an einer
tieferen Stelle nochmals zu erreichen gesucht und nachdem dies gelungen
war, verschwanden momentan die sämmtlichen Quellen an der Schwarza,
um seither nie wieder über Tage auszutreten. Nur der Augenbrunnen
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hat, wie gewünscht, seine Function als Überfall der im Bergesinnern
angestauten Frühjahrswässer beibehalten. Er sendet nach wie vor, und
in manchen Jahren durch mehrere Monate, das überschüssige Hochwasser
oberirdisch nach der Schwarza, ein deutlicher Beweis, dass durch die
stattgefundene Unterfahrung der Höllenthalquellen deren Regime in
keiner Weise geändert worden ist. Für die Unterfahrung der Höllen-
thalquellen waren im ganzen 218 m Sammelstollen nöthig.
Bei dem vormaligen zersplitterten Auftreten der Höllenthalquellen
konnte ihre Ergiebigkeit nur schätzungsweise in den Calcul gestellt
werden; die erfolgte Erschließung hat die diesbezüglichen Erwartungen
weit übertroffen. Im Winter 1894 betrug die beobachtete Minimal-
ergiebigkeit der Höllenthalquellen 14.990 vfi pro Tag.
Die Fassungen der kleinen Quellen.
Die Lettingquellen. Am Südabhange des Sonnleitsteines, der
sogenannten Sonnleite, treten in höherer Lage über Thale eine Anzahl
kleinerer Quellen auf, deren Entstehen auf eine gemeinsame Ursache
zurückzuführen ist. Auf dieser Thalseite erhebt sich nämlich die Gesteins-
scheide zwischen dem Kalke und dem überlagerten Schiefer mehrfach
über die Thalsohle und verläuft in der Richtung gegen die Ameiswiese.
Die dem Ausgehenden vorgelagerten Kalkhalden finden einen Fuß
in einer mächtigen Lehm- und Thonlagerung, die, gegen die Thalsohle
hinabziehend, auch diese vollständig erfüllt An manchen Stellen,
namentlich in den höheren Partien, ist die Lehmlage minder mächtig
und durch Erosionsfurchen unterbrochen, so dass hierselbst an den
Ausbissen eingelagerter Geröllschichten mehr oder minder große Wasser-
adern zum Vorschein kommen.
Die Kleinheit dieser Quellen, ihr zersplittertes Auftreten in langer
Reihe und ihre Höhenlage sind durch die geschilderten geognostischen
Verhältnisse bedingt.
Zu dieser Quellengruppe gehören nebst anderen auch die Letting-
quellen, die in zwei benachbarten Furchen, welche die Lettingkogel
trennen, in der Seehöhe von 944 m entspringen. Ihre Fassung wurde
dadurch erzielt, dass bei jeder Quellenader ein kurzer Stollen vorgetrieben
wurde, bis der Lehm durchstochen und die wasserführende Geröllasse
oder das Kalktrümmergestein erreicht war. Die kurzen, 5 bis 9 m langen
Stollen wurden an der Sohle muldenförmig ausgepflastert, mit Bruch-
steinen trocken ausgesetzt und in der Firste durch eingestoßenen plastischen
Thon vollständig verfüllt. Innerhalb der Mundlöcher wurden die Stollen
durch Betonmauern, die vermittels Seitenflügel fangarmig in die Lehmulmen
eingreifen, abgeschlossen, so dass die zusitzenden Quellwässer hinter
der Abmauerung gestaut und durch eingesetzte Leitungsrohre zum Ab-
flüsse gebracht werden.
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An der stark geneigten Terrainoberfläche ist von den Quellen-
fassungen selbst nichts zu bemerken. In der einen Reliefmulde waren
vier solcher Fangstollen, in der anderen nur einer nöthig. Am Zusammen-
treffen der beiden Terrainfurchen vereinigen sich auch die beiden Rohräste
in einem Revisionsschachte, von welchem aus nur ein Rohrstrang weiter
gegen das Thal herabführt und hier in einer das Gefälle unterbrechenden
kleinen Brunnenstube ausmündet.
Die Zusammenziehung dieser in fünf Adern gefassten Lettingquellen
ergibt im Minimum eine Wassermenge von 900 m^ per Tag.
Die Sonnleitenquelle. Auch diese Quelle ist nur eine jener
Wasseradern, die wie die Lettingquellen an der südlichen Abdachung
des Sonnleitsteines durch die vorgelagerten Lehm- und Conglomerat-
bildungen am unterirdischen Abflüsse gehindert, in bedeutender Höhe
über Thale zu Tage gedrängt werden. Die Sonnleitenquelle entspringt
in der Seehöhe von 875 m; ihre Fassung gestaltete sich insoferne etwas
einfacher, als die Niedergrabung eines etwa 40 m langen und 8*5 m
tiefen Schlitzes genügte, um den wasserführenden Detritus des Kalk-
gebirges zu erreichen.
Die Richtung dieses Schlitzes verläuft nahezu parallel zu den
Niveaulinien des Gehänges und tritt das vormals an mehreren Punkten
zu Tage gekommene Wasser bergseits fast der ganzen Länge nach in
den Schlitz. Derselbe ist in der Sohle gut abgepflastert, 1 m hoch mit
Bruchsteinen trocken ausgelegt und darüber bis Terrain mit undurch-
lässigem Lehme verfüllt, so dass das Oberflächenwasser zur Bruchstein-
leitung nicht gelangen kann. Das Schlitzende ist durch eine Betonfangmauer
mit eingefügtem Ableitungsrohre abgeschlossen.
Eine kleine Brunnenstube mit eingebautem Schieber und Überfalle
ermöglicht die zeitweilige Ausschaltung der Quelle von der Hauptleitung.
Die Schiffauerquelle. Dieselbe erhält ihre Speisung von den
Natterkogeln und entspringt in der Thalsohle rechterseits vom Ameisbache
in der Seehöhe von 788 m.
Auf dieser Thalseite reicht die Tegelschale nirgend hoch über die
Thalsohle, aus welchem Grunde auch die Quellenreihe dieser Seite
durchgehends am Böschungsfuße verläuft. Von den kleinen Quellen
rechterseits am Ameisbache war die Schiffauerquelle die einzige, deren
Einbeziehung als noch lohnend erachtet wurde. Die Fassung geschah
durch einen kleinen Brunnenschacht, an den sich eine 10 m lange,
()-80 m breite, in Mörtel gemauerte Saugdohle anschließt. Das Brunnen-
häuschen ist ebenfalls mit Schieber und Überfall versehen und erfolgte
der Leitungsanschluss an den Rohrstrang der Lettingquellen.
Die Schütterquelle. Der lehmige Mantel der Sonnleite setzt sich
thalwärts fort und bedeckt auch die abgestürzten Kalkmassen der
schroffen Kudlermäuer; gegen die Ausmündung des Reißthaies zu ist
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dieser Kegel bedeutend verflacht und erfährt an der engen Stelle unterhalb
der Schütterlehne dadurch eine Unterbrechung, dass der Nassbach die
undurchlässige Überlagerung bis auf die widerstandsfähigen Kalktrümmer
hinab durchbrochen hat.
Das Ausbeißen dieser wasserführenden Schichten im Bachbette
hat die Erscheinung zur Folge, dass an der bezeichneten Stelle der
Nassbach bedeutend wasserreicher wird, als er es unmittelbar oberhalb
ist. Durch den Zufluss geringfügiger Quellen, die in nächster Nähe ent-
springen und durch dieselben Verhältnisse verursacht sind, konnte diese
Wasservermehrung allein nicht erklärt werden. Es erschien deshalb
angezeigt, von der Schütterlehne quer über das Thal einen Saugeschlitz
nieder zu bringen, um durch denselben die den Nassbach unsichtbar
speisenden Quellwässer vorher abzufangen.
Bei der Abteufung dieser 35 m langen Cunette wurde abwechselnd
blauer und gelber Tegel durchsetzt und in einer Tiefe von 4 m eine
wasserführende Schichte angetroffen, deren GeröUe nach Farbe, Schliff
und Zwischenräumen Zeugnis gaben, dass hier vormals bedeutende
VVassermengen untertägig zu Thal e gestrichen sind. Auf die Sohle dieses
Schlitzes wurden drei Stränge gelochter Steinzeugrohre von 150 w/n
lichtem Durchmesser gelegt und dieselben mit geschlägeltem Schotter
in 1 w hoher Lage überdeckt; erst hierauf kam die Zufüllung mit fettem,
blauem Tegel.
Die Saugrohre münden in eine Brunnenstube, von welcher aus
die Ableitung der Quelle durch einen Anschluss an den Reißthal-Rohr-
strang erfolgt. Der Effect dieser einfachen Anlage ist ein sehr guter,
indem dadurch ein Minimalquantum von nahezu 2000 m' pro Tag ge-
wonnen worden ist.
Die Albertquelle. Am rechten Ufer der Nass trat aus dem Fuße
einer Schutthalde, deren Trümmergesteine durch die Albertfahrte von
der Scheibwaldmauer herabgekommen sind, die Albertquelle in zer-
splitterter Weise zu Tage.
Die Vereinigung der einzelnen, in der Meereshöhe von 679 tn ge-
legenen Quellenäste wurde durch eine Sammelgallerie erreicht, die den
Haldenfuß parallel zu den Niveaulinien durchsetzt und in einer Brunnen-
stube endigt, welche über dem stärksten Quellenaustritte selbst erbaut
wurde. Der gemauerte 32 m lange, mit Platten abgedeckte Saugcanal
hat den noch schliefbaren Querschnitt von O'BOm X TlOwi erhalten und
besitzt bergseits Mauerschlitze für den Wassereintritt.
Vom Quellenhause führt die Rohrableitung syphonartig unter dem
Nassbache hinweg nach der anderen Thalseite und mündet in einen
Zweigzuleitungsstollen, der die Vereinigung mit der vStromleitung ver-
mittelt. In der Brunnenstube befinden sich ein Ablass- und ein Leitungs-
schieber. Nach stattgefundener Fassung wurde bei dieser Quelle das
gewonnene Tagesquantum mit 2700 7??' erhoben.
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Die Übelthalquelle. Das Übelthal ist ein kurzer, tiefer Kessel,
in den mehrere große Schutthalden herabreichen. Am Ausgange des
Thaies wurde der gemeinsame Haldenfuß bis auf den gewachsenen
Felsen hinab durchstochen und das in der Auflagerungsfuge zwischen
Felsen und Schutt herabkommende Wasser durch einen gemauerten
Canal gesammelt. Dieser Sammler hat eine Länge von 63 m und einen
Querschnitt von 0'50mX0'75m; auch er mündet in einen Brunnen-
schacht, von welchem aus die Rohrleitung nach der anderen Thalseite
in den Leitungsstollen führt.
Die Ausführung der Stollen.
d) Die Sprengarbeiten. Neben den Quellenfassungen erheischte
die Herstellung der Stollenleitungen die meiste Thätigkeit. Die dies-
bezüglich herzustellende Stollenleitung hatte, wie bereits erwähnt, exclu-
sive der Sammelstollen eine Länge von 11.409 m. Um die Bauzeit thunlichst
abzukürzen, musste diese lange Strecke, da nur Handbetrieb vorgesehen
war, vonmöglichst vielen Punkten gleichzeitig in Angriff genommen werden.
Zu dem Ende wurden an 31 geeigneten Stellen besondere Zubauten
bis zur Leitungstrace vorgetrieben und sodann nach beiden Richtungen
mit der Minierung vorgegangen. Mit Hinzufügung der directen Angriffs-
punkte, die sich durch die Übergänge in die Rohrleitung und in den
Aquäduct ergaben, zählte man 67 Arbeitsstellen, wobei die zum Durch-
schlage zu bringenden Theilstrecken im Maximum 500 m lang waren.
Bei dem Stollenprofile von 1*90 m Höhe und 1*90 w Breite war
erfahrungsgemäß jeder Stollenort mit drei Häuern zu belegen, von denen
einer einmännisch, die beiden anderen doppelspännig bohrten und die,
da die Arbeit Tag und Nacht währte, auf drei Drittel arbeiteten, also
alle acht Stunden durch neue Besatzung abzulösen waren. Während
der ersten acht Stunden erfolgte der Einbruch in die volle Brust und
womöglich die Wegnahme der Firste; die zweite Partie beseitigte den
stehen gebliebenen Sohlenfuß und putzte die Ulmen, so dass in der
Regel die dritte Besatzung bereits die freie Brust für den Einbruch vor-
bereitet fand. Nur bei sehr festem Gesteine wurde der neue Einbruch
erst wieder des ancj^ren Tages von der ersten Häuerpartie besorgt.
Während jeder achtstündigen Arbeitsperiode fanden zwei Bohr-Attaquen
statt und bohrten die Doppelspänner in einer solchen Attaque meist
drei tiefe Löcher, während der einmännische Mineur ein tiefes und ein
minder tiefes Loch zum Abbohren brachte. Das Vorrichten, Laden und
Abthun der Schüsse hatte meist der Einspänner zu besorgen, für welchen
Dienst dieser Vorarbeiter auch einen entsprechend höheren Lohnsatz
erhielt. Für das einmännische Bohren eigneten sich vornehmlich die
heimischen und steierischen Bergknappen, während als Doppelspänner
die am Arlberge und in den Eisenerzer Tunneln geschulten südtirolischen
Mineure im Vortheile waren.
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Im compacten Gesteine wurden die Schüsse fast immer nach auf-
wärts angesteckt und von den Einspännern das Schlenkerbohren mit
schwerem Schlögel geübt. Beim einmännischen Bohren nach abwärts
kam nur der piemontesische Fäustel in Anwendung, der leichte steierische
Handfaustel war gänzlich ausgeschlossen. Der zweimännische Schlögel
hatte ein Gewicht von 5 — 6 %, der Schlenkerschlögel wog 3*5 — 4 kg
und der piemontesische Fäustel 2*3 — 2-5 hg. Die achteckigen Bohrer
hatten einen Durchmesser von 22wrw, ihre Schneiden wurden als An-
fangs-, Mittel- oder Abbohrer verschieden breit und der abwechselnden
Gesteinshärte entsprechend mehr oder minder keilförmig hergestellt.
Die Einbruchschüsse hatten in der Regel eine Vorgabe bis zu
0*60 m; zur Sprengung wurde Neudynamit Nr. II verwendet. Die Zündung
erfolgte durch Bickfordzünder Nr. III a und durch schwarze Sumpf-
zünder Nr. IV; die Guttaperchaschnur kam nur in den Unterfahrungs-
stoUen zur Anwendung. Die Entladung der Schüsse erfolgte nicht durch
centrale Zündung gleichzeitig, sondern absichtlich durch Wahl ver-
schieden langer Zünder hintereinander. Dadurch war einerseits die Mög-
lichkeit gegeben, Versager zu constatieren und konnten andererseits die
einzelnen Bohrlöcher nach den muthmaßlich freiwerdenden Flächen der
zuerst explodierenden Minen angesetzt werden.
Die StoUenminierung war ausschließlich an die einzelnen Häuer-
partien von je neun Mann im Gedinge vergeben, die jeweilige Accord-
länge umfasste jedoch stets nur zehn Stollenmeter, so dass nach Fertig-
stellung dieser mit den Häuern wieder ein neuer, den obwaltenden Gesteins-
verhältnissen entsprechender Einheitspreis zu vereinbaren war. Um Ver-
geudungen und Verschleppungen von Materialien möglichst hintanzu-
halten, hatten die Mineure die Kosten der Sprengmaterialien und des
Geleuchtes aus ihrem Verdienste zu bestreiten. Durch diese Arbeitsein-
theilung war es möglich, in dem meist festen dolomitischen Kalke und
dem genannten Profile von 1-90 X 1*90 wi pro Arbeitsort einen durch-
schnittlichen Tagesfortschritt von 0*94 rn zu erzielen, während bei
dem anfangs der Siebzigerjahre von der k. k. Genietruppe hergestellten
Leitungsstollen zwischen Kaiserbrunn und Hirschwang, welcher dasselbe
Profil besitzt und woselbst die gleichen Gesteinsverhältnisse vorlagen,
damals kein größerer mittlerer Tagesfortschritt als 0*54 m erreicht
worden ist.
Nach den Aufzeichnungen, wie sie während des Baues der 7210 m
langen Strecke „Kaiserbrunn-Singerin" behufs Gewinnung genauer Daten
über Arbeits- und Materialaufwand gepflogen worden sind, ergibt sich,
dass pro 1 laufenden Meter vStollen im Durchschnitte erforderlich waren:
6-702 kg Dynamit Nr. II, 28 Stück Sprengkapseln, 26-90 m Zünder und
1-34 l Brennöl. Aus den beiden ersten Angaben rechnet sich das mittlere
Ladungsgewicht pro Mine im Stollen zu 0*239 kg Dynamit. Bei den ge-
sammten Sprengarbeiten, wie sie durch die ganzen Stollenbauten, durch
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die Wasserschlösser, Rohrgräben und Steinbrüche verursacht waren,
wurden durch 412.800 Schüsse 91.300% Dynamit verbraucht; hiernach
ergibt sich, weil im Freien häufig kleinere Schüsse vorkamen, das
mittlere Ladungsgewicht mit nur 0*221 kg.
Soweit sich die Kosten der Stollenausbrucharbeit von den übrigen
Ausgaben trennen lassen, kann folgende Analyse angeführt werden.
Auf der obengenannten Strecke „Kaiserbrunn-Singerin" wurden
pro 1 laufenden Meter Stollen 8'9 Häuerschichten aufgewendet und betrug
hierselbst der mittlere Accordverdienst pro Schicht 5-72 Kr.
Es entfallen sohin an Häuerlöhnungen pro 1 m Stollen Kr. 50-90
Die Löhne für die Materialförderung, Verlegung der
Geleise und Wetterlutten beliefen sich auf „ 8*52
die Löhne der Schmiede und Bohrerträger auf . . . „ 1*76
die Löhne der Bauaufseher etc. auf , 0*84
die Kosten der Sprengmaterialien auf „ 18*08
die Anschaffung der Förderanlagen, Transportwägen, Ven-
tilationseinrichtungen, des Gezähes, der Werkzeuge und Re-
quisiten aller Art, die Auslagen für die Arbeiterbaracken,
Magazine etc. etc. betrugen pro laufenden Meter Stollen . . „ 10*72
d. i. zusammen . Kr. 90*82
als Durchschnittskosten pro 1 laufenden Meter Stollenausbruch. In diesem
Preise ist das erübrigte Inventar mitenthalten.
i) Die Förderanlagen. Die Förderung erfolgte ausschließlich
durch Rollwägen auf Geleisen von 0*50 m Spurweite; die verwendeten
Stahlschienen wogen pro laufenden Meter 4*3 kg. Als Förderhunde
dienten seitlich kippende, eiserne Muldenwägen mit einem Fassungsraume
von 0*250 Tw^. Bei diesem geringen Inhalte waren dieselben von einem
Schlepper auch über sanfte Steigungen noch leicht zu bewegen und
konnten über den fixen Wendeplatten der Kreuzungsstellen einfach mit
der Hand gedreht werden.
Bei der Förderung war der Abschluss von Accorden nicht nöthig, in-
dem die Schlepper behufs rechtzeitiger Beseitigung des Haufwerkes von den
Mineuren ohnehin genügend gedrängt wurden. Da sich in der Nähe der
Mundlöcher nicht immer die geeigneten Ablagerungsplätze vorfanden, musste
die Bergeförderung oft auf sehr weite Strecken erfolgen; häufig waren
provisorische Förderbrücken über die Schwarza und Nass nöthig und
an mehreren Stellen musste das Ausbruchsmateriale großer Stollenstrecken
durch Seilrampen oder Schachtaufzüge gehoben werden. Um die knapp
an die Ufer der Schwarza geschütteten Halden gegen Abschwemmen
durch Hochwasser zu schützen und eine Verschotterung der unterhalb
befindlichen Fabriksgerinne zu verhindern, wurde der Böschungsfuß
dieser Deponien bis r80müber Normalwasser durch Herstellung trockener
oder auch nasser Mauern versichert.
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c) Die Ventilation der Stollen. Die Lüftung erfolgte aus-
schließlich nach dem Systeme der Eindrückung frischer Luft nach den
Arbeitsstellen. Hiezu standen Schiele'sche Grubenventilatoren mit Hand-
betrieb in Verwendung. Dieselben hatten zwischen Kurbel und der
großen Riemenscheibe, die lose über die Kurbelwelle geschoben war,
eine sehr sinnreiche zweifache Zahnradübersetzung. Das gesammte
Übersetzungsverhältnis war mit 1 : 16 gewählt, so dass das Flügelrad,
dessen Durchmesser 0*45 m betrug, nahezu 1000 Rotationen pro Minute
machte und hiebei eine Umfangsgeschwindigkeit von circa 22 m erzielt
wurde.
Die Wetterlutten hatten einen lichten Querschnitt von 0-20 X 0*20 m;
sie waren einfach aus Brettern hergestellt, an den Innenflächen ge-
hobelt und durch eingelegte Schnüre und Fugenverguss mit Pech ge-
nügend gedichtet. Scharfe Ecken wurden in der Leitung sorgfältig ver-
mieden und Richtungsänderungen, die bis zu Winkeln von 90^ vor-
kamen, durch Einschaltung besonderer Bogenstückc überwunden. Diese
primitive Leitung hat ihren Zweck vollständig erfüllt; unter Anwendung
der genannten Ventilatoren, die sich außerordentlich leicht bewegen
ließen, war es nämlich möglich, noch in 300 m lange Strecken das
hinreichende Luftquantum vor Ort zu bringen, so dass die Mineure, die
nach erfolgtem Abschießen die Ventilation selbst zu besorgen hatten, in
verhältnismäßig kurzer Zeit das Stellenort wieder betreten konnten. In
der übrigen Stollenstrecke gegen die Mundlöcher heraus lagen freilich
oft genug die Schwaden von einem Abschießen zum anderen, ihr mehr
oder minder rasches Abziehen war bedingt vom Stollengefalle, von der
Lage des Mundloches und von der jeweilig herrschenden Witterung.
Wo sich Gelegenheit bot, waren zum Antrieb der Ventilatoren die er-
schrotteten Quellwässer benützt und arbeiteten an solchen Stellen die
Ventilatoren Tag und Nacht.
d) Die Stollenausmauerung. Die Ausmauerung der Stollen be-
schränkte sich nur auf den nothwendigsten Bedarf; sie erfolgte lediglich
in Strecken, die entweder in ausgesprochen druckreichem Gebirge lagen,
oder wo selbst das vom Hause aus in kleine Würfel zerquetschte Kalk-
gestein beim Freiwerden der Flächen einer stetigen Abbröckelung unter-
worfen war. Häufig trat noch der Fall hinzu, dass Felspartien von Lassen
durchsetzt waren, deren thonige Ausfüllungen nach erfolgtem Stollen-
durchschlage unter Zutritt der Luft sich stark blähten und das Gebirge
in größeren Stücken schalenweise zum Abbruche brachten.
Es hatten demnach die Mauerungen entsprechend den Ursachen
nach zwei Systemen zu erfolgen; entweder es waren Druckringe ein
zuziehen oder es genügten einfache Verkleidungsprofile (Fig. 10). In
Druckfällen gelangte das Eiprofil mit Sohlengewölbe (Fig. 11) oder auch
nur die einfache Hufeisenform (Fig. 12) zur Anwendung; für die Ver-
kleidung wurde ein leichteres Profil mit senkrecht aufgeführten Wider-
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lagern und übergespannten Firstgewölbe gewählt. In vielen Fällen war
nur die Versicherung der Ulmen durch ein- oder beiderseits aufgeführte
gerade Wände erforderlich.
Die Länge der erforderlich gewordenen Ausmauerungen und ihr
Procentsatz von der gesammten Leitungsstollenlänge betrug:
13 Ringe im vollen Eiprofile mit zusammen . 582 m= ö'lO^o
6 Ringe in Hufeisenform mit zusammen . . 78 m = 0-687^
294 Ringe als Verkleidungsprofil mit geraden
Widerlagern 2MSm = n'diy^
514 Ulmverkleidungen zusammen lang. . . 1.167 m = 10'237o
unversichert blieben 7.539 m = 66-08Vo
Summe . 11.409 m= 1007o
In jenen Förderstollen, die für den nachherigen Betrieb als Zugänge
offen gehalten sind, wurden, wie auch in den Sammelstollen, ebenfalls
Ausmauerungen nöthig, deren Längen in obigen Angaben nicht ent-
halten sind.
Mit Ausnahme von 27 Verkleidungsringen, bei denen das First-
gewölbe in einer Gesammtlänge von 356 m aus Ziegeln hergestellt
wurde, gelangten die Stollenmauerungen durchaus aus Haustein zur
Ausführung. Das Breccienmateriale hiefür lieferten die Brüche bei Neun-
kirchen, Ternitz, Aue bei Gloggnitz und Muckendorf bei Pernitz. Das
mehrfach locale Vorkommen einer Breccie in nächster Nähe der Bau-
stellen wurde, soweit dieses Materiale durch die Prüfungen des k. k.
Gewerbemuseums als wetterbeständig befunden wurde, zur Haustein-
erzeugung thunlichst ausgebeutet.
Das Materiale für die Hintermauerungen und sonstigen Bruchstein-
mauerwerkskörper ergab zum Theile der Stollenausbruch selbst, zum
Theile wurde es in der Nähe an geeigneten Stellen gebrochen. Das
gesammte innere Stollenmauerwerk wurde ausschließlich in Portland-
cement-Mörtel hergestellt; Romancement kam nur außerhalb des Stollens
in untergeordneter Weise zur Anwendung.
e) Die Betonierung des Stollengerinnes. Damit das Leitungs-
wasser auf seinem langen Wege nicht durch die vielfach vorhandenen,
offenen Lassen nach der Teufe gelange und für die Wasserversorgung
verloren gehe, musste der Leitungsstollen in seiner ganzen Länge mit
einer Betonierung ausgekleidet werden. Diese an den Wänden 0*50 w
hinaufreichende Betonrinne besteht aus drei Lagen, und zwar wurde
die unterste, an den Felsen anschließende, 0*15 bis 0*20 m starke
Schichte mit Hilfe eiserner Schablonen als Stampfbeton im Mischungs-
verhältnisse von 1:3:4 hergestellt. Hierauf kam ein 0*03 m starker
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Portlandcement-Mörtelanwurf von der Mischung 1 ; 3 und erst hierüber
ein dünner Überzug von der Mischung 1:1, der behufs vollständiger
VerSchließung aller Poren vollkommen glatt geschliffen wurde. Für die
Betonbereitung, die in Portland erfolgte, lieferte der gewaschene Stollen-
ausbruch das denkbar beste Schottermateriale. Auf die vorherige sorg-
fältige Reinigung der Stollensohle und Wände von allem Staube und
fettigem Ruße wurde das größte Gewicht gelegt; für diese Waschungen
leistete das provisorisch durch den Stollen geleitete Quellwasser gute
Dienste.
Die Betonrinne steht daher überall mit dem Felsen in festem Zu-
sammenhange. Die Herstellung dieser Rinne, von welcher in zehn-
stündiger Schicht an jeder Arbeitsstelle 10 bis 12 m fertig gebracht
wurden, erforderte im Durchschnitte pro Stollenmeter 0-330 m* ge-
stampften Beton, bei welchem pro 1 nfi 297 kg Cement zur Mischung
gelangten.
Behufs Anstellung eines größeren, praktischen Versuches wurde
auf einer längeren Strecke der Witkowitzer Schlackencement in An-
wendung gebracht. Bei diesem Versuche handelte es sich weniger um
die vergleichsweise Kostenermittlung des fertigen Betones, da ja ein
solcher Vergleich, weil eben nie nach Gewicht gemischt wird, selbst-
verständlich zugunsten des leichten Schlackencementes ausfallen müsste ;
sondern es sollte dieser Cement in Bezug auf sein späteres Verhalten zur
Beobachtung gelangen. Bisher war in dieser stets feuchten Probestrecke ein
Rissigwerden oder Treiben an der geschliffenen Oberfläche nicht zu
bemerken und dürfte denn auch der Schlackencement in ähnlichen
Fällen, wo langsame Erhärtung unter Wasserzutritt möglich ist, ganz
gut verwendet werden können.
Die Ausführung der Rohrleitungen.
Wie schon erwähnt, erfolgt die Wasserzuführung im Nasswalde
größtentheils in Rohren. Infolge des zu großen Thalgefälles des
hinteren Nasswaldes musste die dortige Rohrtrace durch Einschaltung
dreier Entlastungskammern (Taf. II, Fig. 13 bis 25) in vier Zonen zerlegt
werden, wodurch der Wasserdruck in den Rohren auf 3*3 at reduciert
worden ist.
Die Bemessung der Rohrkaliber erfolgte unter dem Gesichtspunkt,
dass der Hauptstrang am Beginne bei der Wasseralmquelle eine Leistungs-
fähigkeit von 27.650 m' und vom Reißthale abwärts eine solche von
46.600 m^ pro Tag haben müsse. Da durch die bis jetzt einbezogenen
Quellen diese Capacität keineswegs ausgenützt ist und auch später nur
zeitweise gänzlich in Anspruch genommen werden wird, war es nöthig,
die Entlastungskammern mit Schieberanlagen zu versehen, durch welche
die erforderliche Drosselung behufs stetigem Vollaufe der Rohre bewerk-
stelligt werden kann.
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Was die Verlegung des Rohrstranges selbst anbelangt, so erfolgte
dieselbe unter Einhaltung besonderer Sicherheitsvorkehrungen. Um
ungleichen Setzungen oder Unterspülungen unter den dadurch bedingten
Gebrechen möglichst vorzubeugen, wurde nämlich der Rohrstrang mit
Ausschluss von meterlangen Stücken bei den Mufifenverbindungen seiner
ganzen Länge nach unterbetoniert und diese unter der Unterkante 0*20 m
starke Betonlage zu beiden Seiten des Rohres gegen dessen Mitte
hinaufgeführt, so dass die Leitung gegen seitliche Verschiebung, wozu
namentlich in den Curven die Tendenz vorhanden ist, ebenfalls eine
gewisse Sicherung besitzt. In Anschnitten mit wechselweisem Auftreten
felsiger und weicher Partien war die Unterbetonierung unbedingt
nothwendig.
Die Dichtung der Muffen erfolgte in der üblichen Weise durch
Hanfstricke und Bleiverstemmung. Um den strengeren Frostverhältnissen
dieser Gegenden Rechnung zu tragen, wurden die Rohre mit der Ober-
kante mindestens 2 m unter Terrain verlegt und woselbst dies nicht
möglich war, geschah die fehlende Bedeckung durch Dammschüttung.
Die Unterdückerung der Bachläufe.
(Tafel II, Fig. 16.)
Um mit der Rohrleitung von einer Thalseite nach der anderen zu
gelangen, musste die Kreuzung der Bachläufe durch Dücker erfolgen.
Speciell wurde der Nassbach an fünf Stellen, der Schwarzriegelbach
und der Schwarzafluss an je einer Stelle unterfahren. Die diesbezüglichen
Arbeiten konnten jedoch in allen Fällen vom Tage aus in offener Bau-
grube erfolgen.
Bei den kleinen Bächen wurden die Wässer über die Baugrube
hinweggeführt oder durch provisorische Umlaufsgräben seitlich abgeleitet,
so dass die Baugrube verhältnismäßig leicht trocken zu halten war.
Etwas schwieriger lagen die Verhältnisse an der während des Sommers
mindestens pro Secunde 5 bis 7 m^ Wasser führende Schwarza, welche
an der zu unterfahrenden Stelle mehr als 20 m breit ist. Da die Terrain-
verhältnisse eine seitliche Wasserableitung nicht zuließen, musste die
Einbringung des Syphons in zwei Hälften erfolgen. Durch entsprechende
Anlage von Fangdämmen wurde nämlich der Flusslauf nach der einen
Seite gedrängt, so dass unter ständigem maschinellen Pumpbetriebe die
Syphonherstellung bis zur Mitte des Bachbettes vor sich gehen konnte.
Hierauf wurden die Fangdämme umgekehrt, das Wasser über den bereits
fertigen Dückertheil zum Abflüsse gebracht und die noch restliche
Syphonhälfte ausgeführt. Die im festgelagerten Flussgeschiebe auf 2*40 m
unter die Flusssohle hinabgeführte Baugrube wurde nach Verlegung
der Dückerrohre bis nahezu an die Flusssohle herauf ausbetoniert, so
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dass der Syphon in einem mächtigen Betonklotze eingebettet ruht und
sohin eine thalwärtige Verschiebung desselben unmöglich ist.
Zur Herstellung des Syphons wurden Flanschenrohre benützt,
deren Dichtung unbedenklich durch Gummiringe erfolgen konnte, da die
mächtige Betonumhüllung ohnehin jeden Wasserverlust ausschließt.
Der Schwarza-Aquäduct.
(Tafel II, Fig. 17 und 18.)
Zwischen dem Großen Höllenthale und dem Kaiserbrunnen war es
durch eine entsprechend hohe Führung des Leitungsstollens möglich, die
Übersetzung des Schwarzathales in Form eines gemauerten Aquäductes
durchzuführen. Die an der gewählten Kreuzungsstelle im Felsen ge-
schnittenen Flussufer gestatteten die Anordnung eines Segmentbogens
von 16*50 m freier Weite und 3'70m Pfeilhöhe. Auf dieser an den
Der Schwarza-Aquäduct.
Widerlagern l'öOw, im Scheitel 1-30 m starken und 3-94 w? breiten
Brückengurte wurde als Verbindung der gegenüberliegenden Stollen-
mundlöcher der 48 m lange Aquäductscanal aufgemauert. Der letztere
erhielt ein gewölbtes Profil von 1*26 m Lichtweite und l'ßOm Höhe, so
dass er im Innern von anderen ausgewölbten Stollenstrecken nicht unter-
schieden werden kann.
Ein principieller Unterschied besteht jedoch in der Einbringung
der eigentlich wasserleitenden Betonrinne. Während dieselbe im Leitungs-
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Stollen mit dem Felsen in innigem Zusammenhange steht, wurde sie in
der Aquäductstrecke sowohl in der Sohle als auch an den Wänden
durch zwischengebrachte Papplagen vom Mauerwerke vollständig isoliert ;
sie liegt also im Canale als selbständiger Trog und kann bei äußeren
Temperatursänderungen an der Dilatation des Mauerwerkes nicht theil-
nehmen, wodurch das Auftreten von Rissen und das nachträgliche
Schweißen, soweit dieses auf genannte Ursache zurückzuführen ist,
vermieden sein dürfte.
Mit Ausnahme des Brückenbogens, in der Quadern hergestellt
wurde, erfolgte die Ausführung dieses Aquäductes in Bruchstein mit
Hausteinverkleidung.
4. Wasservertheilungsanlagen.
Die Wasservertheilungsanlagen umfassen alle jene Objecte, durch
welche das von dem Aquäducte zugeleitete Wasser allen betreffenden
Verbrauchsstellen zugeführt wird, nachdem es vorerst eine entsprechende
Theilung. nach den einzelnen Versorgungsgebieten erfahren hat, also
insbesondere die Wasserbehälter (Reservoire) und das Rohrnetz.
Die Versorgungsgebiete.
Das Gemeindegebiet von Wien hat eine derartige Ausdehnung und
seine Bodengestaltung zeigt eine solche Verschiedenheit in der Höhen-
entwicklung (die Seehöhe der dermalen bereits verbauten Territorien
schwankt zwischen 160 und 270 m und darüber), dass es geboten war,
dasselbe in mehrere Versorgungsgebiete einzutheilen. Einestheils um den
Umfang der einzelnen Versorgungsgebiete im Interesse der Vereinfachung
des Betriebes und der Sicherheit desselben in praktischen Grenzen zu
halten und anderntheils um den hydrostatischen Druck in dem Rohr-
netze nicht über ein gewisses, zulässiges Maß zu steigern.
Ein dritter Umstand, der auf die Bestimmung der Versorgungs-
gebiete maßgebend war, ist die durch die Einbeziehung der ehemaligen
Vororte eingetretene Nothwendigkeit, auch jene höchstgelegenen Theile
derselben, die von der bestehenden Hochquellenleitung nicht mehr durch
bloße Gravitationsleitungen versorgt werden können, in die einheitliche
Wasserversorgung einzubeziehen, wodurch eine theilweise künst-
liche Hebung des Wassers erforderlich wurde.
Sonach wurden die Versorgungsgebiete in nachstehende Haupt-
gruppen unterschieden:
1. Die durch natürliche Gravitation versorgten Gebiete und
2. jene, für welche eine künstliche Hebung des Wassers erforderlich
ist. (Siehe Tafel III.)
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Die 1. Hauptgruppe zerfällt wieder in zwei Zonen unter Berück-
sichtigung der für ihre Versorgung erforderlichen Druckhöhe, nämlich in
a) die Hochdruckzone und
h) die Niederdruckzone.
Für die Hochdruckzone wurde seinerzeit eine Seehöhe der
betreffenden Wasserbehälter von 236 m und für die Niederdruckzone
eine solche von 207 m als nothwendig erkannt.
Um nun die Art der Wasservertheilung weiter verfolgen zu können,
müssen
die Wasserbehälter
näher ins Auge gefasst werden, deren es im ganzen sieben gibt, u. zw. :
1. Der Wasserbehälter am Rosenhügel,
2. „ „ „ Wienerberg,
3. „ „ auf der Schmelz,
4. „ „am Laaerberg,
5. „ „in Breitensee,
6. „ „ auf dem Kleinen Schafberg,
und 7. „ „ auf dem Wasserthurm in Favoriten.
Die Wasservertheilung geht nun in folgender Weise vor sich:
Das gesammte Wasser, welches durch den Aquäduct zugeleitet
wird, gelangt in den Wasserbehälter auf dem Rosenhügel mit einer
Wasserspiegelcote von + 244"58m, welcher in acht Abtheilungen ein
Gesammt-Wasserquantum von 120.503 m^ fasst und als Hauptver-
theilungsreservoir fungiert. (Siehe Tafel IV.)
Von diesem Wasserbehälter führen drei separate Gravitationsrohr-
leitungen zu den Wasserbehältern auf der Schmelz, auf dem Wiener-
berge und auf dem Laaerberg e, welche Wasserspiegelcoten von
+ 238-26 tw, + 237-63 w, + 207*28 m besitzen und ein Fassungsvermögen
von 36.850 nfi, bezw. 36.046 m« und 23.070 w« haben.
Diese vier Wasserbehälter beherrschen je ein Versorgungsgebiet,
welche vier Gebiete zusammen die Hauptgruppe der durch natürliche
Gravitation versorgten Gebiete darstellen. Wie aus den obigen Wasser-
spiegelcoten ersichtlich ist, beherrschen die drei ersten Reservoire
(Rosenhügel, Schmelz und Wienerberg) die Hochdruckzone, während
das Reservoir Laaerberg die Niederdruckzone versorgt.
Die Hochdruckzone umfasst die Bezirke I, IV, V, VI, VII, VIII,
IX, XII, sowie Theile der Bezirke III, X, XIII, XIV, XV, XVI, XVII, XVIU
und XIX, während der Niederdruckzone die Bezirke II, XI, XX und der
größte Theil des Bezirkes III angehören.
Die Versorgung jener Gebiete, für welche eine künstliche Hebung
des Wassers erforderlich ist, erfolgt in nachstehender Weise durch
Vermittlung der für diesen Zweck errichteten zwei Wasserhebewerke
von Breitensee und Favoriten, welche später eingehender beschrieben
werden.
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Das Wasserhebewerk von Breitensee empfangt das Wasser
mittels einer besonderen Rohrleitung directe von dem Wasserbehälter
auf dem Rosenhügel und fordert dasselbe unter Mitbenützung des
hydrostatischen Druckes dieser Leitung maschinell in den Wasser-
behälter von Breitensee, welcher einen Fassungsraum von 28.861 w*
mit einer Wasserspiegelcote von + 274-0 m hat.
Von diesem Wasserbehältern führt nun weiters eine Gravitations-
leitung zu dem Wasserbehälter auf dem Kleinen Schafberge bei
Gersthof mit einer Wasserspiegelcote von + 267*50 m und einem Fassungs-
raume von 17.829 w».
Von diesen beiden Wasserbehälten werden die höher gelegenen
Theile der Bezirke XIII, XIV, XV, XVI, XVII, XVIII und XIX versorgt.
Das Wasserhebewerk von Favoriten ist neben dem Wasser-
i
I behälter auf dem Wienerberge postiert, bezieht das Wasser directe aus
diesem Reservoir und fördert dasselbe in einen Wasserthurm, dessen
eisernes Reservoir einen Fassungsraum von 1047 m^ hat und eine
Wasserspiegelcote von + 270*80 m aufweist.
Von diesem Wasserthurm aus wird der höher gelegene Theil des
X. Bezirkes beherrscht.
Die näheren Daten über den Fassungsraum, die Höhenlage, den
allmähligen Ausbau der Reservoire, sowie über deren Baukosten und
die relativen Kosten der Herstellung pro 1 m^ Fassungsraum sind aus
der Tabelle auf Seite 72 zu entnehmen.
In derselben sind die Kosten des Wasserthurmes nicht aufge-
nommen, weil selbe zu den übrigen Daten nicht passen.
Es stellen sich demnach die Baukosten der nach der Wiener
Type ausgeführten gemauerten Wasserbehälter per 1 nfi Fassungs-
raum im Mittel auf 35-40 Kronen.
Die Art der Ausführung der Wiener Reservoire wolle aus der
nachfolgenden Beschreibung und der beigeschlossenen Tafel IV sammt
i Textfiguren entnommen werden, die sich auf den letztausgeführten
j Erweiterungsbau bei dem Wasserbehälter auf dem Rosenhügel und dem
Wasserbehälter in Breitensee bezieht.
Die Grundfläche dieses neuen Zubaues beträgt 13.011*5 m^ die
größte Wasserstandshöhe in demselben 3*793 m. Durch eine Mittel-
mauer ist der Wasserbehälter in zwei gleiche Hälften getheilt, von
denen beide zugleich oder jede für sich in Betrieb genommen
werden kann.
Die innere benetzte Wand der Umfassungsmauern sowie die Sohle
ist mit einem hart geschliffenen Verputz aus Portlandcement versehen,
um das Anhaften von Sand und schlammigen Theilen zu verhindern
und um eine absolute Wasserdichtheit zu erzielen. Das Gewölbe ruht
auf 234 Pfeilern aus Gmündner Granit. Das ganze Object steht auf
einem sehr guten Baugrund, weshalb die aus Bruchsteinmauerw^erk
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Meere
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punkte des Pegels
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brücke in Wien
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Wassertiefe
Ursprüngliche
Anlage
nach der ersten
Erweiterung
nach der zweiten
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nach der dritten
Erweiterung
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Neubauten
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Anlage
der ersten
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bestehenden Fundamente der Umfassungs- und Mittelmauer nur einen
Meter tief unter die Sohle reichen. Die Sohle ist aus zwei, sich dia-
gonal kreuzenden Ziegelscharen hergestellt, auf welchen der Cement-
beton in einer Dicke von 0*45 m liegt, der mit dem 5 cm starken,
geschliffenen Portlandcement- Überzug die eigentliche Sohle des Be-
hälters bildet. Die Sohle hat ein geringes Gefälle gegen die an der
Außenwand befindlichen sechs Wasserbecken, um eine gänzliche
Entleerung bewirken zu können, während die eigentlichen größeren
Ablässe in der Röhrenkammer angebracht sind.
Der ganze Bau ist mit einer Decke aus Ziegelgewölben überspannt,
in welcher für den Lichteinfall kegelförmige, mit Glas versicherte Schächte
Bau des Wasserbehälters in Breitensee.
angebracht sind, wie dies aus der Zeichnung zu ersehen ist. Ebenso
sind zur Erneuerung der Luft eigene Öffnungen in den Stirnmauem
des Behälters vorgesehen, um einerseits die Circulation zu vermitteln,
andererseits auch beim Füllen des Reservoirs das Entweichen der vor-
handenen Luft zu ermöglichen. Der Eintritt des Wassers erfolgt aus
dem Aquäductscanal durch ein seitliches gemauertes Gerinne in eine
kleine Kammer, von wo es mittels eiserner Schleusen je nach Bedarf
in die eine oder in die andere Reservoirhälfte eingelassen werden kann.
Durch die zwischen den Pfeilern angebrachten Führungsmauem wird
das Wasser gezwungen, das Re3er\'oir in schlangenförmigen Windungen
zu durchlaufen, wodurch ein Stagnieren desselben in den todten Ecken
- 75 -
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möglichst vermieden wird. Um eine Überflutung hintanzuhalten,
sind rechts und links vom Röhrengebäude halbrunde Überfallkammern
angeordnet, welche das überschüssige Wasser, sobald es die vor-
geschriebene Höhe überschreitet, aufnehmen, von wo es dem Wasser-
laufcanale zugeführt und in den Liesingbach abgeleitet wird. Um den
Einfluss der äußeren Temperatur auf das Wasser abzuhalten und das
Eindringen des Niederschlagswassers in das Innere zu verhindern, ist
über den Gewölben eine Schichte Tegel aufgebracht und dieselbe mit
einem liegenden Ziegelpflaster und darauf mit einer 16 cm starken Beton-
schichte überdeckt. Auf letzterer befindet sich dann ein Belag aus Asphalt-
filz, welcher mit Erde überschüttet ist. Die Oberfläche ist mit Gras bepflanzt.
Um einigermaßen ein Bild über den Umfang der für den Er-
weiterungsbau erforderlichen Arbeiten zu geben, wird angeführt, dass
das zu bewegende Erdmateriale in unausgehobenem Zustande rund
96.000 m^ und das zu sprengende Gestein 26.000 m^ betrug. Das Aus-
maß des aus Bruchsteinen herzustellenden Mauerwerkes für die Funda-
mente betrug rund 3000 m^ und das des Ziegelmauerwerkes inclusive
der Gewölbe circa 25.000 m^. Weiters sind 8000 m^ Beton hergestellt
und an hydraulischen Bindemitteln 5,800.000 kg Cementkalk und
800.000 kg Portlandcement verbraucht worden. Außerdem sind 850 m^
Steine aus Gmündner Granit für sonstige Arbeiten verarbeitet.
Das Rohrnetz.
Das Rohmetz der Hochquellenleitung ist entsprechend der Ein-
theilung der einzelnen Versorgungsgebiete angeordnet und nach dem
Circulationssysteme ausgeführt. Dasselbe besteht aus gusseisernen
Röhren von 80 bis 950 mm lichtem Durchmesser. Für die currenten
Rohrstränge wurden durchaus Muffenrohre verwendet, die mit Hanf,
Kitt und Blei gedichtet werden; zum Anschluss an die Schieber und
sonstige maschinelle Bestandtheile kommen auch Flanschenrohre zur
Verwendung, die mit Blei- oder Kautschukeinlagen mittels Verschraubung
gedichtet werden.
Sämmtliche Rohre werden vor ihrer Verwendung . einer Druck-
probe auf 15 Atmosphären unterzogen, welche in einer besonderen
Probierstation in dem städtischen Rohrdepot (neben dem Wasserbehälter
auf dem Laaerberge) vorgenommen wird.
Für die Rohre des Wiener Wasserleitungsrohrnetzes bestehen be-
sondere Normalien, die bereits bei der Anlage desselben verfasst worden
sind und deshalb noch auf dem alten Zollmaße basieren und nur in
das Metermaß umgerechnet sind.
Die sich nach diesen Normalien für die einzelnen Rohrcategorien
ergebenden Maße und Dimensionen sind aus den folgenden Tabellen
zu entnehmen.
- 76 —
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Tabelle über die Dimensionen der Muffenrohre
skJ:.
.e...^
'1=^ «
D
Wr^oll
2
8
4
5
6
7
8
9
10
12
14
D
■/■
55
95 25 12
80 1 120 2512
105 145 25
12
130 } 170 27 12 13
160 202
1851227
210 252
2713
235
265
315
370
15 395
16 420
18
20
24
25
26
30
33
36
475
525
630
660
685
790
870
950
281
31
31
31
315 32
367
426
453
480
537
36
34
I
37 21
40 22
4323
591 |U 24
700 48'26 22
732 ,48 27,22 23
I I I I
757 48 28 22 23
866 60 29 29'24
i I
946 60 29 29
! i I
1026 60 29 29
I ' ! I
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5 cl > ®
3 10 613100 2001118 261310
8 10 6
3 10 6
10 6
10, 7
10 7
lOi 7
13100 200
15.105 210
15105 210
3 10 7
3,11, 8
I I
3 11 8
13100 2001118,261310
1118 26131010
18
12 20 301310
12 20301310
115 230,13 22 3311! 9
22 3lll' 7
I
3 11
i
3,11
18115 230
18'll5'230
19132 264
2o!l32 264
21 1132 264
I I
22 132 264
I I
23 132 264
1322 3311
11
4 12
I i
4 13' 8
4,13 9
■ I
7 1410
132;264
24
25138 276
26145
27145
28 145 290
1410
33 7 14 10
290
290
158 316
158 316
158 316
I
13 22 33
1322
33
24 40
44
15 26
15'26 44
15'26;44
1511
1511
1313
1818
1313
32 58
32 53
34 60
3560
10
1518
1518
20
10
13
13
13
13
13
13
13
131313 20 26
13131322 26
1316
1316
87 2
112 2
1316 137i 2
1316! 162 3
I
1318
196 8
I
221 3
246 3
275' 3
22' 309 3
18 23' 361
18
18
24
25
20 36 60 13
23 40:6613
418
445
472
527
583
3
35
50
60
110
145
170
190
250
315
405
23'40 66
23 40 66
1313 22 29
13,13 22 30; 690
1313 22 31
i I i
1313 22 32
1313 26 34
1313 26 34
3
4
3
4
3
4
3
4
3
4
i 3
4
3
22-,
1313
I !
749
858
938
510
645
680
740
650
830
775
990
1145
1170
1500
1240
1580
1300
4 j 1665
3 1545
26 341018
2000
1700
2200
1845
2390
- 77
Probedruck = 15 Atmosphären,
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D
d
b
D'
d'
i
c ' a
1
e
f
1
Anzahl
der Bolzen
Bau-Länge
in Meter
.5 e
55
10
12
110
118
18
16 13 30
1 i
65
65
3
0-5
16
80
10
12
185
145
18
15
13 1
30
65
65
4
0-6
13
105
10
12
213
178
18
16
13
30
65
65
4
06
18
130
10
12
238
198
18
15
13
30
65
66
4
0-5
22
160
11
13
272
230
20
15
13
33
70
65
6
0-5
30
185
11
13
305
259
20
18
15
33
72
66
6
0-75
45
210
11
13
330
285
20
18
15
33
72
65
6
0-75
51
235
13
16
395
334
22
21
18
35
80
65
8
0-75
70
265
14
18
435
369
24
24
20
38
85
65
8
0-75
86
315
15
19
485
421
26
24
20
42
90
65
8
0-75
110
370
17
20
540
474
29
24
20
50
95
65
10
0-75
140
395
18
21
565
500
29
24
20
50
95
73
10
0-75
158
420
19
22
590
530
31
24
20
52
100
73
10
0-75
180
475
20
23
645
584
31
24
20
52
100
73
10
0-75
210
525
21
24
700
636
31
26
22
52
105
73
12
1-0
310
630
23
26
810
748
33
26
22
55
110
73
16
1-0
400
660
23
27
840
775
33
26
22
55
110
73
16
10
420
685
23
28
865
801
33
26
22
55
110
73
16
10
440
790
24
29
1
1000
926
40 31
26
70
140
92
20
10
545
870
24
1
29
1080
1005
1 40 31
26
70
140
92
20
10
600
950
24
29
1160
1084
40 31
26
70
140
92
20
10
1
1 650
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Die Gesammtlänge der bis zum Schlüsse des Jahres 1898 aus-
geführten Rohrstränge der Hochquellenleitung beträgt . . 697*206 km
Hievon entfallen:
Auf das ehemalige Gemeindegebiet 344-453 „
und auf das Gebiet der neu einbezogenen ehemaligen
Vororte 352-753 „
In unmittelbarem Zusammenhange mit dem Rohrnetze stehen jene
Objecte, die zur Abgabe des Wassers an die einzelnen Consumenten
und Verbrauchstellen dienen.
So weit es sich um den Verbrauch des Wassers in Wohnhäusern
und Betriebsstätten handelt, erfolgt die Wasserabgabe an die einzelnen
Strassen-
rohr
Hausanschlussleitung.
Consumstellen durch Vermittlung der »Hausanschlussleitungen«,
welche gegen die Straßenleitung durch einen »Straßenwechsel«,
gegen die Hausleitung durch einen »Hauswechsel« absperrbar sind
und in welche ein »Wassermesser« eingebaut ist, durch welchen der
Wasserverbrauch controliert wird. Die specielle Anordnung der Haus-
anschlussleitungen ist aus der obenstehenden Darstellung zu ersehen.
Die Wassermesser werden von der Gemeinde angeschafft und
gegen eine Jahresrente in die Hausanschlussleitungen eingeschaltet; sie
werden vierteljährig abgelesen und darüber Aufschreibungen geführt;
für diese Agenden ist ein eigenes »Wasserbezugs-Inspectorat« be-
stellt, welchem auch die Controle über die richtige Functionierung der
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Wassermesser obliegt und welches auch die Einbauung oder Aus-
wechslung derselben zu überwachen hat.
Sämmtliche Wassermesser werden vor ihrem Einbaue in der
städtischen »Wassermesser-Probierstation« geprüft und wird daselbst
auch die Überprüfung jener Wassermesser vorgenommen, bei welchen
sich während ihrer Functionierung Unzukömmlichkeiten ergeben haben.
Bis zum Schlüsse des Jahres 1898 waren 26.604 Hausanschlüsse
ausgeführt und 28.732 Stück Wassermesser angekauft worden, von
denen 24.434 Stück eingebaut waren. Die Wassermesser gehören ver-
schiedenen Systemen an; insbesondere stehen Rotations-Wasser-
messer der Firmen Leopolder, Feller, Spanner, Schinzel und
Bernhardt in Verwendung und sind auch Volumen-Wassermesser
der Systeme Frager und Empire probeweise in Verwendung ge-
nommen worden.
Die Wasserabgabe für öffentliche Zwecke etc. (Straßenbespritzung,
Gartenbespritzung, Feuerlöschwesen etc.) erfolgt, ohne Wassermesser-
Controle, durch die Auslaufbrunnen, Hydranten und derartige Objecte,
deren Anzahl mit Schluss des Jahres 1898 die folgende war:
Öffentliche Auslaufbrunnen 579 Stück
Überflur-Hydranten 1244 „
Untergrund-Hydranten 1154 „
Privatwechsel (Feuer-) 1416 „
Privat-Sprenghähne 35 „
5. Die Wasserhebewerke.
Zu den städtischen Wasserhebewerken gehören:
Das Auxiliar-Schöpfwerk in Pottschach und die beiden Wasser-
hebewerke in Breitensee und in Favoriten.
Das Auxiliar-Schöpfwerk in Pottschach.
Dieses, unter dem Namen des Pottschacher Schöpfwerkes
allgemein bekannte Wasserwerk ist einige Kilometer unterhalb des
Marktes Gloggnitz am rechten Ufer der Schwarza auf einem Grunde
von rund 24 ha (einige Parcellen fallen auch auf das linke Ufer)
errichtet. (Siehe Situation auf Seite 81.)
Die Anlage besteht außer dem Kessel- und Maschinenhaus, dem
Wohngebäude, Kohlenschupfen und Brückenwaage, aus acht Tief-
brunnen, von denen sieben auf dem rechten Ufer der Schwarza, der
achte jedoch auf dem linken Ufer derselben gelegen ist.
Die Anordnung der Brunnen, wie sich dieselbe bei der successiven
Ausgestaltung des Werkes ergeben hat und aus dem Situationsplan
ersichtlich ist, ist folgende:
Die vier Brunnen „^", „ß", „C", „D", welche ursprünglich an-
gelegt waren, sind symmetrisch in einer Entfernung von 100 bis 140 m
— 80 -
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81
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um das Maschinenhaus gruppiert und haben je eine Tiefe von circa 10 m
und an der Schneide des eisernen Brunnenkranzes eine Weite von 6 m.
Die übrigen vier Brunnen sind später errichtet worden und liegen
in Entfernungen von 400 bis 800 in flu ss aufwärts vom Maschinenhause.
Der Tiefbrunnen „£*", der einzige auf dem linken Flussufer gelegene,
und der Tiefbrunnen „F" sind so wie die vier erstgenannten Brunnen
mittels directer Saugleitungen mit dem Maschinenhause in Verbindung.
Der Brunnen ^i^'" hat denselben Durchmesser wie die vier ersten
Brunnen, der Brunnen „A"" ist jedoch nicht kreisrund angelegt, sondern
hat einen elliptischen Querschnitt, so dass der große Durchmesser an
Ansicht der Wasserwerksanlage.
der Schneide des Brunnenkranzes 8 m, der kleine 6 w beträgt. Diese
Form wurde gewählt, um dem hier in namhaft größerer Menge auf-
tretenden Grundwasser an dem größeren Umfang des Brunnens
leichteren Zutritt zum Brunnen zu gestatten, ohne den Brunnenaushub
so namhaft gestalten zu müssen, wie dies bei einem kreisrunden
Brunnen der Fall gewesen wäre.
Die Tiefe dieser beiden Brunnen ist so angeordnet, dass die
Sohle derselben nahezu in einer Horizontalebene mit den in einem
gleichen Niveau angeordneten Sohlen der Brunnen A, B, C und Z> liegt,
wodurch die Tiefe der Brunnen E und /' um das Maß des Terrain-
gefälles zwischen denselben und dem Maschinenhause größer ist, als die
Tiefe der ersteren; sie beträgt thatsächlich circa 14 m bei dem Brunnen E
und 13 m bei dem Brunnen F,
— 82 —
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Diese Wahl der gleichen Niveaulage der Sohlen der genannten
6 Brunnen wurde aus zweierlei Gründen absichtlich getroffen.
Erstens gewinnt man hiebei bei den Brunnen E und F soviel
an Wassertiefe, als das Gefälle des Grundwassers bis zum Maschinen-
hause hinunter beträgt (BV2 — 4m), ohne die Saughöhe um mehr als
den vermehrten Reibungswiderstand in den längeren Saugleitungen zu
vermehren, und zweitens ist es bei dieser Anordnung möglich, auch
gleichzeitig und mit einer Maschine aus den oberen und unteren
Brunnen in beliebiger Combination zu schöpfen.
Die beiden Brunnen „G" und „ff" sind keine selbständigen Tief-
brunnen, sondern nur „Hilfsbrunnen" für den Brunnen „F", welcher
für sie als Sammelbrunnen figuriert. Dieselben sind untereinander
Saugleitung
Tiefbrunnen des Pottschacher Schöpfwerkes.
und der Brunnen „G" mit dem Brunnen „F" durch je eine Communi-
cationsleitung verbunden, so dass das Wasser aus den beiden genannten
Brunnen nach Maßgabe der Wasserspiegel-Niveaudifferenz dem
Brunnen „F" zuströmen kann, wpnn die Verschlussklappen der Com-
municationsleitungen geöffnet werden. Diese beiden letztgenannten
Brunnen sind wegen des ungünstigeren Untergrundes nicht so tief wie
die übrigen Brunnen, sondern haben nur eine Tiefe von 8 und 8V2^^^;
sie sind jedoch mit einer größeren Lichtweite ausgestattet und haben an der
Schneide des kreisrunden Brunnenkranzes einen Durchmesser von 8/w. Die
sämmtlichen Brunnen haben schmiedeiserne Brunnenkränze, auf welchen
das 1 m starke, in Portlandcement-Mörtel ausgeführte Brunnenmauer-
werk ruht und sind oben durch ein Kuppelgewölbe abgeschlossen,
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welches den Einsteigschacht trägt. In den unteren Partien des Brunnen-
mauerwerkes sind in mehreren Lagen strahlenförmig Sickerrohre ein-
gemauert, durch welche das Grundwasser auch seitlichen Zutritt zu den
Brunnen erhält. Außen ist das Mauerw^erk von einem 4mm starken
Eisenblechmantel umgeben, welcher demselben als Schutz gegen Ab-
reißen beim Versenken des Brunnens dient; an den Mündungen der
Sickerrohre ist der Mantel selbstverständlich siebförmig durchlöchert.
Mit dem Maschinenhause sind die 6 Brunnen A, B, C, D, E und F
durch Saugleitungen verbunden, welche sämmtlich die Weite von
600 nzm haben und gegen die Brunnen hin ein constantes Gefälle
besitzen. In den Brunnen sind die Enden der Saugleitungen durch
Ansicht des Maschinenraumes.
Schieber absperrbar und vor der Einmündung dieser Leitungen in das
Hauptsaugrohr des Maschinenhauses ist jede einzelne gleichfalls mit
einem Absperrschieber ausgestattet.
Die maschinelle Anlage besteht aus 3 Cornwall-Dampfkesseln
mit je 60 m^ Heizfläche und drei liegenden Woolfschen Dampfmaschinen
von je 50 HP mit je zwei Paar doppelt wirkenden Saug- und Druck-
pumpen, welche mit einer normalen Tourenzahl von nur 18 per Minute
arbeiten. Für gewöhnlich ist nur je ein Kessel und eine Maschine mit
einem Paar Pumpen in Betrieb; bei voller Beanspruchung des Werkes
treten 2 Kessel mit 2 Maschinengarnituren in den Dienst. Je ein
dritter Kessel und eine dritte Maschinengarnitur ist stets in Reserve.
(Siehe Grund- und Aufriss des Kessel- und Maschinenhauses.)
— 84 —
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Strasscnbrückc über die Schwarza.
Aquäduct über die Südbahn.
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Von den Pumpen gelangt das Wasser durch eine doppelte, guss-
eiseme Druckleitung von gleichfalls 600 inw lichter Weite und 1240 m
Länge in eine Überfallkammer, welche unmittelbar an den Aquäduct
der Hochquellenleitung angebaut ist, aus welcher dasselbe direct in
den Leitungscanal überfließt. Die Druckleitung übersetzt auf einer 40 m
im Lichten weiten, eisernen Straßenbrücke den Schwarzafluss und
mittels eines eisernen, auf gusseisernen Säulen ruhenden Aquäductes
die Südbahn und den daneben führenden „Stupp acher Werkcanal"
unmittelbar vor der Überfallkammer.
Auf der eisernen Strassenbrücke besteht die Druckleitung aus
schmiedeisernen, genieteten Rohren, und ist mit einer Dilatationsvor-
richtung versehen.
Die Druckhöhe der Leitung beträgt 4-11 «?, die Saughöhe im
Maximum 7*0m, so dass die gesammte Förderhöhe im Maximum ll'll w,
im Mittel aber nur circa 9 m beträgt. Wie aus seiner Eigenschaft als
Auxiliarwerk hervorgeht, ist das Werk nur zeitweise in unregelmäßigen
Zwischenräumen in Betrieb; im Frühjahr tritt oft mehrmonatlicher Still-
stand ein, im Winter tritt auch mehrmonatlicher Betrieb ein. Um nun während
der längeren Betriebspausen das Wasser in den Brunnen öfter zu erneuern,
wird zu diesen Zeiten wenigstens allmonatlich ein „Probepumpen"
vorgenommen, wobei der Reihe nach aus jedem Brunnen durch einige
Stunden sehr intensiv gepumpt wird, so dass hiedurch sowohl die
Brunnen als auch die Umgebung derselben im Untergrunde regeneriert
werden. — Das hiebei geförderte Wasser wird unmittelbar nach
Passierung des Maschinenhauses in die Schwarza abgelassen, ohne in
die Druckleitung einzutreten, wozu eine eigene „Ablasskammer"
angelegt ist.
Ein solches „Probepumpen" findet auch regelmäßig vor jeder
Inbetriebsetzung des Werkes statt, wobei auch die Druckleitung einer
vorherigen Durchspülung unterworfen wird. Das Wasser wird hiebei
durch einen an dem Stuppacher Werkcanal angeordneten Auslass in
den letzteren solange abgeleitet, bis es vollkommen rein und klar ab-
fließt; erst dann gelangt es zum Einlasse in den Hochquellen-Aquäduct.
Die Häufigkeit und Intensität der Inanspruchnahme des Werkes seit
seinem Bestände ist aus dem Graphicon (Tafel X) zu ersehen.
Die Gesammtkosten des Werkes inclusive aller, mit der baulichen
Anlage nicht direct zusammenhängenden Auslagen (wasserrechtliche
Entschädigung, Uferschutzbauten etc.) beziffern sich auf rund 2,140.000 Kr.
Wenn das Pottschacher Schöpfwerk die Bestimmung hat, Er-
gänzungswasser von Fall zu Fall für den Aquäduct zu liefern, so ist
der Zweck der beiden anderen, hier zu behandelnden Wasserhebewerke
ein ganz anderer. Dieselben haben die Aufgabe, einen Theil des bereits
vorhandenen Wassers auf ein höheres Niveau zu heben, um es der
Wasserversorgung der höher gelegenen Gemeindegebiete zuzuführen.
- 89 —
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Dieser Umstand, sowie die Thatsache, dass diese letzteren Anlagen
um circa 2 Decennien später zur Ausführung gelangten, als das erstere
Schöpfwerk, brachten es mit sich, dass die beiden nun zu erörternden
Wasserhebewerke auf wesentlich moderneren Principien aufgebaut sind.
Das Wasserhebewerk in Breitensee.
Dieses Wasserhebewerk bezieht das Wasser von dem Wasser-
behälter am Rosenhügel, von wo es ihm, wie aus dem untenstehenden
Längenprofil zu ersehen ist, durch einen 950 iww>, bezw. 870 mm weiten
Rohrstrang zugeführt wird. Derselbe kreuzt die Verbindungsbahn in
Lainz und unterfährt die Stadtbahn und den Wienfluss nächst Baum-
garten, wobei Versicherungsobjecte hergestellt werden mussten, die einen
großen Zeitaufwand und viele Kosten verursachten. Die Länge dieser
Speiseleitung beträgt 5812 m, wovon 2836 m auf die Lichtweite von
950 mm und 2476 m auf die von 870 mm entfallen.
Nebst dem Schöpfwerke werden noch die ehemaligen Vororte
Speising, Lainz, Hietzing, Baumgarten, Hacking, Unter-St. Veit und ein
Theil von Hütteldorf direct durch den 950 mm Hauptrohrstrang mit
Hochquellenwasser versorgt. Letzterer endet im Hofe des Wasserwerkes
in einem Schieberhäuschen und ist hier mit einer Absperrvorrichtung
versehen worden; an diese schließen sich dann die 870 mm, bezw.
630 mm weiten Rohrleitungen an, welche die Verbindung mit der maschi-
nellen Einrichtung des Hebewerkes vermitteln und den Pumpen das
Wasser zubringen. Dasselbe wird hierauf durch zwei 680 mm weite
Druckleitungen von den Pumpmaschinen in den neuen Wasserbehälter
am Abhänge des Galitzinberges gefördert, von wo aus wieder ein
bestimmtes Quantum mittels der 685 mm Gravitationsleitung an den
Wasserbehälter am Schafberg abgegeben wird.
Die Höhenlage der einzelnen Objecte ist aus dem Längenprofil
zu entnehmen; danach liegt der Wasserspiegel des Behälters am Rosen-
hügel 244*58 w, die Achse der Pumpmaschinen 229*43 m und der
Wasserspiegel im neuen Behälter in Breitensee 274*00 m über der See-
höhe des Adriatischen Meeres.
Die Pumpen des Wasserhebewerkes liegen somit um 15*15 m
tiefer als. die Entnahmestelle am Rosenhügel, wodurch sich ein bei
solchen Anlagen vielleicht noch nicht dagewesener Fall ergibt, dass das
F'örderwasser den Pumpen unter einem effectiven Drucke von circa
1*8 Atmosphären zugeleitet wird. Infolge dieses Umstandes ist auch die
vom Schöpfwerke zu bewältigende Druckhöhe nicht gleich der Höhen-
differenz zwischen Pumpenachse und Reservoir-Wasserspiegel (44*57 m),
sondern diese reduciert sich bei Berücksichtigung des Reibungswider-
standes in den Druckleitungen auf beiläufig 80 m. Nachdem aber bei
der Verfassung des Projectes nicht mit voller Gewissheit auf den
günstigen Einfluss des in der Hauptzuleitung (Speiserohrstrang) vor-
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c
<
— Ol —
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Situation des Schöpfwerkes Breitensee und Längenprofil der Leitung.
1 : 3000.
Reservoir
Breitensee
Reservoir
Dornbach
ioXm.
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handenen hydraulischen Druckes gerechnet werden konnte, so sind aus
Sicherheitsrücksichten vor dem Pumpen in die 630 mm weiten Rohrstränge
große Windkessel von 2*5 m Durchmesser und 7*8 m Höhe einge-
schaltet worden, um die in der Zuleitung etwa auftretenden Wasser-
stöße unschädlich zu machen. Ebenso wurden die Dampfmaschinen
für eine größere Kraftleistung construiert und ausgeführt, als sie derzeit
thatsächlich in Anspruch genommen werden, da man allgemein in P'ach-
kreisen der Ansicht war, dass nur durch Drosselung des Zuleitungs-
rohres oder durch die Vorlage eines kleinen Wasserbehälters (was
unter Einem das Ansaugen des Wassers durch die Pumpen bedungen
hätte) der Betrieb des Hebewerkes aufrecht und ungestört erhalten
werden kann.
Diese Befürchtungen haben sich jedoch als unbegründet erwiesen.
Die Gesammtanlage besteht, wie aus der Situationsskizze zu
ersehen ist, aus dem Maschinen- und Kesselhause, dem Schieber- und
Waaghäuschen, aus dem Kühlthurme, dem Kohlendepot und dem Wohn-
hause für das Betriebspersonale.
Im Folgenden soll insbesondere die maschinelle Anlage einer
näheren Beschreibung unterzogen werden.
a) Die Pumpmaschinen.
(Siehe Tafel V.)
Von diesen wurden vier Stück aufgestellt und ist noch ein Raum
für die Anbringung einer fünften Maschine freigelassen worden. Es sind
dies liegende Compound-Dampfmaschinen mit Doctor Proeirscher zwang-
läufiger Ventilsteuerung, mit je zwei nebeneinander liegenden Dampf-
cylindern (Hoch- und Niederdruck-Cylinder) und einer mit Rückkühlung
angeordneten Condensation. An der Kolbenstange eines jeden Dampf-
cylinders ist eine Pumpe mit Riedlersteuerung direct gekuppelt, daher
stehen im ganzen acht doppeltwirkende, liegende Plungerpumpen zur
Verfügung.
Die Hauptdimensionen der Maschinen sind folgende:
Hochdruck-Cylinder .... 420 m^n Durchmesser.
Niederdruck-Cylinder .... 650 mm „
Pumpenpiston 285 mm „
Gemeinschaftlicher Hub . . . 785 mm „
Tourenzahl 40 — 50 pro Minute.
Jede Dampfmaschine ist für eine Antriebsleitung von 80, bezw.
100 PS construiert, wobei ein Pumpenpaar auf die Höhe des Breiten-
seer Behälters bei 40 Touren pro Minute, und zwar in 23 Stunden
8000 m^ Wasser fördert, welches einer Lieferung von 97 Secundenlitern
entspricht.
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c
c<
95
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i
96
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Wenn nun eine Pumpmaschine als Reserve stets außer Betrieb
verbleibt, so ist die gesammte Wasservverks-Anlage derzeit imstande,
bei normaler Tourenzahl mit drei Maschinen 24.000 m^ oder bei erhöhter
Leistung, d. i. bei 50 Touren, im Zeiträume von 23 Stunden 30.000 m^
Wasser zu liefern.
b) Die Condensations- und Kühlanlage.
Mehr Neues, als die Maschinen selbst, bietet die Anordnung der
Condensation.
Um eine Ersparnis an Hochquellenwasser zu erzielen, wurde eine
Kühlanlage für das Condensationswasser hergestellt und ist bei der
Condensation, welche in einem als horizontales Rohr ausgebildeten
Condensator vor sich geht, wegen der gleichzeitigen Förderung des
Einspritzwassers auf den Kühlthurm die getrennte Condensatabführung
angeordnet worden, so dass der nicht vollkommen condensierte Dampf
zur Luftpumpe und das bei der Condensation verwendete und erwärmte
Wasser mittels separater Leitungen auf den Kühlthurm gebracht wird.
Dies geht in folgender Weise vor sich :
Das Condenswasser theilt sich in dem, mit Schaugläsern ver-
sehenen und in die Rohrleitung zwischen Niederdruck-Cylinder und
Luftpumpe eingeschalteten Vertheiler. Die verdünnte Luft und die Dämpfe
werden mittels des höher liegenden, engeren Rohres von der doppelt
wirkenden Luftpumpe, das Wasser von der hinter der Luftpumpe
angeordneten, einfach wirkenden Wasserpumpe mittels des nach unten
gerichteten weiteren Rohres abgesaugt und durch den kleinen, an der
Luftpumpe befindlichen Druckwindkessel in die allen Maschinen
gemeinsame Druckleitung befördert. Jede einzelne Pumpe wird gegen
die gemeinschaftliche Leitung durch einen Schieber und eine Rück-
schlagklappe abgesperrt. Etwas Wasser wird auch in die Luftpumpe
gelassen, damit sie nicht trocken läuft. Das von der Luftpumpe
geförderte Gemisch tritt durch die Öffnungen unter dem erwähnten
Druckwindkessel aus; das überschüssige Wasser wird durch eine kleine
Abtallleitung abgeführt.
Die Luft- und Wasserpumpe ist derart gebaut, dass trotz der
darin herrschenden verschiedenen Drücke die für Hin- und Hergang
nöthige Kraft die gleiche ist, was zu dem erzielten, außerordentlich
ruhigen Gange besonders beiträgt.
Die gemeinschaftliche Druckleitung mündet im Keller des Maschinen-
hauses in einen größeren Druckwindkessel (Tafel V), aus dem das
Wasser entweder in den Kühlthurm oder auch im Nothfall mittels
Schiebers unmittelbar in den Canal abgelassen werden kann.
Bei dem Betriebe wird so viel Einspritzwasser zugelassen, dass
sich das Saugrohr der Wasserpumpe bis zu dem Schauglase des Ver-
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Condensationsanlage. — Querschnitt.
:s
- 98 —
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o
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theilers füllt, damit die Pumpe immer voll' saugen kann. Da die Luft-
leere und die Geschwindigkeit der Maschine immer dieselbe bleibt,
hält sich auch der Wasserstand im Vertheiler stets in seiner Lage.
Es hat sich beim Betriebe ferner gezeigt, dass auch die Luft-
menge sowohl in dem kleinen, wie in dem großen, gemeinschaftlichen
Windkessel bei der angegebenen Betriebsweise stets die gleiche bleibt,
dass der Ersatz also dem Verluste gleicht, was die Bedienung sehr
erleichtert.
Die Kühlanlage ist ein Gradierwerk (System J. Popper) von eigen-
artiger Construction, das automatisch ohne weitere Zuthat als Ventila-
tionsapparat wirkt und aus einem 10*8 m hohen Thurm von Lärchen-
holz besteht, welcher in mehrere Etagen abgetheilt ist, in denen
zusammen 48 Stück Siebkästen eingeschoben sind. Durch letztere ward
das auf den Thurm geförderte warme Wasser in viele feine Regen-
strahlen vertheilt und von Etage zu Etage fallen gelassen, wobei die
zwischen den Strahlen stets durchziehende frische Luft eine solche
Abkühlung bewirkt, dass das gekühlte Wasser abermals zur Conden-
sation des Dampfes verwendet werden kann.
Das gekühlte Wasser wird, nachdem es einige mit Überlauf und
Abfall versehene gemauerte Ölreinigungskammern durchlaufen hat, einem
blechernen Behälter (Tafel V) zugeführt, der im Falle der Noth aus
dem einen Saugwindkessel nachgefüllt werden kann und aus dem die
Maschinen das Wasser durch eine gemeinschaftliche Einspritzleitung
wieder entnehmen. Die einzelnen Condensatoren sind gegen diese
Leitung außer durch die Einspritzhähne noch durch besondere Schieber
abgeschlossen.
Die Anlage arbeitet in allen Theilen tadellos.
c) Die Wasserleitungen.
Die Anordnung der Wasserleitungen, der Windkessel und der Ab-
lass- und Entleerungsleitung sind aus Tafel V deutlich zu entnehmen.
Die Saugwindkessel sind von vorneherein mit Rücksicht auf die
angeführten Umstände besonders reichlich bemessen; ihre Einzelnheiten,
sowie die Druckwindkessel sind wegen der gewaltigen Dimensionen in
den folgenden Figuren eingehender dargestellt. Die Druckwindkessel sind
auch deshalb erwähnenswert, weil in ihnen die oft schwer unter-
zubringenden Rückschlagklappen angeordnet sind, welche hier gut zu-
gänglich erscheinen und keinen sonst erforderlichen Raum einnehmen.
Jede Maschine hat eine gemeinschaftliche, durch Schieber absperr-
bare Saugleitung und zwei ebenfalls abschließbare Druckleitungen, die
in die gemeinsame Druckleitung einmünden. Sämmtliche Schieber sind
von oben zu bethätigen. Die Druckleitungen sind so angeordnet, dass
sich entweder beide, oder nach Bedarf auch nur die eine oder andere
in Benützung befindet.
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73
C/3
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Behufs Ersatzes an Luft in den einzelnen Windkesseln sind an den
Luftpumpen der Maschinen Compressoren angeordnet, welche nach
Bedarf in eine gemeinschaftliche Druckleitung arbeiten, die überall, wo
es nöthig ist, mit Hahnanschlüssen ausgestattet ist. Das Speisewasser
wird, um für alle Fälle gesichert zu sein, der Druckleitung entnommen
(Tafel V) und unmittelbar dem Derveaux'schen Reiniger zugeführt.
Das gereinigte Wasser sammelt sich in den zwei vorhandenen Rein-
wasserbehältern und wird entweder durch die beiden stehenden Zwillings-
speisepumpen durch die Vorwärmer oder durch die beiden Injectoren
unmittelbar in die Kessel gefördert.
d) Die Dampfkessel.
Im Kesselhause (Tafel V) sind vier Dampfgeneratoren nach System
Fairbairn (Multitubular-Kessel) untergebracht, von welchen jeder eine
Heizfläche von 110^2 besitzt, um sowohl für den Betrieb einer Pump-
Wasserhebewerk in Breitensce (Kesselhaus-Innenansicht).
maschine (bei maximaler Leistung) als auch für die Hilfs-Dampfmaschinen
zur elektrischen Beleuchtung das nothwendige Dampfquantum liefern zu
können. Dieselben wurden aus steirischem Stahlkesselblech für einen
effectiven Betriebsdruck von 7 Atmosphären angefertigt.
Der Kessel hat 2000mm Durchmesser und eine Länge von 6800^«m.
Jeder Kessel ist aus Betriebsrücksichten mit einem Schwarzkopfschen
Universal-Sicherheitsapparate versehen.
Die Vorrichtung zur Speisung der Kessel ist aus nachfolgenden
Bestandtheilen zusammengesetzt:
1. Aus zwei gusseisernen Vorwärmern von je 16 w?- Heizfläche, in
welchen zwischen den beiden 25 mm starken schmiedeisernen Böden
60 Stück gezogene Messingröhren eingedichtet sind;
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2. aus zwei stehenden Dampf-Speisepumpen mit Rundschieber-
Steuerung ;
3. den beiden Körting'schen Injectoren und den dazu gehörigen
Anschlüssen an die Saug- und Druckleitung; endlich
4. aus den erforderlichen Rohrleitungen, womit in der gesammten
Anordnung Reserven geschaffen wurden, um Störungen in der Kessel-
speisung für alle Fälle hintanhalten zu können.
Die Vorwärmer wurden mit dem Abdampf der Beleuchtungs-
maschine und der Speisepumpen geheizt. In letzterem Falle muss man
wohl mittels eines dünnen Röhrchens mit frischem Dampf nachhelfen.
Hier wäre nur noch zu bemerken, dass die Einfassung der Kohlen-
stände mit Steinen und die vor den Kesseln zur Wegschaffung der
Wasserhebewerk in Breitensee (Maschinenhaus-Innenansichl)..
Schlacke und Asche angeordneten Drehklappen zur Erhaltung der Rein-
lichkeit sehr viel beitragen.
e) Dachconstruction und Laufkrahn. .
Als Gegenstand von an und für sich zwar untergeordneter Be-
deutung, aber doch von bedeutendem technischen Werte muss noch
die schön gelöste Dachconstruction (Tafel V) angeführt werden, welche
ohne Säulen ausgeführt ist und dem Maschinenhause ein ungemein
luftiges Aussehen verleiht.
An dieser Dachconstruction ist auch die Schienenbahn des für
5000% gebauten Laufkrahnes angehängt, welche einen wertvollen
Behelf für die Betriebsleitung bildet.
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f) Versuchsproben.
Im Monate April 1897 fand zur Berechnung der indicierten Pferde-
stärken die Abnahme der Diagramme mit dem Indicator an den Cylin-
dern jeder Pumpmaschine statt, wobei constatiert wurde, dass infolge
des fast unveränderlichen Widerstandes die Arbeitsleistung jeder einzelnen
Maschine nahezu eine gleichmäßige war. Die gewonnenen Diagramme
sind in üblicher Weise zur Bestimmung des mittleren indicierten Dampf-
druckes pi in Kilogramm per Quadratcentimeter der Kolbenfläche benützt
worden und es ergaben sich hiebei folgende Resultate:
Tabelle I.
Tag der Versuchsprobe
II
indicierten Dampfdruck in Kilo- |
Maschinen- '' gramm per Quadratcentimeter ,
Nummer Kolbennäche
am Hochdruck- am Niederdruck-
Cylinder ' Cylinder I
23. April 1897
24. April 1897
26. April 1897
27. April 1897
III
IV
I
II
1-740
1-691
1-683
1-748
0-707
0-764
0-729
0-739
Femer ist für die Berechnung der Maschinenstärken an jedem
Versuchstage durch Ablesung des Tourenzählers bei dem Beginne und
am Ende des Versuches die Umdrehungszahl n pro Minute, sowie die
lineare Kolbengeschwindigkeit c in Meter pro Secunde mittels der Formel
n X 2 X 0-750
*== - -60 -
für jede einzelne Maschine bestimmt worden, wobei die Zahl 0*750 m
den Maschinenhub bedeutet. Die erhaltenen Resultate sind in der
Tabelle II verzeichnet.
Tabelle IL
Tag I
des Probeversuches I
£
fc.
4>
U 1
.^
E
•^>
B
1 tn
3
eö Ä 1,
1 ^
!l
Dauer des | Totale
Versuches in llUmdrehungs-
Minuten || Zahl
Umdrehungs-
zahl pro Mi-
nute
23. April 1897
24. April 1897
26. April 1897
27. April 1897
III
IV
I
II
283
295
300
300
11.711
12.320
12.197
12.374
lineare Kol-
bengeschwin-
digkeit in
Metern
41-38
41-76
40-65
41-24
1-034
1-044
1-016
1-031
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Aus den so ermittelten Werten pi und c, sowie aus den wirk-
samen Kolbenflächen F^ und i'g lässt sich nun die indicierte Leistung
Ki der beiden Dampfcylinder von jeder Maschine in Pferdestärken be-
rechnen, wobei
F^ =- 1347 cw2 F^ - 3280 cm^
F, , c ,pi
A, = — ^g die indicierte Leistung des Hochdruckcylinders,
75
j^, C gj__^.
75
die indicierte Leistung des Niederdruckcylinders in Pferde-
stärken gibt, welche in der Tabelle III eingetragen sind.
Tabelle III.
I
Tag des Probe versuch es
.£ E
IS
Indicierte Indicierte I . ?"??™®
Pferdekraft ' Pferdekraft „^/'" '"f.!"«'^*'?
im Hoch- I im Nieder- |P/<'!"f^'l^''«";"
druckcylinder druckcylinder ''*"^^" ^^'"P'^-
' ' cylindem
I 23. April 1897 .
' 24. April 1897 .
j 26. April 1897 .
I 27. April 1897 .
III
IV
I
II
32-33
31-71
30-71
32-37
31-97
33-55
32-39
33-32
I,
6430
65 26
6310
65 69
:i I
Des Weiteren erstreckten sich die Beobachtungen bei diesen Ver-
suchsproben auf die praktischen Betriebsresultate, wie sie aus der fol-
genden Tabelle ersichtlich sind.
Tabelle IV.
Datum der Versuchsproben
Maschinen-Nummer
23./4. 1897124./4. 1897 26./4. 1897 27-/4. 1897
III.
IV.
Totaler Kohlenverbrauch in kg
In das Hochreservoir gefördertes
Wasser in w'
Kohlenverbrauch pro 100 w'
gefördertes Wasser
Speisewasserverbrauch in . . /
Tourenzahl der Speisepumpe .
Gelieferte Wassermenge per Um-
drehung in l
Condensationswasser l
Wirklicher totaler Dampfver-
brauch in kg
Dampfverbrauch perStunde inkg
Verbrauch von Speisewasser
pro indic. P^Sund Stunde in ku
414-3
2157-56
19-2
3148-25
1956
1-61
556-76
420-1
2269-49
18-5
3202-86
1991
1-61
55107
264825 1| 2702-86
i 565-50 I 549-80
8-69
7-96
389-8
2257-70
17-2
3116-12
j 1979
I
I 1-57
! 582-47
2616-12
I 523-22
I
8-29
II.
384-8
2272-51
16-9
3084-00
1973
1-56
614-66
258400
516-80
7-80 1
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Die während der vier Versuchstage erhaltenen Resultate müssen
demnach als sehr befriedigende bezeichnet werden.
g) Baukosten.
Die Baukosten des Werkes setzen sich zusammen wie folgt:
Grundeinlösung 104.500 Kr. — h
Baumeister und Professionistenarbeiten . 526.866 „ 80 „
Maschinelle Einrichtung 430.900 „ 88 „
Elektrische Beleuchtung, Gas- und
Wasserleitungsinstallation etc. . . . 42.966 „ 06 „
Zusammen . . 1,105.283 Kr. 74 h
Die Gebäude, die sämmtlich in Ziegelrohbau ausgeführt sind,
wurden durch die »Union-Baugesellschaft« in Wien hergestellt; die
Lieferung und Aufstellung der maschinellen Einrichtung, sowie der
eisernen Dachconstructionen war der Firma Märky, Bromovsky und
Schulz-Prag übertragen.
Das Wasserhebewerk in Favoriten.
Nächst dem allbekannten Wiener Wahrzeichen, der »Spinnerin
am Kreuz« und zwar rückwärts des daselbst bestehenden Wasser-
behälters der Hochquellenleitung am Wienerberge, wurde in jüngster
Zeit ein maschinelles Werk geschaffen, auf welches die Aufmerksam-
keit schon aus weiter Ferne durch ein mächtig emporstrebendes Ge-
bäude gelenkt wird. Es ist das neue städtische Schöpfwerk mit seinem
Wasserthurm, welches von der Gemeinde Wien für Zwecke der Trink-
wasser-Versorgung jener hochgelegenen Theile des X. und XII. Bezirkes
erbaut worden ist, die mit dem natürlichen Drucke der Hochquellen
nicht mehr erreicht werden konnten und infolge dessen bisher das
Trinkwasser größtentheils zugeführt erhalten mussten.
Die rasch fortschreitende Entwicklung der bezeichneten Bezirke
ließ die Herstellung des Schöpfwerkes für die dortigen Bewohner schon
längst als eine Nothwendigkeit erscheinen. Mit dem Baue wurde am
23. März 1898 begonnen und bereits nach Verlauf eines Zeitraumes
von 17 Monaten erfolgte am 3. August 1899 die Inbetriebsetzung der
Schöpfwerksanlage.
Diese umfasst (siehe Tafel VI, Fig. 1), folgende Objecte:
1. Das Schieberhaus,
2. das Maschinen- und Kesselhaus nebst dem Kohlendepot,
3. die Kühlanlage,
4. den Schornstein,
5. den Wasserthurm,
6. das Waaghaus und
7. das Wohngebäude für das Betriebspersonale.
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Ansicht des Wasserthurmes und Maschinenhauses.
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V
Sil
3S
'^
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Tafel VI.
WIEN IM X. BEZIRK (FAVORITEN).
Fig. 1.
Siluations Plan
inzelnen Baulichkeiten.
<?4_.
Maft$t3b fDr die Situation.
» » «0 M H n M NM.
-.1 I I 1 I I I — L_
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Bevor auf die technischen Details dieser Anlage eingegangen wird,
soll die Art und Weise besprochen werden, wie das neue Hebewerk
für die Trinkwasser-Versorgung der vorher bezeichneten Bezirke zur
Verwendung gelangt. Durch die Pumpmaschinen des Hebewerkes wird
das Wasser mittels einer Rohrleitung aus dem nebenliegenden Wasser-
behälter auf dem Wienerberge angesaugt und auf eine Cote von
270*80 m Seehöhe, d. i. um circa 35 m in den Hauptbehälter des
Wasserthurmes gefördert. Von hier aus wird es dann durch ein Fall-
rohr, welches mit dem Straßennetze in Verbindung steht, den einzelnen
Häusern zugeleitet. Die Saug- und Druckleitung haben die gleiche
innere Weite von 525 mw. Nachdem das Reservoir der Hochquellen-
leitung auf dem Wienerberge durch eine Mittelmauer in zwei Hälften
getheilt ist, wovon die eine oder die andere behufs Reinigung zeitweise
entleert und außer Gebrauch gesetzt wird, so musste auf diesen Um-
stand Rücksicht genommen und dementsprechend von jeder Hälfte eine
Saugleitung hergestellt werden, um den Betrieb des Schöpfwerkes für
alle Fälle aufrechterhalten zu können.
ad 1. Im Schieberhaus (Taf. VI, Fig. 2)
vereinigen sich diese beiden Saugleitungen zu einem einzigen
Rohrstrang von gleichem Durchmesser; vorher ist aber noch in jeder
Leitung je eine Absperr-Vorrichtung (Schieber) eingebaut, welche je
nach der Stellung der Abschlusskeile derselben das Ansaugen des
Wassers aus der einen oder anderen Reservoirhälfte gestattet. Zur
Entleerung dieser Saugleitungen dient ein 160 mm weiter Ablassschieber;
auch sind erstere im Innern des Hochquellen-Reservoirs noch mit so-
genannten Fußventilen (Saugkörben) versehen worden, die in gleicher
Weise wie Rückschlagsklappen functionieren.
ad 2. Maschinen- und Kesselhaus (Tafel VI, Fig. 3),
Der vorerwähnte Saugrohrstrang wurde im Souterrain des
Maschinenhauses mit den daselbst befindlichen Saugwindkesseln in
Verbindung gebracht, wobei eine solche Anordnung getroffen worden
ist, dass jeder einzelne Windkessel gegen die Saugleitung abgesperrt
und nach Erfordernis außer Betrieb gesetzt werden kann. Von den
vorläufig aufgestellten zwei Saugwindkesseln hat jeder einen Durch-
messer von 1000 mm und eine Höhe von 2600 mm. Die so gewählte
Größe übt einen sehr günstigen Einfluss auf die Bewegung des Wassers
in der Saugleitung, indem nur sehr geringe Luftmengen mitgeführt
werden, die durchaus keine schädliche Wirkung auf den Gang der
Pumpmaschinen auszuüben im Stande sind. Dennoch sind die Wind-
kessel mit Ejectoren ausgestattet worden, um die Ansammlung von
größeren Luftmengen in denselben zu verhindern. Jede Maschinen-
gruppe steht mit dem gegenüber befindlichen Saugwindkessel mit einer
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370 mm weiten Rohrleitung in Verbindung, welche sich nach rechts
und links unmittelbar vor dem Anschlüsse an die Pumpen mit je einem
lichten Durchmesser von 265 mm verzweigt.
Bisher sind blos zwei Maschinengruppen (Taf. VI, Fig. 3) zur
Aufstellung gelangt; im Maschinenhause ist aber entsprechend Raum
für die im Bedarfsfalle später aufzustellende dritte Maschinengruppe
gelassen worden (Fig. 2). Die Maschinen sind liegende, mit Conden-
sation arbeitende Verbund-Dampfmaschinen von 45 PS mit einem
zwischen den Dampfcylindern befindlichen Receiver und an die Dampf-
kolbenstangen angekuppelten Pumpen; ihre Hauptdimensionen sind die
folgenden (Taf. VII und VIII):
Hochdruckcylinder 350 mm Diameter,
Niederdruckcylinder 550 „ „
Pumpenplunger 230 „ „
Gemeinschaftlicher Hub .... 600 „ „
Tourenzahl pro Minute 48—50 bei normalem Betriebe.
Die Maschinen arbeiten, wie bemerkt, mit Condensation, die
Ventile vom Hochdruckcylinder werden zwangläufig nach Patent
Komarek gesteuert und direct vom Collmann-Regulator beeinflusst,
während jene an dem Niederdruckcylinder von der Hand eingestellt
und fixiert werden müssen. Desgleichen sind auch bei den Pumpen nur
die Saugventile (Glockenventile) zwangläufig gesteuert, während bei den
Druckventilen (Etagen-Ringventile) dies nicht der Fall ist. Über den
letzteren befindet sich das gusseiserne Gehäuse des Windkessels
mit entsprechenden Wasserstandsanzeigern und Manometern. Die Ab-
dichtung des Plungers erfolgt durch eine lange, mit Composition aus-
gefütterte, gut passende Metallhülse, welche an der Zwischenwand der
Pumpe angeschraubt ist. Unter jeder Maschinengruppe ist eine zwei-
cylindrige Luftpumpe angeordnet, welche mittels eines Kunstwinkels
von der Kolbenstange des Niederdruckcylinders angetrieben wird, der
außerdem noch den Compressor für die Füllung der Druckwindkessel
und die Speisepumpe der Dampfkessel zu bethätigen hat. In unmittel-
barer Nähe der Luftpumpe liegt der Condensator, in dessen Innerem
auf zweifache Art, mit Oberflächen-Kühlung und mit directer Ein-
spritzung, die Condensation des benützten Dampfes erfolgt. Der Ober-
flächen-Condensator hat eine Kühlfläche von 5 w?2, besteht aus ge-
zogenen Messingröhren und kann aus seiner Eisenblech-Umhüllung
behufs Reinigung auf Rollen herausgezogen werden. Zur Oberflächen-
Kühlung dient ausschließlich das vom Derveaux-Apparat gereinigte
kalte Wasser, welches am Boden des Condensators einströmt, hier die
mit Dampf gefühlten Messingröhren umspült, dann von der Speisepumpe
abgesaugt und durch die Vorwärmer, welche von dem Auspuffdampf
der Hilfsmaschine geheizt werden, mit einer Temperatur von circa
80 — 90® C. in die Kessel gedrückt wird.
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TEN ). Tafel VII.
Miltetab
SM 1<N <M0 mm.
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ad 3. Kühlanlage.
Bei der Condensation mit Einspritzung fließt dagegen das
hiebei verwendete Wasser in ein im Souterrain befindliches Rassin, in
welchem das aus den Dampfcylindern mitgerissene Öl abgeschieden
wird, worauf zwei Centrifugalpumpen, welche von einer 5 PS Dampf-
maschine angetrieben werden, das auf diese Art gereinigte Wasser auf
die 5 m hohe, durch 4 Etagen untertheilte Kühlanlage (System Koma-
rek) fördern. In den einzelnen Etagen derselben sind hölzerne Kästen
eingesetzt, deren Böden mit schrägen Wellblechen ausgelegt wurden,
um das Wasser zu zwingen, in Form von Tropfen von Etage zu Etage
Inneres der Pumpanlage.
herabzufallen, wobei es infolge der durchziehenden Luft zur theil-
weisen Verdunstung gebracht wird, was mit einer mehr oder weniger
großen Abkühlung, je nach der Temperatur der Außenluft, verbunden
ist. Dieses Condensationswasser wird in einem Bassin, dessen Umfangs-
mauern gleichzeitig die Fundamente der hölzernen Kühlanlage bilden,
gesammelt und durch eine Rohrleitung mit natürlichem Gefälle dem
Condensator wieder zugeführt. Durch diese Anordnung ist der Ver-
brauch des Inj ectionsw assers auf ein Minimum beschränkt, da nur für
jene Wassermengen ein Ersatz geschaften werden muss, welche bei
diesem Anlasse verdampfen oder verdunsten. Die Kühlanlage ist im
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Stande, nicht nur für eine Dampfmaschine mit normaler, sondern auch
für drei Maschinen mit maximaler Leistung genügend abgekühltes Con-
densationswasser zu liefern.
Im Kesselhause (Taf. VI, Fig. 3) sind, nachdem zu je einer
Maschinengruppe ein Dampfkessel gehört, derzeit blos zwei solche
Generatoren aufgestellt worden, jedoch ist für einen dritten der nöthige
Raum freigehalten.
Die Kessel sind nach dem Systeme Galloway mit zwei Flamm-
röhren für eine Betriebsspannung von 8 Atm. construiert und haben je
52 m2 Heizfläche; die Flammröhren bestehen in ihrem ersten Stoße,
soweit der Planrost reicht, aus Wellröhren; in den weiteren, glatten,
zusammengeflanschten Stößen beider Flammröhren sind überdies je
drei Stück Gallowaystutzen eingepasst worden. Die Ausrüstung der
Kessel ist die übliche. Die verwendeten Apparate bieten die größt-
mögliche Betriebssicherheit; auch ist behufs ökonomischer Feuerung
der Rauchschieber mit der Heizthüre so verbunden, dass letztere nur
dann geöffnet werden kann, wenn ersterer bereits geschlossen ist. Was
die Speisung der Kessel anbelangt, so erfolgt diese auf zweifache Art:
mit dem Injector oder in der bereits vorher besprochenen Weise mit
der Speisepumpe, wobei aber der continuierliche Zufluss des Speise-
wassers von Seite des Heizers durch ein eigenes Ventil an der Vorder-
seite des Kessels reguliert werden muss. Alle bei der Kesselfeuerung
entwickelten Heizgase werden durch den 25 m langen, 0*90 m breiten
und 1-30 m hohen gemauerten Fuchscanal in den Schornstein abgeleitet.
ad 4. Der Schornstein.
Seine Grundfläche ist ein Quadrat von 4-15 m Seitenlänge mit einer
b'lbm tiefen Fundierung. Mit dem Postamente und der Kaminsäule
beträgt die Höhe desselben zusammen 36 m; die innere kreisförmige
lichte Weite hat an der Basis des Schornsteines einen Durchmesser
von l'40m und an der Ausmündung einen solchen von 0*90 m erhalten,
womit eine entsprechende Zugstärke erreicht worden ist.
Zwischen dem Maschinen- und Kesselhause (Tafel VI, Fig. 3)
bestehen zwei getrennte Räume, deren einer den Reinigungs-Apparat
enthält, während in dem anderen die Reparaturswerkstätte sammt der
Hilfsmaschine, den Werkzeugmaschinen und der dazugehörigen Trans-
mission untergebracht wurde. Mit dem Reiniger (Patent Derveaux) ist
die Möglichkeit gegeben, innerhalb des Zeitraumes von einer Stunde
2nfi reines und weiches Wasser für die Kesselspeisung zu erzeugen.
ad 5. Der Wasserthurm (Tafel VI, Fig. 3 und Tafel IX).
Derselbe dürfte wohl das interessanteste Object der gesammten
Wasserwerks- Anlage sein und in gleicher Ausführung an einem zweiten
Orte kaum vorgefunden werden. Sowohl die äußere als auch die innere
Mauer ist von ringförmigem Querschnitt; sie sind auf einer gemein-
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A
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schaftlichen 1*65 m starken Betonschichte in der Tiefe von 5'25m fundiert^
wobei die innere Ringmauer das Hochreservoir, die äußere aber die
eiserne Dachconstruction nebst der Aufgangsrampe und beide zu-
sammen die eisernen Plateaux sammt dem Nebenreservoir zu tragen
haben. Im Fundamentauflager beträgt die Mauerstärke des inneren
Ringes 3-05 w, welche Dimensionen sich mit acht Abstufungen nach
aufwärts bis zu ebener Erde auf TöOm verringert. Diese innere Ring-
mauer ist in ihrem weiteren Aufbau, und zwar bis zum Reservoir-
Auflager, durch drei eiserne Plateaux untertheilt und an jeder solchen
Stelle an der inneren Seite um 0-15 w abgesetzt, beziehungsweise
geringer dimensioniert worden, so dass diese Mauer in der Höhe von
ebener Erde bis zum ersten Plateau eine Stärke von 1*50 m, vom ersten
bis zum zweiten Plateau eine solche von 1*35 m, vom zweiten bis
dritten Plateau eine solche von V20 tn und endlich vom dritten Plateau
bis zum Steinkranz, auf welchen das Hochreservoir direct auflagert,
blos noch eine Stärke von TOöm erhalten hat, während der Durch-
messer der Außenseite unverändert in ganzer Höhe der gleiche (8*90 1»)
geblieben ist. Bezüglich der Stärke der äußeren Ringmauer des Wasser-
thurmes, welche von der architektonischen Ausschmückung beeinflusst
wird, sei auf den Plan (Tafel IX) hingewiesen.
In dem Räume zwischen den beiden Ringmauern befindet sich
die 203 m lange spiralförmige Aufstiegrampe; dieselbe hat ganz geringe
Steigung, so dass die verschiedenen Plateaux im Wasserthurme leicht
erreicht werden können. Im Innern desselben sind die beiden eisernen
Wasserbehälter, das Haupt- ufid Nebenreservoir, und zwar ersteres
nach System Intze, letzteres ringförmig mit besonderem Querschnitt,
in verschiedenen Höhenlagen aufgestellt worden.
Der obere Theil des 8'1 m hohen Hauptreservoirs bildet einen
Cylinder von 15 m Durchmesser und 3*25 m Höhe, während der untere
Theil einem mit der Spitze nach abwärts gekehrten abgestutzten Kegel
von 4-85 m Höhe gleicht, welcher auf einem eisernen Ringträger von
8 m Durchmesser aufliegt; der Boden dieses Behälters erhielt die Form
einer Kugelcalotte mit dem Halbmesser von 6'75m. Die Blechstärken
sind auf Grund einer zulässigen Beanspruchung von 750 kg/cm^ berechnet,
wobei mit Rücksicht auf den schädlichen Einfluss des Rostes die so
erhaltenen theoretischen Resultate für die Ausführung noch um Smm
verstärkt wurden. Weiters ist bei der Verbindung der einzelnen Bleche,
um eine größere Haltbarkeit zu erzielen, nicht die gewöhnliche Über-
lappung, sondern die doppelseitige Überlaschung gewählt worden. Das
Neben- oder Hilfsreservoir, welches nur dann für Zwecke des Wasser-
leitungsbetriebes benützt wird, wenn das Hauptreservoir gereinigt und
entleert werden muss, ist, wie bereits bemerkt, von ringförmiger Gestalt,
Sm hoch, mit einem mittleren Durchmesser von 13m. Beide Wasser-
behälter haben ein Gesammtgewicht von zusammen 84.660^51. Der
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Fassungsraum des bis zum Überfalle gefüllten Hauptreservoirs beträgt
1047 und jener vom Nebenreservoir 203 m", wobei der jeweilige Wasser-
stand mittels eines Schwimmers auf pneumatischem Wege durch das
zu ebener Erde im Maschinenhause befindliche Zeigerwerk dem Betriebs-
personale ersichtlich gemacht wird.
Die Verbindung der Pumpmaschinen mit den besprochenen Reser-
voiren im Wasserthurme vermitteln die 315, beziehungsweise 525 mm
weiten Druckleitungen, wovon letztere in den 21m langen, 2'50m
hohen und 2*00 m breiten Röhrencanal zwischen dem Maschinenhause
und dem Wasserthurme eingelegt worden ist. Durch diese Leitungen
erfolgt auch die Füllung der Wasserbehälter, wobei die Einrichtung
getroffen wurde, dass auch mit dem 7250 mm hohen und 1500 mm
weiten Druckwindkessel das Röhrennetz des Bezirkes direct mit Hoch-
quellenwasser dotiert werden kann, sobald in beiden Reservoiren gleich-
zeitig Reparaturarbeiten vorgenommen werden müssten, bei welchem
Anlasse aber die im Souterrain des Wasserthurmes zunächst der Steig-
und Fallrohrleitung eingebauten Schieber offen zu halten sind. Damit
femer die Blechwände der Wasserbehälter von den etwaigen Aus-
dehnungen dieser beiden Leitungen, welche durch Räume mit ver-
schiedenen Temperaturen führen, nicht ungünstig beeinflusst werden,
wurden dieselben vor ihrem Anschlüsse an die Reservoire mit linsen-
artigen Dilatationsstücken aus verzinktem Kupferblech versehen. Die
Entleerungen der Reservoire münden in die 315 mm weite Überfallleitung,
welche unter einem das Dachwasser aufzunehmen hat.
Von dem das Hauptreservoir umgebenden Plateau mit der Cote
271*80 m führt eine Stiege zum Dachraume des Wasserthurmes, von wo
aus man mit Benützung einer Wendeltreppe zur äußeren Gallerie der
Laterne auf die Höhe von 288-90 m, einem der schönsten Aussichts-
punkte Wiens, gelangt. Die Spitze der Wetterfahne functioniert gleich-
zeitig als Blitzableiter; dieselbe ist um 1*10 m höher als der Adler am
Stefansthurme und besitzt die Cote 307-50'm, ebenso ist das örtliche
Terrain in der Umgebung des Wasserwerkes mit der Cote 240*50 m
um 69-10 m höher gelegen als der Stefansplatz.
Den Bedingnissen entsprechend, soll jede Pumpmaschine bei
normaler Leistung 65 Secundenliter oder innerhalb 23 Betriebsstunden
eine Wassermenge von zusammen 5382 m^ in die Thurmreservoire
fördern; doch haben die am 29. und 30. August 1899 mit den Maschinen
und Pumpen vorgenommenen Leistungsproben günstigere Resultate
ergeben. Bei diesem Anlasse sind von den Dampfcylindern jeder Maschine
mit dem Indicator directe Diagramme abgenommen worden, wobei
durchwegs infolge der fast unveränderlichen Widerstände die Arbeit
der Maschine eine gleichmäßige war. Ebenso haben sich bei der
Indicierung der Pumpen ununterbrochen ein und dieselben Diagramme
ergeben. Die Resultate der Leistungsversuche bei den Pumpen erscheinen
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in nachfolgender Tabelle I angeführt, während jene von den Consum-
proben bei den Dampfmaschinen, die separat und unabhängig von
ersteren vorgenommen wurden, in der Tabelle II enthalten sind.
Tabelle I.
Tag d er Ve r SU c h sp ro b e n
Pumpmaschinen Nr.
29. Aug. 1899
II.
30. Aug. 1899
Dauer des Probeversuches in Minuten .
Tourenzahl der Pumpmaschinen
Geförderte Wassermenge in m*
Geförderte Wassermenge pro Secunde in
Litern
Geförderte Wassermenge pro Maschinen-
tour in Litern
Tabelle II.
40
1953
181-93
75-80
9315
I.
43
1930
182-73
70-82
94-60
Tag d e r V e r s u c h s p ro b c n
I 29. Aug. 1899 I 30. Aug. 1899
Pumpmaschinen Nr.
1-
Dauer des Probeversuches in Minuten . .
Tourenzahl der Maschine während der
Zeit des Probeversuches
Tourenzahl der Maschine pro Minute . .
Kolbengeschwindigkeit in Metern
Mittlerer indicierter Dampfdruck im Hoch-
druckcylinder in kgjcm^
Mittlerer indicierter Dampfdruck im Nieder-
druckcylinder in kg/cm'^ . ,
Indicierte Leistung i. Hochdruckcylinder PSi
Indicierte Leistung im Niederdruck-
cylinder PSi
Summe der indicierten Leistung beider
Dampfcylinder PSt
Gesammter Kohlenverbrauch während der
Probezeit in Ä:<7
Geförderte Wassermenge in das Thurm-
Reservoir in m^
Kohlenverbrauch pro 100 m^ gefördertes
Wasser in %
Speisewasserverbrauch bei dem Dampf-
kessel in ft^
Condenswasser in den Dampfleitungen
in fetz
Wirklicher gesammter Dampfverbrauch
in kg
Dampfverbrauch pro Stunde in kg ....
Dampfverbrauch pro indicierter Leistung
in PSi und Stunde in kg
115-
ir.
I.
206
9787
47-51
0-950
1-8226
0-9227
21-366
27-323
48-689
2680
913-66
29-30
2035-0
846-67
1188-33
346-10
7-11
208
9488
45-61
0-912
1-5215
0-8206
17-094
23-328
40-422
2561
897-56
26-30
1623-5
693-70
929-80
268-21
6-63
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Aus beiden Versuchen ergibt sich, dass mit den Maschinen pro
Minute eine durchschnitthche Wassermenge von j- =
li
= 93-875 1 gefördert worden ist, und nachdem das theoretische V^olumen
für eine Umdrehung 95-117 i beträgt, so entspricht dies einem VVirkungs-
93-875
grade der Pumpen von "ofc.i 17- =" 98-77o-
Die große Menge des erforderlichen Condenswassers erklärt sich
dadurch, dass der Auspuffdampf der Hilfsmaschine in den Vorwärmern
vollständig niedergeschlagen und dieses Condensat unter Einem mit dem
übrigen Condenswasser von den Dampfleitungen und Mantelheizungen
gemessen worden ist. Dagegen wird der Unterschied im Dampfverbrauch
bei den Maschinen I und 11 dadurch begründet, dass die Maschine II
während des Probeversuches mit einem geringeren Vacuum arbeitete,
während der mindere Arbeitsaufwand der Maschine I theils in der
kleineren Tourenzahl, theils in der günstigeren Situierung derselben
bezüglich der zu überwindenden Widerstände zu suchen ist.
ad 6. Das Waaghaus.
Dasselbe dient hauptsächlich zur Controle des gelieferten Heiz-
materiales und ist zu dem Zwecke mit einer Brückenwaage von 100 3
Tragkraft ausgerüstet worden.
ad 7. Das Wohnhaus,
Dieses ist einstöckig und enthält fünf Wohnungen für das Betriebs-
personale mit den zugehörigen Dach- und Kellerräumlichkeiten.
Die ganze Wasserwerks-Anlage wurde nach dem Projecte des
Stadtbauamtes und unter dessen Leitung zur Ausführung gebracht,
wobei die einzelnen Objecte in Rohbau dem Baumeister A. Schumacher,
die Lieferung und Aufstellung der maschinellen Einrichtung, sowie der
Dachconstruction der Firma F. X. Komarek übertragen waren.
Die Baukosten nebst dem Grunderwerb haben sich auf rund
940.000 Kr. belaufen.
e) Ergiebig^keit der Bezug^squellen der Hochquellenleitung.
Wie bereits früher mitgetheilt, sind die Bezügsquellen der Hoch-
quellenleitung dreierlei Art:
Die beiden ursprünglich einbezogenen Hochquellen des Kaiser-
brunnens und der Stixensteinerquelle, die Quellen oberhalb
des Kaiserbrunnens und das Pottschacher Schöpfwerk.
Die Ergiebigkeit des Kaiserbrunnens und der Stixen-
steinerquelle ist, wie die aller Hochquellen, selbstverständlich eine
sehr variable; zur Zeit der Frühjahrshochwässer und der niederschlags-
reicheren Sommerperioden übersteigt dieselbe, da sie zu diesen Zeiten
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im Durchschnitte bis zu 184.000 m^ reicht, oft die Capacität des
Aquäductes per 138.000 m^ in 24 Stunden; die mittlere durchschnittliche
Tagesergiebigkeit der genannten Quellen beträgt nach dem Ergebnisse
der letzten 25 Jahre 67.400 m , Diese Hochquellen sind sonach während
gewisser, kürzerer oder längerer Perioden des Jahres allein ausreichend,
den Wasserbedarf Wiens, wie derselbe gegenwärtig ist, zu decken.
Zur strengen Winterszeit und während der trockenen Sommerperioden
sinkt jedoch die Quellenergiebigkeit beträchtlich herab und genügt dann
nur zur Deckung eines Bruchtheiles des thatsächlichen Wasserbedarfes.
Die Minimal-Ergiebigkeit der beiden obigen Hochquellen be-
trägt nach langjährigen Beobachtungen per 24 Stunden:
im Winter 20.200 m^
im Sommer 55.000 „
In den Fällen der minderen Ergiebigkeit der Hochquellen erfolgt
dann zunächst die Einleitung der Quellen oberhalb des Kaiser-
brunnens in den Aquäduct.
Hier hat die Gemeinde Wien das Recht, täglich ein Quantum
Wasser bis zu dem Maximalausmaß von 36.400 m^ abzuleiten; dieses
Quantum wird je nach Bedarf entweder zur Gänze, zum Theile, oder
gamicht eingeleitet; doch auch in dem erster en Falle gelangt nicht das
gesammte Quantum nach Wien, sondern nur das Quantum von
35.834 m', weil die Gemeinde Wien ein Tagesquantum von 566 m^ an
die Gemeinde Neunkirchen abzugeben hat.
Das Tagesquantum per 35.834 m^ von den Quellen oberhalb des
Kaiserbrunnens steht der Gemeinde Wien jedoch nicht blos rechtlich,
sondern auch thatsächlich jederzeit zur Verfügung, denn nach den seitens
des Stadtbauamtes schon seit dem Jahre 1878 gepflogenen Erhebungen
und Messungen wurden als Tages-Minimalergiebigkeiten am
21. Februar 1890 ca. 41.000 w», am 15. Februar 1896 40.582 m^ con-
statiert.
Nur wenn auch nach erfolgter Einleitung des Gesammtquantums
von 35.834 m^ pro Tag von den Quellen oberhalb des Kaiserbrunnens
der Wasserbedarf Wiens noch nicht gedeckt werden kann, wird zur
Beschaffung des weiters noch erforderlichen Ergänzungswassers das
Pottschacher Schöpfwerk in Betrieb gesetzt.
Hier steht der Gemeinde Wien das Recht zu, täglich ein Quantum
bis zu 600.000 Eimern = 33.953 w^ Grundwasser aus den Brunnen zu
schöpfen und in den Aquäduct zu fördern. Dieses Quantum ist jedoch
auch nur während der günstigen Grundwasserstände im Frühjahr und
Sommer erhältlich, während die Minimalergiebigkeit im strengen Winter
ca. 12.000, in trockenen Sommerperioden ca. 19.200 m» pro Tag beträgt.
Das Werk stand in früheren Zeiten, insbesondere zur Zeit, als
die Untersuchung der Höllenthalquellen in Angriff genommen wurde
und die Einbeziehung der übrigen Quellen oberhalb des Kaiserbrunnens
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i der ci
1 1. N
noch nicht durchgeführt war, viel häufiger und während viel längerer
Perioden im Betriebe, als jetzt, seit erfolgter definitiver Einleitung der
letztgenannten Quellen.
Dem Charakter einer Quellenleitung entsprechend, sind für die
Wasserversorgung Wiens insbesondere die Minimal-Ergiebigkeiten der
einzelnen Bezugsquellen ausschlaggebend, welche sich nach dem Vor- u , j|
stehenden für die Hochquellenleitung folgendermaßen gruppieren: "u^t^
im Winter im Sommer
Kaiserbrunnen und Stixensteinerquelle . . . 20.200 m^ 55.000 m^
Quellen oberhalb des Kaiserbrunnens rund 35.800 „ rund 35.800 „
Pottschacher Schöpfwerk 12.000 „ 19.200 „
zusammen . . . 68.000 m^ 110.000 m^
Welchen thatsächlichen Antheil die einzelnen Bezugsquellen an der
Wasserversorgung Wiens seit dem Bestände der Hochquellenleitung
hatten, ist aus dem Graphicon auf Tafel X zu ersehen, woselbst
die monatlichen factischen Bezugsquantitäten bildlich dargestellt sind.
Aus dieser Darstellung ist auch zu ersehen, dass in den Jahren
1886, 1887, 1888, 1889, 1890, 1891 und 1893 außer den drei hier
bereits namhaft gemachten Bezugsquellen zeitweilig auch noch Wasser
mittels eines, bei dem Kaiserbrunnen errichteten provisorischen
Schöpfwerkes in den Aquäduct der Hochquellenleitung gefördert wurde.
Dieses Schöpfwerk, welches das Wasser dem offenen Gerinne des
Schwarzaflusses entnahm, wurde nur in den Zeiten der dringendsten
Wassernoth activiert, als die Quellen oberhalb des Kaiserbrunnens noch
nicht eingeleitet waren. Bevor man sich zu diesem provisorischen Aus-
kunftsmittel entschloss, wurde das Wasser des Schwarzaflusses wiederholt
untersucht und vollständig einwandfrei befunden und auch während der
jedesmaligen Activierung des Werkes waren seitens der Behörde aus-
gedehnte Vorkehrungen getroffen und ein eigener Aufsichtsdienst
organisiert worden, um jede Verunreinigung des Flusswassers hintan-
zuhalten. Zudem fiel die Zeit des Bedarfes dieses Ergänzungswassers
meist in die Zeit des strengsten Frostwetters, so dass durch die Natur
selbst schon einer Veruneinigung des Wassers vorgebeugt wurde.
Thatsächlich hat sich hiebei auch nie ein Anstand in hygienischer
Hinsicht ergeben.
Was die Constatierung der auf jede Bezugsquelle entfallende
Zuflussmenge betrifft, so muss zunächst bemerkt werden, dass die
tägliche Gesammtzuflussmenge in dem Wasserbehälter am Rosen-
hügel durch eine proportionale Aichung ermittelt wird; d. h. es wird
während eines gewissen Zeitraumes erhoben, um wie viel der Wasser-
spiegel im Reservoire in dieser Zeit gestiegen ist und aus den bekannten
Flächendimensionen des Wasserraumes des Reservoirs die diesbezügliche
Wassermenge berechnet und hieraus proportional auf die Zuflussmenge
des ganzen Tages geschlossen.
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Tafel X.
i der durch das Pottschacher Schöpfwerk und das seinerzeitig beim
1 I. November 1873 bis 31. December 1900.
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Die mittels des Pottschacher Schöpfwerkes geförderte Wassermenge
wird mittels eines an den Maschinen angebrachten Tourenzählers
bestimmt und. die Menge des von den Quellen oberhalb des Kaiser-
brunnens zugeleiteten Wassers durch eine besondere, noch näher zu
beschreibende Vorrichtung gemessen.
Die Differenz zwischen der am Rosenhügel geaichten Gesammt-
zuflussmenge und der Summe der beiden letztgenannten Theilwasser-
mengen ergibt dann die jeweilige Tagesergiebigkeit des Kaiser-
brunnens und der Stixensteinerquelle.
Die obenerwähnte Messvorrichtung zur Bestimmung des Zuflusses
von den oberen Quellen führt den Namen Regulier- und Zumess-
Regulier- und Zuinessvorrichtung,
Aufriss.
Grundriss,
Wasser-
schloss
Kaiser-
brunn.
Maßstab: 1 : 200.
Vorrichtung und ist unmittelbar vor der Einmündung des Leitungsstollens
dieser Quellen in den Kaiserbrunnen eingebaut.
Diese Vorrichtung hat einen doppelten Zweck zu erfüllen : Erstens
darf dieselbe nur einen Zufluss von höchstens 36.400 m^ pro
24 Stunden oder 421*3 Secundenlitern in das Wasserschloss
des Kaiserbrunnens gestatten und zweitens muss dieselbe jede
beliebige, unter dem obigen Höchstmaße stehende Zufluss-
menge constatieren, beziehungsweise einstellen lassen.
Zu diesem Zwecke hat die besagte Vorrichtung folgende Einrichtung.
(Siehe obenstehende Skizze.)
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Diese Zumessvorrichtung besteht der Hauptsache nach aus
einer kammerförmigen Erweiterung des Stollens in Verbindung mit einem
seitlichen Streichüberfalle. Bevor das Wasser aus dieser Kammer in den
Kaiserbrunnen fließen kann, muss es den zwischen gestellten sogenannten
Zumessschieber passieren, welch' letzterer soweit geöffnet ist, dass er
bei einem bis zur Krone des anschließenden Streichüberfalles reichenden
Wasserstaue gerade das concedierte Tagesquantum durchlässt.
In dieser ein für allemal festgestellten Lage, welche auf Grund
zahlreicher directer Wasseraichungen versuchsweise ermittelt wurde, ist
der genannte Zumessschieber behördlich verbleit und ist eine Hebung
oder Senkung desselben ohne Verletzung der Plomben nicht möglich.
Jedes vor dem Schieber ankommende Mehrwasser gelangt also
nicht durch den Schieber, sondern streicht über die 10 m lange Krone
des benachbarten Streichüberfalles direct nach der Schwarza. Damit nun
aber ein Wasserüberschuss die Stauhöhe unmittelbar vor dem Zumess-
schieber nicht wesentlich erhöhen und solchergestalt doch noch mehr
Wasser in den Kaiserbrunn gedrückt werden könne, ist ungefähr 400 m
oberhalb des Zumessschiebers in der currenten Stollenstrecke ein zweiter
30 w langer Streichüberfall in solcher Höhenlage eingebaut, dass schon
hier die vorbeifließende Wassermenge nahezu genau auf das concedierte
Maß von 421*3 Litern pro Secunde restringiert wird.
Um dies jederzeit auch hinreichend sicher bewerkstelligen zu
können, ist hiefür in zweifacher Weise Vorsorge getroffen.
Es wurde nämlich aus praktischen Gründen, um nicht unnöthig
viel und auch nicht zu wenig Wasser durch den fraglichen Leitungs-
stollen zu führen, zwischen der Gemeinde Wien und den Wasser-
interessenten die Vereinbarung getrofifen, dass in diesem Stollen ein
Überschuss von nicht mehr als ca. 3000 m^ pro Tag = 34*7 Secunden-
liter über das concedierte Tagesquantum von 36.400 m' zu führen sei.
Weiters sind zur Unterstützung des obenerwähnten zweiten,
30w langen Streichüberfalles in der Höhe des Wasserspiegels, beziehungs-
weise der Überfallsschwelle und unter einem Horizontalwinkel von 60^
gegen diese geneigt, acht scharfkantige Abstreifer in gegenseitigen
Abständen von 3*5 m verlegt.
Durch diese aus starkem Zinkblech hergestellten, im Querschnitte
dreieckförmigen und versteiften Streifbalken wird das ankommende
Mehrwasser an der Oberfläche abgestrichen und gegen die Überfalls-
schwelle gedrängt, so dass nach der eigentlichen Zumesskammer größere
Wasserüberschüsse überhaupt niemals gelangen können.
Die Summe des über die beiden genannten Streichüberfälle zum
Überfalle kommenden Wassers darf eben das früher erwähnte Mehr-
quantum von täglich 3000 m^ nicht überschreiten. Zum Behufe der
Conti'ole der genauen Einhaltung dieser Bestimmung ist in dem Ablauf-
gerinne vom großen Streichüberfalle noch ein separater kleiner Überfall
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eingebaut, den das Mehrwasser, bevor es in die Schwarza gelangt,
überrinnt. Erreicht es hier den Strich einer Metallmarke, dann führen
die beiden Streichüberfälle zusammen gerade den zugestandenen Maximal-
überschuss von 3000 nfi pro Tag der Schwarza zu. Die Ausübung dieser
Controle ist jedem Wasserinteressenten freigegeben.
Da die Einleitung des gesammten Quantums in den Kaiserbrunnen
nicht zu allen Zeiten erforderlich, dagegen aber die Kenntnis der jeweilig
eingeleiteten Menge aus Betriebsrücksichten nothwendig ist, wurde vor
dem Schieber in der Zumesskammer ein Pegel eingebaut, dessen Ab-
lesung mit Hilfe einer zugehörigen Tabelle das den Schieber passierende
Quantum gibt.
Auf diese Weise wirkt diese Vorrichtung auch als Reguli er-
Vorrichtung in der Weise, dass es durch entsprechende Handhabung
des Ablass-Schiebers hiebei möglich ist, jede beliebige Höhenlage
des Wasserspiegels in der Kammer zu fixieren und dadurch den Durchfluss
beliebiger Wassermengen (bis zu dem concedierten Höchstausmaß)
durch den Zumessschieber zu bewirken. Auch die Anfertigung der oben-
genannten Tabelle erfolgte nicht auf einem theoretischen Wege, sondern
auf Grund directer Aichungen der Durchflussquantitäten. Hiebei stellte
sich eine Gesetzmäßigkeit heraus, die nachstehende Curvengleichung
zum Ausdrucke bringt:
y2 = C^ (X - a) -f C^ (x — a)2 —C,(x — af + C, {x —a )*
Hiebei bedeuten die Ordinaten {y) die Durchflussquantitäten und
die Abscissen (a?) die entsprechenden Pegelablesungen. Die Constante a
ist bedingt durch den Umstand, dass der Wasseraustritt aus dem Zumess-
schieber nicht frei, sondern unter Wasser erfolgt. Die übrigen CoefiTicienten
dieser Curve wurden aus Aichungen und zugehörigen Pegelablesungen
bestimmt.
f) Die Qualität des Wassers der verschiedenen Bezugsquellen der
Hochquellenleitung.
Sämmtliche Bezugsquellen der Hochquellenleitung liefern ein voll-
kommen einwandfreies Genusswasser und war die Gemeinde Wien stets
darauf bedacht, nur ein solches durch den Aquäduct der Stadt zuzuführen.
Das Wasser sämmtlicher Bezugsquellen wurde vor der jeweiligen
Einbeziehung derselben genau untersucht und auch nach erfolgter Ein-
leitung der Quellen etc. wurden wiederholte Untersuchungen sowohl
des Wassers einzelner Bezugsquellen, als auch des nach Wien gelangenden
Leitungswassers, und zwar sowohl im Hauptreservoir am Rosenhügel,
als auch bei einzelnen Auslaufbrunnen und anderen Abgabestellen vor-
genommen.
Die folgende Tabelle gibt zunächst eine Übersicht der chemischen
Beschaffenheit der hier in Frage stehenden Wässer.
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Auch der bacteriologischen Untersuchung der Wässer wurde die
entsprechende Sorgfalt zugewendet.
Da jedoch zur Zeit der Inaugurierung der H ochquellenleitung und des
Pottschacher Schöpfwerkes diese Untersuchungsmethode noch nicht
bekannt war, wurden diese Untersuchungen erst später nachgetragen.
Bei den neu einbezogenen Quellen wurde diese Prüfung noch vor
deren Einleitung vorgenommen. Wie vorausgesehen werden konnte, war
hier das Ergebnis, da ja diese Quellen alle unmittelbar den Kalkfelsen
entspringen, ein sehr günstiges und es ergab sich z. B. in den wichtigsten
Fällen nachstehendes Resultat (1889):
Kaiserbrunnen 9 Keime '
Stixensteiner Quelle 12 „ pro 1 cm*
Quellen beim Großen HöUenthale . . 13 „
Auch das Resultat der bacteriologischen Untersuchung des Wassers
des Pottschacher Schöpfwerkes ergab nur eine Keimzahl von 248 pro 1 cm^,
wobei jedoch darauf hingewiesen werden muss, dass das Wasser einem
der Tiefbrunnen entnommen wurde und hier, wie bekannt, der Luftraum
des Brunnens, sowie die Wände des Brunnenmauerwerkes etc. eine
große Rolle spielen.
Am wichtigsten sind jedoch die Resultate, welche die bacterio-
logischen Untersuchungen des in Wien zur Abgabe gelangenden Leitungs-
wassers im Jahre 1892 ergeben und die sich sowohl auf solche
Perioden erstreckt haben, wo Hochquellenwasser allein zur Einleitung
gelangte, als auch auf solche, wo eine Mengung desselben mit dem
Wasser vom Pottschacher Schöpfwerke stattfand.
Diese Resultate sind aus der Zusammenstellung (Seite 124) ersichtlich
und zeigen, dass das Leitungswasser überhaupt nur sehr wenig Bacterien
und ganz unbedenklichen Charakters enthält, und dass in dieser Richtung
das Leitungswasser auch keine wesentlichen Verschiedenheiten aufweist
in den Fällen, wenn nur reines Hochquellenwasser oder solches mit
Pottschacher Wasser vermengt eingeleitet wird.
Was noch speciell das Wasser des Pottschacher Schöpfwerkes
insbesondere betrifft, welches bisher vielfachen Anfeindungen ausgesetzt
war, so möge hierüber noch Folgendes mitgetheilt werden:
Bei den im Frühjahre 1900 anlässlich der zu dieser Zeit in Wien
vorgekommenen Typhusfällen wurde durch den k. k. Professor, Hofrath
Dr. Max G r u b e r eine genaue Untersuchung der Anlagen der Hoch-
quellenleitung und des Pottschacher Schöpfwerkes vorgenommen und
eine eingehende Prüfung der verschiedenen Wässer durchgeführt und es
mögen hier aus den, das Wasser des Pottschacher Schöpfwerkes
betreffenden Äußerungen des genannten Herrn Professors nach-
stehende Platz finden:
„Die chemische Untersuchung des gemischten Wassers
sämmtlicher Brunnen hat ergeben, dass das Wasser in dieser
128-
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Beziehung tadellos ist. Es zeigte sich vollkommen klar, farblos,
geruchlos, frei von Beigeschmack und setzte keinen Bodensatz ab."
„Ebenso vollkommen zufriedenstellend ist das Ergebnis
der bacteriologischen Prüfung." — — — — — — — — —
„Diese Keimgehalte in den drei Wassersorten entsprechen — ob
die zweifelhaften Proben eingerechnet werden oder nicht — den-
jenigen, wie sie bei den reinsten Quell- und Grundwässern
vorkommen." — — — — — — — — — — — —
„Das untersuchte Pottschacher Wasser war somit von völlig
unbedenklicher, vorzüglicher Qualität."
Resultate der bacteriologischen Untersuchungen des Wiener Leitungs-
wassers im Jahre 1892
ausgeführt von Prof. Dr. A. Weichselbaum.
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g) Sicherung der* Quellen.
Die Gemeinde Wien hat es sich angelegen sein lassen, in dem
Bereiche der für die Wasserversorgung Wiens herangezogenen Quellen
ausgedehnte Grundcomplexe zu erwerben, um daselbst den Wald-
bestand möglichst zu erhalten und dadurch die Bedingungen zu
schaffen, unter welchen eine thunlichst constante Ergiebigkeit der
Quellen zu erzielen wäre. Solche Grundcomplexe wurden bis nun
erworben:
Im Bereiche des Kaiserbrunnens im Ausmaße von . 1728"75 Hektaren
im Bereiche der Quellen beim Großen Höllenthal im
Ausmaße von 37*84 „
im Bereiche der Fuchspassquelle im Ausmaße von 105*53 „
ferner die Besitzung Wasser- und Oberhof im Nass-
wald per 521-23
im Bereiche der Wasseralmquelle und der Reißthal-
quelle per 2166*59
Die Gemeinde Wien verfügt sonach in demgesammten
einbezogenen Quellengebiete über ein Areale von 4559*94 Hektaren
(7923-8 Joch), welches vorwiegend schönen Waldbestand aufweist und
ist dieselbe bemüht, durch intensive Aufforstung den Bestand immer
mehr zu conservieren und zu verbessern.
Außerdem wurde auch in bergmännischer Beziehung ausgedehnter
Schutz für den Bestand der Quellen geschaffen und haben über An-
suchen der Gemeinde Wien die k. k. Revier-Bergämter St. Polten und
Leoben folgende Schutzgebiete festgesetzt:
1. Engere Schutzrayons (woselbst Schürfarbeiten u. dgl. über-
haupt nicht vorgenommen werden dürfen), u. zw.:
a) für jede einzelne Quelle ein Kreis von 500 m Rad. ;
h) für jeden Brunnen in Pottschach ein Kreis von 1000 m Rad.
2. Weitere Schutzrayons (woselbst bergmännische Schürfungen
und sonstige Arbeiten nur nach vorangegangener commissioneller
Erhebung unter Zu'^iehung der Gemeinde Wien und Sachverständiger
erfolgen dürfen und das Anfahren von Wasseradern von mehr als
500 hl per Tag sofort der Behörde und der Gemeinde Wien unter
Einstellung der Arbeiten angezeigt werden muss), u. zw.:
a) Für die Hochquellen: Gebiet des Schneeberges und der Raxalpe,
soweit der Werfner Schiefer reicht, Grenzen beiläufig:
Norden : Preinthal — Vois — Schneebergdörfl — Rohrbach — Würflach.
Westen: Steirische Grenze vom Preinthal bis Altenberggraben.
Osten: Würflach— Raglitz— St. Johann a/St.
Süden: Abhänge der Rax in Steiermark — Prein — Reichenau
— Payerbach — Prigglitz — St. Johann a/St.
h) für das Pottschacher Schöpfwerk:
für jeden Brunnen ein Kreis von 1500 m Rad.
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Sowohl die der Gemeinde Wien gehörigen Territorien in den
Quellengebieten, als auch die Grenzen des Schutzgebietes für die
Quellen sind in der Karte Tafel I ersichtlich gemacht.
h) Wasserabgabs-Bedingungen.
Bei der Wasserabgabe wird unterschieden in den normalen Haus-
halts-Wasserbedarf und in den außergewöhnlichen Bedarf oder den
Bedarf für industrielle Zwecke.
Bei der Berechnung des normalen Haushaltsbedarfes werden
pro Kopf der Hausbewohner pro Tag 25 l gerechnet, und ist der Ab-
nehmer verpflichtet, dieses normale Wasserquantum zur Anmeldung zu
bringen. Weniger als 5 hl werden jedoch für ein Haus nicht abge-
geben. Bei der Berechnung des Entgeltes für den noripalen Haushalts-
bedarf wird nicht das wirklich verbrauchte Wasserquantum in An-
schlag gebracht, sondern das angemeldete normale Wasserquantum; die
hiefür zu bezahlende Gebür beträgt jährlich 5 Kronen für jeden
Hektoliter des täglichen Bedarfes. Hiebei wird ein lO^^iger Mehr-
bedarf nicht in Rechnung gestellt. Der über diese 10% steigende
Mehrbedarf muss jedoch vergütet werden. Außer dem genannten
Betrage werden noch die periodisch zu bestimmenden Betriebskosten
eingehoben, welche derzeit pro Hektoliter und Jahr 1 Krone betragen.
Für den außergewöhnlichen Bedarf und für industrielle
Zwecke ist pro täglichen Hektoliter und Jahr eine Gebür von 8 Kronen
(und 1 Krone für Betriebskosten) zu entrichten.
Für jenes Quantum, um welches mehr verbraucht wird, als für
den normalen Haushaltsbedarf, einschließlich des 10 7o igen Über-
quantums, oder für den außergewöhnlichen oder industriellen Bedarf
zugetheilt wurde, sind pro Hektoliter 4 Heller zu entrichten. Diese Ab-
rechnung erfolgt vierteljährlich.
Für die von der Stadt Wien beizustellenden Wasser mess er wird
eine jährliche Rente eingehoben, welche für einen
10 — 13 mm weiten Wassermesser jährlich 10 Kr.
25 mm „ „ „ 20 „
40 mm „ ., „ 30 „
50 mm „ „ „40 „
beträgt.
i) Die Kosten der Hochquellenleitung.
Die Kosten der ursprünglichen Anlage bezifferten sich bis zum
Schlüsse des Jahres 1876 mit rund 41 Millionen Kronen.
Durch die seither durchgeführte Ausgestaltung der Hochquellen-
leitung, worin insbesondere die Erweiterung und Vermehrung der
Wasserbehälter, die Einbeziehung der Quellen oberhalb Kaiserbrunn, die
Erwerbung der Quellenterritorien, die Anlage des Pottschacher Schöpf-
werkes und der Hebewerke von Breitensee und Favoriten, sowie die
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Ausdehnung des Rohrnetzes auf die neuen Bezirke figurieren, erhöhte
sich diese Summe bis zum Schlüsse des Jahres 1898, also nach
25jährigem Bestände des Werkes auf 78,557.228 Kr. 73 h, welche
sich folgendermaßen vertheilen:
1. Die Aquäductstrecke.
Baukosten des Aquäductes 24,882.089 Kr. 77 h
„ Pottschacher Schöpfwerkes . . 2,140.590 „ 73 „
Grundeinlösung, Entschädigungen etc. . . . 11,260.157 „ 31 „
Verwaltung 1,472.472 „ 60 „
Zusammen . . 39,755.310 Kr. 31 h
2. Die Wasservertheilungs-Objecte.
Baukosten der Wasserbehälter sammt Neben-
gebäuden 9,082.377 Kr. 76 h
„ „ Wasserhebewerke in Breiten-
see und Favoriten .... 1,398.298 „ 18 ^
„ des gesammten Rohrnetzes . . . 23,779.159 „ 80 ^
„ der Fluss-Kreuzungen 370.529 „ — „
„ „ Wassermesser-Probierstation . 24.185 „ 26 „
Anschaffungskosten der Wassermesser . . . 1,587.985 ^ 92 „
Grundeinlösungskosten 1,470.305 „ 77 ^
Verwaltung 1,459.604 „ 73 „
Zusammen . . 38,801.918 Kr. 42 h
Gesammtkosten . . 78,557.228 Kr. 73 h
in. Die Wienthal- Wasserleitung.
Wie aus den früheren allgemeinen Ausführungen bereits erhellt,
wird von der Wienthal- Wasserleitung ein Theil des Bedarfes an Nutz-
wasser bestritten. Die Wienthal-Wasserleitung basiert auf der Anlage
von Stauweihern im Wienflussgebiete, welche das Niederschlags-
wasser aufzunehmen haben und hievon einen bestimmten Theil an die
offenen Gerinne des Wienflusses, des Gablitzbaches und des Mauer-
baches abzugeben verpflichtet sind, um eine entsprechende, gleichmäßige
Wasserführung in denselben zu sichern, während der Überschuss des
aufgespeicherten Wassers den Wasserversorgungszwecken zugeführt
werden kann.
Nach der im Jahre 1891 erfolgten Concessionierung des Unter-
nehmens steht demselben für die gedachten Wasserleitungszwecke das
Niederschlagsgebiet (siehe Tafel XI) des Wienflusses in der Strecke
von Rekawinkel bis Hütteldorf im Gesammtausmaße von 181*1 km^ zur
Verfügung.
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Bisher ist jedoch nur die Ausführung von vier Stauweihem mit
einem Gesammt-Niederschlagsgebiet von 109-71 km^ projectiert und con-
sentiert, und zwar:
Das Reservoir im Wolfsgraben mit einem Niederschlagsgebiet v. 53-69 km^
„ „ „ Dammbachgraben m. einem „ „ 2*81 „
„ bei Gablitz „ „ „ „ 21*49 „
und„ „ „ Mauerbach „ „ „ „ 31'72 „
zusammen 109*71 km^
Die der Unternehmung für ihre Zwecke eventuell zur Verfügung
stehende Wassermenge wurde nach den behördlich geprüften Erhebungen,
die sich auf die Niederschlagsverhältnisse der wasserärmsten Jahre seit
1846 stützen, mit circa 50.000 m^ pro 24 Stunden beziffert.
Von den oben angeführten Anlagen ist jedoch bis nun nur der
Stauweiher im Wolfsgraben zur Ausführung gelangt.
Dieser befindet sich an der Einmündung des Wolfsgrabens in das
Wienthal oberhalb der Ortschaft Unter-TuUnerbach und ' wird durch
einen 240 m langen und bis zu 13 m hohen Damm abgeschlossen.
Der Fassungsraum desselben beträgt bis zur Höhe d^p, verhaimten
Wasserspiegels 1,431.800 »w», bis zur Höhe des höchsten Hochwasser-
niveaus 1,948.330^3. Der Stauweiher-Abschlussdamm ragt mit seiner
Krone Tom über den höchsten Hochwasserspiegel und 3*0 m über den
verhaimten Wasserspiegel (Überfallshöhe) hinaus und hat eine Kronen-
breite von 5m; die Dammböschungen sind beiderseits dreifüßig an-
gelegt, die äußere Böschung berast, die innere, wasserseitige, mit einem
in Cementmörtel verlegten Steinpflaster versehen. Den Kern des Dammes
bildet ein Tegelkern, welcher bis zur Höhe des höchsten Hochwasser-
spiegels reicht, daselbst 2 m breit ist, sich nach unten mit V^a-füßigen
Böschungen verbreitert und vom Terrain abwärts in gleicher Stärke
bis in die undurchlässige Bodenschichte hineinreicht.
Der Stauweiher ist mit einem 58 m langen Überfallwehr und
6 Hochwasserschleusen von je 2 m Breite und 1 m Höhe ausgestattet,
an welche Objecte sich der Überlaufcanal anschließt, weicher unterhalb
des Abschlussdammes in den offenen Wienfluss mündet. (Siehe Situation.)
Überfallslängc und Überfallshöhe sind so bestimmt, dass hiebei
Hochwässer bis zu 200 m^ pro 1 Secunde abgeführt werden können.
Der verhaimte Wasserspiegel (Überfallskante des Überfaliwehres)
liegt in einer Höhe von 129*0 m über dem Nullpunkte des Pegels an der
Ferdinandsbrücke in Wien (156*711 m Seehöhe), also in einer Seehöhe von
285*711 m. Sonach bestimmt sich die Höhenlage:
der Hochwasserschleusensohle mit . . 128*0 m
des höchsten Hochwasserspiegels mit . 130*5 m
der Dammkrone des Abschlussdammes mit 132*0 m
über dem Nullpunkte des Pegels an der Ferdinandsbrücke.
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In dem so beschafifenen Stauweiher sammelt sich das gesammte
Niederschlagsvvasser des zuständigen Niederschlagsgebietes, nachdem es
beim Einlaufe in das Bassin einen Sickerdamm passiert hat.
Die Qualität dieses Wassers, welche jener des Wienflussw^assers
an derselben Stelle gleichkommt, wurde im Jahre 1880 vom k. k.
Universitäts-Professor Dr. E. Ludwig untersucht und hat sich hiebei
folgendes Resultat ergeben:
Auf 100.000 Theile Wasser entfallen
Theile
Kali 0-325
Natron 1*695
Kalk 12-480
Magnesia 1-780
Eisenoxydul Spuren
Kieselsäure 0*687
Schwefelsäure 3*584
Chlor 0-378
Kohlensäure, gebunden . . . 10*846
Kohlensäure, freie 11*128
Ammoniak 0-024
Salpetersäure 0-068
Organische Substanz .... 0-790
Summe der fixen Bestandttheile 81-586
Die Härte des Wassers beträgt 14*8 deutsche Grade.
Um diese entsprechende Qualität des Wassers zu sichern und die-
selbe von den Abwässern der oberhalb des Reser\'oirs gelegenen Ort-
schaft Pressbaum unabhängig zu machen, wurde der Unternehmung
von der Behörde die Herstellung einer eigenen Abwässer-Ableitung
für den genannten Ort aufgetragen und dieselbe auch zu der Herstellung
einer Filteranlage unterhalb des Reservoirs verpflichtet.
Die VV^asserentnahme aus dem Stauweiher erfolgt sonach in folgender
Weise :
Zum Zwecke der Wasserentnahme und der Entleerung des Weihers
ist ein tunnellierter Ablasscanal hergestellt, welcher in gewachsenem
Boden angelegt ist, das rechte Ende des Abschlusscanales umgeht und
ein eiförmiges Profil von l-5;>« lichter Weite und 1*7 m lichter Höhe
besitzt. Dieser Canal, welcher ganz mit Quadern ausgemauert ist, hat
seine obere Mündung an der Sohle des Stauweihers und ist daselbst
durch ein System von engmaschigen, eisernen Gittern abgeschlossen,
um gröbere Sinkstoffe von dem Eintritte in denselben abzuhalten. Mit
seinem unteren Ende mündet dieser Ablasscanal in den oberwähnten
Überfallcanal ein, der in den Wienfluss mündet, so dass durch den
Ablasscanal auch eine Entleerung des Stauweihers in den Wienfluss
erfolgen kann.
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Zum Zwecke der Regulierung der Wasserentnahme und der Ent-
leerung des Weihers ist in den Ablasscanal eine Schleusenkammer
eingebaut, die am rechten Dammende situiert ist und deren Schacht
bis zur Dammkrone reicht.
Von dieser Schleusenkammer zweigt auch die 700 mm weite Roh-
wasserrohrleitung ab, w^elche das zur Verwendung gelangende
Wasser aus dem Stauweiher den Filteranlagen zuführt. In der Schleusen-
kammer sind somit mehrere Schleusen angebracht, mittels welcher von
der Dammkrone aus sowohl der Eintritt des Reservoirwassers in die
Rohwasserrohrleitung, als auch die theilweise oder gänzliche Entleerung
des Stauweihers oder beides combiniert, mittels des Ablasscanales ver-
anlasst werden kann. Die Rohwasserrohrleitung führt, wie oben bereits
gesagt wurde, zu den Filteranlagen.
Dieselben sind nach dem System der „Wormser P'ilterplatten"
(aus künstlich hergestelltem porösen Sandstein) eingerichtet und haben
folgende Anordnung.
Durch die Rohwasserleitung gelangt das Wasser zunächst in eine
Vorkammer, woselbst die Vertheilung in die einzelnen Abtheilungen der
Filteranlagen erfolgt.
Dies sind gedeckte Räume, die in ganz gleiche Abtheilungen ge-
theilt sind, deren jede aus drei abgesonderten Filterkammern besteht.
Von diesen Kammern enthält
je eine 048 Filterelemente,
756
und „ 1512 „
so dass auf eine Abtheilung 2916 und auf die ganze Filteranlage
5882 Filterelemente entfallen. Ein jedes Filterelement besteht aus zwei
zusammen verbundenen Filterplatten, die eine Gesammtfilterfläche von
2*0 w2 besitzen, so dass eine Gesammtfilterfläche von 11.664 m^ ^ur
\'erfügung steht.
Je 108 Filterelemente sind zu einer Filterbatterie vereinigt, deren
6, 7 oder 14 in einer Kammer vereinigt sind. Hier werden die Filter-
elemente von dem Rohwasser umspült. Dasselbe dringt unter einem
gewissen Filterdrucke durch die porösen Platten in das Innere der
Elemente ein und wird in gereinigtem Zustande von jeder Batterie durch
besondere Rohrleitungen in die Reinwasserkammern geleitet, welche
die beiden Abtheilungen der Filteranlage der Länge nach in der Mitte
durchziehen. Von diesen beiden Reinwasserkammern gelangt das filtrierte
Wasser in die Reinwasserbehälter, deren je einer den beiden Ab-
theilungen der Filteranlage vorgelagert ist.
Die Anordnung der Filterbatterien in den einzelnen Filterkammern
ist so getroffen, dass sowohl jede einzelne Batterie, als auch jedes
einzelne Element aus dem Filterbetriebe ausgeschaltet werden kann.
Bei dem Tageswasserquantum von 25 — 30.000 m^ und der verfügbaren
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Filterfläche von rund 1 1.600 m^ resultiert nach Ausscheidung einer ent-
sprechenden Reservefilterfläche eine tägliche Filtergeschwindig-
keit von 2-75 — 3'5w.
Vor den Reinwasserbehältern führt das 700 wm weite Leitungs-
rohr, nachdem es einen Venturi- Wassermesser passiert hat, woselbst
die abgeleitete Wassermenge registriert wird, längs der Linzerstraße
bis an die Grenze des Wiener Gemeindegebietes bei Hütteldorf.
Hier erst erfolgt die Abgabe des Wassers an die Gemeinde Wien.
An dieser Abgabestelle, welche in einem besonderen Häuschen unter-
gebracht ist, sind in die Leitung vier Wassermesser von 350 mm Durch-
flussöffnung eingebaut, an welchen täglich von den Organen der
Gemeinde Wien und der Unternehmung die von der Gemeinde Wien
verbrauchte Wassermenge abgelesen wird. Von der so ermittelten Wasser-
menge werden b^/^ als Verlust im Rohrnetze abgezogen und das übrig-
bleibende 957o Quantum der Verrechnung zugrunde gelegt, die allmonat-
lich gepflogen wird. Die weitere Wasserabgabe an die Consumenten etc.
ist Sache der Gemeinde Wien. Nach Passierung der Wassermesser der
Abgabestelle gelangt das Wasser in das städtische Rohrnetz der Wien-
thal-Wasserleitung, welches zum Theile directe von dem Hauptleitungs-
rohr aus, zum Theile von einem Vertheilungsreservoir aus gespeist wird,
welches auf Kosten der Unternehmung in der Gegend von Breitensee
mit einem Fassungsraum von 14.000 m^ und einer Wasserspiegel cote
von 251*5 m Seehöhe erbaut ist.
Dieses Rohrnetz der »Wienthal-Wasserleitung« erstreckt sich auf
die Theile des Gemeindegebietes, welche auf Tafel XI ersichtlich
gemacht sind. Diese umfassen, entsprechend der Verwendung dieses
Wassers für Nutzzwecke, insbesondere die westlichen Territorien der
Gemeinde, woselbst die meisten industriellen Betriebe ansässig sind,
und die viel Wasser consumierenden Bahnhöfe der Franz Josef-Bahn,
Westbahn, Südbahn und Staats-Eisenbahnen, sowie der Bahnhof der
Stadtbahn in Hütteldorf und das k. k. Arsenal liegen.
Über das Verhältnis der Gemeinde Wien zu der »Com-
pagnie des Eaux de Vienne«, welches in dem Vertrage vom
8. Juli 1898 festgestellt ist, ist unter Hinweis auf die hierüber bereits
im Abschnitte I gemachten allgemeinen Bemerkungen Folgendes zu
erwähnen :
Die Unternehmung hat der Gemeinde Wien zunächst ein tägliches
Maximal-Wasserquantum von 25.000 fu^ zu den vereinbarten Preisen
und von der vereinbarten Qualität zu liefern.
Die Gemeinde Wien hingegen hat sich verpflichtet, innerhalb des
vereinbarten Versorgungsgebietes (Rohrnetz der Wienthal-Wasserleitung)
für, die Verwendung von Genusswasser nicht bedingende öffentliche
Zwecke, sowie zur Abgabe an Private und für industrielle Zwecke aus-
schließlich Wasser aus der Wienthal-Wasserleitung zu verwenden, inso-
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lange das von der Unternehmung hiezu zur Verfügung gestellte Wasser
ausreicht und insoferne bereits erworbene Rechte hiedurch nicht berührt
werden.
Von dieser Wasserbezugspflicht ist die Gemeinde Wien nur bezüglich
des zur Canalspülung erforderlichen Wasserquantums und in jenen Fällen
entbunden, in welchen es sich um Industrien handelt, welche sich mit
der Herstellung von Lebens- und Genussmitteln beschäftigen oder aus-
drücklich auf dem Bezüge von Hochquellenwasser bestehen oder welche
das Wasser der Wienthal-Wasserleitung infolge seiner chemischen oder
physikalischen Eigenschaften für ihre Zwecke nicht verwenden können.
Ebenso wird der Betrieb und die Wasserabgabe aus den der Gemeinde
Wien gehörigen, bereits bei dem Vertragsabschluss bestandenen Schöpf-
werken und kleinen Wasserleitungen durch den Vertrag nicht gehemmt.
In Ansehung der Beschaffenheit des Wassers wurde bedungen,
dass das Wasser jederzeit nach dem jeweiligen Ausspruche der zur
Entscheidung hierüber berufenen Behörde zur Verblendung für alle
Nutzwasserzwecke, insbesondere zur Straßen- und Gartenbespritzung,
zur Durchspülung der Canäle, Aborte und Anstandsorte, zu industriellen
und gewerblichen Zwecken mit Einschluss der Verwendung bei der Zube-
reitung von Nahrungs- und Genussmitteln, namentlich für Brauereien etc.,
dann für Bäder und im Haushalte für Reinigungszwecke zugelassen
AVerden kann und darf. Das Wasser ist nur dann, wenn es diesen An-
forderungen entspricht, als vertragsmäßig anzusehen.
Die »Compagnie des Eaux de Vienne« ist verpflichtet, sich in
dieser Beziehung allen von der competenten Behörde jeweilig vorzu-
schreibenden Controlmaßregeln zu unterwerfen und die Kosten derselben
zu bestreiten.
Der Preis des Wienthalwassers an der Gemeindegrenze bei Hüttel-
dorf einschließlich der Entschädigung für die Kosten der von der Unter-
nehmung theilweise hergestellten Haupt- und Vertheilungsrohrstränge
innerhalb des Gemeindegebietes etc. wurde mit 13 Heller per 1 w-* fest-
gesetzt. Dieser Preis wird jedoch auf 8 Heller in dem Falle herabgesetzt,
wenn die tägliche Wasserabnahme im Monatsdurchschnitte das Quantum
von 40.000 m^ übersteigen sollte.
Außerhalb der Gemeindegrenze von Wien steht der Unternehmung
das Recht zu, mit Zustimmung der Gemeinde Wien Wasser unmittelbar
an Gemeinden, Anstalten, Unternehmungen und auch Private abzugeben,
doch darf hiedurch den vertragsmäßigen Ansprüchen der Gemeinde
AV^ien kein Abbruch geschehen.
Die Gemeinde Wien ist berechtigt, den Vertrag nach ihrer Wahl
entweder sofort oder nach halbjähriger Kündigung zu lösen, wenn sich
-an der vertragsmäßigen Lieferung in quantitativer Beziehung ein
solcher Abgang ergeben sollte, dass die Gemeinde in den vereinbarten
Conventionalstrafen eine Deckung nicht mehr erkennen würde und die
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der Unternehmung zur Erfüllung des Vertrages ertheilte, angemessene
Frist fruchtlos verstrichen ist, und vveiters, wenn die competente Sani-
tätsbehörde die Beschaffenheit des Wassers zur Verwendung für die
oben angeführten Zwecke als unzulässig erklären sollte.
Der Gemeinde Wien ist das Recht vorbehalten, die Wienthal-
wasserleitung sammt allen Wasserleitungsobjecten gegen entsprechende
Entschädigung der Unternehmung jederzeit einzulösen; die Gemeinde
Wien hat hievon die Unternehmung ein Jahr vor dem Einlösungstage
schriftlich in Kenntnis zu setzen.
Als Ablösungssumme hat der zu 41/2 bis 5% — je nach der
Länge der Zeit des Bestandes des Werkes zur Zeit der Einlösung
capitalisierte Reinertrag des Werkes zu gelten.
Der Reinertrag ist aus dem Bruttoertrage derart zu ermitteln, dass
von dem letzteren die nachstehenden Posten in Abzug zu bringen sind :
a) die wirklichen Betriebs- und Administrationskosten, dann die Steuern,
Gebüren, Umlagen etc.,
b) die Erhaltungskosten, und
c) die die Unternehmung treffenden Auslagen für Unfall- und Kranken-
versicherung und Dotierung der Pensionscasse.
Der zur Wertermittlung dienende Reinertrag soll ferner ein Durch-
schnitts-Reinertrag sein, dessen Ermittlung je nach dem Zeitpunkte
der Einlösung eine verschiedene sein soll.
Erfolgt nämlich die Einlösung innerhalb der ersten sieben
Jahre nach der Eröffnung des Betriebes, so soll der Durchschnitts-
Reinertrag der abgelaufenen Zeit des vollen Betriebes, beziehungsweise
bei erfolgter Vergrößerung des Werkes des jeweiligen letzten vergrößerten
Betriebes zur Grundlage der Wertbemessung genommen werden; wenn
jedoch das Einlösungsrecht nach Ablauf der ersten sieben Jahre
des vollen Betriebes oder bei erfolgter Vergrößerung der ersten
Anlage nach Ablauf der ersten sieben Jahre des jeweiligen letzten ver-
größerten Betriebes ausgeübt wird, so wird zur Berechnung das Rein-
erträgnis der sieben vorhergehenden Jahre zur Grundlage genommen ;
hiebei werden jedoch die Erträgnisse der zwei ungünstigsten Jahre abge-
schlagen und wird der Durchschnitts-Reinertrag der fünf übrigen Jahre
festgestellt.
Bei Berechnung des Bruttoerträgnisses aus der Wasserabgabe sind
in jedem Falle die von der Stadt Wien zu zahlenden Preise zugrunde
zu legen; ferner hat
a) nach Ausbau der Wasserleitung für eine tägliche Minimalleistung
von 30.000 m^ zum mindesten die Abnahme eines täglichen Quan-
tums vom 25.000 m^;
b) nach Ausbau der Wasserleitung für eine tägliche Minimalleistung
von 50.000 m^ eine solche von mindestens 45.000 m^ und
- in-i -
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c) nach eventueller weiterer Ausgestaltung der Wasserleitung für eine
tägliche Minimalleistung von 60.000, rücksichtlich 70.000 m^ zum
mindesten die Abnahme eines täglichen Wasserquantums von 55.000,
beziehungsweise 60.000 m^ zur Grundlage der Berechnung des
Einlösungspreises zu dienen.
Die übrigen Vertragsbestimmungen betreffen zum Theile den Vor-
gang bei Nichteinhaltung der Vertragsbestimmungen, im Übrigen sind
dieselben mehr formaler Natur, so dass ein näheres Eingehen auf die-
selben an dieser Stelle wohl keinem weiteren Interesse begegnen dürfte.
IV. Definitive Ergänzung der Hochquellenleitung.
Hierüber ist bereits im Abschnitte I ausführlicher berichtet und
die allgemeine Sachlage näher erörtert worden. Da diese Angelegenheit
bisher noch in kein acutes Stadium getreten ist, können dermalen
hierüber auch keine eingehenderen Mittheilungen gemacht werden. Es
möge daher zur beiläufigen Orientierung über den gegenwärtigen Stand
der Sache nur dienen, dass zwei vom Stadtbauamte vollständig aus-
gearbeitete Projecte vorliegen, welche den Gegenstand nach zwei prin-
cipiell verschiedenen Grundlagen behandeln, die dem Gemeinderathe
zur entscheidenden Beschlussfassung vorzulegen sein werden.
Das Bestreben in dieser Richtung geht dahin, sowohl den Interessen
der Gemeinde Wien, als auch jenen der Wasserrechtsbesitzer in ent-
sprechender Weise Rechnung zu tragen und eine, beiden Theilen thun-
lichst zusagende Lösung der Frage zu finden.
V. Die zweite Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung.
In dem Abschnitte I sind zwar über diese neu zu begründende
Wasserleitung solche allgemeine Daten angeführt, dass daraus eine ober-
flächliche Information über die Ziele der Gemeinde Wien in dieser
Hinsicht erlangt werden kann.
Die Großartigkeit des geplanten Werkes erfordert es jedoch, hier-
über an dieser Stelle etwas nähere Mittheilungen zu machen, die des
Interesses auch weiterer Fachkreise gewiss nicht entbehren werden.
Um nun die Wahl des Quellengebietes für die zweite Kaiser Franz
Josef-Hochquellenleitung verstehen zu können, ist es nothwendig, auch
auf die Vorstudien hiefür einen kurzen Blick zu werfen.
Auf Grund der bereits bekannten Gemeinderathsbeschlüsse vom
Jahre 1893 musste sich das Stadtbauamt hiebei von folgenden Directiven
leiten lassen.
Die einzubeziehenden Quellwässer sollten von ausgezeichneter
Qualität sein, um neben dem Wasser des weltberühmten „Kaiser-
brunnens" bestehen zu können.
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Die Ergiebigkeit der in Frage kommenden Quellen sollte eine
verlässliche und womöglich so hohe sein, dass dieselbe der Leistungs-
fähigkeit der bestehenden Hochquellenleitung gleichkäme und die Länge
das Aquäductes müsste eine derartige sein, dass noch eine preisvvürdige
Zuleitung des Wassers möglich wäre. Bei dem bekannten Mangel des
Wienerwaldes und der weiteren Umgebung Wiens an Quellen, sowie
auf Grund der Envägung, dass auf Quellen von entsprechend hoher
und nachhaltiger Ergiebigkeit nur im Hochgebirge zu rechnen sei, wo-
selbst die reichlichen festen Niederschläge des Winters lange Monate
hindurch liegen bleiben und durch langsame Versickerung im Gebirge
Vorräthe der Quellen für den Sommer schaffen, musste sich das Augen-
merk des Stadtbauamtes vornehmlich auf das Kalkgebirge der Alpen
an der österreichisch-steirischen Landesgrenze richten.
In Ausführung dieser Grundsätze wurden insbesondere die Quellen-
gebiete der Traisen, der Erlauf, der Ybbs und der Enns in den
Bereich der Erhebungen und Studien einbezogen.
Die betreffenden Gebiete wurden einer eingehenden Bereisung und
Erforschung unterzogen, von den nan^afteren Quellen Wasserproben
entnommen und der chemischen Analyse unterworfen und die Bestimmung
der Ergiebigkeit der beobachteten Quellen vorgenommen. Von der
bacteriologischen Untersuchung der Quellwässer wurde vorläufig Umgang
genommen, weil derartige Untersuchungen bei noch nicht gefassten
Quellen keinen verlässlichen Anhaltspunkt dafür geben können, wie sich
der Bacteriengehalt nach erfolgter Fassung der Quellen stellen werde
und weil die örtlichen Verhältnisse bei den fraglichen Quellen durchaus
solche sind, dass nach deren erfolgter Fassung nahezu ganz bacterien-
freie Wässer erhofft werden können.
Was die Ermittlung der Ergiebigkeit der einzelnen Quellen betrifft,
so muss hervorgehoben werden, dass mit Ausnahme der ersten Erhebung
bei der Auffindung der Quellen die späteren Erhebungen durchwegs nur
in den strengsten Winterperioden vorgenommen wurden, zu welcher
Zeit die Quellenstände ihrem Minimalstande nahe waren, wo-
durch es vermieden wurde, von der Ergiebigkeit der Quellen sanguinische,
nicht unter allen Verhältnissen zutreffende Vorstellungen aufkommen zu
lassen. Bezüglich des Umfanges der Erhebungen in den einzelnen
Quellengebieten möge Folgendes zur Kenntnis dienen:
Im Quellengebiete der Traisen wurden die Quellen am Hohen-
berger Seebache, die Quellen bei St. Egyd am Neuwalde und die Quellen
oberhalb Türnitz untersucht und beobachtet.
Im Quellengebiete der Erlauf erstreckten sich die Erhebungen auf
die Quellen bei Neustift und bei Neubruck, sowie auf die Nestelberg-
Mühlquelle und die Siebenbrunnenquelle im Erlaufthale.
Im Ybbsgebiete waren es insbesonders die Quellen bei Lunz, und
zwar der Abfluss des mittleren Lunzersees, die Seehofer Mühlquelle und
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die Schreierquelle, sowie die Langauer Mühlquelle, welche der Beob-
achtung unterzogen wurden.
Das Quellengebiet der Enns bot drei gesonderte Beobachtungs-
gebiete dar:
1. Die Quellen in der Umgebung des „Gesäuses", und zwar: Die
Weißenbachquelle bei Gstatterboden, die Johnsbachquelle, die Hasel-
bachquelle, das „Kalte Wasser" am Erzbache und eine Tiefquelle bei
Admont.
2. Die Quelle des Piesling-Ursprunges bei Windisch-Garsten.
3. Die Quellen an der Salza, insbesondere die Quellen der Sieben-
seen, die Schreierklammquelle, die Seisensteinquelle, die „Kläfferbrünne",
die Quellen „in der Hölle", die Quellen im Brunngraben und die „Höhlen-
seuche" in der Terz.
Die Resultate der durchgeführten Beobachtungen waren folgende:
In Hinsicht auf die Qualität des Wassers mussten die Quellen
an der Erlauf nach durchgeführter Analyse von den weiteren Beob-
achtungen ausgeschlossen werden, weil die dortigen Wässer alle einen
großen Härtegrad aufweisen; die Wässer der übrigen Quellengebiete
ergaben sämmtliche gute und vorzügliche Qualitäten.
Weniger günstig waren die Ergebnisse in quantitativer Hinsicht.
Zu Beginn der Erhebungen schien es zwar, als ob sowohl der Abfluss
des mittleren Lunzersees, als auch der Piesling-Ursprung be-
rufen gewesen wären, den Grundstock einer zweiten Hochquellenleitung
zu bilden, denn dieselben zeigten bei ausgezeichneter Qualität des
Wassers Tagesergiebigkeiten von je 113.178 7^8 = circa 2,000.000 Eimer
im Sommer und Herbste 1893.
Allein schon im darauffolgenden Winter zeigte es sich, dass diese
Ergiebigkeiten von keinem Bestände waren und auf ein verhältnismäßig
bescheidenes Niveau herabsanken, nämlich bis auf 10.190 w' bei dem
mittleren Lunzersee, beziehungsweise 36.220 m^ bei dem Piesling-Ursprung.
Ahnliche Verhältnisse zeigten sich auch bei den übrigen Quellen
des Ybbsgebietes und den Quellen des „Gesäuses", so dass auch auf
diese Quellengruppe nicht weiter gerechnet werden konnte.
Es blieben sonach für die weiteren Beobachtungen die Quellen des
Salzathales und die Quellen der Traisen übrig.
Im Traisengebiete ergaben die Quantitätsmessungen folgende Minimai-
Tages ergiebigkei ten:
Die Quellen an der Hohenberger Traisen 60.500 w^
die Quellen an der Türnitz-Traisen 63.000 m'
zusammen . . 123.500 w*
Es wäre somit das Quellengebiet der Traisen an und für sich
ergiebig genug gewesen, um eine tägliche Wassermenge constant zu
liefern, welche der Leistungsfähigkeit des bestehenden Hochquellen-
Aquäductes per 138.000 m^ pro Tag nahezu gleichgekommen wäre.
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Nun ist aber in Erwägung zu ziehen, dass an der Traisen zahl-
reiche industrielle Werke etabliert sind, welche zur Zeit der Minimal-
ergiebigkeit der Quellen nahezu die ganze Wassermenge des Flusses in
Anspruch nehmen. Es wäre also nicht möglich gewesen, die gesammten
in Beobachtung gestandenen Quellen für die eventuelle Ableitung in
Aussicht zu nehmen, und zwar auch in dem Falle nicht, wenn die
Anlage von Compensationsreservoirs zur Aufspeicherung der Hochwässer
vorgesehen worden wäre.
Man hätte sich blos mit der Ableitung einer der beiden Quellen-
gruppen begnügen müssen, so dass das zur Verfügung gewesene Minimai-
Tagesquantum blos 60.500 bis 63.000//«^ betragen hätte.
Dieses Quantum wäre offenbar ein zu geringes gewesen, um selbst-
ständig eine Hochquellenleitung zu alimentieren, weshalb an eine Heran-
ziehung des Quellengebietes der Traisen zu diesem Zwecke nur unter
eventueller Verbindung mit einem anderen Quellengebiete gedacht werden
konnte. In Hinsicht auf eine solche Möglichkeit wurden die Traisenquellen
nicht ganz fallen gelassen, sondern auch weiterhin regelmäßig beobachtet.
Anders stellten sich die Verhältnisse im Quellengebiete der
Salza dar.
Hier wurde eine größere Anzahl von Quellen, welche bereits oben
namentlich angeführt wurden und unter denen einige von außer-
gewöhnlicher Mächtigkeit hervorragen, aufgefunden, deren voraussicht-
liche Minimal-Tagesergiebigkeit mit circa 186.000 m^ ermittelt wurde;
die chemischen Analysen ergaben durchwegs ausgezeichnete Qualitäten
bei Härtegraden von 6*61 bis 11-5° (siehe Tabelle I) und als besonders
günstiger Umstand musste es angesehen werden, dass an der Salza sich
bisher noch keine Industrie angesiedelt hat, weshalb auch eine leichtere
und raschere Abwickelung des wasserrechtlichen Verfahrens voraus-
gesehen werden konnte. Die so erforschten Verhältnisse des Quellen-
gebietes der Salza waren demnach so erfreuliche, dass dieses Quellen-
gebiet für die Alimentierung einer zweiten Hochquellenleitung als ganz
besonders geeignet, ja als hiefür geradezu prädestiniert erscheinen musste;
das Stadtbauamt konnte auf die durch dasselbe erfolgte Erforschung
dieses Quellengebietes und die Klarstellung der Verhältnisse in demselben
mit umsomehr Genugthuung zurückblicken, als über dieses Quellen-
gebiet bisher weder in Publicationen irgend welche Mittheilungen ver-
öffentlicht worden sind, noch von irgend welch anderer Seite auf die
Mächtigkeit der Quellen des Salzathales hingewiesen oder eine Anregung
hinsichtlich der Heranziehung dieses Quellengebietes zur Wasserversorgung
Wiens gegeben worden ist.
Nachdem bereits im Jahre 1804 ein ausführlicher Bericht des
Stadtbauamtes über die in sämmtlichen angeführten Quellengebieten
durchgeführten Erhebungen und die vorgenommenen Wasseranalysen
an den Magistrat erstattet und dem Stadtrathe zur Kenntnis gebracht
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worden war und letzterer die Fortsetzung der Studien angeordnet hatte,
befasste sich das Stadtbauamt neben regelmäßiger Fortführung der
Quantitätsmessungen bei den Quellen des Salza- und Traisengebietes
vornehmlich mit den Vorstudien für ein generelles Project einer zweiten
Hochquellenleitung.
Es muss hier bemerkt werden, dass alle die durchgeführten Studien
und Erhebungen im Interesse der Gemeinde Wien möglichst unauffällig
und in vertraulicher Weise vorgenommen werden mussten, weil es
nothwendig war, wegen der erforderlich werdenden Erwerbungen der
Quellenterritorien etc. eine vorzeitige Publicität der Absichten der Gemeinde
Wien zu vermeiden.
Im Jahre 1895 war das Stadtbauamt in der Lage, dem Magistrate
eine Tracenstudie sammt generellem Längenprofil und Ermittlung der
Leitungsquerprofile nebst einer approximativen Kostenberechnung vorzu-
legen, welche zwei Alternativen umfasste:
1. Eine Leitung aus dem Salzagebiete mit einer Capacität von
186.000 m^ per 24 Stunden, jedoch nur mit der vorläufigen Einbeziehung
der Quellen der Siebenseen, der Schreierklamm- und Seisenstein-
quelle und der Kläfferbrünne mit einer Tagesergiebigkeit von
130.000 ni^y während die Fortsetzung des Aquäductes und die Ein-
beziehung der Quellen in der Hölle, der Brunngrabenquellen und der
Höhlenseuche in der Terz zur Ergänzung des Tageswasserquantums
auf 186.000 m^ einem späteren Zeitpunkte vorbehalten bleiben sollte; und
2. eine Leitung aus dem Traisengebiete unter Bcdachtnahme
auf die Quellen der Hohenberger-Traisen (aus der Gegend von
Hohenberg und St. Egyd am Neuwalde) und mit Heranziehung der
Höhlenseuche in der Terz mit einem Gesammt-Tagesquantum von
69.000 m\
Unter diesen Voraussetzungen und unter entsprechender Berück-
sichtigung der im Traisengebiete voraussichtlich an die Wasserinteressenten
zu leistenden Entschädigung ergaben sich für die Beurtheilung der
beiden Alternativen folgende Momente:
Salza: Traisen:
Länge der Leitung 216 km 135 km
Approximative Anlagekosten ... 60 Mill. Kronen 40 Mill. Kronen
Approximative Gestehungskosten für
den 7M* Wasser in Wien . . . 6*34 Heller 7-94 Heller
Hiemit war dargethan, dass der Wasserpreis einer Leitung aus
dem Salzagebiete, trotz der größeren Länge der Leitung und der höheren
Anlagekosten, sich — dank der viel größeren Wassermenge — niedriger
stellt, als der einer Leitung aus dem Traisengebiete.
Der Stadtrath befasste sich mit dieser Vorlage in seiner Sitzung
vom 12. Juni 1898 und ertheilte sohin, ohne den endgiltigen Entschei-
dungen des Gemeinderathes vorzugreifen, den Auftrag, dass durch das
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Stadtbauamt die Studien und technischen Vorarbeiten für eine Leitung
aus dem Salzagebiete fortzusetzen seien und hiebei auf eine Tages-
wassermenge und dementsprechende Capacität des Aquäductes von
200.000 m^ Bedacht zu nehmen sei und der Magistrat die entsprechenden
Verhandlungen mit den betheiligten Grundbesitzern wegen Sicherstellung
der Erwerbung der erforderlichen Quellenterritorien einzuleiten und deren
Ergebnis zur Genehmigung vorzulegen habe.
Hiedurch gelangte die Angelegenheit in ein vorgeschritteneres
Stadium.
Nach den vom Stadtrathe gegebenen Directiven wurde nun seitens
des Stadtbauamtes eine neue Studie verfasst, wobei auf Grund der
seit dem Jahre 1893 regelmäßig durchgeführten Quantitätsmessungen
(siehe Tabelle II) die nachstehend angeführten Quellen des Salzagebietes
mit den beigesetzten voraussichtlichen Minimalergiebigkeiten für die
Einbeziehung in die zweite Hochquellenleitung in Aussicht genommen
wurden.
(Die Quelle der „Höhlenseuche" in der Terz wurde aus der
Combination ausgeschieden, weil die in Bezug auf die verhältnismäßig
geringere Ergiebigkeit dieser Quelle [8500 m^] sehr bedeutende Länge
der Zuleitung derselben bis zum Brunngraben unverhältnismäßig große
Kosten erfordert hätte und für die genannte Quelle voraussichtlich ein
anderer Ersatz gefunden werden kann.)
Die Siebenseequellen mit . "69.000 m^ per 24 St.
„ Schreierklammquelle mit 24.000 „ „ 24 „
„ Seisensteinquelle mit . . 9.000 „ „ 24 „
„ Kläfferbrünne mit . . . 28.000 „ „ 24 „
„ Höllbachquellen mit . . 27.500 „ „ 24 „
„ Brunngrabenquellen . . 20.000 „ „ 24 „
Zusammen 177.500 w» per 24 St.
Wenn hier die Gesammtwassermenge das erforderliche Tages-
quantum von 200.000 m^ nicht erreicht, so ist dieser Umstand von
keiner maßgebenden Bedeutung; denn es muss erstens daraufhingewiesen
werden, dass die Quellen der „Kläfferbrünne" wegen der Art ihres
Hervorbrechens aus der Berglehne in mehreren schäumenden Quellen-
armen in Bezug auf ihre Ergiebigkeit nicht direct gemessen werden
können, sondern nur eine Schätzung derselben platzgreifen konnte,
welche absichtlich sehr niedrig gehalten wurde, um möglichst sicher
zu gehen.
Es wird also sehr wahrscheinlich der Fall eintreten, dass nach
der erfolgten Fassung dieser Quellen die Ergiebigkeit derselben namhaft
größer sein wird, als bei der Schätzung angenommen wurde, so dass
vielleicht auf diese Weise bereits das ganze, auf 200.000 m^ ab-
gängige Fehlquantum von 22.500 w* hereingebracht werden kann;
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sollte dies nicht in so ausgiebigem Maße der Fall sein, so finden
sich längs der projectierten Trace der Leitung Quellen in hinreichender
Anzahl und Ergiebigkeit vor, die zu diesem Zwecke noch herangezogen
werden könnten.
Lagre und Ursprung der Quellen.
Sämmtliche hier in Behandlung stehenden Quellen entspringen an
den nördlichen Abhängen des Hochschwab-Massivs und der Zeller
Staritzen und bilden in ihrem weiteren Laufe Bäche, welche in den
Salzafluss einmünden. (Siehe Tafel XII.)
Der „Roller^-See.
1. Die Quellen der Siebenseen.
Die sogenannten Siebenseen bestehen aus einem Complex von
größeren und kleineren Weihern, welche in der Nähe von Wildalpen
in einer Seehöhe von mehr als 800 m in einem Thalkessel der Hoch-
schwabgruppe situiert sind, welcher von den Spitzen und Kuppen des
„Seisensteines" (1274 w), des „Gehart" (1567 m), des „Gries-
steines" (203B w), des „Ebensteines" (2124 w), des „Brandsteins"
(2008 m) und des „Siebenbürgerkogels" (1482 m) eingeschlossen
wird und von abgestürzten Felsblöcken und Gehängeschutt des Dachstein-
und Dolomitkalkgebirges ausgefüllt ist.
Die bedeutendsten dieser „Seen" sind der „Roller"-, der „Kessel"-
und der „Hartl"-See, welche stufenförmig übereinanderliegen und theil-
weise durch künstliche Abschlussdämme für die Wasserstauung noch
geeigneter gestaltet sind. Diese Seen stehen miteinander durch den
Siebenseebach in Verbindung, welcher dieselben durchfließt und nach
seiner Vereinigung mit dem Hinterwildalpenbach den Seisenbach
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bildet, welcher am Fuße des Seisensteines im Orte Wildalpen in die
Salza mündet. Während jedoch der genannte Siebenseebach bei seinem
Eintritte in den obersten der Seen, den „Roller"-See, eine ganz schwache
Wasserader bildet, verlässt er den untersten, den „Hartl"-See, bereits
als mächtiger Bach, welcher unter Aufnahme noch einiger kleiner Seiten-
zuflüsse schäumend und tosend zu Thale stürzt.
Diese auffallend bedeutende Vermehrung der Wassermenge dieses
Siebenseebaches erklärt sich durch die mächtigen Quellen, die sowohl
an den Rändern der genannten Seen, als auch in den Seebecken selbst
entspringen und vom Hochschwabmassiv aus gespeist werden.
Der ^Siebenseebach",
2. Die Schreierklammquelle.
Diese Quelle entspringt in der Nähe des Ortes Hinterwildalpen
in einer Seehöhe von circa 750 m am oberen Ende der romantischen
„Schreierklamm"; sie bildet eine einzige concentrierte Quelle, die sofort
als ansehnlicher Bach schäumend zu Thale schießt und dem nahe-
gelegenen Hinterwildalpenbache zueilt.
Das Speisereservoir dieser Quelle reicht vom Gras berge über
den Brumkogl bis zum Brandsteine (2003 m).
3. Die „Seisenstein"-Quelle.
In einer Seehöhe von circa 600 w/, nur wenige Meter über dem
Wasserspiegel der Salza entspringend, empfängt diese Quelle ihre Zu-
flüsse von dem Seisenstein (1274 tw)> ^^ dessem Fuße sie im Bereiche
der Ortschaft Wildalpen hervorquillt und nach kurzem Laufe direct in
die Salza einmündet.
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4. Die „Kläfferbrünne".
Am Fuße der sogenannten „Kläffermäuer", unweit der romantisch
gelegenen, für Triftzvvecke angelegten Bresceni-Klause am linken Ufer
der Salza entspringend, bieten die „Kläfferbrünne" eine fesselnde Natur-
erscheinung dar.
In einer Breitenausdehnung von mehr als 30 m brechen aus der
Berglehne zwischen den Felsblöcken und Trümmergesteinen zahlreiche
Quellen und Sturzbäche hervor, die schäumend über das Gestein in die
Salza niederstürzen und die Wassermenge derselben namhaft erhöhen.
Die „Schreierklamm".
Im Winter treten diese Quellen nur in geringer Höhe über der
Salza zutage; im Frühjahre und Sommer hingegen überfluthen die
mächtig andrängenden Quellwässer auch die höher gelegenen Über-
fallsränder.
Die Speisung dieser Quellen erfolgt vom Hochschwab aus.
Neben den Siebenseequellen bilden die Kläfferbrünne mit den
Hauptstock der Quellwässer für die Alimentierung der zweiten Hoch-
quellenleitung.
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5. Die Quellen in der ,,Hölle'' (Höllbachquellen).
In der Nähe von Weichselboden, in der Thalschlucht zwischen
dem Mieskogel und dem Großen Brandsteine, der sogenannten
^Vorderen Hölle", entspringen mehrere Quellen, die sich bald
vereinigen und als Höllbach nach kurzem Laufe im Bereiche der Ort-
Die „Kläfferbrünne"
Gasthaus Schützenauer in der „Hölle**.
Schaft Weichselboden in die Salza münden. Die beiden obersten,
mächtigsten Quellen treten unmittelbar bei dem bekannten Gasthause
Schützenauer's zutage.
Sie sind als unterirdische Wasserläufe aufzufassen, die von rück-
wärts aus der „Hinteren Hölle" und vom Unteren Höllenring
herkommend, sich langsam durch den, das Thal ausfüllenden Bergschutt
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nach abwärts bewegen, um an der bezeichneten Stelle, in einer Seehöhe
von beiläufig 690 m als Quellen aufzutreten. Ihr Speisegebiet reicht von
der Hohen Weichsel (2006m) und den Aflenzer Staritzen bis zudem
Hohen Ringkamp (2153m) der Hochschwabgruppe.
Eine dritte, näher dem Thalausgange gelegene Quelle wird von
den Ausläufern der Zeller Staritzen gespeist.
6. Die Quellen im Brunngraben.
Am Ausgange des Brunngrabens in der Gemeinde Aschbach
entspringen in geringer Entfernung von einander drei Quellen.
Die bedeutendste von ihnen tritt in einer Seehöhe von beiläufig
760 m aus einer Felsenhöhle des Brunnkogels zutage, wird sofort in
ein Fluder gefasst und treibt eine Säge und eine kleine Hausmühle.
Die Brunngraben-Quelle.
Eine zweite, weniger mächtige Quelle entspringt etwas weiter rück-
wärts im Brunngraben, an der Stelle ungefähr, wo die Grenze des forst-
ärarischen und des ehemals Klammer'schen Besitzes verläuft; und die
dritte Quelle, welche sich aus mehreren Quellenadern zusammensetzt,
entspringt weiter thalabwärts am Rande des ehemals Klammer'schen
Mühlteiches.
Die drei genannten Quellen bilden zusammen den Gleissnerbach,
welcher zum Antriebe der ehemals Klammer'schen Säge und Hausmühle
dient und unterhalb der Mühle in die Salza mündet.
Die Speisung der Brunngraben -Quellen erfolgt von den Zeller
Staritzen und von den Aschbacher Bergen aus.
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Die Quellenterritorieri.
Die Gemeinde Wien hat es sich auch hier zum Principe gemacht,
nicht nur die für die Leitung erforderlichen Quellen und deren un-
mittelbare Umgebung zu erwerben, sondern auch in den Besitz des die
Quellen in weiterem Umkreise umschließenden Gebietes zu gelangen.
Der Umfang dieser „ Quellen territorien** wurde nach der jeweiligen
Terrainconfiguration derart bestimmt, dass dieselben beiläufig das zu
den einzelnen Quellen zugehörige Niederschlagsgebiet umfassen.
Abgesehen von dem nur 0*72 ha umfassenden Grundstück bei
der Seisensteinquelle, welches für sich ganz isoliert ist, bilden die übrigen
für die Erwerbung ins Auge gefassten Territorien drei große, arrondierte
Complexe, und zwar die Quellenterritorien in Wildalpen, in Weichsel-
boden und im Brunngraben. Der Complex in Wildalpe umfasst
ein Gesammtareale von 3120'85 ha und bildet das Quellenterritorium der
Quellen der Siebenseen und der Schreierklammquelle.
Die Grundeigenthümer daselbst waren außer einer Anzahl kleiner
bäuerlicher Grundbesitzer das Stift Admont hinsichtlich der drei
größeren Seen der Siebenseen und des unmittelbar an denselben liegenden
Waldgebietes, und der steiermärkische Religionsfond hinsichtlich
des übrigen weiten Gebietes der Siebenseen und der Schreierklamm.
Der Complex von Weichselboden umfasst die Quellenterritorien
der „Kläfferbrünne" und der Quellen in der „Hölle" und hat ein
Gesammtareale von 2220*14 ha.
Die seinerzeitigen Grundeigenthümer daselbst waren: Se. kgl.
Hoheit der Herzog von Parma bezüglich des Territoriums bei den
Kläfiferbrünnen und der Herr Graf von Meran und das k. k. Forst-
ärar bezüglich des Territoriums in der »Hölle«.
An dem Complexe, welcher das Quellenterritorium der Quellen im
Brunngraben bildet, participierten als Grundeigenthümer der Herr
Graf von Meran, das k. k. Forstärar, Frau Genofeva Frühwald
und Herr Joh. Klammer aus Gusswerk; das Areale dieses Complexes
beträgt 669-21 ha.
Die Erwerbung dieser großen Territorien, welche auch auf
Tafel XII dargestellt sind und zusammen ein Areale von 5910*94 ha
= 10.277 Joch umfassen, geschieht zu dem Zwecke, um im Bereiche
der Interessensphäre der Quellen den bestehenden Waldbestand thun-
lichst zu erhalten und zu cultivieren, nur die im gleichen Interesse un-
umgänglich nothwendige Nutzung daraus zu ziehen und die dermalen
unbestockten Gebiete nach Thunlichkeit aufzuforsten und einer ge-
regelten Forstcultur zuzuführen, um auf diese Weise möglichst fördernd
auf die Erhaltung und Kräftigung der Quellen hinzuwirken und alle
Unternehmungen und Eingriffe fernzuhalten, die störend auf die Er-
giebigkeit oder das Regime der Quellen einwirken könnten.
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Im Sinne des obenerwähnten Stadtrathsbeschlusses wurden seitens
des Magistrates noch im Verlaufe des Jahres 1898 die Verhandlungen
mit den Eigenthümern der obenangeführten Quellenterritorien wegen
Erwerbung derselben durch die Gemeinde Wien eingeleitet.
Dies geschah allerdings vorerst in vertraulicher Weise.
In der Öfifentlichkeit wurden diese Verhandlungen erst bekannt,
als an dem denkwürdigen 1. Mai des Jahres 1899 Bürgermeister
Dr. Karl Lueger persönlich im Stifte Admont erschien und
mit dem hochwürdigsten Abte dieses Stiftes, Prälaten Caj.
Hoffmann die Modalitäten des Verkaufes des dem Stifte ge-
hörigen, engeren Quellengebietes bei den Siebenseen an die
Gemeinde Wien vereinbarte.
Sodann folgten in rascher Aufeinanderfolge die Verhandlungen mit
den kleineren Grundbesitzern in Wildalpen und im Brunngi'aben, sowie
mit Sr. königl. Hoheit Herzog von Parma, dem Grafen von Meran,
dem k. k. Forstärar und dem steiermärkischen Religionsfonde.
Die Verhandlungen wurden in intensiver Weise geführt und
konnten zu Ende des Jahres 1899 in der Hauptsache als abgeschlossen
betrachtet werden.
Die Summe, welche auf Grund der vereinbarten Bedingungen
seitens der Gemeinde Wien für die Erwerbung der Territorien zu ent-
richten ist, beziffert sich auf circa 2,210*000 Kr.
Außerdem erklärt sich die Gemeinde Wien bereit, die Anlage
einer Bahn von Groß-Reifling nach Gusswerk — Mariazell mit einem
Betrage von 600.000 Kronen zu subventionieren, wenn diese Bahn bis
zum Beginn des Wasserleitungsbaues betriebsfähig fertiggestellt ist.
Zur gegenwärtigen Zeit sind bereits alle Vertragsabschlüsse perfect
mit Ausnahme jenes mit dem steiermärkischen Religionsfond und jenes
mit dem k. k. Forstärar, welche von den betheiligten k. k. Ministerien
noch nicht gänzlich erledigt sind.
Verfassung: des grenerellen Vorprojectes. Tracenführungr.
(Siehe Tafel XII.)
Für die Verfassung des generellen Vorprojectes waren insbesondere
drei Punkte maßgebend:
1. Die Situierung und Höhenlage der für die Einbeziehung in
Aussicht genommenen Quellen des Salzagebietes.
2. Die vom Stadtrathe gestellte Forderung, dass der Aquäduct
eine Leitungsföhigkeit von 200.000 m^ per 24 Stunden besitzen soll.
3. Der Umstand, dass das Vertheilungsreservoir der neuen Leitung
unter entsprechender Bedachtnahme auf das Terrain in der Nähe von
Wien eine thunlichst ansehnliche Höhenlage erhalten sollte,
um den größtmöglichen Theil des Gemeindegebietes unter natürlichem
Drucke mit Wasser versorgen zu können.
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Die Höhenlage der Leitung im Salzathale war zunächst von der
Höhenlage der Thalsohle bei Wildalpen abhängig, woselbst die
Vereinigung der einzelnen Zweigleitungen stattfindet; diese Höhenlage
beträgt circa 600 w über dem Meeressqiegel. Die Leitung musste selbst-
verständlich entsprechend höherliegend projectiert werden, um das er-
forderliche Gefalle für die Kreuzung der Wasserscheiden zu bekommen.
Die Höhenlage des Vertheilungsreservoirs in Wien wurde mit der
Seehöhe von 320 m angenommen, welche der Höhenlage des Kreuz-
bühels bei der Rohrerhütte in Neuwaldegg oder des Abhanges
unterhalb der »Taferl-Eiche« beim Schottenhofe entspricht. Diese Lage
des Reservoirs ist auch aus dem Grunde eine günstige, weil in der
näheren Umgebung die höchstjgelegenen, noch in Betracht kommenden
Partien der westlichen Bezirke Wiens situiert sind.
Die Aufgabe für die Aufstellung eines generellen Vorprojectes
gieng also dahin, eine Trace zu finden, welche die Herstellung einer
Gravitations-Leitung aus dem Salzathale bis zu dem für das Vertheilungs-
reservoir in Wien in Aussicht genommenen Punkte ermöglicht.
Den wohl zunächstliegenden Weg, dem Laufe der Salza, Enns
und Donau bis Wien folgend, konnte die Trace nicht einschlagen, weil
erstens die Länge der Trace eine viel zu große geworden wäre und
zweitens, weil das Gefalle der Donau ein so geringes ist, dass die
Leitung, wenn eine künstliche Hebung des gesammten Wasserquantums
in Wien vermieden werden wollte, weit weg von der Thalsohle in die
Bergabhänge hätte verlegt werden müssen, wodurch man von selbst in
die Nähe der nun vorgeschlagenen Trace gelangt wäre.
Für diese Tracenführung ist die Kreuzung der vorkommenden
Wasserscheiden mittels Stollen und die Traversierung der größeren
Wasserläufe durch Duck er oder Aquäducte in Aussicht genommen. Es
kommen diesfalls die nachstehenden Flussläufe, beziehungsweise Gebiete
in Betracht: Die Salza, die Ybbs, die Erlauf, die Pielach, die Traisen
und die Wien, mit Inbegriff der größeren Nebenbäche derselben.
. Die Art der sich darnach ergebenden Tracenführung und die hieraus
resultierende Gefällsausmittlung sind aus der beigeschlossenen Karte und
beigegebenem generellen Längenprofil im allgemeinen zu ersehen und
wird hierüber noch Folgendes bemerkt:
Von den Quellen im Brunngraben beginnend, führt die Leitungs-
trace, dem Laufe der Salza folgend, über Weichselboden, woselbst
die Zweigleitung von den Quellen in der Hölle aufgenommen wird,
an der Bresceni-Klause vorüber zu den Kläfferbrünnen, und nach
deren Aufnahme am »Gschöder« vorüber thalabwärts und nach Über-
setzung des Salzaflusses bis zum^ sogenannten »Kräuterhals«, einem
Sattel, nach dessen Durchfahrung die Trace in das Holzäpfelthal
gelangt und diesem entlang bis zur Einmündung desselben in das
Hopfgartenthal führt. Hier vereinigt sich diese Hauptleitung mit der
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von den Siebenseen, der Schreierklammquelle und der Seisen-
st einquelle kommenden Zweigleitung, welche in den Thälern des
Siebensee- und Hinterwildalpenbaches, sowie des vereinigten Seisen-
baches die Quellen zu Thale bringt und den Salzafluss mittels eines
Dückers übersetzt und so in das Hopfgartenthal gelangt.
Die vereinigte Leitung führt dann bis an das obere Ende des
Hopfgartenthaies und durchsetzt dann mit einer Reihe von Stollen und
unter Übersetzung des »Imbaches und > Lassingbaches« zunächst den
»Hochkogel« und den »Röcker« und schließlich den Gebirgszug
der Göstlinger Alpen unter dem »Ringkogel« (1670 m) und gelangt
so in das Steinbachthal oberhalb Göstling im Ybbsgebiete.
Von hier führt die Trace im Steinbachthale abwärts und im Ybbs-
thale flussaufwärts über Kasten nach Lunz, von wo die Leitung nach
Traversierung der Ybbs und Duchsetzung des Grubberges mit einem
Stollen in das Gaminger Thal im Gebiete der Erlauf gelangt. Nach
Passierung des Ortes Gaming führt die Trace im Erlaufthale hinab bei
Altenreith, Fürteben und Neubruck vorüber nach Scheibbs.
Hier verlässt die Trace das Erlaufthal und gelangt mittels eines
Stollens unter den Ausläufern des »Blafeensteines« in die Gegend
von St. Georgen im Gebiete der Melk und führt dann längs der
nördlichen Bergabhänge über Kirnberg und Kettenreith nach
Freien bei Kilb, wobei die Thäler der Mank, des Zettelbaches und
des Sirningbaches übersetzt werden.
Nach Durchsetzung des »Rametzberges« mit einem Stollen ge-
langt die Trace in das Thal des Grünsbaches, welchem sie bis in
die Gegend von Main bürg folgt, w^oselbst der Pielachfluss über-
setzt wird.
Weiters führt die Trace über Aigelsbach, . Wielandsberg und
Pommern nach Wilhelmsburg, woselbst das Thal der Traisen
traversiert wird und sodann längs der nördlichen Hänge des Wiener-
waldes über Ochsenburg, Wald, Auern, Nutzung, Fahrafeld,
Kasten nach Stössing, wobei die Thäler des Perschling-, Michel-
und Stössingbaches traversiert werden.
Zwischen Stössing und Laaben muss der »Pyrath«-Berg mit
einem Stollen durchsetzt werden, worauf dann die Leitung nach Über-
setzung des Laabenbaches über Neustift, Manzing, Alt-
leng b a c h und Eichgraben in der Gegend von Rekawinkel
führt, wobei einige kleinere Stollen eingeschaltet werden müssen.
Die Wasserscheide bei Rekawinkel wird mit einem Stollen
durchsetzt, welcher von Schwarzlacken nach D ü r r w i e n führt,
wonach die Trace über Pressbaum am rechten Wienufer bis in die'
Gegend von Tullnerbach verläuft, woselbst in der Nähe des
»Norbertinums« der Wienfluss übersetzt werden muss.
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In der weiteren Fortsetzung berührt sodann die Trace die Orte
Laabach, AUhang, Mauerbach, Steinbach, Hinter-Hainbach
und kreuzt das Halterthal unterhalb der Riegler-Hütte und gelangt dann
unter dem Sattel beim Schottenhofe zu dem in der Seehöhe von 320 m
projectierten Vertheilungsreservoir oberhalb Neuwaldegg,
In dieser letzteren Partie sind wieder einige kleinere Stollen
eingeschaltet.
Es muss hier hervorgehoben werden, dass in der Strecke Reka-
winkel-Wien außer der hier beschriebenen Trace noch andere Varianten
studiert werden, welche bei entsprechender Abkürzung der Tracenlänge
noch eine eventuelle Anlage des Vertheilungsreservoirs am Abhänge des
Galitzinberges oder bei Mauer in Aussicht nehmen.
Die Gefällsverhältnisse sind dadurch bezeichnend, dass in der
oberen Strecke vom Salzathal bis Lunz mittlere Gefalle angeordnet er-
scheinen, nach Durchsetzung des Grubberges ein starker Gefällsbruch
eintritt und bis Scheibbs ein bedeutendes Gefalle vorherrscht, während
von Scheibbs bis Wien nur sehr geringe Gefalle (1 : 3000 bis 1 : 4000)
platzgreifen können.
Die Gesammtlänge der Trace beträgt nach der Tracenkarte circa
225 km, das Gesammtgefalle der Hauptleitung vom Brunngraben bis
Wien 750— 320 = 430m,
Die in Rede stehende Leitung ist hauptsächlich durch die in
größerer Anzahl vorkommenden Wasserscheidestollen charakterisiert,
die sämmtlich von bedeutender Länge sind.
Es wird erhalten der Stollen:
durch die Göstlinger Alpen ein Länge von ca. 5000 m
durch den Grubberg „ „ 4000 „
bei Scheibbs ., „ „ 2500 „
durch den Rametzberg „ „ 2500 „
unter dem Pyrath ^ „ 4750 „
bei Rekawinkel „ „ 2750 „
Größere Duck er sind vorgesehen:
bei der Traversierung der Salza bei Wildalpe
„ Pielach „ Mainburg
„ „ „ „ Traisen „ Wilhelmsburg
und bei der „ „ Wien „ Tullnerbach.
Die"approximativen Kosten der Leitung wurden mit 90,000.000 Kr.
beziffert.
Dieses generelle Project wurde sammt den Verhandlungsacten und
den seitens des Magistrates mit den Eigenthümern der zu erwerbenden
Territorien abgeschlossenen Präliminarverträgen dem Gemeinderathe
vorgelegt, welcher hierüber in der denkwürdigen Sitzung vom
27. März 1900 verhandelte.
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Hiebei kam der bereits in dem Abschnitte I angeführte Beschluss
zustande, womit sich der Gemeinderath im Principe für die Ausführung
des vom Stadtbauämte vorgeschlagenen Projectes mit der Tageswasser-
menge von 200.000 nfl entschied, einen Kostenbetrag von 100 Millionen
Kronen für die Durchführung in Aussicht nahm und das Stadtbauamt
zur Verfassung eines diesbezüglichen Detailprojectes beauftragte.
Es wurde auch unverzüglich an die Inangriffnahme der erforder-
lichen Vorarbeiten geschritten.
Technische Vorarbeiten.
Die technischen Vorarbeiten wurden theilweise bereits im Jahre 1899
in Angriff genommen, nachdem hiefür schon ein vom Stadtrathe
bewilligter Credit zur Verfügung stand. Sie bestanden zunächst in der
Durchführung von ausgedehnten Nivellements behufs Festlegung einer
großen Anzahl von Niveaufixpunkten längs der voraussichtlichen
Trace der Leitung, welche unter Anbindung an die vorhandenen Fix-
punkte I. Ordnung des Fräcisions-Nivellements des k. u. k. militär-
geographischen Institutes ausgeführt worden sind.
Da gerade in der wichtigsten Strecke, im Salzathale und an der
oberen Ybbs, keine solchen Fixpunkte I. Ordnung vorhanden waren,
musste ein besonderes Fräcisions-Nivellement zwischen den beiden
zunächstgelegenen Fixpunkten I. Ordnung in Groß-Reifling und in
Waidhofen an der Ybbs durchgeführt werden, welches die Orte Groß-
Reifling — Palfau — Lassing — Göstling — Lunz, Gaming, Ybbsitz und Waid-
hofen a. d. Ybbs umfasste. Hiedurch wurde insbesondere ein Niveau-
punkt I. Ordnung in Palfau geschaffen, an welchen das Nivellement im
Salzathale angebunden werden konnte.
Nachdem so die erforderlichen Niveaufixpunkte festgelegt worden
waren, konnte im Jahre 1900 mit der tachy metrischen Terrain-
aufnahme begonnen werden, welche die Grundlage für die Projects-
verfassung zu bilden hat.
Für diese Arbeiten ist ein besonderes städtisches Tracierungs-
Bureau errichtet, welches der Abtheilung I des Stadtbauamtes unter-
steht und seinen Sitz in Neustift bei Scheibbs hat. Diesem sind fünf
Tracierungssectionen unterstellt, welche je aus einem Ingenieur als
Sectionsleiter, einem zweiten Ingenieur als Traceur und einem Hilfs-
techniker nebst zwei Figuranten und zwei Handlangem bestehen und
nachstehende Strecken zugewiesen haben:
Section I Wien — Rekawinkel
„ II Rekawinkel — Wilhelmsburg
„ III Wilhelmsburg — Scheibbs
„ IV Scheibbs — Landesgrenze N.-Ö./Steierm.
„ V Landesgrenze — Wildalpen — Weichselboden.
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Die Arbeiten wurden so eifrig durchgeführt, dass bis zum Spät-
herbste des Jahres 1900 nahezu die gesammten Feldarbeiten für die
Terrainaufnahme beendet waren und im Winter 1900/1901 die an-
schließenden Bureauarbeiten zur Verfassung der Schichten- und Tracen-
pläne aufgenommen werden konnten.
Hieran werden sich die Aussteckung der Trace in der Natur und
die Ausarbeitung der eigentlichen Projectspläne schließen.
Schutzgrebiet für die Quellen der II. Hochquellenleitungr.
So wie es die Gemeinde Wien in Hinsicht der Quellen der
bestehenden Hochquellenleitung als nothwendig erkannt hat, den Bestand
derselben durch Erwirkung der behördlichen Festlegung eines Schutz-
gebietes für diese Quellen zu sichern (siehe Abschnitt II, Punkt g) hat
dieselbe auch hinsichtlich der Quellen der II. Hochquellenleitung, von
demselben Bestreben geleitet, bereits im gegenwärtigen Stadium des
Werkes Veranlassung genommen, die Bestimmung eines Schutzgebietes
für diese neuen Quellen von der zuständigen Behörde zu erwirken. Das
betreffende Erkenntnis wurde im Jänner 1901 gefallt, sieht in diesem
Falle von der Unterscheidung eines „engeren" und „weiteren"
Schutzgebietes aus localen und geologischen Gründen ab und bestimmt
als Schutzgebiet für die fraglichen Quellen, „innerhalb dessen auf die
Dauer der Nothwendigkeit jeglicher Bergbau- und Schurfbetrieb
untersagt wird", ein zusammenhängendes Territorium, welches gleich-
falls in der Kartenbeilage Tafel XII ersichtlich gemacht ist und
welches den größten Theil des „Hochschwabgebietes" und der
„Aflenzer Staritzen", sowie das ganze Gebiet der „Zeller Staritzen" am
linken Ufer der Salza umfasst und zum Theile auch noch auf das rechte
Ufer hinübergreift.
Rückblick.
Durch die Ausführung einer zweiten Hochquellenleitung aus dem
Salzagebiete wird die Gemeinde Wien einen mächtigen Zufluss von
ausgezeichnetem Hochquellenwasser erlangen, von Quellen, die durch
ihre Großartigkeit für die Versorgung einer Millionen- und Kaiserstadt
geradezu geschaffen erscheinen, an deren Ergiebigkeit keine größeren
Ansprüche gestellt werden, als welchen sie bereits seit langen Jahren
in den kritischesten Zeiten gerecht geworden sind und welche in ihrem
Bestände und in ihrem Regime durch die sorgsamste culturelle Pflege
der zugehörigen weiten Quellenterritorien gesichert werden sollen.
Der Zufluss dieser Quellwässer nach Wien soll in einer solchen
Höhenlage erfolgen, dass die in Betracht kommenden Theile des Gemeinde-
gebietes dieselben unter natürlichem Drucke werden beziehen können.
Unter diesen Umständen muss sich der Bau dieser zweiten Hoch-
quellenleitung für Wien als ein gewaltiges, großartiges Werk darstellen,
dem nicht so leicht ein gleich bedeutendes an die Seite gestellt werden kann.
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Der Schwierigkeiten sich wohl bewusst, welche mit der Durch-
führung eines so großen Unternehmens verknüpft sind, widmet sich
die Gemeindeverwaltung Wiens auch mit rastlosem Eifer dieser gewaltigen
Aufgabe.
Eine mächtige Aneiferung und Unterstützung hat das Werk durch
das, wie in so vielen anderen Fällen auch hier bekundete Wohlwollen
Seiner Majestät des Kaisers erfahren, welcher sein Interesse daran
dadurch bekundet hat, dass er huldvollst zu gestatten geruhte, dass das
neue Werk den Namen „Zweite Kaiser Franz Josef-Hochquellen-
leitung" führen dürfe und dass er einen Sprossen des Kaiserhauses,
Seine kaiserliche und königliche Hoheit den Erzherzog Karl Ferdinand
Wildalpen.
entsendet hat, um mit der Bürgerschaft Wiens an der feierlichen Grund-
steinlegung dieses Baues theilzunehmen, welche am 11. August 1900
zur Feier des 70. Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers in Wild-
alpen stattgefunden hat.
Die gesammte Projectierung und Ausführung der neueren Bau-
anlagen für die Wasserversorgung Wiens, sowie die Projectierung der
weiteren Ausgestaltung derselben erfolgte durch das Stadtbauamt unter
der Direction des k. k. Oberbaurathes, Stadtbaudirectors Franz Berger.
Unter seiner Oberleitung war, beziehungsweise ist die Arbeits-
eintheilung hinsichtlich der hier behandelten Bauanlagen in folgender
Weise getroffen:
Die Projectierung und Bauleitung der neueren Wasserbehälter und
der Wasserhebewerke oblag dem Baurathe J. Jahn und dem Bau-
inspector Fr. Borkowitz, welchen zur Beaufsichtigung der Bau-
herstellungen die Oberingenieure H. Schneider und Alex. Swetz,
sowie die Ingenieure H. Bartack und H. Michaleck zugetheilt waren.
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Die Bauleitung der Erweiterungsbauten der bestehenden Hoch-
quellenleitung oberhalb des Kaiserbrunnens war dem Baurathe J. Schurz
übertragen, dem für die Projectierung und Bauausführung in eigener
Regie die Oberingenieure Dipl. Ingenieur C. Kinzer und H. Schneider,
und die Ingenieure Fr. Wintersberger und H. Bartack zur Seite
standen.
Die Projectierung der II. Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung ist
dem Studienbureau des Stadtbaumamtes unter der Leitung des Bau-
rathes C. Sykora übertragen, welchem für die unmittelbare Durch-
führung der Tracierungs- und Projectierungsarbeiten Dipl. Ingenieur
Bauinspector C. Kinzer und Oberingenieur Fr. Wintersberger zu-
getheilt sind.
Bei dem im Zuge befindlichen Tracierungsarbeiten stehen in
Verwendung:
Der städtische Ingenieur S. Wellisch und die externen Ingenieure:
O. V. Bühler, F. Niessner, F. Kobliiek, J. Nitsch, Fr. v. Webern,
E. Baron, F, Panitz, C.Fischer, E. Äusserer, H.Falkensammerund
St. (^udid, sowie die Hilfstechniker C. Soche, E. Schättle, C. Gross,
S. Haberkalt, L. Fridriszegh, H. Dworzak und R. Gollner.
C. Nachtrag.
Hiemit sind die Mittheilungen, die über die Wasserversorgung
Wiens bei dieser Gelegenheit zu machen waren, beendet und es erübrigt
nur mehr, auf einige specielle technische Erhebungen und Versuche
hinzuweisen, welche die Organe der Gemeinde Wien anlässlich der
Ausführung - des Baues für die Zuleitung der Quellen oberhalb des
Kaiserbrunnens durchzuführen in der Lage waren und die sich auf die
Messung, beziehungsweise Aichung großer Wassermengen und auf
Überfallmessungen beziehen und geeignet sind, ein lebhafteres Interesse
in Fachkreisen hervorzurufen.
Wasseraichungen und Überfalimessungen.*)
Wie bereits im Abschnitt II, Punkt e bei der Besprechung der
Regulier- und Zumessvorrichtung oberhalb des Kaiserbrunnens her\^or-
gehoben wurde, dient dieselbe dazu, um in den Kaiserbrunnen kein
größeres Wasserquantum einzulassen, als das mit 36.400 m^ pro Tag =
mit 421 '3 Secundenlitern concedierte und besteht in der Hauptsache
*) Diese Mittheilungen sind zum größten Theile einem Aufsatze des Dipl.
Ingenieurs " C. Kinzer in der „Zeitschrift des österr. Ingenieur- und Architekten-
Vereines" 1897, Nr. 38 entnommen.
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aus einem plombierten Schieber, dessen Lichtöffnung so bemessen ist,
dass bei einer gegebenen Maximaldruckhöhe nicht mehr als das
concedierte Quantum durchfließen kann. Das Maß der Lichtöffnung
des Schiebers war nur mittels sehr scharfer Messungen zu bestimmen.
Überfallmessungen mussten im vorliegenden Falle schon aus dem
Grunde ausgeschlossen bleiben, weil es galt, die vielen Wasserrechts-
besitzer, mitunter Laien im Wassermessungsfache, von der Richtigkeit
der vorzunehmenden Messungen vollauf zu überzeugen. Man musste
daher zu faktischen Wasseraichungen schreiten, ähnlich jenen, die schon
Ende der 60iger Jahre zum Behufe der Constatierung der Ergiebigkeit
des Kaiserbrunnens vorgenommen worden waren. Der damals in Ver-
wendung gestandene Aichapparat war indessen zu unvollkommen, als
Aichungs-Apparat.
dass er, selbst in verbesserter Form, Resultate von solcher Schärfe
verbürgt hätte, welche den Anforderungen der Behörde und der Wasser-
interessenten entsprochen haben würden. Da auch die einschlägige
Literatur mit Ausnahme eines deutschen Reichspatentes, in welchem
übrigens auf das Schmidt'sche Princip des alten Wiener Apparates zu-
rückgegriffen ist, über Wasseraichungen größeren Maßstabes nichts
enthält, wurde zur Vornahme der bezüglichen Messungen ein eigener
Aichapparat ausgeführt
Der Construction dieses neuen, aus Holz gebauten Apparates lag
die Idee zugrunde, nicht das gesammte Zuleitungsquantum auf einmal
zu messen, sondern dasselbe in Strahlen zu zerlegen und jeden Theil
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besonders zu aichen. Die Messvorrichtung musste demnach ein Partial-
Aichapparat sein, und bestand derselbe, wie aus den Figuren der
Tafel XIII ersichtlich ist, der Hauptsache nach aus einer mittleren
Vertheilungskammer und den beiden seitlichen Messkästen. An den
beiden Längsseiten der Vertheilungskammer sind je 10 gusseiserne, im
Lichten 185 mm weite, cylindrisch ausgedrehte Rohrstutzen angeschraubt,
durch die die Untertheilung des Abflussquantums erfolgt.
Zur Zeit der Aichung gelangte das Wasser nach Passierung des
Zumessschiebers nicht in den Kaiserbrunnen, der provisorisch abge-
mauert war, sondern mit Hilfe eines Umlaufstollens und daran
schließenden, fast horizontal verlegten Zuleitungsgerinnes in den Ver-
theilungskasten des Aichapparates, woselbst es ein eingesetzter Be-
ruhigungsmantel zum Eintritte „unter Wasser" zwang und eine zweite
derartige Beruhigungswand wirbelnde Bewegungen an der Wasserober-
fläche verhinderte.
Das Wasser steigt nun in der Vertheilungskammer so hoch über
die Auslaufrohre, bis die gebildete Stauhöhe eine Rohrcapacität erzeugt,
die bei allen 20 Rohrstutzen zusammen genommen genau der Zufluss-
menge gleichkommt. Sobald sich diese maximale Stauhöhe gebildet hat,
welche bei der Aichung von 42 TB Secundenliter mit 251 mm über dem
Rohrmittel beobachtet wurde, stellt sich zwischen Zu- und Abfluss ein
vollkommener Beharrungszustand ein.
Das aus den 20 Rohrstutzen ausfließende Wasser gelangt vorerst
vermittels Rinnen über die Messkästen hinweg in das Schwarzabett ;
sofern jedoch eine oder die andere Rinne aufgekippt wird, ergießt sich
der betreffende Rohrstrahl in einen der beiden Messkästen. Hat sich
dieser nahezu gefüllt, so erfolgt durch plötzliches Herablassen der Rinne
die Abkehrung des Strahles momentan in das Freie.
Auf der gleichzeitig arretierten Messuhr wird nunmehr die Füllungs-
zeit abgelesen. Inzwischen ist auch für die Ermittelung der Wassertiefe
im Messkasten die erforderliche Oberflächenberuhigung bereits ein-
getreten und erfolgen die Tiefenablesungen hierselbst an Noniusscalen
mit Kegelspitzeneinstellung.
Selbstverständlich sind die Messkästen schon vorher genau aus-
kalibriert und die Voluminas mit dem Argumente „Noniusablesung in mm**
in eine Tabelle gebracht, sodass die Ermittelung des secundlichen Rohr-
ausflusses durch einfache Division rasch vollzogen ist. Die hierauf
folgende Entleerung des Messkastens wird durch Öflrien eines Boden-
ventiles bewerkstelligt.
Um die gesammte Zuflussmenge zu ermitteln, wäre es nöthig, den
geschilderten Vorgang dieser Messung mit jedem einzelnen Rohre zu
wiederholen und die Resultate zu addieren. Bei den Messungen selbst
zeigte es sich jedoch, dass sich die Aichung wesentlich vereinfacht,
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wenn nicht jedes Rohr separat, sondern mehrere Rohre auf einmal ge-
aicht werden; eine Einbuße an Genauigkeit fand hiebei, wie die dies-
bezüglichen Beobachtungen bestätigen, nicht statt.
Auf Grund dieser Erfahrung wurden daher mit Zustimmung der
Wasserrechtsbesitzer immer je fünf Rohre gleichzeitig in den Messkasten
gelassen und diese Partialmenge auf einmal geaicht. Die Aichungen
wurden nun so oft wiederholt, bis endlich die Schieberstellung im
Stollen so getroffen war, dass nur das concedierte Quantum durch den
Schieber fließen konnte.
Für die Erreichung einer möglichsten Stetigkeit des Wasserergusses
durch die Ansatzrohre ist vor allem die Größe der Vertheilungskammer,
beziehungsweise die in derselben auftretende Geschwindigkeit maß-
gebend. Bei der beschriebenen Anlage war diese Kammer b'dOm lang,
2*50 ni breit und 2*00 w tief und hatten die Messkästen eine Länge von
5-90 w, eine Breite von l'OOm und eine Tiefe von 1-50 m; es waren
also selbst bei gleichzeitigen Messungen von je fünf Rohrausflüssen
immer noch Füllungszeiten von mehr als 80 Secunden verfügbar.
Damit die einzelnen Rohrausflüsse sich nicht gegenseitig beein-
flussen konnten, waren im Vertheilungskasten zwischen den einzelnen
Rohransätzen durch verticale Scheidewände schachtartige Abtheilungen
gebildet, durch die das zu den Rohrstutzen gelangende Wasser von
unten nach aufwärts aufzusteigen gezwungen wurde, und damit ferner
bei dieser Aufwärtsbewegung der Wasserspiegel selbst in möglichster
Ruhe verblieb, also sich eine constante Stauhöhe erhielt, war es
nothwendig, jedem einzelnen der 20 Schächte eine Querschnitts-
größe zu geben, die eine Wassergeschwindigkeit nach aufwärts von
nur 6 bis 7 an bedingte. Überdies war jede Schachtreihe von einem
Holzpfosten-Schwimmer zu dem Zwecke überdeckt, damit die anderen
Falles sich zeitwillig bildenden trompetenartigen Luftsaugetrichter, die
die Contraction des Ausflussstrahles schädlich beeinflussen und die
Rohrcapacität, selbst bei gleichbleibender Druckhöhe, ständig ändern,
nicht auftreten können.
Die unter diesen Vorsichtsmaßregeln durchgeführten Aichungen er-
gaben sehr zufriedenstellende Resultate. Bei Messungsquantitäten bis zu
200 Secundenliter schwankten die erhaltenen Resultate nur zwischen
1 und 4 pro mille; bei Mengenbestimmungen bis zum Quantum von
421*3 Secundenliter zeigten die erhobenen Quantitäten Abweichungen von
4 bis 10 pro mille. Durch Ziehung des arithmetischen Mittels konnten
diese kleinen Aichungsfehler wesentlich reduciert werden.
Wenn man bedenkt, dass allen fließenden Gewässern eine gewisse
Discontinuität anhaftet, die sich auch hier in der Vertheilungskammer
des beschriebenen Apparates durch ein leichtes, dem Athmen einer
Lunge vergleichbaren Auf- und Abwogen der sonst spiegelglatten Wasser-
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Oberfläche zu erkennen gab, muss zugestanden werden, dass die er-
reichte Genauigkeit allen billigen Anforderungen, die an derartige Quanti-
tätsmessungen gestellt werden können, vollkommen entspricht.
Der Grund der erreichten großen Genauigkeit ist in dem Um-
stände zu suchen, dass der Einlass des Wassers in die Messkästen und
die Wiederabkehrung der Strahlen ohne Schützen oder Schieber momentan
erfolgt, ohne dass durch das Auf- und Niederkippen der Rinnen der
Rohrerguss irgendwie beeinflusst werden kann. Auch ist es ja gleich-
giltig, ob die Rohrstutzen gleichen Querschnitt haben oder ob sie alle
in genau derselben Höhe angeordnet sind. Dank der Vortheile der- ein-
geschlagenen Messungsmethode ergaben sich auch zwischen der Ge-
meinde Wien und den Wasserrechtsbesitzern in Betreff der so heiklen
Wasserzumessung keinerlei auseinandergehende Ansichten.
Die commissionell vorgenommenen Aichungen lehrten ferner, dass
sowohl dann, wenn das Wasser im Leitungsstollen genau in der Höhe
der Überfalle fließt, als auch, wenn hiezu noch das concessionsmäßig
zugestandene Übermaß von 3000 m^ pro 24 Stunden eingeleitet wird,
stets nur das bewilligte Ableitungsquantum in den Aichapparat gelangt,
mithin der Überschuss in voller Gänze durch die Überfalle abgeführt
wird. Die in diesen beiden verschiedenen Fällen der Einleitung am Aich-
apparate erhobenen Abweichungen von 421-3 / blieben innerhalb einer
27pigen Grenze, welche von den Interessenten als zulässiges Maximum
der unvollkommenen Wirkung der beiden Überfalle zugestanden wurde.
Die Idee dieses Aichapparates stammt von dem städtischen Bau-
inspector Dipl. Ingenieur C. Kinzer her, welcher auch die Detailcon-
struction desselben entworfen und die Versuche und Messungen mit
demselben durchgeführt hat.
Da, wie die Geschichte der Wassermessungen lehrt, die Gelegen-
heit zur Vornahme scharfer Aichungen größerer Wassermengen nur
äußerst selten gegeben ist, aus welchem Grunde auch die Ausfluss-
gesetze der für die Praxis so bequemen Überfallmessungen zur Zeit
noch nicht vollkommen erforscht sind, war es eine Pflicht gegen die
Wissenschaft, neben den Aichungen gleichzeitig auch Beobachtungen
an entsprechenden Überfallen anzustellen und wurden solche über An-
regung des Stadtbaudirectors F. Berg er gleichfalls von dem Dipl. In-
genieur Herrn C. Kinzer in ausgedehnter Weise durchgeführt, welcher
auch die Bearbeitung der Versuchsresultate besorgte.
Bekanntlich fand schon der Experimentator Lesbros (1829— 1834)
aus 353 Versuchen, die er leider an einem einzigen Poncelet-Überfalle
von 0*20 m Breite anstellte, den Satz, dass der Ausflusscoefficient größer
wird, wenn die Druckhöhe abnimmt. Der Wasserleitungs-Ingenieur
Castel von Toulouse stellte 494 Überfallsversuche an, bei welchen er
die Überfallsbreiten von O'Olm bis 0*74 w und die Druckhöhen von
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0*03 w* bis 0'24m variierte, hiebei konnte er die Thatsache feststellen,
dass die Ausfluss-Coefficienten mit zunehmender Breite der Überfalle
ebenfalls größer werden.
Diese beiden Ergebnisse benützten Weißbach, Redtenbacher
B raschmann und noch andere Autoren zur Aufstellung empirischer
Formeln über den Cberfall-Coefficienten, welche Formeln indessen theils
unvollkommen, theils sehr verschieden sind.
Weißbach stellte auf Grund der Lesbros'schen Versuche eine
Formel für (i auf, der jedoch eine allgemeine Giltigkeit abgesprochen
werden muss, da nur ein einziger Überfall von 0*20 w Breite den Er-
hebungen zugrunde lag.
Die vielfach angewendete, nach Castel's Versuchen von Redten-
bacher aufgebaute Formel
\L = 0-381 + 0062 -|-,
in welcher b die Überfallsbreite und B die Gerinnbreite bedeuten, gibt
die Abhängigkeit des Coefficienten von der Druckhöhe nicht an, während
gerade diese die meiste Veränderlichkeit hervorruft.
Braschmann suchte diese Lücke auszufüllen, indem er ebenfalls
die CasteTschen Beobachtungen benützte und den Coefficienten in die
Form kleidete:
(. = 0-3838 + 00386 A + -^?f^
Dass das letzte Glied dieser Formel nicht richtig sein kann, erhellt
einerseits aus der nicht homogenen Form der Gleichung und anderer-
seits auch daraus, dass für die Druckhöhe ä = o der CoefTicient selbst
unendlich groß wird. In dieser Formel fehlt eben die Wassertiefe im
Zuflussgerinne.
Wex schlägt eine ganz ähnliche Formel mit anderen Constanten vor:
|x = 0-4001 + 000048 &+ ^^^-
Auch die Wex'sche Formel leidet an denselben Gebrechen wie
die frühere.
Bornemann unternahm an einem Überfalle, der mit dem Zufluss-
gerinne die gleiche Breite von l'lStn hatte. Versuche und fand für den
Fall, als die Geschwindigkeit im Zuflussgerinne sehr klein ist, die Form:
|x = 0-5673 — 0-1239 \/ —
Hierin bedeutet T die Wassertiefe im Zuflussgerinne.
Sobald h :> Vs ^' ist, kann für die Quantitätsberechnung die an-
kommende Geschwindigkeit nicht vernachlässigt werden und besteht
sodann nach Bornemann für den Ausfluss-Coefficienten die Gleichung:
[L = 0-6402 — 0-2862 \ / ^
T
161-
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Bazin stellte für Überfälle, die dieselbe Breite wie das Zulauf-
gerinne haben, auf Grund selbständiger Versuche die Formel auf:
(1 = 0-425 + 0-212
(t)'
Dieselbe steht mit den älteren Versuchen insoferne im Widerspruche,
als hier mit zunehmender Druckhöhe der Ausfluss-Coefficient größer wird.
Um nun in dieser Sache durch eigene Beobachtungen Klarheit zu
erlangen, wurden in das 1*377 m breite Zulaufgerinne vor dem Aich-
apparate abwechselnd Überfalle von 0'20m, 0-40 m, 0-60 m, 0*80 w* und
1*00 m Breite eingebaut und dabei die Druckhöhen zwischen 0*044 m
und 0-246 m variiert.
Nach Vornahme der Erhebungen an den Überfällen, bei welchen
die ungesenkten Druckhöhen 1 m vor der L'berfallskante durch Nonius-
scalen mit Kegelspitzeneinstellung zur Ablesung gelangten, wurde das
jeweilig überfallende Wasser im Apparate sorgfaltigst geaicht. Im Ganzen
liegen 25 Variationen und 50 Aichungen vor; eine größere Anzahl von
Aichungen war aus dem Grunde nicht nöthig, weil die erhaltenen
Aichungsresultate nur Abweichungen von 1 — 47oo aufweisen.
Die Überfälle waren nach außen abgeschrägt und hatten scharfe
Kanten aus Zinkblech; unter dem Überfallstrahle fand Luftzutritt statt.
Die Geschwindigkeiten des ankommenden Wassers betrugen 0*012 m
bis 0-287 m ; sie sind in den nachfolgenden Ermittlungen berücksichtigt
worden, so dass die abgeleitete Schlussgleichung auch für Überfälle bis
zu 0-30m ankommender Geschwindigkeit, mit welchem Falle der praktische
Ingenieur am meisten zu schaffen hat, anwendbar ist.
Für die Berechnung des Coefficienten aus den Beobachtungen
wurde die Formel benützt:
q- -IL .h . (h + AJV. Y 2 g
Die Geschwindigkeitshöhe des ankommenden Wassers wurde
hiefür aus der Gleichung ermittelt:
Die auf diese Art aus den Beobachtungen zurückgerechneten
Coefficienten, für die fünf verschieden breiten Überfälle nach h geordnet
und in Reihen geschrieben, bestätigen sofort den von Lesbros ausge-
sprochenen Satz der Abnahme mit zunehmender Druckhöhe als auch
das von Castel mit der Überfallsbreite beobachtete Wachsen der
Coefficienten.
Über das Veränderlichkeitsgesetz mit Höhe und Breite gab folgendes
V^erfahren Aufschluss.
Trägt man die beobachteten Coefficienten als Ordinaten über den
b . h
Abscissen . - — , (Verhältnis des Abflussquerschnittes zum Zulaufquer-
— 102 -
2g\B 'r)
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schnitte) auf und verbindet jene Punkte, die zu derselben Überfallsbreite
gehören, so entstehen für die fünf Versuchsüberfalle fünf Linienzüge,
welche, soweit man von den Ungenauigkeiten der Beobachtungen absieht,
offenbar durch gerade Linien zu ersetzen sind, die gegen die Ordinaten-
achse convergieren und mit der Abscissenachse sehr verschiedene Nei-
gungswinkel einschließen. Jede dieser Geraden kann ausgedrückt werden
durch die Form:
Man erhält sonach fünf Gleichungen, in welchen sowohl die
numerischen Werte der a untereinander, als auch jene der ß unter-
einander verschieden sind. Die Verschiedenheiten der a und ß sind nur
durch die verschiedenen Breiten der Versuchsüberfälle hervorgerufen,
weshalb a und ß Functionen von .,- sein müssen.
Aus den Abständen der Schnitte der Coefficientenlinien mit der
Ordinatenachse oder auch aus der numerischen Differenz der a unter-
einander, ist zu erkennen, dass gesetzt werden kann:
h
a - «1 + «2 -g-
wobei ttj und Og constante Größen sind.
Eine Überlegung, sowie auch ein Vergleich der numerischen Werte
der ß zeigen ferner, dass zwischen ß und , die Beziehung bestehen
muss :
ß — TT ß. constant,
daraus ß =^ ß, -
Diese Werte von a und ß in die obige Gleichung gesetzt, erhält
man die allgemeine Form des Überfall-Coefficienten:
l h
|X 04 + «2 ^ — (l-i jT
Diese Gleichung wäre überhaupt sofort erhältlich gewesen, wenn
man die beobachteten Ausfluss-Coeflficienten als Ordinaten zu den
h
Abscissen ,j: aufgetragen hätte. Die in diesem Falle entstehenden
Coefficienten-Linienzüge sind im allgemeinen zueinander parallel ; da sie
aber wegen der geringen Größe des Gliedes Og ^ nahe neben einander
liegen, fallen sie infolge der Beobachtungsfehler öfter durcheinander,
so dass aus dieser graphischen Darstellung die Einflussnahme der
Überfallsbreite auf den Ausfluss-Coefficient nicht beurtheilt werden kann.
— 163— 11*
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Erst auf dem Umwege der Zuhilfenahme der Verhältnisse
b T.
werden die Coefficientenlinien stark divergierend gemacht und zur Be-
urtheilung des Einflusses der Überfallsbreite tauglich.
Die in der Formel zum Ausdrucke kommende Art der Beeinflussung
des Überfall-Coefficienten durch b und h stimmt mit den allgemein
Tabelle der Erhebungsdaten und Überfalls-Coefficienten.
1 Über-
' falls-
breite
6 in m
Druckhöhe
h in m
Gerinnbreite
B in m
Wasser-
tiefe
r in m
Geaichtes
Quantum
q in sl
(
Ausfluss-C
V
beobachtet i
seHicienten
berechnet
0053
0-269
461
0-4265
0-4202
1
0-099
0-315
11-38
0-4124
0-4111
- 0-20
0140
1377
0-356
18-80
0-4052
0-4050 1
1
1
0-190 1
0-406
26-36
0.3999
0-3991 '
1
0231 !
0-447
39-15
0-3975
0-3954
1
0054 0-310
943
0-4242
0-4233
!
0-109
; 0-365
26 33
0-4124
0-4186
1 0-40
0148 1-377 ' 0-404
41-39
0-4091
0-4083
0184 ; 0-440
5673
0-4044
0-4043 1
0-230 0-486
78-74
0-4012
0-4000
1
1
0069
0-364
20-64
0-4285
0-4234 1
0094
0-389
32-23
0-4195
0-4193 ;
0-60
0-135
1-377
0-430
54-86
0-4144
0-4137 1
0178 i
0-473
82-43
0-4104
0-4089 1
1
0-246
0-541
131-96
0-4030
0-4028
1
0044 '
0-359
14-06
04300
0-4299
0082
0-397
35-51
04253
0-4234
0-80
0-131 1 1-377 1 0446
70-63
0-4175
0-4166
0179
' 0-494
111-68
0.4117
0-4113
0-228
' 0-543
15952
0-4074
0-4068 1
1
0-0455 1
0-4015
18-48
0-4299
0-4319 1
0-089 ,
0445
50-13
0-4242
0-4252 1
100
0151
1-377 0-507
109-60
0-4168
04176
0188
; 0-544
151-26
0-4124
0-4139
0-218
0-574
18807
0-4093
0-4112
1
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ausgesprochenen Erfahrungssätzen der Experimentatoren Lesbros,
Castel und Bornemann überein; nur Bazin, bei welchem, wie erwähnt,
die Ausfluss-Coefficienten mit der Druckhöhe größer werden, macht
sonderbarer Weise die alleinige Ausnahme.
Es wird sich daher die Anwendung der Bazin'schen Formel nicht
besonders empfehlen.
Die numerische Rechnung ergibt für den Gebrauch die folgende
Schlussgleichung :
,1. = 0-4S42 + 009 ^ -0*0777 J
Wird der Überfall so breit wie das Zuflussgerinne, ist also —=^==1^
dann wird
|x^^0-44S2- 0777 ^
h
Nähert sich übrigens das Verhältnis -ttt <ler Nulle, dann entsteht:
jl max = 0*4432,
welchen Grenzwert auch die Formel von Redtenbacher, die die
Druckhöhen gar nicht berücksichtigt, für Überfälle, die ebenfalls über
die ganze Gerinnbreite reichen, genau angibt. In der angeschlossenen
Tabelle über die Erhebungsdaten sind den beobachteten Coefficienten
jene aus der abgeleiteten Formel berechneten gegenüber gestellt.
Die Übereinstimmung ist eine ganz zufriedenstellende; größere
Abweichungen kommen nur bei den kleinsten Druckhöhen vor; hier
sind sie aber auch erklärlich, da ja, wie Rühlmann zeigt, ein Beob-
achtungsfehler von 1 mm bei einer Druckhöhe von 0*02 m den rück-
gerechneten Ausfluss-Coefficient um 757oo seines Wertes fehlerhaft
gestaltet.
■ \k)b -
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Zweiter Theil.
L Die städtischen Elektricitätswerke.
IT. Die Regulierung des Wienflusses.
III. Die Hauptsammelcanäle.
IV. Die Stadtbahn.
V. Die Regulierung des Donaucanales und die
Anlage eines Winterhafens in derFreudenau.
Tafeln I— III.
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L Die städtischen Elektricitätswerke,
Die Frage der Erbauung städtischer Elektricitätswerke ist für die
Stadt Wien nicht erst in den letzten Jahren aufgerollt worden. Sie be-
schäftigte bereits im Jahre 1887 unsere Gemeindevertretung. Das Er-
gebnis war jedoch die Concessionierung dreier Privatunternehmungen
für die Lieferung von elektrischem Strom.
Im Jahre 1895 beantragte das Stadtbauamt, an der Erdbergerlände
ein großes städtisches Elektricitätswerk zu errichten, welches Strom
für verschiedene Zwecke liefern sollte. Der Ausführung dieses Gedankens
wurde aber erst in dem Zeitpunkte näher getreten, als die Gemeinde
durch die Erbauung städtischer Gaswerke die Besorgung der öffentlichen
und privaten Beleuchtung an sich zu ziehen begann.
Man verschloss sich nicht der Erkenntnis, dass das Gasunternehmen
heute einer Ergänzung durch die elektrische Beleuchtung und Kraft-
übertragung bedarf, und dass die Stadt die Regelung der Absatz-
bedingungen für Gas und Elektricität in ihrer Hand haben müsse.
Ihre volle Wichtigkeit aber erlangte die Frage durch den Abschluss
des Vertrages mit der Bau- und Betriebsgesellschaft für städtische
Straßenbahnen, welcher die Gesellschaft verpflichtet, im Falle der Er-
richtung städtischer Kraftwerke den zum Bahnbetriebe nöthigen elektri-
schen Strom von der Gemeinde um die Selbstkosten zuzüglich eines
207oigen Nutzens zu beziehen.
Die Gemeinde schrieb deshalb im Mai 1899 eine Offertverhandlung
aus, wobei den Bewerbern das Stromvertheilungssystem, sowie die
Leistungsfähigkeit der Anlage vorgeschrieben war. Auf Grund dieser
Offertausschreibung langten im August 1899 von nachbezeichneten
Firmen Offerte ein:
1. Union-Baugesellschaft in Wien.
2. Allgemeine österr. Elektricitäts-Gesellschaft in Wien.
3. Österreichische Schuckertwerke in Wien.
4. Österr. Union-Elektricitäts-Gesellschaft in Wien.
5. Elektricitäts-Actien-Gesellschaft vorm. Kolben & Co. in Prag.
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In der Gemeinderathssitzung vom 4. Mai 1900 wurde die Erbauung
eines städtischen Kraftwerkes zur Abgabe von Strom für den Be-
trieb der städtischen Straßenbahnen mit vorläufig fünf Maschineneinheiten
zu je 3000 PS und 20 Kessel mit je 300 m^ Heizfläche, femer der
Bau eines städtischen Lichtwerkes mit vorläufig drei Maschineneinheiten
und 12 Dampfkessel gleicher Größe und Construction wie für das
Bahnwerk beschlossen und der Bau dieser Werke der k. k. priv. österr.
Länderbank und den Österr. Schuckertwerken in Wien übertragen.
Die Situation der Werke ist in Fig. 1 dargestellt.
Das Bahnwerk,
Das städtische Kraftwerk für Bahnbetrieb soll zur Beschaffung des
zum Betriebe der städtischen Straßenbahnen nöthigen Stromes dienen
und umfasst:
Die eigentliche Centrale, bestehend aus der Maschinenhalle für
acht Dampfdynamomaschinen zu je 2000 K. W. sammt Erreger und
Apparatenanlage, dem Kesselhause für 32 Kessel zu je 300 w/2 Heiz-
fläche sammt Economisern, Wasserreinigern, dem Kohlenschuppen und
den Nebengebäuden.
Das für den ersten Ausbau des Bahn- und Lichtwerkes benöthigte
Kühlwasserquantum von 1000 Liter per Secunde soll aus zwei Brunnen-
gruppen, die durch Heberrohrleitungen mit dem Donaucanale verbunden
sind, in Reservoircanäle gepumpt werden, aus welchen die Condensatoren
direct ansaugen. Die Wasserabfuhr erfolgt durch einen Betoncanal,
welcher in den Donaucanal einmündet.
Die Centrale wird durch eine Schleppbahn an die Schlachthaus-
bahn der priv. österr.-ungar. Staatseisenbahn-Gesellschaft angeschlossen.
Die Verbindung dieser Schleppbahn mit der Hochbahn des Kohlen-
schuppens erfolgt durch eine Schiebebühne und Waggonaufzug, welche
elektrisch betrieben werden.
DieMaschinenhalle (Fig. 2) besitzt eine Länge von 126m und eine
lichte Breite von 26 m. Der Souterrain-Fußboden liegt nur 1 m unter dem
Spiegel des höchsten Hochwassers und wird gegen dasselbe ent-
sprechend versichert.
Für die Montage ist ein Krahn mit einer Tragfähigkeit von
40 t vorgesehen. Die Krahnbahn liegt in einer Höhe von 10*20 m über
dem Fußboden der Halle.
Die Maschinenhalle (Fig. 2) selbst besitzt bis zur Hauptgesimsoberkante
eine Höhe von 14*0 m. Die Außenmauern des Gebäudes sind in Ziegel-
trohbau, das Dach in Eisen ausgeführt, die Eindeckung wird mit Falz-
ziegeln hergestellt.
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Figur 1. Situationsplan der städtischen Elektricitäts werke
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CQ
<
173-
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— 175-
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Anschließend an die Maschinenhalle befindet sich ein Anbau zur
Unterbringung der Erregerbatterie des Schaltraumes und der Apparaten-
wand. V^or der Apparatenwand liegt in einer Höhe von 3-4 m die
Bedienungsbühne.
Das Kesselhaus (Fig. 5) wurde 126 m lang und 30 yn breit ausgeführt.
Die Höhe bis zu den Dachpfetten beträgt 8 m, die Höhe der Glas-
oberlichte, und zwar bis zum First derselben gemessen, 16'0 m. Das
Kesselhaus wird von vier Dampfschornsteinen flankiert. Die Schornsteine,
von denen derzeit nur zwei ausgeführt werden, erhalten eine Höhe von
05 m und eine obere lichte Weite von 3*8 m. Sie werden bis zu einer
Höhe von 9 m mit einem Chamottemantel gefüttert.
Der hinter den Kesseln liegende unterkellerte Raum von 4 m Breite
dient zur Aufnahme der Economiser. Unter dem Mittelgange des Kessel-
hauses ist ein 8 m breiter Aschenabfuhrcanal angelegt.
Der Kohlenschuppen hat eine Länge von 120 w, eine Breite von
14*20 m und eine Höhe von 10 m vom Fußboden bis zur Haupt-
gesimsoberkante.
Im Innern des Kohlenschuppen wird auf Eisenständern eine Hoch-
bahn angelegt, die mit Normal- und Schmalspurgeleise versehen wird-
Diese Hochbahn ist zur Entleerung der Kohlen- und Coakswagen
bestimmt.
Die Dampfmaschinenanlage des ersten Ausbaues besteht aus fünf
Stück liegenden dreifach Expansions-Dampfmaschinen mit getheiltem
Niederdruckcylinder.
Diese Maschinen leisten bei 12 Atmosphären Anfangsspannung und
90 Touren in der Minute mitEinspritzcondensation 3000 bis 3720 effectPK
Der Hochdruckcylinder wird für den Betrieb mit überhitztem Dampf
von 300^0. construiert und erhält Sulzersteuerung.
Die im Kellergeschosse unterzubringenden Condensatoren und Luft-
pumpen sind so hochgelegt, dass sie hochwasserfrei arbeiten.
Zum Betriebe der vorbeschriebenen Dampfmaschinenanlage dienen:
1. 20 Stück Wasserrohrkessel, System Babcock & Wilcox, von
je 300 w'-* Heizfläche, 8*19 w/2 Rostfläche für eine Betriebsspannung von
14 Atmosphären mit künstlicher Wassercirculation, Patent Dubiau, und
in die Kessel eingebaute Überhitzungsapparate von je 52 w^ Heizfläche
sammt Zubehör.
2. 10 Stück Economiser von 25G m^ Heizfläche, System Green.
3. Eine Wasserreinigungsanlage, bestehend aus zwei Wasser-
reinigungsapparaten und zwei Compound-Förderpumpen für eine stünd-
liche Leistung von 80 w/'.
4. 4 Stück Worthington-Compound-Pumpen zum Speisen der
Kessel zu je 50 w?^ pro Stunde.
5. Die vollständige, zur gesammten Kessel- und Maschinenanlage
gehörige Rohrleitung etc. etc.
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Für die elektrische Einrichtung der Centrale werden vorerst
fünf Drehstrom-Generatoren für eine Leistung von je 2000 bis 2500 K. W.,
96 Polwechsel in der Secunde und rund 5000 Volt Betriebsspannung für
verketteten dreiphasigen Wechselstrom aufgestellt.
Die für die Erregung der Drehstrom-Generätoren nöthige Gleich-
stromenergie wird von drei rotierenden Umformern, die in Parallel-
schaltung mit einer Accumulatorenbatterie arbeiten, mit einer Spannung
von 220 Volt geliefert.
Das Lichtwerk»
Das städtische Elektricitätswerk für Beleuchtung und Kraftüber-
tragung soll dem von Jahr zu Jahr zunehmenden Bedürfnisse an elek-
trischem Strom für Licht- und Kraftzwecke, soweit dies nicht schon
durch die bestehenden Unternehmungen geschieht, genügen. Das Werk
ist in gleicher Größe geplant wie das Bahnwerk. Vorläufig wird es aber
nur zur Hälfte ausgebaut.
Maschinen-, Kesselhaus und Kohlenschuppen sind gleich bemessen
wie die entsprechenden Gebäude des Bahnwerkes und liegen mit jenen
symmetrisch zum Mittelgeleise der Kohlenschleppbahn.
Das Condensationswasser wird dem Lichtwerke durch dieselben
Brunnen und Heberanlagen zugeführt, welche schon beim Bahnwerke
erwähnt wurden. Das Lichtwerk erhält gesonderte Kalt- und Warm-
wassercanäle. Der Kaltwassercanal steht jedoch mit jenem des Bahn-
werkes in Verbindung.
Die Dampfmaschinenanlage besteht bis auf Weiteres aus 3 liegenden
Dampfmaschinen gleicher Construction und Größe wie jene des Bahn-
werkes. Diese Maschinen werden durch 12 Babcock & Wilcox-Kessel,
wie vorne beschrieben, mit Dampf versorgt.
Die Kesselanlage wird durch 6 Economiser, eine Wasserreinigungs-
anlage und 8 Speisepumpen vervollständigt.
Die elektrische Einrichtung der Lichtwerks-Centrale besteht aus
3 Drehstrom-Generatoren, 2 Erregermaschinen und der in der Mitte des
Gebäudes befindlichen Schaltanlage.
An Wohngebäuden gelangen zur Herstellung: 1 Verwaltungsgebäude,
1 Beamtenwohnhaus, 1 Arbeiterwohngebäude, 1 Schuppen, 1 Portier-
häuschen.
Unterstationen.
Zur Verwandlung des hochgespannten Drehstromes in niedrig
gespannten Gleichstrom sind in fünf Bezirken der Stadt besondere Unter-
stationen in Ausführung begriften. Diese Unterstationen führen die
Namen: „Landstra(3e, Mariahilf, Leopoldstadt, Rudolfsheim und Währing".
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In dieser Unterstation kommen Motordynamomaschinen, welche
den von den Centralen kommenden hochgespannten Drehstrom in Gleich-
strom von 500 bis 570 Volt Spannung umwandeln, ferner Einrichtungen
für die Erregung dieser Umformer, Accumulatorenbatterien und die zur
Ladung dieser Batterien dienenden Zusatzaggregate zur Aufstellung. Ein
Theil dieser Motordynamos und Accumulatoren dient dem Bahnbetriebe,
der andere für die Versorgung der Bezirke mit Licht und Kraft.
Kabelnetz.
Die Hochspannungsleitungen, welche die beiden Centralen mit den
Unterstationen zu verbinden haben, werden als dreifach verseilte eisen-
bandarmierte Drehstromkabel für 5000 Volt Spannung ausgeführt. Die
Kabel werden in eine Sandbettung 0*8 — Im tief verlegt und mittels
Gesimsziegel abgedeckt.
Die Verbindung der einzelnen Unterstationen mit den Speisepunkten
des Straßenbahnnetzes einerseits und mit dem Licht- und Kraftnetze
anderseits wird durch eisenbandarmierte Gleichstromkabel bewerkstelligt,
welche in einer Tiefe von 0*8 — 1*0 m in Sand mit oberer Ziegelabdeckung
verlegt werden.
Bauausführung.
Am 5. Juni 1900 wurde mit dem Erdaushube für das Betriebs-
gebäude des Bahnwerkes begonnen. Die Arbeiten für das Lichtwerk
wurden am 10. December 1900 in Angriff genommen.
Die Unternehmer gewährleisteten die Inbetriebsetzung des Bahn-
werkes mit Ende 1901, die Inbetriebsetzung des Lichtwerkes mit
1. August 1902.
Die Baukosten des Bahnwerkes sind mit 19,350.000 K, jene des
Lichtwerkes mit 14,680.000 K veranschlagt, so dass die Kosten des
ersten Ausbaues beider Werke 34,080.000 K betragen werden.
An der Verfassung des Detailprojectes betheiligen sich die Österr.
Schuckertwerke und die Union-Baugesellschaft im Vereine mit dem
Stadtbauamte.
Die Durchführung des Baues erfolgt unter der Oberleitung des
Stadtbaudirectors Franz Berger, beziehungsweise des Stellvertreters
Baurath J. Buschek, einerseits durch die städtische Bauleitung, bestehend
aus dem Bauinspector G. Klose und dem Oberingenieur E. Karel,
andererseits durch die Bauleitung der üsterr. Schuckertwerke, vertreten
durch den Oberingenieur Hubert Sauer, beziehungsweise für die Bauten
der ('entrale durch die Union-Baugesellschaft unter der Leitung des
Baurathes Franz Bock, für die Gebäude der Unterstationen durch den
-179- 12'
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Stadtbaumeister A. Schumacher. Die Architektur der Gebäude der
Centrale wie auch der Unterstationen wird nach den Entwürfen des
städtischen Architekten F. Scheiringer ausgeführt.
Die elektrischen Maschinen und Apparate werden in der Fabrik
der Österr. Schuckertwerke unter der Leitung des Directors F. Neureiter,
die Dampfmaschinen in den Werkstätten der Ersten Brünner Maschinen-
fabrik gebaut. Mit der Lieferung der Kabel sind die Wiener Firmen
Feiten & Guilleaume und Siemens & Halske betraut. Die Accumulatoren
werden in dem Hirschwanger Werke der Accumulatorenfabriks-Actien-
Gesellschaft erzeugt.
-180 —
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n. Die Regulierung des Wienflusses.
Der Zustand des Wienflusses hat seit Jahren Anlass zu der For-
derung gegeben, denselben mit Rücksicht auf die sanitären Verhältnisse
und auch in Hinsicht auf die Entwicklung des Verkehres und der bau- .
liehen Ausgestaltung der Stadt einer Regulierung zu unterziehen. Das
zur Ausführung gelangte Project hiefür rührt aus dem Jahre 1891 her,
und ist gelegentlich der Vorverhandlungen zur Gründung der Commission
für die Verkehrsanlagen in Wien vom Stadtbauamte aufgestellt und vom
Gemeinderathe genehmigt worden. Die Bestrebungen zur Ausarbeitung
eines Regulierungsprojectes reichen jedoch weiter zurück und schon
anfangs der Achtzigerjahre ist seitens des Stadtbauamtes ein ausführ-
licher Entwurf fertiggestellt worden. Während aber die früheren Projecte
stets zwei- und dreitheilige Profile, und zwar mit oder ohne Verbindung
mit einer Stadtbahn, in Aussicht nahmen, weist der endgiltige Ent-
wurf ein einheitliches Profil auf, das neben seinen sofort erkenn-
baren technischen Vorzügen noch einen finanziell bedeutungsvollen
besitzt; dasselbe ermöglicht es nämlich, einen Theil der Ausführungen
der Zukunft zu überlassen, indem man nur die Sohle in der richtigen
Lage und die Ufermauern dergestalt ausführen muss, dass sie als Wider-
lager der künftigen Einwölbung dienen, während man die letztere selbst
nur nach Maßgabe der vorhandenen Geldmittel und des Bedürfnisses
herzustellen braucht.
Die Regulierungsarbeiten erstrecken sich auf eine Flusslänge von
nktn, und zwar von der Ausmündung des Wienflusses in den Donau-
canal bis nach Weidlingau. Sie zerfallen in drei, in ihrer technischen
Function wesentlich verschiedene Herstellungsgruppen. Die erste derselbe
umfasst die Anlage der Hochwasser-Reservoire am Beginne der Regu-
lierungsstrecke in Weidlingau, während die zweite die Ausgestaltung
des Abflussgerinnes selbst betrifft, welch letzteres durch die Arbeiten der
dritten Kategorie, Ausführung von Sammelcanälen beiderseits des Wien-
flusses, seine Assanierung und Reinhaltung gesichert erhält.
-181-
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a) Die Hochwasser-Reservoire in Weidlingau.
{Vgl. den beigegebenen Lageplan Taf. I.)
Den Hochwasser-Reservoiren fällt die hochwichtige Aufgabe zu, die
excessiven Hochwässer vor ihrem weiteren Abgange nach Wien so zu
regulieren, beziehungsweise zu theilen, dass nur eine bestimmte Wasser-
menge, und zwar 400 w/^ in der Secunde, ihren raschen Abfluss gegen
die Stadt hin findet, während der Überschuss die Reservoire füllt und
so eine entsprechende Zeit zurückgehalten wird.
Die Reservoir-Anlage, welche eine Grundfläche von 87 Aa umfasst,
ist an der Einmündung des Mauerbaches, des bedeutendsten Zuflusses
des Wienflusses, situiert, da die Hochwasser erst dann außergewöhn-
liche Größe annehmen, wenn die Hochwässer beider Thäler zusammen-
wirken. Wenn in einem solchen Falle die Höchstwassermengen vom
Wienflusse mit 480 w' per Secunde und diejenigen vom Mauerbache mit
VdOm^ zusammenfließen, so sollen — wie oben angeführt — gegen Wien
hin blos 400 w^ abfließen, während 210/^8 seitlich in die Bassins gedrängt
werden. Die Cubatur der Reservoire ist nun so bemessen, dass die
Wassermassen, welche nach vollzogener Füllung der 1*6 Millionen m"*
fassenden Bassins wieder in das Hussgerinne eintreten, dort bereits
niedrigere Wasserstände vorfinden. Die Füllungszeit der Reservoire
beträgt über zwei Stunden; innerhalb eines solchen Zeitraumes aber hat
die Flutwelle, wie langjährige Beobachtungen übereinstimmend gezeigt
haben, ihren höchsten Stand bereits verlassen, so dass die Entleerung
der Reservoire ohne höhere Inanspruchnahme des Ablaufgerinnes erfolgt.
Die Reservoir-Anlagen zerfallen in zwei nach den F'lussläufen ge-
trennte Theile, und zwar in die Wienfluss-Anlagen und in die Mauer-
bach-Anlagen.
1. Wienfluss-Anlagen.
Diese Anlagen erstrecken sich von der Reichsstraßenbrücke in
Weidlingau bis zur Haltestelle Hütteldorf-Bad der W^estbahn. Von der
ebenerwähnten Brücke an wird der Wienfluss zwischen regulierten
Böschungen in seinem alten Niveau eine kurze Strecke hindurch bis zu
einer durch einen entsprechend geformten Betonkörper versicherten Sohlen-
stufe geführt; hiedurch wird ein Absturz zu einer 2*5?// tiefer liegenden
Cunette hergestellt, welch letztere sich 100 m weiter allmählig bis zur
Thiergartenmauer zu einem Vorbassin erweitert. Dieses in das Erdreich
eingegrabene, mit einem Rechen versehene Reservoir dient als Ablagerungs-
becken für Geschiebe und größere Schwimmgegenstände.
Den Abschluss dieses Vorbassins gegen die weiteren, flussabwärts
gelegenen Reservoire bildet eine Betontraverse mit einem in der Achse
des Flussgerinnes gelegenen Vertheilungswerke. Dieses Werk enthält
eine Eisenconstruction, bestehend aus sechs übereinander angeordneten,
horizontalen eisernen Balken (Pontons), welche auf Rollen in verticalen
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Quernischen laufen und durch eine Aufzugsvorrichtung beliebig gestellt
werden können; ihm fällt die schon oben dargelegte Aufgabe zu, die
ankommenden Hochwasser zu vertheilen, beziehungsweise aufzustauen,
so dass nur die als größte zulässig erklärte Wassermenge nach Wien
abfließen kann, während der Rest im Vorbassin aufgestaut wird und
schließlich über die vorerwähnte Betontraverse in das nächste Bassin
überfällt. Die weiteren, flussabwärts gelegenen Reservoire bedecken die
gesammte Fläche zwischen dem neuen Flussgerinne und der Thier-
gartenmauer, respective der HoQagdstraße, und enden in dem Engpasse
zwischen der eben genannten Mauer und dem Westbahndamme bei
Hütteldorf-Bad. Auch diese Reservoire sind in das Terrain versenkt und
von einander durch Betontraversen getrennt, die so angelegt sind, dass
die gestauten Wasserspiegel in Staffeln von je 2 m abfallen, welche
das durchschnittliche Wienflussgefälle, das ist circa 5 7oo> bilden. Der
Abfluss erfolgt in der Höhe der Traversenkronen von selbst, während
die darunter gelegenen Wassermengen sich durch, in den Wehrkörper
ober der Sohle eingelegte, stets offene Röhren nach unten automatisch
entleeren, oder auch durch Schleusen in das regulierte Gerinne ab-
gelassen werden können. Die Bassinböden, die aus geneigten, durch-
schnittlich nahezu gleich hoch wie die künftige Wienflusssohle liegenden
Flächen bestehen, werden durch gepflasterte Gräben entwässert.
Von dem Vertheilungswerke ab wird der Wienfluss in einem von
den Reservoiren durch eine Betonmauer vollkommen getrennten Gerinne,
dem sogenannten Umlaufgraben, geführt, der sich als 1300 m langer
Durchstich darstellt und, um Fläche für die Resei-voire zu gewinnen,
nahe an die Linzer Poststraße, beziehungsweise an den Körper der
Westbahn, gelegt ist. Bei Hütteldorf-Bad, in dem obenerwähnten Eng-
passe, mündet dieses neue Gerinne zugleich mit dem Ablaufe des letzten
Bassins in das alte Wienflussbett wieder ein. (Fig. 4.)
Die Trennungsmauer zwischen Reser\^oiren und Umlaufgraben ist
6 — 8 ni hoch, hat 2 m Kronenstärke, ist bassinseitig vertical und ander-
seits mit 1 : 2*4 Anzug versehen. Die Einschnittsböschungen der Bassins,
deren Versicherung durch Bepflanzung geschieht, haben eine Neigung
von 1 : iVgi Böschungen, die stärkeren Strömungen ausgesetzt sind,
erhalten ein 80 cm bis 1 m starkes Bruchsteinpflaster bis 50 cm über
Hochwasserlinie.
2. Mauerbach- Anlagen.
Der ursprünglich stark gekrümmte Lauf des Mauerbaches ist durch
einen circa 2bO m langen Durchstich ersetzt worden; zur Aufspeicherung
der größten Hochwässer sind an ihm zwei in das Terrain eingelassene
Reservoire mit einem Gesammtfassungsraume von 190.000 m^ angelegt.
Hievon stellt sich das kleinere, mit einem Holzrechen versehene Vor-
bassin als eine Erweiterung des Bachbettes dar und ist als Ablager-
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Stätte für die mitgeführten Geschiebe und zum Zurückhalten größerer
schwimmender Gegenstände bestimmt, während das große, am hnken
Ufer gelegene Reservoir hauptsächlich zur eigentlichen Wasserauf-
speicherung dient. Beide Reservoire sind mit einander durch ein 80 m
langes Überfallswehr verbunden, dessen Krone so hoch gelegen ist,
dass erst bei einem bestimmten Wasserstande im Vorbassin, der dem
größten zulässigen Abfuhrsquantum des Mauerbaches entspricht, ein
Überstürzen der Wassermengen in das große Reservoir stattfindet.
Zur Entleerung desselben ist am flussabwärts gelegenen Ende eine
Ablassschleuse sammt Rohr für die Bodenentwässerung angebracht. Die
Regulierung der von der Westbahnbrücke flussabwärts gelegenen Strecke
des Mauerbachgerinnes beschränkt sich auf die Herstellung der Regel-
mäßigkeit der Sohle und der Böschungen. Nahe der Ausmündung des-
selben in den Wienfluss findet ein 2*5 m tiefer Sohlenabsturz in das
neue, vertiefte Wienflussgerinne statt, welcher aus einem Betonkörper
mit Absturzboden besteht.
Der eigentlichen Bauarbeit mussten ziemlich schwierige und aus-
gedehnte Grundeinlösungen vorausgehen ; es war eine Fläche von
494.354 m2 einzulösen, wovon der größte Theil, und zwar 288.298 m^,
im Besitze des k. und k. Hoförars war, welchem die Gemeinde großes
Entgegenkommen zu danken hat.
Bei der Baudurchführung der Bassins wurde der Bau in zwei
Lose getheilt, von denen das erste das Vorbassin am Wienfluss, den
Umlaufgraben und alle in diese Strecke fallende Objecte (Vertheilungs-
werk, Sohlenabstürze, Brücken u. dgl.), sowie die gesammten Mauerbach-
Anlagen umfasste. Die Arbeiten waren an die Bauunternehmung Doderer,
Göhl & Co. vergeben, anfangs April 1895 begonnen und innerhalb
zweier Jahre fertiggestellt worden. Da an Erdaushub circa 650.000 nfi,
an Verführung circa 520.000 m^ und an verschiedenen Mauerwerks-
Gattungen circa 54.000 m^ zu leisten waren, ist seitens der Gemeinde
Wien eine ausgedehnte maschinelle Installation eingerichtet worden. Es
gelangten drei große Lübecker Trockenbagger mit je 40 PS zur Auf-
stellung, von denen jeder bei zehnstündiger Arbeitszeit 1000 — 1500 m^
zu bewältigen vermochte; weiters standen fünf Locomotiven, 185 Lowries
mit je 3 m^ Fassungsraum auf 8500 ni Rollbahngeleisen in Betrieb. Die
gewonnene Aushubmenge aus dem Wienflusse und den Bassins wurde
in das Gebiet des Thiergartens verführt und dort mit Zustimmung des
k. und k. Hofärars deponiert. Da sich in dieser Partie des Thiergartens
in einem alten Wienflusslaufe Sand und Schotter vorfindet, so entschloss
sich die Gemeinde Wien, vorerst dieses Material für Bauzwecke zu
gewinnen und dann erst die Anschüttung durchzuführen. Ein Trocken-
bagger besorgte den Aushub des vSandes und Schotters. Der gewonnene
Sand und Schotter wurde auf einer im Wienflussbette errichteten großen
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maschinellen Anlage sortiert, gewaschen und kam dann zur Verführung.
Diese Schotter- und Sandwäsche hatte vier Abtheilungen, deren jede bei
zehnstündigem Betriebe circa 200 m^ zu erzeugen vermochte.
Die anderen Bassins bildeten ein zweites Baulos mit ähnlichen
Erdmassen wie im ersten Lose, aber mehr als doppelter Mauerwerks-
masse, dessen Vergebung gleichfalls an die Bauunternehmung Doderer,
Göhl & Co. erfolgte; mit den Arbeiten an demselben wurde Ende des
Jahres 1897 'begonnen und sind dieselben bis Ende 1899 fertiggestellt
worden.
b) Ausgestaltung des Abflussgerinnes von Hütteldorf-Bad bis
zum Donaucanal.
Flussabwärts der Weidlingauer Reser\'oiranlagen wird das Gerinne
des Wienflusses auf eine Länge von 1*6 km bis zur Franz Karl-Brücke
in Hacking mit beiderseitigen Böschungen offen weiter geführt; von da
ab bis zur Einmündung des Lainzerbaches in Hietzing ist das Fluss-
bett auf 3 km Länge rechtsseitig durch die Wassermauer der Wienthal-
linie der Wiener Stadtbahn, linksseitig aber durch eine Böschung begrenzt.
In der sich hier anschließenden Strecke bis zum Stadtparke, also in
einer Länge von 6*8 km, ist die Herstellung der Ufermauern in der
eingangs erwähnten Weise erfolgt, welche eine künftige Einwölbung
jederzeit gestattet. In der Endstrecke endlich von 1*2 km Länge bleibt
das Flussbett wieder offen und ist dortselbst auf die Möglichkeit einer
späteren Einwölbung Verzicht geleistet ; jedoch ist die Ausführungsweise
eine derartige, dass bei Bedarf künftighin eine Eisenüberdeckung immer-
hin noch hergestellt werden kann.
Für die einzuwölbende Strecke ist als Grundsatz aufgestellt worden,
dass das Einwölbungsprofil imstande sein muss, in der Secunde eine
Wassermenge von 600 m^ abzuführen. Diese Ziffer ist auf Grund der
Ermittlungen der in den Jahren 1882 und 1886 durchgeführten um-
fassenden Expertisen über das damalige Project der Wienfluss-Regulierung
festgesetzt worden. Es entspricht diese Menge bei dem 224*2 km^ um-
fassenden Niederschlagsgebiete des Wienflusses einem secundlichen
Abfluss von 2*68 m^/km^. Auf Grund der vorgeschriebenen Abfuhrfähigkeit
ergaben sich unter Berücksichtigung der Sohlengefälle die vSpannweiten
der Einwölbungsprofile, wobei als Norm galt, dass die Hochwasserlinie
mindestens 1'7 m unter dem Scheitel der Gewölbeleibung zu liegen
habe. Die Sohle des neuen Gerinnes weist gegenüber dem alten Bette
wesentliche Vertiefungen auf, welche von 50 cm bis zu 8 m nach fluss-
abwärts zunehmen. Es muss hier erwähnt werden, dass die Ausführung
der Regulierung des Flussbettes nicht in regelrechter Weise vom Donau-
canal nach aufwärts vorgenommen werden konnte, sondern gemäß
dem Programme der Wiener Verkehrsanlagen in erster Linie, den Be-
dürfnissen der Stadtbahn entsprechend, die rechtsseitige Widerlagsmauer
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von Hietzing bis zum Schikanederstege durchzuführen war; dies hatte
die wesentliche Erschwernis zur Folge, dass der Abfluss der Höchst-
wassermenge bei Belassung der alten höheren Wienflusssohle ermöglicht
werden musste, was allerdings mit Rücksicht darauf, dass zunächst die
Einwölbung vor Fertigstellung der neuen Sohle ohnehin nicht stattfinden
konnte, sonach größere Öffnungen freiblieben, etwas von seiner Gefähr-
lichkeit verlor.
Da die Ausführung der Arbeiten von dem Ende der Weidlingauer
Anlagen bis zum Lainzerbache nur geringes Interesse bieten, wird
hier nur auf die Einwölbungsstrecke (Hietzing — Stadtpark) und auf die
Strecke Stadtpark — Donaucanal näher eingegangen.
1 . Von Hietzing bis zum Ende der Einwölbung beim Stadtparke.
(Figur 5.)
Schon eingangs ist dargelegt worden, dass in dieser Strecke die
Ausführung der Ufermauern in einer Weise erfolgte, welche eine spätere
Herstellung der eigentlichen Einwölbung ermöglicht. In der That ist
auch ursprünglich die sofortige Ausführung der Einwölbung nur in der
Strecke von der Elisabethbrücke bis zur Schwarzenbergbrücke in Aus-
sicht genommen gewesen. Seither ist aber durch Beschlüsse des Ge-
meinderathes bereits wiederholt eine weitere Ausgestaltung der ein-
gewölbten Strecke eingetreten, so dass nunmehr schon der Wienfluss
von der Leopoldsbrücke ab bis zum Stadtpark, sonach in einer Länge
von rund 1850 w, zusammenhängend eingewölbt wurde. In der
oberhalb der Leopoldsbrücke gelegenen Strecke wurden partielle Ein-
wölbungen dort vorgenommen, wo bisher Brücken bestanden oder
Straßen projectiert sind und Brücken nothwendig werden; es entstehen
auf diese Weise Einwölbungsringe, die durch den Einbau von
weiteren Einwölbungsstrecken seinerzeit geschlossen werden können.
Die Einwölbungsringe, welche die bisherigen Brücken ersetzen, werden
in erheblich größerer Breite ausgeführt, als die Brücken besaßen,
so dass die Passage bedeutend verbessert wird; beim Gumpendorfer
Schlachthause wurde eine zusammenhängende Einwölbung in einer Länge
von circa 350 m, beim Schönbrunner Schlosse eine solche von 100 m
Länge durchgeführt. Insgesammt sind an Einwölbungsstrecken und
-Ringen ausgeführt 2J300 m. Die hiedurch verfügbar werdenden eisernen
Brücken wurden meist im Außengebiete wieder aufgestellt.
In den Figuren 6 und 7 ist die Stelle bei der früheren Elisabeth-
brücke vor und während der Einwölbungsarbeiten dargestellt.
Die Einwölbungsprofile variieren gemäß dem nach unten zu ab-
nehmenden Sohlengefälle von 4-607oo ^^s l*77oo ^^ ihrer Spannweite
von 16-5 bis 21*0 m,
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Die Widerlagsmauern sind in der Hauptsache aus Beton; nur auf
der rechtsseitigen von ihnen ist jener Theil, der die Trennungsmauer
gegen die Wienthallinie der Stadtbahn bildet, aus Bruchsteinmauerwerk
hergestellt. In den offen bleibenden Theilen der in Rede stehenden
Strecken musste auf dem linken Widerlager eine Stützmauer bis zu dem
hochgelegenen Straßengelände aufgeführt werden, die gleichfalls in
Bruchstein hergestellt wurde; in den gleich zur Einwölbung gelangenden
Theilen war dieselbe entbehrlich.
Die Sohle des Flussbettes wurde in Beton ausgemauert, das
Gewölbe aus Portlandcement-Stampfbeton hergestellt ; nur in der
untersten Partie, woselbst nur geringe Constructionshöhen zur Ver-
fügung stehen, musste zu Klinkergewölben gegriffen werden. Bei der
Elisabeth- und Schwarzenbergbrücke sind zum Zwecke rascher Fertig-
stellung Ziegelgewölbe mit Klinkerleibung ausgeführt worden. Die Ge-
wölbestärken nehmen entsprechend den Spannweiten im Scheitel von
•0*65 m bis auf 0'95 w, am Kämpfer von TIO bis 1*60 m zu; das
Klinkergewölbe hat 0*60 m Scheitelstärke. Es wurde verlangt, dass die
Lehrgerüste keinerlei Mittelstützen erhalten, w^elcher Forderung auch
.seitens der betheiligten Bauunternehmungen nachgekommen wurde.
■(Fig. 8.) Am Ende der Einwölbungsstrecke beim Stadtparke wird ein
architektonisch reich ausgestattetes Portale mit großen Freitreppen zu
'den nun folgenden Terrassen zur Ausführung gelangen.
2. Vom Stadtpark bis zum Donaucanal.
(Vgl. die beiden beigegebenen Typen b und c, Fig. 5.)
In dieser Partie bleibt der Wienfluss offen und wird in einem
sich nach unten zu erweiternden Gerinne geführt, das von Quaimauern
begrenzt wird, welche in Beton, flussseitig mit Bruchstein verkleidet,
ausgeführt wurden. Während in den früher geschilderten Strecken die
AVienthallinie der Stadtbahn mit der Wienfluss-Regulierung gekuppelt
•dahinführt, zweigt sie nächst dem Einwölbungsende nach rechts zum
Hauptzollamtsbahhnofe ab.
In der Strecke von dem Ende der Einwölbung bis zur Groß-
Tnarkthalle (Ende des Kinderparkes) reichen diese Begrenzungsmauern
nicht bis zur vollen Höhe des umgebenden Geländes. Es ist vielmehr
jederseits neben dem Flussbette eine 5 m breite Terrasse angeordnet,
die vom Stadtpark und vom Kinderpark her durch Treppenanlagen zu-
gänglich sind und die erst wieder durch zweite Mauern gegen die Parks
.abgegrenzt werden. Während linker Hand bis zur Karolinenbrücke
diese obere Futtermauer architektonisch reicher ausgestattet wird,
schließen sich an die überall sonst nur auf 1 m Höhe aufgeführten
Mauern gleich grüne Böschungen an, die den Übergang zu den höheren
Parktheilen vermitteln. Entlang der Großmarkthalle war die Anlage einer
Terrasse rechtsseitig unthunlich, während dieselbe am linken Ufer bis
Äur Stubenbrücke fortgesetzt wird.
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In den Figuren 9, 10, 11, 12 sind die Carolinenbrücke und Stubenthor-
brücke vor Beginn und nach Beendigung der Regulierungsarbeiten dargestellt.
Das Gefalle der Sohle beträgt vom Ende der Einvvölbung bis zur
Stubenbrücke l-3737oo*> ^i^ Spannweiten der Profile wachsen von 23*24 m
bis auf 26 m. Die Sohle ist auch hier betonirt.
Bei der Stubenbrücke soll ein bewegliches Stauwehr eingebaut
werden, wodurch im Winter die Partie bis zum Einwölbungsende als
Elislaufplatz nutzbar gemacht werden könnte; natürlich ist für einen ent-
sprechenden Umlaufcanal zur Abfuhr des zufließenden Wassers Vor-
sorge getroffen.
Unterhalb der Stubenbrücke stürzt die Sohle in fünf Stufen von
je 26 m Länge und circa 50 cm Höhe ab, um sodann mit einem Ge-
falle von 3-847oo bis zum Donaucanale zu führen. Die Spannweiten
nehmen in dieser Strecke von 26 bis 30 m zu. Die Betonierung der
Sohle reicht jedoch nur bis etwas unterhalb der neuen Marxerbrücke
hinab, woran sich eine einfache Erdsohle schließt.
In der in Rede stehenden Partie ist infolge einer Verschwenkung
des neuen Bettes gegenüber dem alten eine Verschiebung der Karolinen-
brücke (einer Brücke nach dem Neville-System) nöthig geworden; die
Brücke ist hiebei auch gehoben worden, damit die Terrassen unter ihr
durchgeführt werden konnten. Die infolge der Einvvölbung entbehrlich
gewordene Tegetthoffbrücke ist bei der Großmarkthalle wieder (als
P'ussgeherbrücke) aufgestellt worden. Als Ersatz der Stubenbrücke, des
Zollamtssteges und der Radetzkybrücke gelangten neue eiserne Brücken
zur Ausführung; im Zuge der verlängerten Marxergasse ist eine neue
Eisenbrücke hergestellt w^orden. Auch die Donaucanallinie der Stadtbahn
übersetzt beim Hauptzollamte den Wienfluss mit einer mächtigen
schiefen Brücke mit zwei Öffnungen. (Fig. 13.)
Die Regulierung der Flussstrecke selbst ist in mehreren Losen
getrennt zur Vergebung gelangt. Als erstes Los ist die Durch-
führung der Herstellung der Sohle und der rechtsufrigen Widerlager-
mauer in der Strecke vom Lainzerbache bis zum Schikanederstege mit
Rücksicht auf die oben erwähnte Programmbestimmung an die Bau-
unternehmung Doderer, Göhl & Co. vergeben worden ; ein Theil
der Brückenring-Herstellungen in der bezeichneten Theilstrecke ist der
Unternehmung Schlimp & Skazil übertragen worden. Die Arbeiten
sind Mitte August 1895 begonnen worden. Da auch hier gewaltige
Massen zu bewältigen waren, indem der Aushub circa 700.000 m^, die
Verführung ebensoviel, das Mauerwerk circa 350.000 m^ betrugen und
überdies 530.000 m^ Sand und Schotter von Weidlingau nach Wien
zu befördern waren, ist die Installation auch in dieser Theilstrecke von
der Gemeinde Wien beschafft worden. Es ist zu diesem Zwecke eine
doppelspurige Rollbahn von 90 cm Spurweite von Weidlingau bis zum
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Schikanedei-stege ausgeführt worden, für deren Betrieb exclusive
Weidlingau 9 Locomotiven und 290 Lovvries angeschafft wurden ; die
Geleiselänge betrug S2km. Die Arbeiten sind Ende 1899 fertiggestellt worden.
Die Strecke vom Schikanederstege bis zum Donaucanale ist zu-
gleich mit dem Baulose 21 6 der Wiener Stadtbahn an die Bauunter-
nehmung Peregrini, Caldera i, Giuseppe Feltrinelli & Co.
vergeben worden, welche Ende Jänner 1897 mit den Arbeiten begann.
Da der Transport der Aushubsmaterialien nach Weidlingau, beziehungs-
weise die Zufuhr von Schotter und Sand von dorther, für diese Theil-
strecke ausgeschlossen war, mussten hier andere Dispositionen getroffen
werden. Hier stellte deshalb die Gemeinde die Installation nicht bei,
sondern überließ die bezüglichen Einrichtungen ganz dem Ermessen der
Bauunternehmung. Zur Beschaffung des erforderlichen Sandes und
Schotters war der Bauunternehmung seitens der Gemeinde nur die Er-
wirkung der behördlichen Bewilligung zur Baggerung in der Donau
zugesichert; weiters war ihr gestattet, den beim Aushub im Wienflusse
selbst gefundenen, als qualitätsmäßig erkannten Sand und Schotter zur
Mauerung zu verwenden. Die Aushubsmaterialien sollten vorläufig auf
Zwischendeponien, für welche die Flächen der ehemaligen Parkanlagen
am rechten Wienflussufer von der Elisabeth- bis zur Schwarzenberg-
brücke, des ehemaligen Reservegartens und eines großen Theiles des
Kindergartens bestimmt wurden, gelagert und seinerzeit auf die Ein-
wölbung, beziehungsweise in die Anschüttungen hinter die Mauern ge-
bracht werden. Die Bauunternehmung errichtete nun selbst eine einge-
leisige Rollbahn von 90 cm Spurweite von dem Administrationsgebäude
der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft bis zur Elisabethbrücke mit
mehreren Abzweigegeleisen, worauf sie den von ihr mit ihrem eigenen
Baggerschiffe zuerst im Donaustrom bei Nussdorf, dann im Donaucanale
gewonnenen Schotter und Sand, der mit einem der Bauunternehmung
gehörigen Schiffspark zur Wienflussmündung geschafft wurde, an die
verschiedenen Arbeitsstellen verführte. Zur Beschleunigung der Hebung
des Aushubmateriales aus den tiefen Baugruben an der Lothringer-
straße installierte sie weiters vier Krahne.
Die Arbeiten waren namentlich längs der ebengenannten Straße
recht gefährlicher Natur, da die Baugruben für das linke Widerlager,
welche mit Rücksicht auf das hochliegende Gelände bis zu 16 m Tiefe
erreichten, in große Nähe an die Häuser heranreichten ; so ist z. B. beim
Hause Lothringerstraße Nr. 13 die 16 m tiefe Baugrube bis auf
3*5 m Entfernung an die Hausflucht herangerückt, während die Funda-
mente des Gebäudes nur bis zu circa 7 m Tiefe hinabreichten. Infolge
der großen Vorsicht und des gut ausgetheilten, schachtweisen Vorschreitens
sind jedoch diese Arbeiten ohne Unfall beendet worden. Die Arbeiten in
diesem Baulose sind ohne Zwischenfalle im Jahre 1899 beendet worden.
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Vit -Arbeiten waren seit 1895 durch wiederholte Hochwässer ge-
•stöft, vcm denen jedoch nur das Ende Juli 1897 abgegangene größere
Schäden anrichtete; in der Folge war der Hochwassergang einestheils
mit Riix:ksicht auf die rasch vorschreitende Sohlenvertiefung, andererseits
im Hinblicke darauf, dass immer mehr die Anlass zu Verklausungen
gebenden Bauhölzer aus dem der Vollendung entgegengehenden
Gerinne verschwanden, weniger gefährlich, doch richtete das Hoch-
wasser vom Mai 1899 großen Schaden an der in der Mauerung,
begriffenen Sohle an,
c) Sammelcaittäle längs des Wienflusses,
Vor der Inangriffnahme der eigentlichen Wienfluss-Regulierungs-
arbeiten wurde uüe Ausführung der beiderseitigen Parallel canäle be-
gonnen, welche als Sammler für die Entwässerung der anliegenden
.Stadttheile dienern und das neue Flussbett reinhalten werden. Während
im alten Gemeindegebiete derartige Sammelcanäle in den beiderseitigen
Choleracanälen bereits bestanden, inussten dieselben in den Vororten
bis zur neuen Gemeindegrenze erst zur Anlage gebracht werden, da nur
nothdürftige Anschlüsse vorhanden waren ; das hiedurch vergrößerte
NiederschlagsgBbiet machfte jedoch aiach die Erweiterung der bestehenden-
Canalprofile von Schönbi'unn abwärts bis zur Franzensgasse auf dem
redhten und bi* zur Wäschergasse auf dem linken Ufer nothwendig.
Von den eben bezeichneten Punkten flussabwärts erweisen sich die
:Pr(^file der hßsJtehenden Choleracanäle als völlig ausreichend. Diese
Arbeiten sind im Juli 1894 begonnen worden und sind seither, in'
einzelne Lose getheilt, zu verschiedenen Zeitpunkten zur Herstellung*
gelangt. Bei der Ausführung ist vorwiegend Beton angewendet worden,
die Sohle wurde mit Klinkerziegeln verkleidet. Den größten Theil dieser
Sammelcanalbairten hat der Baumeister Anton Sikora ausgeführt.
Wenn auch im.Stadtinnern die bestehenden Choleracanäle größten-
theils i)enützt werden konnten, so sind doch in einzelnen Strecken größere
Umlegiiingen derselben, meist im Zusammenhange mit der Regulierung
der Straßenzüge stehend, erforderlich gewesen; so am linken Ufer in
der Magdalenenstraße von der Canalgasse bis über die Köstlergasse
hinaus, weiters am rechten Ufer eine ausgedehnte Umlegung entlang
der Großmarkthalle bis .gegen die verlängerte Marxergasse hin. Endlich
wird noch, gleichfalls am reghten Ufer, eine besonders lange Strecke
zwischen dem Naschmarkte und der Salesianergasse umgelegt werden
müssen-
Die Canäle liegen mit geringer Ausnahme in den Straßenzügen
längs des Wienflusses und stehen nur in der Strecke Lobkowitzbrücke —
Gürtelstraße mit dem eigentlichen Mauerwerke des Wienflusses in
Verbindung.
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Die Nothauslässe am rechten Ufer weisen eine von den allgemein
üblichen Überfallen abweichende Ausgestaltung auf, da sie, der tiefen
Lage der Bahnnivellette halber, unter der sie hindurchführen, aus eisernen
Röhren von 1 m Durchmesser hergestellt werden mussten, die in die
neue Wienfluss-Sohle frei ausmünden.
Diese Canalbauten erscheinen hinsichtlich ihrer Construction wohl
nicht von besonderer Bedeutung, allein sie haben dadurch Schwierig-
keiten verursacht, dass sie durch verkehrsreiche Bezirke geführt erscheinen,
in welchen Verkehrsablenkungen nur in beschränktem Maße möglich,
Absperrungen des Verkehrs aber ganz ausgeschlossen waren.
Ein bemerkenswertes Object, welches in Verbindung mit diesen
Sammelcanälen steht, ist jedoch zugleich mit den Wienfluss-Regulierungs-
arbeiten daselbst zur Ausführung gelangt, nämlich die große Überfall-
kammer für den Ottakringerbachcanal und dessen Entlastungscanal.
Die beiden Canäle münden an der Ecke des Getreidemarktes und der
Friedrichsstraße in den linken Choleracanal ein, dem sie zur Zeit
niedrigen Wasserstandes ihre Wassermengen auch ferner zuführen werden.
Bei Hochwasser aber sollen sie über Schwellen in eigene Schotterfange
abstürzen und ihre Wassermengen dem Wienflusse zuleiten, während
der Choleracanal selbst ebenfalls über eine ausgedehnte Überfallsschwelle
hinweg seine Überschusscubatur in die Wien werfen kann, so dass er
nach unten zu entlastet wird. Die ausgedehnte Überfallkammer, in der
sich dieser Vorgang abspielt, besitzt eine auch bei Hochwasser begehbare
Gallerie, so dass bei Verlegungen der Canalgerinne, wenn solche wider
Erwarten eintreten sollten, noch immer Abhilfe geschaffen werden kann.
d) Baukosten und Bauleitung.
Was die Kosten der Wienfluss-Regulierung betrifft, so betheiligen
sich an der Aufbringung derselben der Staat und das Land Nieder-
österreich mit der fixen Summe von je 10 Millionen Kronen, der Rest aber
ist von der Gemeinde Wien zu tragen. Die Baukosten werden sich nach
dem gegenwärtigen Stande der zur Ausführung genehmigten Arbeiten
auf 47 Millionen Kronen belaufen. Hievon entfallen 8'4 Millionen Kronen
auf die Bassinanlagen, 85*8 Millionen Kronen auf die eigentliche Fluss-
regulierung und 2*6 Millionen Kronen auf die Sammelcanäle.
Die oberste Leitung des Baues liegt in den Händen des Herrn
Stadtbaudirectors k. k. Oberbaurath Franz Berger; die Bauleitung führt
Herr Baurath Franz Kindermann, während an der Spitze der einzelnen
Sectionen die Herren Bauinspector Alexander Swetz, Oberingenieur
Dpi. Ingenieur Martin Paul, Oberingenieur Dpi. Ingenieur Heinrich Mayer
und Ingenieur Hugo Vietoris stehen; ihnen sind aus dem Stande des
Stadtbauamtes die Herren Ingenieure Glaas und Baumeister sowie
mehrere provisorisch angestellte Ingenieure beigegeben.
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III. Die Haupt-Sammelcanäle beiderseits des
Donaucanales in Wien,
Das Stadtgebiet Wiens wird durch ein ausgedehntes unterirdisches
Canalnetz entwässert, das im großen und ganzen ein vollständiges
Schwemmsystem mit gemeinsamer Abfuhr der Regen- und Brauchwässer
darstellt. Dessen Entwicklung im Verlaufe von vielen Jahrzehnten
erfolgte jedoch wegen der verschiedenen, früher in Bezug auf Verwaltung
vollständig getrennten Gemeinwesen nicht nach einheitlichen Grund-
sätzen, welcher Umstand mancherlei Unzukömmlichkeiten hinsichtlich
der Leistungsfähigkeit und zweckmäßigen Wirkungsweise der Canäle
verursachte.
Die natürliche Form des Geländes bedingte die Anlage der Ent-
wässerungscanäle ausnahmslos in der Richtung gegen den Donaucanal,
einem Flussarm der Donau, der bei einer Gesammtlänge von 16 km
das gegenwärtig bereits verbaute Stadtgebiet in einer Länge von 11 im
durchzieht.
Als solche Haupt-Entwässerungscanäle wurden schon frühzeitig
die zahlreichen, zur Trockenzeit meist wenig Wasser führenden Bäche
benützt, die das Stadtgebiet am rechten Donaucanal-Ufer in zum Theile
scharf ausgeprägten Thalformen durchfließen. Um diese Bachgerinne
auch zur Abfuhr der Unrathswässer geeignet zu machen, wurden sie
nach Maßgabe der fortschreitenden Verbauung im Verlauf der Jahre
in ziemlich langen Strecken eingewölbt. In jenen Bezirken, wie Innere
Stadt, Leopoldstadt, Favoriten und Simmering, wo derartige natürliche
Wasserläufe mangeln, wurden eigene Sammelcanäle gebaut, welche gleich
den Bachcanälen auf möglichst kurzem Wege an verschiedenen Punkten
innerhalb des verbauten Gebietes die Abwässer der Stadt unmittelbar
dem Donaucanale zuführten.
Durch die Einleitung der flüssigen Unrathsstoffe fast des gesammten
Stadtgebietes in den Donaucanal wurde letzterer zur Zeit niederer Wasser-
stände bis über die in gesundheitlicher Beziehung zulässige Grenze ver-
unreinigt, und andererseits verursachten Hochwässer des Donaucanales
in den Canälen der tiefgelegenen Stadtbezirke Rückstauungen, welche
nicht nur den Abfluss der Canalwässer längere Zeit behinderten, sondern
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auch bedeutende, mehrmals im Jahre wiederkehrende Grundwasser-
schwankungen zur Folge hatten, deren schädliche Wirkungen auf die
Gesundheitsverhältnisse der Bewohner unwiderleglich nachgewiesen sind.
Die Behebung dieser bis zum Grade der Unhaltbarkeit gediehenen
Übelstände durch Erbauung von Sammelcanälen an beiden Donaucanal-
Ufern beschäftigte die WienerGemelndeverwaltung seit mehr als zwanzig
Jahren, ailein die Bemühungen scheiterten immer an finanziellen und
zum Theile auch an technischen Hindernissen. Erst durch die Ver-
einigung der Vororte mit der Gemeinde Wien zu einem Verwaltungs-
körper und durch die Inangriffnahme der Wiener Verkehrsanlagen,
welche neben dem Bau der Stadtbahn und der Wienfluss-Regulierung
auch die Umwandlung des Donaucanales in einen canalisierten Flusslauf
mit festgelegten Wasserspiegelhöhen zum Zwecke haben, wurden die
nothwendigen Grundlagen für den Bau der Sammelcanäle geschaffen.
Infolge des innigen Zusammenhanges der ungehinderten Wirkungs-
weise der Sammelcanäle mit der geplanten Regulierung des Donaucanales,
sowie des Umstandes, dass bei der Projectverfassung und Bauausführung
derselben vielfach die Anlage der Stadtbahn und die Wienfluss-Regu-
lierung berücksichtigt werden mussten, wurde die Herstellung der Sammel-
canäle in das Programm der Wiener Verkehrsanlagen einbezogen. Die
Projectierung und Baudurchführung derselben erfolgte jedoch durch die
Gemeinde Wien in Vollmachtsnamen der Commission für Verkehrs-
anlagen.
Durch die Erbauung der Haupt-Sammelcanäle sollen einerseits die
tiefgelegenen Stadtcanäle gegen den Rückstau höherer Wasserstände
aus dem Donaucanale geschützt und andererseits soll die Verunreinigung
des letzteren innerhalb des verbauten Stadtgebietes hintangehalten werden
Die gesammten Abwässer des zu beiden Seiten des Donaucanales
liegenden Stadtgebietes werden zunächst bis zur Staatsbahnbrücke und
nach Vollendung dieser Strecke der Haupt-Sammelcanäle bis zum Donau-
strome geführt werden (Siehe Fig. 14).
a) Der Sammelcanal am linken Donaucanal-Ufer.
Von den beiden Sammelcanälen wurde zuerst jener am linken
Donaucanal-Ufer (Fig. 14, AB) in den Jahren 1893/94 zur Ausführung
gebracht. Derselbe hat die Abwässer aus den Canälen der Leopoldstadt
und eines Theiles der Donaustadt aufzunehmen und führt im Anschlüsse
an den Brigittenauer Sammler von der Scholzgasse an, längs des Donau-
canales bis zur Staatsbahnbrücke. An diesen Hauptsammler, der durch-
wegs ein Gefälle von 0-47oo und bis zur provisorischen Ausmündung
bei der StaatsbahnbKicke eine Länge von 6950 m besitzt, ist ein Nieder-
schlagsgebiet von 1242 ha mit einer angenommenen Bevölkerung von
416.000 Einwohnern angeschlossen.
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Bei Berechnung der in den Canalprofilen abzuführenden Wasser-
mengen wurde als Grundlage angenommen, dass von der Brauchwasser-
menge von 90*5 l pro Kopf und Tag die Hälfte in 10 Stunden und von
einem Niederschlage von 19*7 mm Höhe pro Stunde ein Drittel gleich-
zeitig in den Hauptsammler gelangt. Diese Annahme ergibt einen größten
Zufluss von 19 l pro Secunde und Hektar, woraus sich für die unterste
Canalstrecke die größte Brauchwassermenge mit 0'55 m^ und die größte
zufließende Regenmenge mit 22*7 m^ per Secunde berechnet.
Von letzterer Wassermenge gelangen in der untersten Strecke des
Haupt-Sammelcanales nur 5*00 m* oder 4 sl/ha zum Abflüsse, der übrige
Theil wird durch fünf entsprechend vertheilte Nothauslässe unmittelbar
dem Donaucanale zugeführt. Die Wirksamkeit der Nothauslässe darf
nach Vorschrift des obersten Sanitätsrathes erst dann eintreten, wenn
das Brauchwasser vierfach verdünnt ist; andererseits liegt die Oberkante
der Überfallschwellen in den Nothauslässen überall höher als der in
Zukunft normal eintretende höchste Wasserstand im Donaucanale
(d. i. 80 cm über dem örtlichen Null), wodurch der Eintritt der Donau-
canalwässer in den Sammelcanal verhindert wird.
Der linksseitige Haupt-Sammelcanal besitzt an seinem Beginne ein
Profil mit halbkreisförmiger Sohle und ebensolchem Gewölbe von l'bOm
Lichtweite und 2*00, beziehungsweise 1*90 m Lichthöhe, nach abwärts
vergrößern sich die Profile stufenartig auf 2-20/l*90 und 2*45/l'90. Die
beiden letzteren Profile haben eine segmentförmige Sohle mit 30 cm
Pfeilhöhe und darüber ein kreisförmiges Gewölbe mit der Lichtweite
als Durchmesser. Die Sohle und Seitenwände sämmtlicher Profile sind
bis zu einer Höhe von 80 cm mit Klinkerziegeln verkleidet. Das übrige
Mauerwerk wurde bei den Profilen mit halbkreisförmiger Sohle ganz
aus Beton, bei den Profilen mit segmentförmiger Sohle nur bis zur Höhe
der Klinkerverkleidung aus Beton und darüber aus gewöhnlichen Ziegeln
zur Ausführung gebracht.
Zu bemerken ist noch, dass die Fundamentsohle des Canalmauer-
werkes durchschnittlich 0*85 m unter dem örtlichen Nullwasser des
Donaucanales liegt, welcher Umstand bei der Bauausführung hinsichtlich
der Wasserhaltung von Wichtigkeit war und die Bauzeit selbst auf die
Zeit niederer Wasserstände im Donaucanale, d. i. September bis März,
beschränkte.
Früher war eine Verlängerung des linksseitigen Haupt-Sammel-
canales bis zum Donaustrome in Aussicht genommen, nunmehr wird
aber beabsichtigt, die Brauchwässer bei der gegenwärtigen Ausmündung
nächst der Staatsbahnbrücke mittels Dükers unter dem Donaucanale
dem rechtsseitigen Haupt-Sammelcanale und mit diesem vereinigt, dem
Donaustrome zuzuführen. Der linksseitige Haupt-Sammelcanal ist seit
August 1894 vollendet und im Betriebe. Die aufgelaufenen Baukosten
betragen 1,560.000 K.
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b) Der Sammelcanal am rechten Donaucanalufer.
Der rechtsseitige Haupt-Sammelcanal (Fig. U, C D E F G M N)
ist eine bedeutend umfangreichere Anlage, bei deren Projectierung viele
schwierige Fragen technischer und finanzieller Natur zu lösen waren.
Dieser Hauptsammler beginnt am Hauptplatze in Nussdorf, führt durch
die Heiligenstädterstraße bis zur Rampengasse und wendet sich dann
in die letztere. Nach Unterfahrung der Franz Josefbahn führt die Trace
längs des Donaucanales an der Heiligenstädter-, Spittelauer- und
Rossauerlände über den Franz Josefs-Quai bis zur Abzweigung der
Dominikanerbastei, in dieser weiter bis zur Wollzeile und nach der
Kreuzung der Ringstraße bis zum Wienflusse. Letzterer wird unmittelbar
unterhalb der Stubenthorbrücke im stetigen Gefälle unterfahren, worauf
der Canal den ehemaligen Eislaufplatz kreuzt, unter dem Bahnhof
Hauptzollamt in die Marxergasse einbiegt und in dieser bis zum
Donaucanale geführt wird, längs welchem der Sammelcanal sodann bis
zur Staatsbahnbrücke und weiter bis zum Donaustrom projectiert ist.
Da der Haupt-Sammelcanal behufs Erzielung günstiger Gefälls-
verhältnisse und einer entsprechenden Unterfahrung des Wienflusses
sowohl in der Heiligenstädterstraße als auch zwischen der Postgasse
und der Sofienbrücke in größerer Entfernung vom Donaucanal an-
geordnet wurde, musste für die Entwässerung der dazwischen liegenden
Flächen durch die Anlage von Nebensammlern in der Muthgasse,
XIX. Bezirk, und an der Weißgärberlände Vorsorge getroffen werden
(Fig. 14, HD und J F),
Der rechtsseitige Haupt-Sammelcanal hat ein Niederschlagsgebiet
von 14.060 ha zu entwässern, aus welchem die innerhalb der verbauten
Stadttheile bereits eingewölbten Bäche: Schreiberbach, Nesselbach,
Krottenbach mit dem Arbesbach, Wolfsgraben, Aisbach mit dem
W^ähringerbach, ferner die Sammelcanäle: Ringstraßencanal, linker und
rechter Wienfiusssammler, ersterer mit dem Halterbach, Rosenbach,
Ameisbach und Ottakringerbach, letzterer mit dem Marien- und Lainzer-
bache, weiters der Favoriten- und Simmeringer-Sammler dem Haupt-
Sammelcanale die Niederschlags- und Brauchwässer zuführen.
Für dieses Entwässerungsgebiet wurde die zukünftige Bevölkerung
mit 4 Millionen Einwohnern und hiebei eine Untertheilung in Zonen
mit verschiedener Verbauungsdichte in der Weise angenommen, dass
das an den äußersten Grenzen gelegene Gebiet (die heutigen Waldungen)
auch in Zukunft unverbaut bleibt, dann folgt eine Zone mit villenartiger
(offener) Verbauung mit 75 Einwohnern per ha, ferner eine weitläufig
(geschlossen) verbaute Zone mit 300 Einwohnern per Aa, dann eine
enge städtische Verbauung mit 400 Einwohnern und endlich der am
dichtesten verbaute Stadtkern mit 520 Einwohnern per fia.
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Unter denselben grundlegenden Annahmen in Bezug auf abzu-
führende Brauch- und Niederschlagsvvässer wie für den linksseitigen
Haupt-Sammelcanal ergibt sich für die untersten Strecken des rechts-
seitigen Haupt-Sammelcanales, und zwar bei der Staatsbahnbrücke eine
zum Abfluss gelangende Brauchwassermenge von 4300 Secundenliter und
bei der Ausmündung in den Donaustrom eine solche von 5000 Secundenliter.
Die abzuführende Niederschlags-Wassermenge würde, wenn keine Noth-
•auslässe angebracht würden, 247'3 m^ per Secunde betragen, das wäre
ungefähr soviel, als heute der Donaucanal bei einem Wasserstande von
+0*78 m abführt. Hieraus erhellt schon die unbedingte Nothwendigkeit
der Anlage von Nothauslässen, deren im Projecte 15 vorgesehen und
wovon 14 bereits ausgeführt sind. Thatsächlich werden in der untersten
Fig. 15. Canalprofil in der tunnelierten Strecke unter der Dominikanerbastei.
Strecke bei der provisorischen Ausmündung nur 26-60 m^, das sind
2*2 sl/ha durch den Haupt-Sammelcanal abzuführen sein, da die übrige
Wassermenge von 220*7 m^ unmittelbar durch die Nothauslässe in den
Donaucanal abfließt.
Bezüglich des Beginnes der Wirksamkeit der Nothauslässe und der
Höhe der Überfallsschwellen über dem künftig höchsten Donaucanal-
Wasserspiegel waren dieselben Bestimmungen wie für den linksseitigen
Haupt-Sammelcanal maßgebend.
Das Gefälle des rechten Haupt-Sammelcanales beträgt in der Canal-
strecke vom Nussdorfer Hauptplatze bis zum Schottenring 0-8Voo> ^^^
hier bis zur Sofienbrücke 0-67oo ^"^ weiter abwärts 0-47oo- Hieraus
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ergeben sich für den Abfluss der einfachen Brauchwässer rechnungsmäßig
Geschwindigkeiten von 0*80 — TIO m, nur in der obersten 1700 m langen
Strecke sinkt diese Geschwindigkeit wegen der kleinen abzuführenden
Wassermenge auf 0*50 ni herab.
Die Gesammtlänge des rechten Hauptsammlers einschließlich
der provisorischen Ausmündung bei der Staatsbahnbrücke beträgt
11.358 m, die später herzustellende Verlängerung bis zum Donaustrom
hat eine Länge von 5300 m. Die beiden Nebensammler in der Muth-
P'igur 16. Durchbruch der alten Stadtmauern.
gasse und an der Weißgärberlände haben zusammen eine Länge von
3628 7)1. Für die Ausführung der Durchflussprofile wurden 10 Typen
aufgestellt. Das kleinste Profil in der obersten Strecke ist eiförmig,
I'IO m breit, 1*65 m hoch, aus Beton mit Steinzeugsohlenstücken und
darüber Klinkerverkleidung der Wände. Von der Krottenbach-Einmündung
bis zum Aisbache ist die Sohle halbkreisförmig, von da abwärts mulden-
förmig. Am Franz Josefs-Quai und auf der Dominikanerbastei beträgt
die Breite des Profils 2-90 m, die Höhe 2-25 m. In der Strecke Post-
gasse — Dominikanerbastei — Wienfluss wurde mit Rücksicht auf die be-
deutende Tiefenlage des Canales und wegen der Kreuzung von wichtigen
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Verkehrsstraßen die Canalherstellung mittels Minierung zur Durchführung
gebracht; Fig. 15 zeigt das daselbst hergestellte Profil, Fig. 16 den
Durchbruch der Stadtmauern daselbst.
Die Unterfahrung des Wienflusses durch den Sammelcanal ist mit
einem gedrückten Doppelprofile aus zwei Öffnungen von je 2*90 m
Breite und 1*70 m Höhe aus Portlandcement-Stampfbeton hergestellt,
der namentlich in den Widerlagern sehr stark dimensioniert ist. Das
Gewölbe ist nach System Monier ausgeführt, die Eisenstäbe desselben
sind in die Widerlager und das Fundament verankert, um den Auftrieb
(Druck auf die innere Gewölbeleibung) aufnehmen zu können, der infolge
Figur 19. Querprofil des Hauptsammlers unterhalb der Sophienbrücke.
der mangelnden Überschüttung dann entsteht, wenn das Profil bei
stärkstem Zuflüsse unter Druck gesetzt wird. Über dem Moniergewölbe
ist eine sehr feste und dichte Quaderabdeckung hergestellt, welche un-
mittelbar die Sohle des Wienflusses bildet. Nach der Wienflusskreuzung
wird das Doppelprofil mittels einer trichterförmigen Ausgestaltung wieder
zu einem Profil von 4*20 m Breite und 2*90 m Höhe vereinigt, welches
durch die Marxergasse bis zur Überfallkammer bei der Sofienbrücke
reicht. Eine Darstellung der Bauausführung dieser Überfallkammer
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ist in Fig. 17 gegeben, aus welcher die Vereinigung des aus der
Marxergasse kommenden Hauptsammlers mit dem Weißgärber Neben-
sammler ersichtlich ist. Von der Cberfallkammer Sofienbrücke nach
abwärts bis zur Einmündung des Favoriten-Sammelcanales gelangt das
in Fig. 18 und 19 dargestellte Profil zur Herstellung und weiter abwärts
bis zur provisorischen Ausmündung bei der Staatsbahnbrücke ist gleich-
falls ein Cunetteprofil ausgeführt, das eine lichte Breite von 8*30 m,
eine lichte Höhe von 4*60 m, mit einer für den Abfluss der Brauch-
wässer dienenden 5-0 m breiten, 1*00 m tiefen Cunette besitzt.
Bei Ausführung der Profile des rechtsseitigen Haupt-Sammelcanales
wurde die Verwendung von Beton in ausgedehntem Maße vorgesehen;
das Gewölbe der größeren Profile ist in der Regel aus Ziegelmauerwerk
hergestellt, die Profile sind mit einer Klinkerverkleidung der Sohle und
Wände und mit Eckstücken aus Granit ausgestattet.
Mit den Bauarbeiten für den rechtsseitigen Haupt-Sammelcanal
wurde im April 1895 begonnen, und sind gegenwärtig bereits die Strecke
vom Nussdorfer Hauptplatze bis zur Sofienbrücke in einer Länge von
8045 m, sowie die beiden Nebensammler in der Muthgasse und an der
Weißgärberlände in einer Gesammtlänge von 3628 m vollständig fertig-
gestellt und in Betrieb gesetzt, zu welchem Zwecke derzeit eine pro-
visorische Ausmündung unterhalb der Sofienbrücke in Wirksamkeit steht.
Von der Staatsbahnbrücke aufwärts ist der Canal in einer Länge von
2357 m gleichfalls vollendet und sind noch 956 m Sammler herzustellen,
die anfangs Mai 1902 ausgeführt sein werden. Hiemit wird der Bau der Haupt-
Sammelcanäle, soweit derselbe derzeit vorgesehen ist, abgeschlossen sein.
Bei der Anlage der Haupt-Sammelcanäle musste mit Rücksicht auf
das geringe zur Verfügung stehende Gefälle, um Ablagerungen möglichst
hintanzuhalten, auf eine reichliche Durchspülung Bedacht genommen,
werden. Zu diesem Zwecke wird das Stauwasser des Donaucanales.
unmittelbar oberhalb der geplanten Wehranlagen durch Spüleinlässe in
die Sammelcanäle eingeleitet und kann dadurch ein beliebig lang an-
dauernder Spülstrom bis nahezu gleich der vierfachen Brauchwasser-
menge erzeugt werden.
Solche Spüleinlässe aus dem Donaucanale, welche durch von der
Straße aus bewegliche eiserne Schützen geöffnet und geschlossen werden
können, wurden beim linksseitigen Sammelcanal drei, und zwar bei der-
Scholzgasse, Franzensbrücke und Kaiser Josefbrücke ausgeführt. Der
rechtsseitige Sammelcanal besitzt an dem Donaucanal ebenfalls drei
Spüleinlässe, und zwar beim Schottenring, bei der Sofienbrücke und beL
der Einmündung des Favoritener Sammelcanales. Der Spülcanal der Anlage
am Schottenring unterfährt daselbst die Donaucanallinie der Wiener Stadt-
bahn mittels eines Dükers, der aus drei in Beton gelegten Gusseisen-
rohren von je l'O ni Durchmesser besteht. Außerdem ist nächst der-
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Stubenbrücke eine Spülanlage hergestellt, durch welche sowohl das Wasser
des Wiener-Neustädter-Canales als auch das Wasser des Wienflusses
zur Spülung des rechten Hauptsammlers und des rechten Wienfluss-
Sammelcanales verwendet werden kann. (Fig. 20.)
Die Strecke des rechtsseitigenHaupt-Sammelcanales vom Schottenring
aufwärts kann wegen ihrer Höhenlage vom Donaucanal aus nicht gespült
werden. Das Spülwasser für diese Canalstrecke soll aus Spülbecken
Figur 20. Ansicht der Canalschleuse bei der Spülanlage Stubenbrücke,
entnommen werden, deren Herstellung gemeinsam mit Schotterfängen
an dem oberen Ende der verschiedenen Bacheinwölbungen geplant ist.
Eine derartige Anlage am Aisbache im Neuwaldegger Parke mit einem
Fassungsraum von 8400 ni^ Spülwasser wurde bereits im Jahre 1899
hergestellt und ist eine weitere Anlage am Steinbergerbache für 1800 m^
vSpülwasser in der Bauausführung begriffen.
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Die Baukosten des rechten Hauptsammelcanales von Nussdorf bis
zur Staatsbahnbrücke belaufen sich auf 10,330.000 Kronen; für die Her-
stellung der Fortsetzung bis zum Strome sind weitere 8,014.000 Kronen
veranschlagt.
Die Projectierung und Bauleitung oblag, unter der Oberleitung des
Stadtbaudirectors Franz Berg er, dem Baurathe Josef Kohl und den
ihm zugetheilten Oberingenieuren Ed. Bodenseher, R. Nemetschke
und Ingenieur Joh. Hermanek. In die Bauausführung theilen sich
die Union-Baugesellschaft, H. Rella & Co., Pittel & Brausewetter,
Hru2a & Rosenberg, J. Chailly und Ed. Ast.
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IV. Die Wiener Stadtbahn.
(Siehe den Linienplan Tafel II.)
Allgemeines über die Vorgeschichte der Wiener Stadtbahn.
Das Bedürfnis nach einer der Massenbeförderung dienenden Stadt-
bahn hat sich in Wien, angesichts der fortgesetzten rapiden Steigerung
des öffentlichen Verkehrs, welchem die vorhandenen Transportgelegen-
heiten nicht mehr zu genügen vermögen, schon seit einer längeren Reihe
von Jahren immer fühlbarer gemacht.
Es kann nicht Aufgabe dieser Skizze sein, die vielseitigen Vor-
schläge und Projecte, welche zum Zwecke der Schaffung eines den
Anforderungen des modernen großstädtischen Lebens entsprechenden
Bahnnetzes im Laufe der letzten drei Decennien von verschiedenen
Seiten ausgegangen sind, in Erörterung zu ziehen; es genüge daher,
wenn darauf hingewiesen wird, dass alle diese Elaborate entweder nach
einer oder der anderen Richtung hin wichtige Interessen außer Acht
ließen, oder aber die gleichzeitige, wo nicht vorgängige Durchführung
anderweitiger, mit eingreifenden Regulierungen verbundener öffentlicher
Bauanlagen zur Voraussetzung hatten.
Insbesondere waren es die Auflassung der bestandenen Linienwälle
sowie die Correction des Wienflusses, welche Actionen als mit der
Feststellung eines im Weichbilde der Stadt anzulegenden Systems von
Bahnlinien im engsten Zusammenhange stehend erkannt wurden, und
erst nach der erfolgten Vereinigung der Vororte mit Wien konnte ernstlich
an die Verwirklichung einer Anlage gedacht werden, welche, obwohl
längst im Wunsche aller Kreise gelegen, bis dahin auf nicht zu be-
wältigende Hindernisse, sowohl technischer als finanzieller Natur
gestoßen war.
Die von Seiner Majestät dem Kaiser in der Thronrede vom
12. April 1891 gesprochenen bedeutungsvollen Worte, womit Allerhöchst
Derselbe der Befriedigung über die vollzogene Neugestaltung des Wiener
Stadtgebietes Ausdruck gab und die Frage der Stadtbahn als einen
Gegenstand der besonderen Fürsorge der Regierung bezeichnete, fanden
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denn auch den lebhaftesten Widerhall in der gesammten Wiener Be-
völkerung und riefen allseitig Gefühle aufrichtigsten Dankes für die der
Reichshaupt- und Residenzstadt entgegengebrachte Huld und Gnade wach.
Von diesem Zeitpunkte ab datiert das zielbewusste Zusammen-
wirken aller an der Förderung des geplanten großen Werkes interessierten
Factoren ; erst jetzt, wo dem von Allerhöchster Stelle ausgegangenen
Impulse zufolge, die k. k. Regierung selbst die führende Rolle übernahm
und durch das Entgegenkommen der Reichsvertretung die hervorragende
Betheiligung des Staatsschatzes an der Tragung der Kosten gesichert
erschien, war die Gewähr für die Realisierung eines mit weitem Ausblicke
auf die Zukunft entworfenen Programmes gegeben.
Das am 18. Juli 1892 sanctionierte Gesetz, mit welchem angeordnet
wurde, dass die Wienfluss-Regulierung, die Umwandlung des Donau-
canales in einen Handelshafen und die Wiener Stadtbahn gleichzeitig
in Angriff zu nehmen und durch den Staat, das Land Nieder()sterreich
und die Gemeinde Wien gemeinschaftlich auszuführen seien, schuf die
Grundlage für die Inangriffnahme einer Reihe von öffentlichen Utilitäts-
bauten, welche im größten Style angelegt, darnach geartet sind, in ihrer
dereinstigen Vollendung dem Stadtbilde ein durchaus verändertes Gepräge
zu verleihen und insbesondere im Communicationswesen eine voll-
ständige Umwälzung anzubahnen.
Der Zusammenhang aller dieser Arbeiten und die verschiedenen
Interessen, welche hiebei in Frage kommen, ließen es der maßgebenden
Stelle als zweckmäßig erscheinen, die einheitliche Leitung des ganzen
Unternehmens einer aus Vertretern der obgenannten drei Curien
zusammengesetzten Körperschaft zu übertragen, welche die Bezeichnung
Commission für Verkehrsanlagen in Wien erhielt.
Es war eine weise Voraussicht des Gesetzgebers, bei Genehmigung
der damals erst in allgemeinen Umrissen aufgestellten Projecte die
Eventualität ins Auge zu fassen, dass sich bei Ausarbeitung der Details
dieser hochwichtigen Schöpfungen Änderungen in einzelnen Theilen der
ursprünglichen Vorlage als wünschenswert erweisen könnten, denn
damit war die Möglichkeit geboten, noch nachträglich jene Modificationen
eintreten zu lassen, welche, den Ergebnissen der weiter fortgesetzten
Studien zufolge, für das öffentliche Interesse von Vortheil erschienen.
Zum Zwecke der Durchführung der Stadtbahnbauten wurde eine
Abtheilung im k. k. Eisenbahn-Ministerium, die „k. k. Baudirection für
die Wiener Stadtbahn", geschaffen und deren Leitung dem k. k. Sections-
chef Friedrich Bisch off Edlen von Klammstein übertragen; als Referenten
für Unterbau, Oberbau, Hochbau und Materialwesen dieser Baudirection
fungieren die k. k. Bauräthe: Hugo Kocstler, Christian Lang, Josef
Zuffer und Alexander Linnemann. Die Abtheilung für Grundeinlösung
leitet der k. k. Hofrath Dr. Victor Edler von Pflügl.
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Die Bestimmung der Stadtbahn und die Tracefuhrung derselben
unter Bezeichnung der einzelnen Linien.
Die Projectierung der Wiener Stadtbahn erfolgte von dem Gesichts-
punkte aus, dass dieselbe nicht allein dazu bestimmt sei, den internen
Personenverkehr zwischen den einzelnen Stadtbezirken zu vermitteln,
sondern dass ein wesentlicher Zweck derselben auch darin bestehen soll,
den directen Verkehr aus dem Weichbilde der Stadt nach den ent-
fernteren Vororten und Sommerfrischen zu ermöglichen; außerdem hat
sie der Approvisionierung der Stadt und, soweit es der Localverkehr
für die Personenbeförderung zulässt, auch dem Transit von Gütern zu
dienen.
Um diesen Voraussetzungen zu genügen, war erstlich die Aus-
führung doppelgeleisiger, mit allen für einen intensiven Verkehr erforder-
lichen Sicherheitsvorrichtungen ausgestatteter Vollbahnen bedingt, und
weiters die Anlage zweier großer Dispositionsstationen geboten, woselbst
die Zusammenstellung der Züge vor sich geht und die deshalb mit
Heizhäusern, ausgedehnten Geleiseanlagen für die Zugförderung und
Wagendeponierung, sowie mit allen sonstigen für die Abwicklung eines
derartigen Dienstes unerlässlichen Betriebseinrichtungen versehen sind.
Die eine dieser Centralstationen wurde nächst Heiligenstadt im Zuge
der Kaiser Franz Josefbahn gänzlich neu geschaffen, die andere aber
durch Vergrößerung und Ausgestaltung der Station Hütteldorf-Hacking
der Kaiserin Elisabethbahn dem bezeichneten Zwecke zugeführt.
Die Linien, welche von diesen beiden Hauptbahnhöfen ausgehen,
sind nun:
Die Vorortelinie, von Heiligenstadt über die Hohe Warte, dann an
der Peripherie von Währing, Hernais und Ottakring über Breitensee nach
Penzing führend.
Die Gürtellinie, welche zunächst die Richtung von Heiligenstadt
zur ehemaligen Nussdorfer „Linie" einschlägt und sodann der Gürtelstraße
bis Gumpendorf folgt, von wo dieselbe einerseits ihre Fortsetzung zum An-
schlüsse an die Wienthallinie unweit der Lobkowitzbrücke findet, an-
dererseits aber auch mit der Südbahn verbunden werden soll.
Die Wienthallinie, von Hütteldorf entlang dem Wienflusse zum
Hauptzollamte, mit Anschluss an die Wiener Verbindungsbahn, deren
Theilstrecke Hauptzollamt-Praterstern die Verlängerung dieser Stadtbahn-
linie bildet und zum Ausgangspunkte einer Verbindung mit der Nord-
bahn, Nordwestbahn und dem Bahnhofe Heiligenstadt gedacht ist, endlich
die Donaucanallinie, welche, beim Hauptzollamte beginnend,
ihren Zug über den Franz Josefs-Quai und weiter längs des Donau-
canales nach Heiligenstadt nimmt; eine den Franz Josef-Bahnhof über-
setzende Abzweigung dieser Linie wird überdies eine directe Verbindung
mit der Gürtellinie in der Richtung gegen Michelbeuern herstellen.
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Von den vorangeführten Linien sind die Vorortelinie und die
Gürtellinie, sowie die Wienthallinie, ferner die Fortsetzung derselben
vom Hauptzollamte bis Praterstern vollendet. Die Verzögerung in der Inan-
griffnahme der Donaucanallinie, wofür schon vor Jahr und Tag alle Vor-
bereitungen getroffen waren, sogar unter Beobachtung aller gesetzlichen
Bestimmungen der Bauconsens ertheilt wurde, ist auf Reclamationen der
Interessenten des IX. Bezirkes zurückzuführen, welche sich gegen das
Project einer Hochbahn entlang der Rossauerlände gerichtet haben und
die den Anstoß zur Einleitung neuer zeitraubender Studien und Ver-
handlungen gaben, auf Grund deren erst im Herbste 1898 eine endgiltige
Entscheidung getroffen werden konnte. Die Inbetriebsetzung dieser
Linie, nebst der directen Verbindung mit der Gürtellinie, wird deshalb
erst im Laufe des Jahres 1901 erfolgen.
Die Ausgestaltung der Wiener Stadtbahn fand in dem stark cou-
pierten Terrain, auf das sie angewiesen war, mehr aber noch in den
vielfachen, Berücksichtigung heischenden, dabei aber oftmals divergieren-
den Interessen, welchen sie Genüge zu leisten hatte, ungewöhnliche Schwierig-
keiten und erforderte einenganz außerordentlichen AufwandvonZeit und Geld.
Dessenungeachtet ist der für die aufgezählten Linien ursprünglich
angenommene Vollendungstermin (Ende 1897) bei der Gürtellinie, Vor-
ortelinie und oberen Wienthallinie nur um wenige Monate überschritten
worden, die allerdings bedeutend größere Verzögerung in der Fertig-
stellung der unteren Wienthallinie, deren Eröffnung erst im Juni 1899
erfolgte, aber wurde hervorgerufen durch mannigfache unvorhergesehene
Complicationen, die sich in jener Strecke aus der Abhängigkeit des
Stadtbahnbaues von den Arbeiten für die Regulierung und theilweise
Einwölbung des Wienflusses ergaben, sodann durch die aus der Tiefer-
legung des Hauptzollamtsbahnhofes entsprungenen Mehrleistungen und
endlich nicht zum kleinsten Theile durch die wiederholt aufgetretenen
Hochwässer des Wienflusses, welche ein Mal um das andere weit-
gehende Zerstörungen an den im kritischen Stadium der Fundierung
befindlich gewesenen Bauten anrichteten.
Wie es bei der hügeligen Terrainformation des Wiener Stadtgebietes
nicht anders möglich erscheint, wechselt der bauliche Charakter der
Stadtbahn je nach der Bodengestaltung der betreffenden Bezirke, und es
repräsentiert sich dieselbe theils als Hochbahn, theils als offene oder
überdeckte Tiefbahn und stellenweise als wirkliche Untergrundbahn. Die
als Hochbahn construierten Partien weisen überall dort, wo dieselben
durch Häuserquartiere führen, gemauerte Viaducte auf und nur an verein-
zelten, dem städtischen Straßenverkehre entrückten Stellen finden sich kurze
Dämme eingeschaltet. Bei der Übersetzung von Communicationen ge-
langten durchwegs eiserne Brücken zur Anwendung, deren Fahrbahnen
behufs Abschwächung des durch die darüberfahrenden Züge verursachten
Geräusches mit einer Schotterlage versehen sind.
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Vorsorge für die architektonische Ausstattung der Stadtbahnbauten.
Die hervorragende Bedeutung der Wiener Stadtbahn als Bauwerk
und ihr Einfluss auf die bauliche Entwickelung der von ihr durchzogenen
Stadttheile ließen es geboten erscheinen, innerhalb des Rahmens der zur
Verfügung stehenden Mittel der Ausgestaltung ihrer, einen monumentalen
Charakter tragenden Anlagen in ästhetisch-künstlerischer Hinsicht ein
erhöhtes Augenmerk zuzuwenden.
Als der am besten zum Ziele führende Weg wurde die Heranziehung
einer fachlichen Autorität aus dem Mitgliederkreise der Genossenschaft
der bildenden Künstler Wiens erkannt, welche Persönlichkeit mit der
Aufgabe betraut werden sollte, die von der k. k. Baudirection für die
Wiener Stadtbahn verfassten Projecte für die am meisten ins Auge
fallenden Bauten vom künstlerischen Standpunkte aus zu beurtheilen und
rücksichtlich der Formengebung und decorativen Durchbildung zu er-
gänzen. Die genannte Genossenschaft nominierte für diese ehrende Berufung
auf Grund einstimmiger Wahl den k. k. Oberbaurath und Professor
Herrn Otto Wagner, welcher infolgedessen seit April 1894 als künst-
lerischer Beirath der Commission für Verkehrsanlagen fungiert und von
diesem Zeitpunkte an die Entwürfe für die architektonische Ausstattung der
Bauobjecte sämmtlicher Linien im steten Einvernehmen mit der k. k. Bau-
direction für die Wiener Stadtbahn beigestellt hat.
Stationsanlagen und Hochbauten.
Als Stationen für den vollständigen Personen- und Güterdienst sind
außer den bereits erwähnten beiden Hauptbahnhöfen Hütteldorf und
Heiligenstadt und dem Hauptzollamtsbahnhofe die außerhalb der ge-
schlossenen Häusergruppen situierten Stationen Gersthof, Hernais und
Ottakring anzuführen, wogegen der Stationsplatz Michelbeuern vor
Allem der Aufnahme von Lebensmitteltransporten für die im dortigen
Betriebsgebäude etablierte Markthalle, nicht aber für den Personenverkehr
zu dienen hat. Alle übrigen Bahnstellen, für welche ein regelmäßiges
Anhalten der Züge in Aussicht genommen ist, sind Haltestellen mit
der ausschließlichen Bestimmung für die Zwecke des Personenverkehrs.
Sowohl auf den Bahnhöfen als in den Haltestellen ist für jede
Zugsrichtung ein eigener Perron vorhanden. Dies führte bei den ersteren
zu sehr umfangreichen Perronanlagen; so erhält Heiligenstadt, welchen
Bahnhof auch die Züge der Kaiser Franz Josefbahn passieren müssen,
fünf, Hütteldorf sechs und der Hauptzollamtsbahnhof drei Perrons, welche
in den beiden erstgenannten Bahnhöfen durch einen Personentunnel, beim
Hauptzollamte aber durch eine Brücke untereinander und mit dem Auf-
nahmsgebäude verbunden sind.
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Bezüglich der Anlage des Bahnhofes Heiligenstadt, woselbst aus
betriebstechnischen Gründen die Geleise der Gürtellinie und Vororte-
linie jenseits der Schienenstraßen der Franz Josefbahn angeordnet werden
mussten, sei noch hervorgehoben, dass, um Kreuzungen der ein- und
ausfahrenden Züge im Bahnniveau vorzubeugen, beide Stadtbahnlinien
mittels Brücken über den Bahnkörper der Franz Josefbahn geleitet
wurden.
Nicht unerhebliche Schwierigkeiten waren im Hochbau zu über-
winden, da die aus dem eigenartigen Charakter der Stadtbahn er-
wachsenen Aufgaben nicht nach dem schablonenmäßigen Vorgange zu
lösen waren, wie derselbe gelegentlich sonstiger Bahnbauten, wenigstens
bei den Zwischenstationen geübt werden kann. Zum Theile aus localen
und baulichen Gründen, zum Theile aber auch aus Rücksichten für die
Bedürfnisse des Verkehres konnte keines der Gebäude einem anderen
gleich gemacht werden, es war daher nöthig, für jedes einzelne Object
einen eigenen Entwurf aufzustellen und besondere Pläne auszuarbeiten.
Der Hauptsache nach sind aber hinsichtlich der Haltestellen der
Stadtbahn, je nachdem eine Untergrund- oder Hochbahnstrecke vorliegt,
nur zwei T^'^pen zu unterscheiden. In der ersteren erscheint der Raum
über dem Bahneinschnitte als Vestibüle ausgebildet, an welches stirn-
seitig die Personencassen und zu beiden Seiten die Abgangsstiegen an-
schließen. In der Verlängerung der Stiegen liegen die Perrons, welche
auf die Länge von circa 70 w, das ist die Länge eines normalen
Wochentag-Zuges, überdacht sind, während 50 m unbedeckt bleiben.
Bei den Aufnahmsgebäuden der Hochbahn-Haltestellen wurden die
nothwendigen Betriebsräume durch seitliche Anbauten an den Viaduct
geschaffen. Die Mitte des ebenerdigen Geschosses nimmt ein sehr ge-
räumiges, von beiden Straßenseiten zugängliches Vestibüle ein, welches
die Cassen, sowie die Aufgänge zu den für jede Fahrtrichtung getrennt
angeordneten Perrons enthält und woran sich die für die Abwickelung
des Personenverkehres erforderlichen Nebenräume anreihen.
Die neuen Aufnahmsgebäude der beiden großen Anschlussbahn-
höfe Hütteldorf-Hacking und Heiligenstadt weisen in ihrer Mitte große,
reich ausgestattete Vestibüle auf, in denen die Stiegen zu den Personen-
tunnelen liegen; aus diesen letzteren führen doppelarmige Stiegen zu
den einzelnen Inselperrons, welche Perrons in einer Länge von 120 bis
180 m überdacht sind.
Die architektonische Ausgestaltung der Hochbauten anlangend,
wird schließlich bemerkt, dass für die quer über die Bahn gestellten
Aufnahmsgebäude der Untergrundstrecken eine leichtere Construction in
gefälligem, pavillonartigem Style gewählt wurde, während die an Via-
ducte anschließenden Aufnahmsgebäude der Hochbahn mehr auf massige
Wirkung berechnete P'ormen in einfacher, aber solider Durchbildung
erhielten.
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Nähere Beschreibung der eröffneten Theilstrecken.
a) Penzing — Heiligenstadt. (Vorortelinie. Länge 9*6 km.)
Die Vorortelinie beginnt im Personenbahnhofe Penzing der Linie
Wien— Salzburg, in welche ihre Geleise derart eingebunden sind, dass
die von Heiligenstadt kommenden Stadtbahnzüge nach Bedarf sowohl
nach Hütteldorf als auch nach St. Veit und in weiterer Fortsetzung
nach Meidling und Schwechat, eventuell zum Hauptzollamtsbahnhofe
verkehren können. Sie verlässt die Station Penzing am östlichen Ende
derselben, wendet sich sogleich im scharfen Bogen nach Norden, über-
schreitet die Linzerstraße und gelangt, nachdem sie von der Hochbahn
in eine Einschnittsbahn übergegangen, zur Haltestelle Breitensee,
an der Einfahrt des gleichnamigen 746 m langen Tunnels gelegen.
Zwischen der nördlichen Tunnelausfahrt und der Thaliastraße
dehnt sich der Stationsplatz Ottakring aus, welcher für die ver-
längerte Gablenzgasse überbrückt ist, während die Koppstraße und die
Hasnerstraße unter demselben hindurchgehen. An diese Station schließt
sich eine kurze Viaductstrecke an, welche die Übersetzung der Otta-
kringerstraße enthält, worauf der nun folgende Höhenzug im Einschnitte
durchfahren und die Station H e r n a 1 s erreicht wird. Die Bahn über-
setzt nun die Hernalser Hauptstraße und die Hernalser Friedhofstraße, sowie
gleich darauf, mittels einer Brücke von drei Öffnungen die Richthausenstraße.
Diese den Bahnkörper in kurzen Abständen unterbrechenden, weit-
hin sichtbaren Eisenbrücken, zumal aber das letzterwähnte, eine Ge-
sammtlänge von circa 95 m aufweisende Object, welches mit Rück-
sichtnahme auf mehrere für die Zukunft geplante Straßenzüge geschaffen
wurde, liefern eine pittoreske Staffage für das landschaftliche Bild des
Alsbachthales zwischen Hernais und Dornbach.
Die Bahnlinie durchbricht nunmehr in ihrer Fortsetzung den auf
der nördlichen Thalseite hinziehenden Höhenrücken mittels eines langen
Einschnittes, an dessen Ende der Stationsplatz Gersthof angelegt ist.
Nach Überschreitung der Währing-Weinhauserstraße und der
Gentzgasse wird in zwei kurz aufeinanderfolgenden Tunnelen von 212 m
und 688 m Länge die Türkenschanze unterfahren und gelangt
sodann die Bahn in das Thal des Krottenbaches, welchen sie übersetzt,
um an der Nordseite desselben weiterzuziehen.
Es folgen nunmehr die Haltestellen Ober-Döbling (an der
Grinzingerstraße gelegen) und Unter-Döbling (zunächst der Hohen
Warte), wornach die Linie, welche von dem Türkenschanztunnel an-
gefangen als Tiefbahn gebaut ist, wieder über das Terrain tritt, mit
einer Bogenbrücke über die Heiligenstädterstraße führt und sich schließlich
— theilweise auf einer Viaductstrecke — gegen den Bahnhof Heiligen-
stadt wendet, in welchen sie, nach vorheriger Übersetzung der Franz
Josefbahn, neben den Geleisen der Gürtellinie einläuft.
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Auf der Vorortelinie gelangte aus Gründen der Ökonomie vorerst bloß
ein Geleise zur Ausführung; aber bald nach der Betriebseröffnung stellte
sich das Bedürfnis nach Ausführung des zweiten Geleises ein, für
welches insoferne vorgesorgt war, als der Unterbau durchwegs für zwei
Geleise hergestellt wurde und auch hinsichtlich der Ergänzung der
Hochbauten auf den Stationsplätzen derartige Vorkehrungen getroffen
waren, dass die erforderlichen Gebäude ohne Schwierigkeit in kurzer
Frist aufgeführt werden konnten. Das zweite Geleise ist im Juni 1899
dem Betriebe übergeben worden.
An der Spitze der k. k. Bauleitung für die Vorortelinie stand der
k. k. Oberbaurath Albert G a t n a r.
b) Hütteldorf— Heiligenstadt.
(Obere Wienthallinie und Gürtellinie. Länge 13*8 Irni.)
Die Stadtbahnlinie übersetzt nach Verlassen des Bahnhofes Hüttel-
dorf-Hacking auf einer eiserner Fachwerksbrücke in schiefer Richtung
den Wienfluss, an dessen rechtem Ufer sie sich gegen das Flussbett
hinabsenkt, um sodann als Tiefbahn zwischen Mauern dem Laufe der
Wien zu folgen. Nach Passierung der Haltestellen Ob er- St. Veit,
Unter-St. Veit — Baumgarten, Braunschweiggasse, Hietzingund
Schönbrunn erreicht dieselbe die Haltestelle Meidling-Hauptstraße,
den Scheidepunkt zwischen der oberen und unteren Wienthallinie,
zugleich Abzweigungspunkt der Gürtellinie.
In Hietzing ist das Aufnahmsgebäude der Stadtbahn durch eine
Galerie mit dem Bahnhofe der Dampftramway in Verbindung gesetzt.
Am Ende der Perronanlage wurde zur Benützung durch den Aller-
höchsten Hof ein eigener Hofpavillon aufgeführt.
Von der Haltestelle Meidling-Hauptstraße an erhebt sich der
Bahnkörper der Gürtellinie, und zwar als Viaduct mit starker Steigung
zwischen den beiden Geleisen der Wienthallinie, überschreitet das rechts-
seitige dieser Geleise und geht, eine Curve beschreibend, mittels einer
continuierlichen Fachwerksbrücke von zwei Öffnungen auf das linke
Wienflussufer über (Fig. 21). Unmittelbar an dieses interessante Object
schließt sich die Übersetzung desMairiahilfergürtels an. Dieselbe repräsentiert
sich als eine im scharfen Bogen liegende Brücke mit zwei kleineren
Öffnungen für die Trottoirs, sowie einer großen Mittelöffnung für die
Straßenfahrbahn und besitzt eiserne Zwischenjoche, aufweichen Gitter-
träger ruhen.
Die eben geschilderte Partie der Stadtbahn, bei welcher sowohl
die constructive Lösung, als auch die technische Durchführung bedeutende
Schwierigkeiten geboten haben, wurde durch eine reichere architek-
tonische Ausgestaltung der Bauwerke noch besonders betont.
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c
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Hierauf folgt die Hochbahn-Haltestelle Gumpendorferstraße,
von wo, wie bereits erwähnt, die Gürtellinie seinerzeit gegen Matzleins-
dorf fortgesetzt werden soll. Kurz nach dem Verlassen dieser Haltestelle
beginnt die Tiefbahnstrecke der Gürtellinie, welche theils im offenen,
theils im gedeckten Einschnitte führend, auf fast zwei Kilometer bis zur
Hasnerstraße reicht. In diesem Streckenfragmente liegen die Haltestellen
Westbahnhof und Burggasse.
Die Gürtellinie erhebt sich nun neuerlich als Hochbahn über das
Straßenniveau und die Insassen eines Zuges gewinnen mehr und
mehr einen reizvollen Ausblick auf das sich vor ihren Augen entrollende
Stadtbild. Es folgen die Haltestellen Josefstädterstraße und Alser-
straße, worauf der im Bogen und in seinem Mitteltheile im Ein-
schnitte liegende Stationsplatz Michelbeuern passiert wird. Von der
nördlichen Ausfahrt des letzteren läuft der Viaduct ununterbrochen bis
Heiligenstadt.
Dieser Streckentheil enthält als hervorragende Objecte: die Über-
brückung der Straßenzüge nächst der bestandenen Währinger »Linie«
durch eine Eisenbrücke mit drei Öffnungen, die Haltestellen Währinger-
straße (Fig. 22) und Nussdorferstraße (unterhalb welcher die Ver-
bindungscurve zur Donaucanallinie ausgehen wird) und die beiden sehens-
werten Bogenbrücken von 83r«, beziehungsweise 56 w Spannweite, mittels
deren die Döblinger Hauptstraße und die Heiligenstädterstraße übersetzt
werden. Jenseits der letzteren zieht sich die Linie entlang der Kaiser Franz
Josefsbahn in fortwährendem Gefälle gegen den Heiligenstädter Bahnhof,
in welchen sie nach Übersetzung des Doppelgeleises der Linie Wien — Eger
einmündet.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass vom Bahnhofe
Heiligenstadt aus, u. zw. durch einen am nordöstlichen Ende desselben
abzweigenden, den Donaucanal mittels einer neu erbauten Brücke über-
setzenden Flügel eine Verbindung mit der Station Brigittenau der Donau-
uferbahn hergestellt wurde, welcher Streckentheil auch für den Personen-
verkehr zur Jubiläums-Ausstellung im Prater ausgenützt wurde und auch
gegenwärtig dem Personenverkehr dient.
Als Bauleiter der Gürtellinie fungierte der k. k. Oberbaurath
Anton Millemoth.
c) Meidling-Hauptstrasse — Hauptzollamt — Praterstern.
(Untere Wienthallinie. Länge 6*7 /rw.)
Von Meidling-Hauptstraße folgt die VVienthallinie dem Laufe der
regulierten Wien bis zur Haltestelle Stadtpark, wo sie sich nach Süden
wendet, um immer als Tiefbahn den Bahnhof Hauptzollamt zu erreichen.
Dieser Bahnhof der Wiener Verbindungsbahn wurde anlässlich der
Einmündung der Wiener Stadtbahn aus einem Hochbahnhof in einen
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Tiefbahnhof umgewandelt; es war dies eine außerordentlich schwierige
und mühevolle Arbeit, weil der Betrieb der Verbindungsbahn nicht
unterbrochen werden durfte, und waren die zeitraubenden Provisorien,
welche aus diesem Grunde nothwendig waren, auch die Ursache, dass
die Vollendung dieses Bahnhofes sich um ein Jahr verzögerte. Von
Hauptzollamt bis Praterstern wurde die Wiener Verbindungsbahn durch
Anlage eines dritten Geleises und der Haltestellen Radetzkyplatz und
Praterstern zur Aufnahme des Stadtbahnverkehrs entsprechend erweitert
und umgestaltet.
d) Hauptzollamt — Heiligenstadt.
(Donaucanallinie. Länge 5*5 fem.)
Diese Linie übersetzt gleich nach Verlassen des Hauptzollamts-
bahnhofes den regulierten Wienfluss und folgt als Tief- und Galeriebahn
dem Donaucanale bis zur Station Brigittabrücke, von wo sie zum
Bahnhofe Heiligenstadt aufsteigt.
Von der Station Brigittabrücke bis zur Haltestelle Nussdorfer-
straße der Gürtellinie wird eine als Hochbahn ausgeführte Verbindungs-
curve hergestellt. Sowohl die Donaucanallinie als die Verbindungscurve
sind noch im Bau und sollen im Sommer 1901 dem Betriebe übergeben
werden. Die Bauleitung der Wienthal- und Donaucanallinie ist dem
k. k. Oberbaurathe Arthur Oelwein übertragen.
Die Fahrbetriebsmittel der Stadtbahn •
Die Stadtbahn besitzt sowohl eigene Locomotiven als auch einen
besonderen Wagenpark.
Die großen Niveauunterschiede, welche die im Weichbilde von
Wien herzustellenden Bahnen bei der wechselnden Höhenlage der ein-
zelnen Stadttheile zu überwinden haben — ein Umstand, der im Ver-
eine mit den von localen Bedürfnissen dictierten Bedingungen in Wien
ungleich schwierigere Bau- und Betriebsverhältnisse schafft, als überall
dort, wo Stadtbahnen bereits zur Ausführung gelangt sind — bringt es
mit sich, dass Steigungen bis zu 20 per mille angewendet werden
mussten.
Aus diesem Grunde, und weil es beim Stadtbahnverkehr, der
geringen Stationsentfernungen wegen, darauf ankommt, in möglichst
kurzer Zeit die normale Fahrgeschwindigkeit zu erreichen, musste auf
Maschinen gegriffen werden, welche eine größere Zugkraft und ein
größeres Adhäsionsgewicht besitzen, als die für den gewöhnlichen
Verkehr bestimmten Locomotiven, und die zugleich für ein sicheres
Befahren der auf den Stadtbahnlinien unvermeidlichen scharfen Bögen
eingerichtet sind.
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Die zur Betriebführung der Wiener Stadtbahn berufene Staats-
bahnverwaltung hat nun für diesen speciellen Zweck schwere Tender-
locomotiven mit drei gekuppelten Achsen construiert, welche, wie die
angestellten Proben ergaben, in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit allen
durch die vorliegenden complicierten Verhältnisse bedingten Forderungen
entsprechen, und bei deren Projectierung die neuesten Errungenschaften
auf dem Gebiete des Locomotivbaues Verwertung fanden.
Was die Type für die Personenwagen der Wiener Stadtbahn
anbelangt, so wird bemerkt, dass ihrer Wahl eingehende Studien vor-
angiengen und dass hiebei nicht lediglich die beim Wiener Localverkehr
der Hauptbahnen gemachten Erfahrungen ausschlaggebend gewesen
sind, sondern auch die bei den Stadtbahnen im Auslande, so in Berlin,
London, Liverpool, New-York obwaltenden einschlägigen Verhältnisse
einer sorgfältigen Prüfung unterzogen wurden. Das Ergebnis hievon
war die Überzeugung, dass die noch immer stark verbreitete Ansicht,
als ob ein rasches Ein- und Aussteigen der Passagiere nur bei Coupe-
Wagen mit Seitenthüren zu erreichen sei, durch die Thatsachen nicht
bestätigt wird, wie denn beispielsweise constatiert werden konnte, dass
jene Stadtbahn, welche den weitaus größten Verkehr zu bewältigen hat,
nämlich die Hochbahn in New-York, Intercommunicationswagen führt
und trotzdem mit Aufenthalten von nur 15 Secunden das Auslangen
findet, während dieselben in Berlin und London, woselbst Coupe-
VV^agen bestehen, mit einer halben Minute bemessen sind.
Fällt aber jener vermeintliche Vortheil weg, so bleibt fast kein
Moment übrig, das, namentlich bei einer beständigen Fluctuation der
Passagiere, wie sie der Verkehr einer Stadtbahn mit sich bringt, die
Anwendung einer Wagengattung als wünschenswert erscheinen ließe,
welche auch dem mit den Personenzügen der Hauptbahnen reisenden
einheimischen Publicum schon lange antipathisch geworden ist. Es
führten im Gegentheile sowohl schwerwiegende betriebstechnische
Gründe als auch die Bedachtnahme auf die Bequemlichkeit der Fahr-
gäste zu der Adoption von Durchgangswagen, bei deren Anwendung
die verschieden zu berücksichtigenden Interessen am ehesten in Einklang
zu bringen waren, und die sich auch den gemachten Beobachtungen
zufolge am meisten zur Bewältigung eines Massenverkehres eignen, wie
ein solcher nach Ausbau der Wienthallinie und Donaucanallinie für die
Sonntage zu gewärtigen ist.
Die Wiener Stadtbahnwagen — welche, nebenbei bemerkt, in-
folge Wegfalles der Zwischenwände ein geringeres Eigengewicht auf-
weisen, als Coupe-Wagen von gleicher Länge, — besitzen an ihren Stirn-
seiten abschließbare Plattformen, die durch breite, seitlich geschlossene
Übergänge verbunden sind, so dass eine gesicherte Communication durch
den ganzen Zug geschaffen erscheint. Auf diese Art ist es den Passagieren
m()glich gemacht, sich auch während der P'ahrt Sitzplätze, eventuell in
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einem anderen Wagen des Zuges zu suchen, wodurch eine gleich-
mäßigere Besetzung des Zuges erreicht und einer Überfüllung einzelner
Wagen vorgebeugt wird.
Auf Grund einer ähnlichen Erwägung wie die letztere und da im
Hinblicke auf die ungünstigen Richtungs- und Neigungs Verhältnisse der
Stadtbahnstrecken, sowie wegen der durch locale Umstände gebotenen
Einschränkung der Perronlänge in den Haltestellen, nur kurze Züge ab-
gelassen werden können, deren Fassungsvermögen thunlichst ausgenützt
werden soll, empfahl es sich, beim Stadtbahnverkehr, nach dem Beispiele
Berlins, von der I. Wagenclasse, welche ohnehin nur wenig frequentiert
wäre, Umgang zu nehmen, wodurch sich auch für die Traction der
Vortheil einer weiteren Verringerung der mitgeführten todten Last ergibt.
Schließlich ist noch her^'orzuheben, dass es bei dem Umstände,
als ein Theil der Stadtbahnzüge seine Fahrten auf die Localstrecken
der Hauptbahnen (vorläufig auf jene der Westbahn und Franz Josef-
bahn) ausdehnen und eine bis zwei Stunden unterwegs sein wird,
nöthig war, für die Anbringung von Closets vorzusorgen, welche — im
vordersten und im letzten Wagen installiert — allgemein zugänglich
sind, ohne ein Absteigen vom Zuge erforderlich zu machen, eine Ein-
richtung, die nur bei dem System der Intercommunicationswagen durch-
führbar ist und sich deshalb, ebenso wie die ausgiebigere Beleuchtung
und gleichmäßigere Beheizung der Wagen, ebenfalls als ein Vorzug
desselben darstellt.
Betriebsführung.
In Gemäßheit der Allerhöchsten Concessionsurkunde vom
18. December 1892 fällt die gesammte Betriebsführung auf der Wiener
Stadtbahn der k. k. Staatsbahnverwaltung zu, und es wurde nunmehr
zwischen der letzteren und der Commission für Verkehrsanlagen ein
darauf bezügliches, die Detailfragen regelndes provisorisches Überein-
kommen mit Wirksamkeit bis Ende 1901 abgeschlossen, demzufolge die
k. k. Staatsbahn-Direction Wien den Betrieb auf den successive zur
Eröffnung gelangenden Theilstrecken der Stadtbahn übernehmen wird.
Hiebei wurden als Grundlage für den vorläufigen Betriebs-
plan, u. zw. unter Berücksichtigung der Verschiedenheit der bei den
einzelnen Linien zu gewärtigenden Verkehrsintensität, die nachfolgenden
Bestimmungen getroffen:
1. Auf der Vorortelinie wird in der Zeit von 5 Chr früh bis
11 Uhr abends durchschnittlich alle Stunden ein Zug mit Personen-
beförderung verkehren.
2. Auf der oberen Wienthal- und der Gürtellinie (Hüttel-
dorf — Meidling - Hauptstraße — Westbahnhof — Heiligenstadt) werden
Personenzüge in der Zeit von 5 Uhr früh bis 11 Uhr abends mit
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Intervallen, welche nach dem Frequenzbedürfnisse abgestuft sind (vor-
läufig 15 — 30 Minuten), verkehren und nach Bedarf weitere Züge ein-
geschaltet werden, was insbesondere für den Sonn- und Feiertags-
verkehr in Aussicht genommen ist. Hiedurch kann die mit 102 Zügen
angenommene normale Tagesleistung bis auf 190 Züge (beide Richtungen
zusammengenommen) gesteigert werden.
3. Nach Eröffnung der unteren Wienthal- und der Donau-
canallinie gelangt auf dem ganzen Stadtbahnnetze (exclusive Vororte-
linie) der volle Stadtbahnverkehr zur Durchführung, wobei auf der
oberen Wienthallinie die kürzeste Zugsfolge mit drei Minuten, auf der
unteren Wienthal- und der Donaucanallinie mit sechs Minuten und auf
der Gürtellinie, sowie auf der Strecke Hauptzollamt — Praterstern mit
zwölf Minuten bemessen werden wird.
Was den Zeitpunkt der Betriebseröffnung auf den sub 1 und 2
genannten Theilstrecken anbelangt, so wird beigefügt, dass die Vor-
ortelinie am 11. Mai, die obere Wienthal- und Gürtellinie aber
am 1. Juni 1898, die untere Wienthallinie bis Praterstern am
30. Juni 1899 dem allgemeinen Verkehre übergeben wurden.
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V. Die Regulierung des Donaucanales und die
Anlage eines Winterhafens in der Freudenau.
a) Die Umgestaltung des Wiener Donaucanales.
Durch die Ausführung des Donau-Durchstiches, in Verbindung mit
den übrigen Regulierungsarbeiten, ferner durch das Sperrschiff bei Nuss-
dorf wurde eine wesentliche Verbesserung in den vorher bestandenen
Verhältnissen herbeigeführt, so dass seit 1878 trotz zahlreicher Hoch-
wässer die tiefer gelegenen Stadttheile: Rossau, Brigittenau, Leopoldstadt
und Erdberg von Überschwemmungen verschont geblieben sind.
Das Sperrschiff und der damit verbundene Eisrechen verhindern
das Eindringen des Eises in den Donaucanal und vermindern den
Wasserzufluss in dem Grade, dass im Oberlaufe, wo ein Rückstau aus
dem Strome nicht mehr vorhanden ist, die in der mittleren Höhe von
4 m über Null liegenden Ufer nicht mehr überflutet werden. Gegen
Überschwemmung vom Strome her ist die Stadt durch die Anschüttung
geschützt, welche längs des rechten Ufers bis an die Canalausmündung
bis Kaiser-Ebersdorf in einer Höhe von ßSOm über Null ausgeführt
ist, sowie durch die an beiden Canalufern von der Canalausmündung
bis zur Staatsbahnbrücke reichenden Rückstaudämme. Die Beobachtungen
und Erfahrungen, die seit dem Bestände des Sperrschiffes und seit der
Vollendung der anderen Arbeiten gemacht wurden, haben gezeigt, dass
eine Erhöhung des Schutzes der Stadt Wien gegen Überschwemmungen
nothwendig sei ; die Herstellung der Sammelcanäle an beiden Canal-
ufern und die Führung der Donaucanallinie der Stadtbahn vom Haupt-
zollamte zum Franz Josefs-Bahnhofe als Tiefbahn, bedingten weiters die
Ergänzung der bisherigen Absperrung, um den Wasserstand im Donau-
canale auf einem bestimmten Niveau erhalten zu können.
Die Sammelcanäle können nämlich der Kosten halber nicht groß
genug gemacht werden, um jederzeit nebst dem Brauchwasser auch
noch die Niederschlagswässer abzuführen und müssen daher in den
Donaucanal mündende Nothauslässe erhalten, welche bei größerem
Regen oder Schneeschmelze in Function treten. Die Überfallsschwellen
dieser Nothauslässe können aber nicht höher als O'SO m über Null gelegt
werden, es muss daher verhütet werden können, dass das Wasser im
Donaucanale dieses Niveau übersteige, da sonst ein Ersäufen der Sammel-
canäle eintreten würde.
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Auch das tiefliegende Bahnplanum erfordert die Haltung des
Wasserstandes auf dieser Höhe.
Durch eine lange Reihe von Beobachtungen hat sich ferner gezeigt,
dass bei stärkerem Eisrinnen im Donaustrome die sämmtlichen Öffnungen
unter dem Sperrschiffe und zwischen den Eisnadeln so dicht mit Eis
verlegt wurden, dass im Oberlauf des Canals, im Innern der Stadt die
Sohle nahezu trocken fällt, welcher Zustand, in der unmittelbaren Nähe
stark bevölkerter Stadttheile, vom ästhetischen und hygienischen Stand-
punkte aus, unzulässig erschien; man entschloss sich daher Stauwehre
zu errichten, welche während der Zeit functionieren sollen, wo wenig
Wasser in den Canal eintritt.
Nun lag der Gedanke nahe, den mitten durch die Stadt führenden
16'8Ä;m langen Canal auch als Hafen zu benützen.
Zur Verwirklichung dieses Gedankens war es nöthig, den Verkehr
der Wasserfahrzeuge zwischen Strom und Canal auch zu jener Zeit zu
ermöglichen, während welcher letzterer geschlossen ist, was nur durch
die Erbauung einer Kammerschleuse erreicht werden kann ; ferner war es
nothwendig, um den Schiffen unter allen Umständen einen sicheren Stand mit
der nothwendigen Wassertiefe von 2*20 ni zu bieten, die Canalsohle tiefer zu
legen. Die Erhaltung der bestehenden Uferversicherungen gestattete in
dieser Beziehung eine Vertiefung der Sohle bis auf 3-20 m unter Null.
Endlich war es noch nöthig, um den Verkehr zwischen den ein-
zelnen Haltungen zu ermöglichen, an der Seite dieser Wehre Kammer-
schleusen zu errichten.
Nach dem Programme für die Verkehrsanlagen, das einen inte-
grierenden Bestandtheil des Gesetzes vom 18. Juli 1892 bildet, »ist an
dem Beginne des Donaucanales bei Nussdorf eine Absperr-Vorrichtung
sammt Kammerschleuse einzubauen, welche vorkommenden Falles den
Einfluss des Wassers vom Hauptstrome gänzlich abzuschließen im
Stande ist. Ferner sind in den Lauf des Donaucanales zur Herstellung
der für die Schiffahrt erforderlichen Wassertiefen drei, eventuell vier
Wehre sammt Kammerschleusen einzubauen und ist in gleicher Weise
nahe dem unteren Ende des Canales die Anlage einer Absperrvorrichtung
gegen den Rückstau in Betracht zu ziehen.«
»Quaimauern sollen vorläufig auf der Strecke »Augartenbrücke —
Franzensbrücke« und zwar an beiden Ufern des Canales erbaut werden.
Diese Quaimauern werden dort, wo die Eisenbahn am Canale liegt, bis
zum Planum der Bahn, an den andern Strecken bis zum Niveau der
Straßen aufgeführt werden.«
»An jenen Stellen, an welchen die Haupt-Sammelcanäle an das
Ufer herantreten, wird die Vereinigung der Quaimauern mit dem Sammel-
canale von Fall zu Fall in Betracht gezogen werden.«
Weiters folgen Bestimmungen über die Reihenfolge in der Aus-
führung der Arbeiten, und schließlich:
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Tafe\U\.
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»Die Kosten für diese Bauten sind mit 10 Millionen Gulden (20 Mil-
lionen Kronen) zu veranschlagen.«
Es wurde ein Generalproject ausgearbeitet und der Beurtheilung
einer aus hervorragenden Fachmännern des In- und Auslandes zusammen-
gesetzten Enquete unterzogen. Infolge dieser Überprüfung wurde ent-
schieden, dass die Wehre beweglich, und dass deren vier, mit eben so
vielen Schleusen zur Ausführung kommen sollen, und zwar: das erste
bei Nussdorf, das zweite beim Kaiserbad, das dritte ein wenig oberhalb
der Staatsbahnbrücke, das ist kurz oberhalb der provisorischen Aus-
mündung der Sammelcanäle und das vierte 1 km oberhalb der Aus-
mündung des Canales in den Strom bei Kaiser-Ebersdorf.
1. Die Anlagen in Nussdorf.
(Hiezu Tafel III.)
Das Wehr.
Dem gegebenen Programme entsprechend, begann man zunächst
mit dem Bau des neuen Wehres und der Kammerschleuse bei Nuss-
dorf. Das Wehr (Fig. 23), 100 1« unterhalb des Sperrschififes liegend, hat
die Aufgabe, jeden Wasserstand von mehr als 0*80 m über Null vom
Canal abzuhalten, es muss somit in Function treten, sobald dieser
Wasserstand im Strome erreicht ist; es muss ferner den Eintritt der
Eismassen in den Canal verhindern, welch* letztere für sich allein durch
das Sperrschiff auch bisher schon in nahezu entsprechender Weise ge-
schehen ist. Das Sperrschiff wird selbstverständlich beibehalten werden,
so lange es dienstfähig bleibt, aber das neue Wehr muss beiden Auf-
gaben gewachsen sein.
Der höchstmögliche Wasserstand im Strome kann die Höhe der
Dämme, das ist 6*30 w/ über Null erreichen, das Unterwasser ist mit
0*84 m unter Null festgesetzt ; die Wasserschichte, welche das Wehr zu
tragen hat, kann somit eine Höhe von 7*14 w? erreichen. Nachdem aber
der Canal ein natürliches Gefälle von 6*44 w? besitzt, kann das Unter-
wasser des Wehres auch tiefer als 0*84 yw unter Null sinken, und die
Sohle unterhalb des Wehres trocken werden, in welchem Falle dann
die das Wehr belastende Wasserschichte thatsächlich die Höhe von
9*84 m erreicht.
Da der Einbau eines Mittelpfeilers aus Rücksichten für die Schiff-
fahrt ausgeschlossen war, muss das Wehr dem Drucke einer Wasserschichte
von 40m Breite und 9-84 ?h Höhe Widerstand leisten; der Verticaldruck
auf jedes Widerlager beträgt hiebeiöGOi und der Horizontaldruck 280^,
das ist eine Belastung, die größer ist als jene, welche bisher von irgend
einem andern ähnlichen Bauwerke zu tragen war.
Die Construction besteht aus einer sehr starken Fachwerksbrücke
mit drei verticalen Tragwänden und einem starken, die Brückenbahn
bildenden horizontalen Träger.
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In jener Zeit, wo das Wehr ganz geschlossen oder geöffnet ist, dient
derjenige Theil der Brücke, welcher zwischen den zwei stromaufwärtigen
Trägern liegt, dem Straßenverkehre zwischen der obern Donaustadt
einerseits und Nussdorf, Klosterneuburg etc. andererseits; während der
Brückentheil zwischen dem zweiten und dritten Hauptträger ausschließ-
lich für die Manipulation der Schützen bestimmt ist. Eine O'lb ni starke
Stahlwelle, die unter diesem letzteren Brückentheil liegt, bildet den oberen,
und ein 50 cm hoher Vorsprung, welcher über die 3'54 unter Nullwasser
tiefe Wehrsohle heraufreicht, bildet den unteren Stützpunkt für nahezu
verticale, von der Brücke bis zur Sohle hinabreichende eiserne Ständer.
Diese Ständer lassen sich mit Hilfe von Windwerken um die
Stahlwelle drehen und bis unter die Brückenfahrbahn bringen.
In dieser letzteren Lage befindet sich die Unterkante der Ständer
7*20 ni über Nullwasser, das ist in derselben Höhe, wie die Unterkante
der meisten über den Donaucanal führenden Brücken.
Je drei dieser 1-25 m von einander entfernten Ständer sind durch
Quer- und Diagonalverbindungen zu einem Wehrelement verbunden.
Der freie Zwischenraum von ViYdm zwischen zwei Ständern wird bis
zur Höhe von 9*80 iw über der Donaucanalsohle durch eiserne, auf
Rollen laufende Schützen geschlossen, der unterste derselben ist 2'li\ m
hoch, als Jalousieschütz ausgebildet, läuft in einer besonderen Coulisse
und kann für sich allein manövriert werden.
Alle diese Schützen können von dem für diesen Zweck bestimmten
Theil der Brücke mit Hilfe eines Laufkrahnes bewegt werden.
Diese Anordnung gestattet an jeder Stelle der ganzen Abschluss-
wand eine beliebig große Öffnungen oder auch eine beliebige Anzahl
kleiner Öffnungen frei zu machen, durch welche Wasser in den Canal
gelangen kann, ohne den Eisstand vor der Abschlusswasser zu alterieren.
Die Fundierung des Werkes ist auf pneumatischem Wege in eisernen
Caissons erfolgt. Die tragfähige Schichte fand sich erst in Tiefen von
20 bis 25 w unter Null, bis zu welchen Tiefen die Caissons auch
gesenkt wurden. Der Bodendruck, der von dem ganzen Bauwerke bei
maximaler Belastung, das ist beim Eintritt der größten Wasserspiegel-
Differenz zwischen Ober- und Unterwasser ausgeübt wird, beträgt ohne
Rücksicht auf die seitliche Reibung circa Skg pro Quadratcentimeter,
Die Arbeiten begannen im Juli 1894 und wurden zuerst die beiden
Widerlager, dann die Sohle (der Rücken) des Wehres fundiert. Die
Sohle wurde aus Rücksichten für die Nothwendigkeit, die vSchiffahrt
ununterbrochen aufrecht zu erhalten, in zwei Theilen ausgeführt. Die
Unterbauarbeiten waren gegen Ende 1897 vollendet, die Montierung der
Wehrbrücke begann sofort und war im August 1898 vollendet.
Die Brücke sammt Wehrständern und Schützen wiegt ungefähr
1220 t; ein Wehrelement sammt Schützen, wie es im Vorhergehenden
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beschrieben ist, wiegt 14"8 t. Das ganze Wehr besteht aus 16 solchen
Wehrelementen und hat eine Gesammtbreite von 40 m.
Zur Hebung eines Elementes mittels manueller Kraft sind 40 Minuten,
zum Senken 22 Minuten erforderlich; diese Zeit wird bei Anwendung
von elektrischer Triebkraft auf die Hälfte reduciert werden.
Die Kammerschleuse.
Die Kammerschleuse (Fig. 24), deren Bau gleichzeitig mit dem Wehre in
■ Angriff genommen wurde, steht mit dem Wehre nicht in directer baulicher
Verbindung, wie dies im ersten Projecte vorgesehen war, sondern liegt
in einem eigens zwischen Donaustrom und Donaucanal hergestellten
Verbindungscanal ; dieser Verbindungscanal unterfährt zwei Geleise der
Figur 24. Die Schleuse in Nussdorf.
Donau-Uferbahn und ein der Nordwestbahn gehöriges Auszuggeleise;
es mussten daher behufs Überführung dieser Geleise über den Ver-
bindungscanal drei Brücken erbaut werden, ohne den Verkehr zu
unterbrechen.
Die Schleuse hat 85 m Länge und 15 m Breite, um die größten
auf der Donau verkehrenden Schiffe aufnehmen zu können.
Ober- und Unterhaupt der Schleuse wurden in eisernen Caissons
auf pneumatischem Wege in der Tiefe von lim unter Null fundiert.
Zur Herstellung der Schleusenkammer wurde die Baugrube bis
8 m unter Null ausgebaggert und eine Betonsohle von 4 m Dicke unter
Wasser eingebracht, worauf an beiden Längsseiten Beton-Fangdamm-
mauern bis 2 m ober Null ausgeführt wurden. Nach Erhärtung des
Betons gelang es mit Hilfe einer Centrifugalpumpe, die Baugrube trocken
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zu halten und auch das Mauerwerk, welches aus Bruchstein mit Granit-
verkleidung besteht, ganz im Trockenen herzustellen. In den beiden
Schleusen-Seitenmauern wurden die großen, zur raschen Füllung und
Elntleerung dienenden Umlaufcanäle ausgeführt, deren Öffnung und
Schließung durch Cylinderschützen neuester Construction bewirkt wird.
Die Thorflügel des Oberhauptes, welche einem Wasserdruck von
9*34?» Höhe Widerstand leisten müssen, reichen bis 6*80 rw über Null;
ihre gesammte Höhe ist lO'lOw, jeder Flügel wiegt 56 t; die Unter-
hauptthorflügel reichen nur bis zur Höhe von 4*50 m über Null, und
wiegt ein Flügel 45 t. Die gesammte Schleusenanlage, der Verbindungs-
canal und die drei Eisenbahnbrücken wurden im Laufe des Jahres 1898
vollendet.
Die Alimentierungscanäle.
Bei Beschreibung des Wehres wurde erwähnt, dass die einzelnen
Wehrelemente so eingerichtet sind, dass an jeder Stelle der Wehrwand
eine beliebig große Öffnung oder auch eine große Anzahl kleiner
Öffnungen freigemacht werden kann, um dem Donaucanale während
des Eisrinnens und Eisabganges eine hinreichende Wassermenge zuführen
zu können. Zur Sicherung dieses Zweckes sind aber noch weitere Vor-
kehrungen getroffen worden.
Diese Vorkehrungen bestehen in der Herstellung von Alimentierungs-
canälen, die tief unter der Gefrierzone aus der Donau abzweigen und
in den Donaucanal münden; verticale Gitter an den Abzweigungsstellen
schützen diese Canäle vor dem Eintritt von Treibeis, verticale Schützen
an anderen Stellen, insbesondere bei den Einsteigöffnungen, gestatten,
einzelne Partien dieser Canäle abzusperren und trocken zu legen. Es
sind drei solcher Canäle vorgesehen, vorläufig ist jedoch nur einer der-
selben zur Ausführung gebracht worden.
Die Ausführung geschah in Stücken von 16 m Länge und 4-5 m
Breite, welche man zu Tage herstellte und dann eines nach dem andern
versenkte. Man mauerte nämlich zuerst auf einem eisernen Kranz die
beiden Seitenmauern und die obere Wölbung fertig und sparte auf dem
Scheitel der letzteren eine kreisrunde Öffnung aus. Die beiden Enden
dieser einzelnen Canalstücke wurden durch schwächere Ziegelmauern
provisorisch geschlossen. Es entstand hiedurch ein gemauerter Caisson,
welcher nach Senkung bis zur Grundwassertiefe mit einer Luftschleuse
versehen wurde und sodann pneumatisch bis zur erforderlichen Tiefe
gesenkt wurde.
Das Einlaufstück dieses Canales aus dem Strome woirde in der
gewöhnlichen pneumatischen Weise unter Anwendung eines eisernen
Caissons hergestellt. Der Verschluss dieses Einlaufes erfolgt durch drei
Cylindei*\'entile, die durch Schneckenwindwerke geöffnet oder geschlossen
werden.
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Der eine bereits ausgeführte Alimentationscanal ist in einer Tiefe
von 5'50m unter Nullwasser fundiert. Da das ganze Terrain zwischen
Donaustrom und Donaucanal sehr wasserdurchlässig ist, wurde auf den
Alimentationscanal eine verticale Mauer aufgesetzt, welche mit dem
Canal selbst das Durchsickern des Wassers vom Strom in den Donau-
canal verhindert.
Bauausführung und Kosten.
Sämmtliche Arbeiten wurden mit Ende des Jahres 1898 vollendet;
seit dieser Zeit ist die Wehr- und Schleusenanlage dienstfähig, und hat
bei dem Hochwasser im September 1899, welches die bis jetzt bekannten
höchsten Wasserstände erreichte, mit bestem Erfolge functioniert.
Administrationsgebäude und Depot waren Ende 1899 vollendet.
Die Kosten der gesammten Anlagen in Nussdorf belaufen sich auf
7,200.000 fl.
Die Arbeiten sind unter der Oberleitung des Hafenbaudirectors und
Oberbaurathes Taussig ausgeführt worden.
Sämmtliche Eisenconstructionen sowie die maschinellen Ein-
richtungen sind nach seinen Anordnungen von dem Oberingenieur
Reinhold unter Mitwirkung der Ingenieure Skopal und Groß mann,
die Mauerwerkspläne für das Wehr vom Oberingenieur Pachnik und
jene für die Schleuse vom Ingenieur Grohmann entworfen worden,
welch letzteren auch zugleich die locale Bauführung anvertraut war.
Die architektonische Durchbildung der Wehrpfeiler, des Admini-
strationsgebäudes und Depots besorgte Oberbaurath Otto Wagner,
Die Fundierungsarbeiten wurden von der Firma Brüder Redlich
& Berg er, die Wehrconstruction von der Maschinenfabrik der königl.
ungarischen Staatsbahnen, die Schleusenthore von der Firma A. M il de & Co.,
die maschinellen Arbeiten hiefür von der Firma Breit feld &Danek,
die Windwerke des Wehres von der Firma E. Skoda ausgeführt.
2. Die Quaibauten.
Nach Vollendung der Nussdorfer Wehr- und Schleusenanlage,
welche die Haltung eines constantern Wasserspiegels im Donaucanale
gestattet, konnte der Bau der Quai- und Stützmauern mit Mitte des
Jahres 1899 in Angriff genommen werden. Die Quaianlagen kommen
gegenwärtitg an beiden Ufern des Donaucanales in der Strecke von der
Augarten- bis zur Verbindungsbahnbrücke zur Ausführung (Fig. 25).
Die Breite des Donaucanales wird, zwischen den Quaimauern
gemessen, bOm betragen; bei der Ausmündung der Wien wird ein
Wendebassin für Schiffe in einer Breite von 95 m und einer Länge
von 200 m geschaffen.
Die Höhe der Quaimauern beträgt in der Strecke von der Augarten-
brücke bis zur 200 m weiter stromabwärts projectierten Kaiserbad-
schleuse 2*54 m, auf den übrigen Strecken 2*0 m über Nullwasser. Am
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rechten Ufer schließt sich an die Quaimauer ein mit derselben in gleicher
Höhe und im Niveau der längs des Donaucanales geführten Stadtbahn
liegender, 15 m breiter Vorquai an; am linken Ufer kommt ein ebenso hoch
liegender Vorquai, aber mit wechselnder Breite von 8 bis 15 iw, zur
Ausführung. Diese beiden Vorquais sind gegen die angrenzenden 5 bis 8 m
höher liegenden Straßen durch Stützmauern und in jener Strecke, wo
die Donaucanallinie der Stadtbahn längs des Franz Josefs-Quai geführt
ist, durch die Galleriebauten derselben begrenzt.
Figur 26. Pilotierungsarbeiten für die Quaimauern.
Für die Ausführung der Quaimauern (Fig. 26) wird ein von 1*24 m bis
4*50 ni unter Null reichendes Betonfundament zwischen Mannpiloten
hergestellt. Um die eigentliche Quaimauer auf dasselbe aufzusetzen,
wird an der Innenseite der stromseitigen Pilotenwand wasserdichte
Leinwand einbetoniert und an der rückwärtigen Pilotenwand ein Beton-
fangdamm hergestellt. Quai und Stützmauern werden aus Bruchstein-
mauerwerk, erstere mit Granitquader-, letztere mit Kalksteinquader-
Verkleidung hergestellt.
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Die Fundierungsarbeiten, welche mit rund 4,400.000 K präliminiert
sind, wurden an die mindestbietende Bauunternehmung E. Groß & Co.
übertragen, und dürfte die Vollendung der gesammten Quaibauten mit
Ende 1903 zu erwarten sein.
b) Der Winterhafen in der Freudenau.
(Siehe Figur 27.)
Der mächtige Donaustrom entbehrte bislang an den Ufern unseres
engeren Heimatlandes Niederösterreich eines geräumigen, leicht zugäng-
lichen, für einen eventuellen Warenumschlag geeigneten und mit Bahn-
linien direct in Verbindung stehenden Hafens.
Der kleine Werfthafen der Ersten k. k. priv. Donau-Dampfschiffahrts-
Gesellschaft in Korneuburg mit nur einer Wasserfläche von 4 ha genügte
selbst den bescheidensten Anforderungen nicht, und so überwinterten
bisher alljährlich hunderte von Schiffen im F'ischaflusse zwischen Fischa-
mend und der Ausmündung dieses Flusses in die Donau — fern von
jedem Verkehr — ohne Möglichkeit, die eingelagerten Waren während
der Winterstandsdauer auf die Eisenbahn umzuschlagen.
Diese Verhältnisse übten besonders in Wien einen nicht geringen un-
günstigen Einfluss auf den Verkehr zu Wasser bei herannahender Winterszeit.
Durch die von der Commission für die Wiener Verkehrsanlagen
besorgte Umwandlung des Wiener Donaucanals in einen Schutz- und
Handelshafen, sowie durch den seitens der Donauregulierungs-Commission
in Ausführung stehenden Winterhafen in der Freudenau wird diesen
Übelständen dauernd abgeholfen sein.
Der Winterhafen in der Freudenau, welcher für mehr als 800 große
Schiffe Raum zur Überwinterung bietet, gelangt östlich vom Freudenauer
Wettrennplatz, zwischen Donaustrom und Donaucanal zur Ausführung.
Es ist dies jener Theil des aufgelassenen alten Strombettes am Weid-
haufen, welcher durch die seinerzeitige Anlage des Wiener Donaudurch-
stiches gewonnen und schon damals zu einem Hafen bestimmt war.
Die bauliche Ausgestaltung war jedoch erst durch das Gesetz vom
Jänner 1899, betreffend die Vollendung und Ergänzung der Donau-
regulierung, ermöglicht.
Die Donau-Uferbahn der k. k. Staatsbahnen trennt das Hafenterri-
torium in zwei ungleiche Theile. Der untere Theil dient als Vor- oder
Manövrierhafen, während der größere obere Theil, der eigentliche Innen-
hafen, durch den mächtigen Damm der genannten Uferbahn vor den
schädlichen Wirkungen des Eisstoßes geschützt ist und einen trefflichen
Winterstand abgibt.
Zwischen dem Strome und dem Hafen gelangt ein beiderseits ab-
gepflasterter, 6'82 w über Null gelegener und an der Krone 10 w breiter
Hochwasserschutzdamm zur Ausführung. Der Damm zwischen Canal und
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Hafen wird ebenso wie der sogenannte Freudenauer Rückstaudamm ent-
sprechend erhöht und verstärkt, so dass der Hafen vollständig hoch-
wassersicher wird.
Die Hafenbecken erhalten jene Gliederung, wie sie in der zuliegen-
den Situation zu ersehen ist, wobei bemerkt wird, dass im Falle des
einstigen Bedarfes der rechte Seitenhafen verlängert und ein linker Seiten-
hafen zur Ausführung gelangen kann.
Die Wasserfläche des Hafens wird in der jetzt zur Ausführung
kommenden Gestaltung 41-6 /»a betragen, wovon 34'4Äa auf den Innen-
hafen entfallen. Die Hafensohle wird auf 5 m unter Null angelegt, die
Hafenplateaux kommen 4*2, beziehungsweise 5*5 m über Null zu liegen.
Die rund 6000 m langen Hafenufer erhalten 26 cm starkes Böschungs-
pflaster mit 172^üßiger Neigung und unter Nullwasser einen Steinwurf.
Für den Verkehr im, zum und vom Hafen werden 7 km macadami-
sierte Straßen gebaut.
An besonderen Objecten ist ein absperrbares Siel zur Entwässerung
des östlichen Praters und ein durch Schützen zu schließendes Siel zur
Belebung des Hafenwassers zu erwähnen.
Zur Erleichterung des Umschlages werden in den Hafenböschungen
800 steinerne Stiegen angebracht werden.
Außerdem werden die nothwendigsten Gas- und Wasserleitungen,
Schiffshaltepfähle, Senkgruben, die erforderlichen Wasserbehälter und ein
Hafencommandogebäude hergestellt. Die Verhandlungen wegen Anlage
mehrerer Hafengeleise sind im Zuge.
Der gesammte Aushub beträgt projectsmäßig 1-8 Millionen Cubik-
meter, wovon bisEnde 1900 bereits rund 1 Million Cubikmeter geleistet waren.
Zu den Steinwürfen, Pflasterungen und zum Straßengrundbau sind
mehr als 120.000 w^ Steine erforderlich, die aus den Brüchen von Spitz
und Kienstock beigestellt werden.
Der derzeitige Betriebsstand beträgt:
700 Arbeiter, 2 Locomotiven, 210 Rollwagen, 20 Steintransportschiffe,
3 Dampfer, 2 Gnmdbagger, 2 Fixbagger und 2 schwimmende Elevatoren.
Die Oberbauleitung seitens der Donauregulierungs-Commission
versieht der k. k. Oberbaurath und Hafenbaudirector Sigmund Taussig;
als Bauleiter fungiert k. k. Oberingenieur Rudolf Halter, als Bauführer
k. k. Ingenieur Franz Tuschl.
Die der Allgemeinen österreichischen Baugesellschaft übertragenen
Bauarbeiten zur Herstellung der Hafenbecken und Plateaux wurden noch
im Spätsommer 1899 in Angriff genommen und sollen bis zum Schlüsse
des Jahres 1901 beendet sein.
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INHALTS-VERZEICHNIS.
Erster Theil : Die Wasserversorgung.
Seite
A. üie ältere Wasserversorgung Wiens 7 — 9
I. Ältere Quellwasserleitungen 7 — 8
1. Die städtische Hernalser Wasserleitung ... 7
2. Die Albertinische Wasserleitung 7
3. Die Laurenzer Wasserleitung 8
4. Die Karoly'sche Wasserleitung 8
II. Die Kaiser Ferdinands-Wasserleitung 8 — 9
B. Die moderne Wasserversorgung Wiens 9 — 156
I. Historische Entwicklung der modernen Wasserversorgung
Wiens 13— 33
II. Die bestehende Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung . 33 — 126
a) Die Quellen der Leitung 33
b) Die Tracenführung 34
c) Die Gefallsverhältnisse 37
d) Die Bauanlagen 37
1. Die Quellenfassungen 37
2. Die Leitungsanlagen 43
3. Ausführung der Bauanlagen oberhalb des
Kaiserbrunnens durch die Gemeinde Wien in
eigener Regie 51
4. Die Wasservertheilungsanlagen .... 69
5. Die Wasserhebewerke 80
e) Die Ergiebigkeit der Bezugsquellen 116
/") Die Qualität des Wassers 121
g) Die Sicherung der Quellen 125
h) Die Wasserabgabsbedingungen 126
i) Die Kosten der Hochquellenleitung 126
III. Die Wienthal-Wasserleitung 127—135
IV. Die definitive Ergänzung der Hochquellenleitung . . 135
V. Die II. Kaiser Franz Josef-Hochquellenleitung . . 135 — 156
C Nachtrag, Wasseraichungen und Überfallmessungen 156 — 165
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Zweiter Theil.
Seite
I. Die städtischen Elektricitätswerke 169 — 180
II. Die Regulierung des Wienflusses 181 — 210
III. Die Hauptsammelcanäle 211 — 226
IV. Die Wiener Stadtbahn 227—243
V. Die Regulierung des Donaucanales und die Anlage eines
Winterhafens in der Freudenau 245 — 258
a) Die Umgestaltung des Wiener Donaucanales . 245
b) Der Winterhafen in der Freudenau 256
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THE BORROWER WILL BE CHARGED
THE COST OF OVERDUE NOTIFICATION
IF THIS BOOK IS NOT RETURNED TO
THE LIBRARY ON OR BEFORE THE LAST
DATE STAMPED BELOW.
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